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- Erscheinungsdatum
- 1930-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193007305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19300730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19300730
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-07
- Tag 1930-07-30
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Monat
1930-07
-
Jahr
1930
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Wahlkamps im Aun-sunk? Neichsinnenminister Dr. Wirth äußerte sich in einem Rundfunkvortrag am Sonnabend über die Frage, ob und wie weit der Rundfunk den Parteien im Wahlkampf zur Verfügung gestellt werden kann. Er wies aus die großen Schwierigkeiten bin. eine allgemein befriedigende Lösung dieser Frage zu finden. Vor den Maiwahlen 1924 sei im Berliner Rundfunk je einem Vertreter der Deutschnationalen, der Deutschen Volkspartci, des Zentrums, der Demokraten und der Sozialdemokraten das Wort gegeben worden. Inzwischen seien aber die Richtlinien in Kraft getreten, wonach der Rundfunk nicht in den Dienst einer Partei gestellt werden darf. Infolgedessen seien auch bei den Wahlen ln, Jahre 1928 Wahlreden im Rnndsunk nicht gehalten worden. Es lasse sich allerdings nicht leugnen, daß weite Kreise der Be völkerung es nicht verstehen, wenn bei den bevorstehenden Wahlen der Rundfunk den Parteien verschlossen bliebe. Die Angelegenheit werde deshalb noch einmal sorgsam geprüft werden. Da der Rundfunk auf dem Funkmonopol des Reiches, einem staatlichen Hoheitsrecht beruhe, ergebe sich daraus als selbstverständliche Pflicht, ihn bewußt in den Dienst des Staates zu stellen. Darbietungen, die einer staatssördernden Politik zu- widerlaufcn, hätten deshalb Im Rundfunk keinen Plaß. So wenig also Parteien, die den Staat mit allen Mitteln be kämpfen und auf seinen gewaltsamen Sturz hinarbciten, An spruch auf den Rundfunk hätten, so sehr müsse man auch von den übrigen Parteien, die den Rundfunk zu Wahlzwecken benußen wollten, verlangen, daß ihre Ausführungen von dem hohen Ge danken, Staat und Volk zu dienen getragen sind, und sich von jeder verletzenden Kritik und von unsachlichen Angrissen gegen andersdenkende Volkskreise freihalten. Mit dieser Maßgabe lasse sich Uber die Freigabe des Rundfunks für Wahlreden durch aus reden und verhandeln, und er sei überzeugt, daß man in dieser Frage zu einer rcichseinheitlichen Regelung kommen könne und werde. Bescheidene Wünsche Frick will Reich sinnen in inist er werden. München, 2kl. Juli. In einer nationalsozialistischen Versammlung sprach am Freitag abend im überfüllten Zirkus Krone in München der thüringisch« Innenminister Dr. Frick über das Thema „Mein Kampf in Thüringen — ein Kampf um das Dritte Reich". Nach einleitenden Worten des nationalsozia listischen Abgeordnete» Wagner, in dencn er de» Abgeordneten Straffer als den Mann bezeichnet«, den Hitler als Innenminister für Sachsen ausersehen habe, begann Dr. Frick seine Rede. Er führte aus. wenn nicht alles täusche, so stehe Deutschland au einem Wendepunkte seiner Geschichte und an dieser Wendung sei auch sein — des Redners — Kampf in Thüringen um das Dritte Reich beteiligt. Dr. Frick schilderte in großen Zügen seine ver waltungsmäßige Tätigkeit als Minister, die Restaurierung der thüringischen Finanzen und besonders die Einsparungen durch starken Veamtenabbau in den oberen Stellen. Er erklärte weiter, der ganze Kampf zwischen Thüringen und Berlin wurzele in dem Geist von Weimar von 1930. An der Spitze seiner Politik stehe das deutsche Volkstum, und keine zehn Severing, keine zehn Wirth, und keine zehn Staatsgerichtshöfe könnten ihn von dieser Politik abbringen. Der Ausfluß dieser Politik sei auch die Einführung der Schulgebete an den Volksschulen gewesen, sei ebenso der bekannte Polizeistreit. Zur endgültigen Entscheidung, die im Oktober gefällt werden sollte, werde es wohl kaum mehr kommen, weil diese Frage schon am 14. Septem ber durch das deutsche Volk entschieden werden würde. Man habe ihm nahegelegt, auf die Handhabung der Polizei in Thüringen zu verzichten. Darauf könne jedoch Herr Wirth lange warten, bis er — Frick — auf ein solches Kompromiß eingehe. Wenn die Zahlungen an Thüringen vom Reich tatsächlich ein gestellt würden, dann bliebe nichts anderes übrig als eine Not polizei in Thüringen einzurichten; die Kräfte hierzu seien längst vorhanden. Ueberhaupt gebe cs im Streit Thüringen—Berlin kein Kompromiß, sondern entweder das eine System oder das andere. „Wenn wir", so schloß der Redner, „am 14. September siegen, dann werden wir entsprechend unserer Stärke das Neichs- innenministerium und mabaebenden Einfluß auf das Reichswehr- Die deulschnalionale Krise Spallung tn Oslsachsen Dresden. 29. Juli. Innerhalb der Deutsch nationalen Partei in Sachsen haben die zu erwartenden Auseinandersetzungen zwischen dem Hugenberg-Fliigel und den Anhängern Westarps begonnen. Am Montag Nachmittag hat der Landesparteivor stand der Dentschnationalen Voitzspartei für Oslsachsen unter dem.Vorsitz des Herrn v. Lüttichau eine Sitzung abgehalten, in der es zu einer lebhaften Aussprache kann Oberfinanzrat Bang, der einzige in Hilgenbergs Gefolgschaft gebliebene der bisheri gen sächsischen Neichstagsabgeordneten, gab einen Bericht über die Vorgänge, die zur Spallung der Partei geführt haben und griff die Herren Graf Westarp und Treviranus scharf an. In der Aussprache gab Sladtv. Dr. Berthold (Dresdens folgenden einstinimigen Beschluß des Vorstands der Orts gruppe Dresden bekannt: „Der Vorstand der Ortsgruppe hat sich bei allen seinen politischen Handlungen von den Nicht linien leiten lassen, die von den'Gründern der Partei im Pro gramm sestgelegt sind. Infolgedessen war der Vorstand mit der politischen Zielsetzung des Parteivorsitzenöen immer einver standen. Gegensätzlichkeiten bestanden nur über die zur Er reichung dieses Zieles zu gehenden Wege. Verschärft wurden sie dadurch, daß ein sachlicher Austrag dieser Gegensätzlichkei ten zur Unmöglichkeit wurde. Das halte weiter zur Folge, daß die Gegner der offiziellen Parteimeinnng verketzert wurden und daß ihnen sogar die nationale Gesinnung abgesprochen wurde. Im Verfolg dieser Gepflogenheit hat es nun der Vor sitzende des Landesverbandes Ostsachscn, Herr o. Lüttichau, für angezcigt gehalten, ganz einseitig gegen die Ortsgruppe Dresden Stellung zu nehmen und den Versuch zu machen, sie unter die bedingungslose Botmäßigkeit eines kleine» Kreises zu zwingen. Ein Eingehen auf das Verlangen des Herrn von Lüttichau hätte »ns gezwungen, uns gegen unsere Ueberzeugnng von den Grundsätzen der Partei zu entfernen. Da wir unsere politisclfe Ueberzeugnng in dem unserer Meinung nach falschen Kurs der henligen Parteileitung nicht mehr betätigen können, sckieiden wir, wenn auch schweren Herzens aus der Partei aus." Die Vertreter der Dresdner Ortsgruppe verließen daraus die Sitzung. Nach ihrem Ausscheiden wurde eine Entschließung gefaßt, die dem ijlarteivarsitzenden Hugenberg das Vertrauen ausspricht. In der Entschließung heißt es: „Der Landesver band Ostsachien der Dentschnationalen Bolksixirtei bekennt sich rückhaltlos zur Politik der Parteileitung unter Führung Dr. «äugenbergs und stellt mit Genugtuung die nunmehr vollzogene Rückkehr der Partei auf ihre allen Grundsätze fest. Wir ver langen eine grundsätzliche Umstellung der Finanz-, Wirtschaft», und Handelspolitik. Wir sind einmütig in der Abkehr von einer Politik, di« die Verelendung des deutschen Volkes herbeiführt. Mit Ent- schlossenheit und Freudigkeit folgen wir unserer Führung unter der Fahne Schwarz-Weiß-Not in den Kampf für die Befreiung von Volk und Vaterland, aus den Ketten von Versailles und von den Fesseln des Marxismus, in den Kampf für den Neu- Ausbau des deutschen Staates." — An Stelle des ebenfalls aus der Partei ausgeschicdenen Geschäftsführers für Oslsachsen wurde Schriftleiter Guratzsch zum Geschäftsführer bestellt. « Alan kann also diese Vorgänge dahin zusammenfassen, daß in Sachsen sämtliche bisherige Neichstagsabgeordneten der Deutschnationalen bis auf einen, ferner in Ostsachsen die Füh rer der stärksten Ortsgruppe und der bisherige Geschästssührer der dentschnationalen Wahlkreisorganisation ausgeschieden sind, während die Mehrheit des Wahlkreisvorstandes Ostsachsen sich zu Hugenberg bekennt. Entscheidend sür die wettere Entwicke lung wird selbstverständlich auch hier die Stellungnahme der Wähler ain 14. September sein. Der Vorstand der Deutschnationalen Westsachsens hat sich in einer Entschließung ebensalls hinter Hugenberg gestellt. Da mit ist natürlich noch nichts über eine endgültige Stellung nahme des Landesverbandes der Dentschnationalen Volkspartei Westsachsens gesagt. Dresdens Konservative Die Dresdner Gründungsversammlung der Konservativen Volkspartei ist für Dienstagabend in Aussicht genommen Der Aufruf dazu geht aus von dem Landtagsnbgeordneten Kauf mann F r i tz s ch e , dem Neichstagsabgeordneten Rechtsanwalt Dr. Philipp, dem Stadtverordneten Rechtsanwalt Dr. Berthold, dem früheren Landtagsabgeordneten Oberpost inspektor Börner, Leipzig, dem Stadtverordneten Bankdirektor Dr. Eckelmann, dem Landgerichtsrat Dr Iauck und der frühe ren Landtagsabgeardneten Frau Milly Bültmann. Aus der Dentschnationalen Valkspartei ansgetreten ist u a auch der Mitunterzcichner des Aufrufes zur Gründung der Konservativen Gruppe in Dresden, der für die Deutschnationa- len gewählte Landtagsabgeordnete Kaufmann Kurt Fritzsche. Der Aufforderung, sein Mandat niederzulegen, wird er mit der Begründung nicht Nachkommen, daß eine Parteispaltung kein Grund dafür sei und er zudem auch keinen Revers unterschrie ben habe. Wie sich die übrigen dentschnationalen Landtags- abgeordnelen verhalten werden, steht noch dahin. Ministerium verlangen, ,mv von diesen Machtpositionen ans werden wir versuchen, das deutsch« Schicksal zu wenden mit völlig legalen Machtmitteln." Man kann Herrn Frick nur dankbar sein für die offenen Worte, mit denen er hier die Nah- und Fernziele „seines Kampfes in Thüringen" erläutert. Mit beson derem Interesse wird vor allem das Reichsinnenministe rium von seiner Ankündigung Kenntnis nehmen, bei einer weiteren Sperre der Reichsgelder in Thüringen eine Not polizei einzurichten, wofür die — selbstverständlich nationalsozialistischen — Kräfte längst vor handen seien. Wenn Frick auf diese Weise den Konflikt auf die Spitze treiben will, dann wird man ihm heute schon sagen müssen, daß es auch dagegen sehr wirksame Mittel gibt. Daß die Nationalsozialisten nach den Wahlen Gelegenheit erhalten, das Neichsinncnministerium über haupt nur zu fordern, daran glaubt Frick im Ernste wohl selbst nicht. * Zusammenstöße beim kommunistischen Klnder-Weltiref- fen in Berlin. In einer abschließenden Kundgebung des zwei- len „Welttreffens" der kommnnistischcn 'Arbeiter- und Banern- kindor am Sannlagnachmittag veranstalteten Kundgebung im Sportpalast ist es an verschiedenen Stellen Groß-Berlins zu Zusammenstößen zwischen Mitgliedern der KPD. und Andersgesinnten gekommen. Die Polizei hat wegen dieser und anderer politischer Zusammenstöße bis 21 Uhr weit über 100 Personen sistieren müssen. KommunislensordernLandlagseinberufung Dresden, 29. Juli. Die Kommunisten haben die günstige Gelegenheit der Steuererhöhnngen durch die Notverordnung des Reichspräsiden ten natürlich nicht vorübergehen lassen, ohne für sich einen Fischzng zu versuchen. Sie haben nicht nur beim Landtags- Präsidenten Weckes die sofortige Einberufung des Land tags gefordert, sondern verlangen auch in einem Antrag, daß die sächsische Regierung schärfsten Einspruch gegen die Not verordnung erhebt: auch soll der Landing die werktätigen Mas sen zum außerparlamentarischen Kampf anffardcrn, d. h. zum Streik gegen die Massensteuern. Weiler soll die Regierung durch ihren Vertreter in Berlin Einspruch gegen die Stenernat- verardnung erheben. Endlich fordert der Antrag nach, die Ne gierung zu beanfiragen, die Behörden anzmveisen, sämtliche in der Stenernatverardnnng vorgesehenen Maßnahmen nicht dnrchznfiihren. — Der Landtagspräsident wird selbstverständlich den eben erst vertagten Landtag nicht einbernsen, wohl aber werden die Kammnnistcn voraussichtlich die Gelegenheit des Zusammentritts des Zivischennnsschnsses des Landings am nächsten Freitag benutzen, um il,re Wünsche zur Sprache zu brin gen, wenn auch ahne jede Aussicht auf Erfolg. Problem Amerika Kritisch« Beiträge zur französischen Literatur. Bo« Clemens Gras Podewils. Die Auseinandersetzung mit Amerika als soziologischer Erscheinung, als geistigem Problem ist sür die Europäer aller Länder zu einer so beliebten wie erregenden Beschäftigung ge worden. Die llrreile der Kritik sind jedoch stets beeinträchtigt durch die Nationalität des Beobachters. So gelangt der Eng länder zu den fast immer absprechenden Ergebnissen aus feister Voreingenommenheit als älterer Verwandter, der di« anders gearteten Gewohnheiten des Vetters eo ipso für Verirrungen hält. Welch peinliches Erröten verursacht es der älteren Linie des angelsächsischen Hauses, daß die kleinen Verwandten die gleiche Sprache schreiben aber mit einer geradezu kompromit tierenden Vulgarität sprechen. Diese Haltung des Engländers übersetzt sich entsprechend in der Beurteilung der geistige» Vor gänge in den Vereinigten Staaten. Der Deutsche gerät im Gegenteil so stark unter den Bann des amerikanisäien Wirtschaftserfolges und der praktischen Le- bcnsgcstaltuna. daß er geneigt ist, über Mängel der geistigen und künstlerischen Verfeinerung hinwegzusehen. Am wenigsten jedoch ist der Franzose durch besondere Vor urteile getrübt, wenn wir von gewissen Schwächen seiner Men talität absehen, wie dem fehlenden Einfühlungsncrmöaen in ein« fremde Kultur und der durchwegs naiv-subjektiven Bewer tung nach seinen eigenen Maßstäben. Im übrigen ist er aber befähigt, ohne nationalen Eifer oder Zorn, ohne verwandtschaft liche Befangenheit Amerika zu studieren und mit der angelwre- nen Stärke in konstruktiver Kritik unter europäischen Gesichts punkten zu beurteilen. Ist hierdurch die Kritik auch in der letz ten Sachlichkeit gehemmt, so ist ihr Präjudiz zum mindesten^ein rch ' ' rein europäisches, ungetrübt durch kleinere und kleinliche Män gel der Objektivität. Denn in diesem Falle kann der französische Kultnrgeist wohl mit dem europäischen gleichgesetzt werden. Georges Duhamel errang sich durch sein jüngstes Buch „Lcön-z lie I- vis kuturö" (1930) nicht nur stürmischen Bei- fall in der Orfsentlichkeit. sondern auch einen Sonderpreis der Acaixttnie Franyais«. Zn einer Aufeinanderfolge von frurlle- lonistischen Skizzen l»V er sich in schonungslos ablehnender Meile n»i« der «mer«anikchen Ziviliiation emseinandsr. Er rmrt den Titel seines Werkes folgendermaßen „Die Menschheit ist so verschiedenartig, daß sie gleichzeitig Bilder einer fast palaontologischen Vergangenheit und lebendige Beispiele der Zukunft aufweist". Amerika, das begonnen hat, den alten Kontinent zu erobern, stellt daher dessen unentrinnbar« Zu kunft dar. Duhamel, der sich durch ein zart besaitetes Kulturcmpfinden nicht weniger als durch sarkastischen Geist auszeichnct, läßt kein gutes Haar am ethischen Materialismus, an der Vergröberung und Kolosfalisierung der Genüsse, am nivellierenden Lebens stil. an der verderblichen Prohibitionsgcsinnung und erläutert diese „Uebel" an Einzelbeispielen. Häufig gemahnt er hierbei an die seriöse», wissenschaftlich unterbauten „Etats Unis" von Andrö Siegfried (1929). Insbesondere treffen sie Lei in der Beurteilung der religiösen Strömungen. Siegfried weist auf die Kontinuität des „D ie n st"gedankens hin, angcsangcn vom sozialen Ideal, das Quaker und andere amerikanischen Sekten als Dienst an der Menschheit verfolgen, bis zum äußerst gewinnbringenden „Dienst am Kunden", Den Unterschied der anglosächsischen Sekten puritanischer Färbung vom Katholizismus erblick! er in der Einstellung auf die „reali- sation", die Durchführung, die Verwirklichung. Diesen Wohl stand verbreitern muß jede kontemplative, der sozialen Verwirk lichung oft abgcwandte Ideologie absurd erscheinen. Um so mehr gründet sich die neuzeitliche Anziehungskraft des Katholizismus darauf, daß der von puritanischen Zwangsvorstellungen Ge plagte erstaunt sich fragt: „Es könnte also scelifckie Wonnen ohne unmittelbare soziale Nutzbarmachung geben? (Siegfried). Gleich stark bei Duhamel und Siegfried ist das Entsetzen vor der kollektiven Gewaltherrschaft des amerikanischen Gesellschafts lebens. Duhamel spricht in Hinsicht auf die völlige Eleich- strachung und Vereinheitlichung der Formen, in denen sich das Leben abspielt, geradezu vom „bürgerlichen Kommunismus". Den selben Gedanken sprach kürzlich Graf Keyserling in einem Vortrag in der Sorbonne aus, als er den proletarischen Kom munismus und den amerikanischen Kollektivismus in ein« Linie stellte mit der einzigen Unterscheidung, daß sich das eine System auf der Armut, das andere auf dem Reichtum nufbaue. Aller dings verleitet« Keyserlings Bitterkeit, um nicht zu sagen Ver bitterung, über Amerika ihn zu Sätzen, die noch viel weitcr ins Reich dialekiischer Konstruktionen reichen. ^ Di« ^icine» d« k« vi« fuinre" baben einen lebhaften Meinungsaustausch über die Rtchligkeit der dar!» vertretenen Ansichten hervorgcrufen. Eine anregende Kontroverse, die uin so bemerkenswerter ist, als sie durch keine»lei fremde Gesichts punkte beeinträchtigt, sondern nur »in der Sache selbst willen unternommen wird. Duhamels Schrift ist teiidenziös, sie strotzt von Kulturtendcnz. Sie bedeutet eine Polemik gegen das Typische des Amerikanismus. Sie leidet daher an den Schwächen jeden generalisierenden Schrifttums, das vorschnell von der Be obachtung des» Besondere» zur Folgerung des allgemeinen Schlusses schreitet. Es ist, mit einem Worte, die Schrvüche des Journalismus. In einem wertvollen Aufsatz aus der Feder von V. Fay gibt sich der „Co r r esp o n d ent" (katholische Zeit schrift) mit Duhamel ab Inhaltlich wird n. a. festgestcllt. daß ideengeschichtlich der amerikanische Fortschrittsglaube auf fran- zösi'ch'vhilosophischem Nährboden gewachsen ist. Außerdem be merkt Fay die Gefahren, denen die impressionistisch tendenziösen Darstellungen Duhamels ausgcsetzt sind. Wer die ebenso bedächtigen, gewissenhaften, wie von starker Intuition zeugenden Dialoge Paul Claudels über das Thema ,,A in c r i k a" im Gedächtnis hat, dem wird am gemein samen Gegenstand der Unterschied klar, der Claudel aus der Zahl begabter Autoren heraushebt. Es handelt sich um di« Reiseplauderei von erdumspannender Allgemeinheit, die unter dem Titel „O b s e r v a t i o u s da ns le Loir-et- Cher" im ersten Heft von „Vigile" (Februar 1 930) veröffentlicht wurde. Hier trennt ihn die Subtilitüt seiner kiinstlerisclxen Schau des wesentlich Eigenartigen von Situativ- neu und Individuen von der gröberen Betrachtungsweise des an geblich Typischen bei Duhamel. Dazu kommt Claudels ver stehender Univcrsalismus, der ihn vor intransigentem Kultur- vortcil bewahrt. Ausgehend von dem Glauben an die fundamentale Gleich heit der Menschen im Sckwpfungssinne schreibt er: „Aber ebenso, wie sie nicht geschaffen sind, um das Gleiche zu sagen, so müssen sie auch, entsprechend dem irdischen Bezirk, der ihnen zugeteik» wurde, verschiedenen Dingen Ausdruck verleihen; Dingen, dt» sich nicht widersprechen, sondern ergänzen." Claudel weiß di« Fäden des Menschlichen bloßzulegen, die selbst zwischen Gege». polen wie dem alten Japan — früher vom Verfasser MeranA gestaltet — und den modernen Vereinigten Staaten laufe«, dt, Gemeinsamkeit ausmachend. Gegenüber der soziologischen tret« di. ^ivcholoMLen M«nent»_1» de» L-»2ii««r«nd,-Lxuu» «4»
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