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Dieses Blatt wird de« Lesern von Dresden und Umgebung am Tage vorher bereits als Abend-Ausgabe zugestellt, während es die Post»Abonnenten am Morgen in einer Gesamtausgabe erhalten. VerugZgebühr: „MEIE » AN »o M, die Po!, » M«. durck. Die ..Drerdnervtaiiinchirn'' erickieinen id,lich mora-n-l Kit Be,jeder in Dreode» und der nachsicn Umaebuno. wo die ünuannna durch eioene Boje» oder Kommmionlire crioiat. erkalten da« «lat, an Lioikenluaen. die nicht an! sonn oder aeiertaae iolacn. In iwci Teitaniaaben adend« »nd moraeos «n^elielli. ?> ach druck aller Arlilel in Origmal- Mutcilunacu nur mit deutlicher L. neIlciionaat> e („Tic»d. Nack» ) «nlaiiia Nacknraaiiche vonorar- anioruckic Kleide» linke, iicknckiiiaN tinverianale Mannikriplc werden nicht alnkcwakri, LelearanimAdreiik: Nachrichten Dresden. Nerlcrg von LiepsUi L Reictiardt. Anreizen, carlf. tliinakme kon rknkiindiaunaen bi« nachmiitaaS 3 »kr. Sonn und aeikrlaaL nur Manensiratze 3? von ii bis V-l »kr. Tie l>valNaeArnnd- «eile «ca « Lilbcni 23 Pia. fündiounoen an! der Piivatienc ereile 2b Pi,,: die2ivalliac?,ei!eals Sin- ceiantv' oder au» Teilieite L3 »Pia. >In Nummern nach Sonn und »eie» lasen I Ke. Livaltise Grundreilcn M. 43 bez «3 und 83 P»a nach b-. iondercm Tari» AuSwartiae A»>- träsc nur scaen Porausbe,al>luns. lücleaklaltcr werde» nut Iv P's. kcrechnel. kternivrechaulchlutz: Amt l Nr. U und Nr. 2t»!IS. II. Cm. IVui i» sV«iiMWli»«<IIliiiL WU" Uo^«tvr»ux-, ILnviii- »uff Nr. I8 i. rmä V —— — ^ ^ — - . . . AIu8«t«vii,v, IZv-stliv^tv«»»«;, Lailtövv, imä 1rr»NLÜ8i»«vIi« OIsuiuprL^i»«;». Neueslc Drahtberichte. König Georg in Meißen. Dezennalscier von St. Asm. Berliner Leben. '»88« I. I'miff»'. 33H. OIsuiuprL^i»«;». Gonnabend, 4. Juli L^M. Neueste Drahtmeldungen vom 3. Juli. Kiel. 'Die Wettfahrt nach Travemünde begann heute morgen 0 Uhr bei leichten Südostwinde. Die »rohen Jachten starteten bald nach 8 Uhr, darnnlcr „Meteor", „Iduna" und „Hamburg". Als „Meteor" mit dein Kaiser an Bord um 8 Uhr 10 M»>. die Startlinie passierte uud damit gleichzeitig der Kaiser Kic> verlieh, feuerte die geiamle Kriegsflotte einen Salut von 33 Schuh. Die Bejahung paradierte. Bremen. Der frühere ReichswgSabgeordnete Frese ist mit 10t Stimmen, also säst einstimmig, znm Senator erwählt worden. M arnz. Bor der 2. Straskaimner begann heute der Prozeß gegen 10 katholische Einwohner ans Bickelheim, die angeschnldigt lind, den freireligiösen Prediger Frhrn. v. Ziicco-Euccagner bei Vollziehung einer Beerbt au ngsseier urch Lärm, Tätlich keiten, Bedrohungen und Beschinipsnngeil gestört zu haben. Der Prediger hat sich als Nebenkläger angeschlossen. Die An geklagten bestreiten, sich strafbar gemacht zu haben. Bromberg. Aach zweitägiger Verhandlung vor dem hie sigen Schwurgericht gegen die erste Gruppe der Teilnehmer an den Unruhe», die ans Anlah des Maure» und Zimmerausstaudcs hier stattgesunden haben, wurden 3 Angeklagte wegen schweren, 5 wegen einfachen Landsriedensbruchü verurteilt, und zwar einer zu 2 Jahren Zuchthaus, einer zu 2 Jahren Gefängnis, je einer zu 1>/u Jahren, 1 Jayr und 3 bczw. 4 Monalcn, 0 zu 0 Monaten Gefängnis: einer wurde frcigcsprochen. Kottbus. Der unter dein Verdacht der Herbeiführung des Eisenbahnunglücks bei Drebkau verhaftete Zimme» gcselle Jäckel hat, dem „Kottb. Änz." zufolge, heute dem Staats anwalt ein Geständnis abgelegt. Krossen a. O. In Pollenzi^ sind zwei Kinder, die durch Spielen mit Streichhölzern einen -cher,neubrand verursacht hotten, verbrannt. Würz bürg. Der Kassierer der hiesigen Filiale der Baye rischen Bank Friedrich Feineis ist nach Unterichlagnug von '10000 Mark flüchtig geworden. Ta die Verwandten sich zur Deckung des --Schadens verpflichteten, wird die Bayrische Bank voraussichtlich kein Verlust trcssc». Hof. In Nvrdhalbcn brannten gestern abend sechs Wohnhäuser, fünf gefüllte Scheunen und eine Anzahl Neben gebäude ab. Ter Brand war durch mit Feuer spielende Kinder verursacht worden. Ein 1 jähriger Knabe ist in den Flammen u m - gekommen. Viel Kleinvieh ist verbrannt. Budapest. Vier Mitglieder der Kossuth-Partci haben ihren Austritt angemeldet, da sie die Obstruktion sorlsetzeu wollen. Es dürften noch einige Mitglieder folgen, doch wird die unter KvssuthS Führung verbleibende llnabhängiakeilspartei ziffernmäßig wenig verlieren, politisch sehr gewinnen, da nur die agitatorischen, sonst ziemlich unbedeutenden Elemente, die den äuhersten Kamps gegen den Grafen Khuen führen wollen, den Parteiverband verlassen. Budapest. Das Amtsblatt veröffentlicht die Ernennung deS Grafen Theodor Pcjacfevics zum Bonus von Kroatien. Genf. sPriv.-Tel.f Gestern und am Mittwoch waren Hilfs- kolonncn von57 Führern teils von Ehamounir, teils von St. Gervais aus ausgebrochcn, denen cs heute gelang, die sieben ver mißten deutschen Studenten aufzusinden »nd nach Ehamounir zu bringen. Zwei von ihnen sind durch Blitzschlag schwer verletzt, vier sind leicht verletzt, nur einer ist gesund. London. Das „Reulerfche Bureau" meldet aus Heidel berg: Gestein fand eine von Botha cinbcriiscne Versamm lung von Burg Hers statt bchnsö Erörterung wichtiger öffent licher Angelegenheiten. Botha hielt eine Rede. Er sagte, die Holländer wollten sich nicht der Regierung widersctzen, sondern sie in wichtigen öffentliche» Fragen unterstütze». Es wurden Resolutionen gefaßt, worin das Bedauern über die vorgeschlagene Einführung von Asiaten ausgesprochen tvird, da die Regierung das Land für die Einwanderung von Weißen sperre, worin ferner die Regierung ersucht wird, dem Lande nickt 65 Millionen der Kriegsschulden aufzucrleae». bevor eine Volksvertretung ge schaffen sei, und worin schließlich gegen das Erzichungssystcm Einspruch erhoben wird. Athen. Rach Schluß der heutigen Sitzung der Dcputier- teiikaiilmer, m welcher das Haus ein provisorisches Budget- Zwölslel genehmigte, kam es in der Umgebung der Kammer wieder zu Ruhestörungen, bei denen auch Revolvcrlchüsie fielen. Eine Person wurde verwundet. Um Mitternacht hielt Tclyannis vom Balkon seines .Hauses eine Ansprache an die Volksmenge, in der er die Negierung heftig angrisf. Ter Minister des Innern hielt ebenfalls eine Ansprache und forderte die Thcolokisten auf, ihm Ge folgschaft zu leisten. Havanna. Der Vertrag, durch den sür immer Schiffs und K oh len statt onen sür die Vereinigten Staaten zugcsichcrt werden, ist unterzeichnet worden. Port Arthur. Ter russische Gesandte in Korea ist hier eingetroffcn. Tie Ankunft des russischen Gesandten in Peking wird erwartet. Tientsin. Ter hiesige japanische politische Agent erklärt es für durchaus unrichtig, daß die auswärts sich befindende» lapanischen Zivil- und Militärpcrsone» znm Heere cinbcruscn wurden. Obgleich Japan für einen Krieg gerüstet sei. denke es nicht daran, Zivilpersonen zurückzurufen und dadurch den Handel zu lähmen. Johannesburg. Die intcrkotonialc Beratung wurde heute eröffnet. Lord Miluer hielt die Eröffnungsrede, in der er mit Befriedigung auf die Einnahmen Transvaals hinwics, welche Zunahme durch den neuen Tarif und die Herabsetzung der Eisenbahnfrachtsätze bewirkt worden sei. Es sei von beträchtlicher allgemeiner Bedeutung, daß die finanzielle Stärke Transvaals Wirklichkeit werde. Tie gegenwärtig gedrückte Lage der Minen- industric, so erklärte Milner, werde nicht länger als ein Jahr dauern. OertUches und Sächsisches. Dresden. 3. Juli. —* Meißen, bie ebenso malerisch an de'' Elbe gelegene, wie altertümliche Markgrasei» Burggrafen- mck Bischossstadt, hatte heute die Freude, Se. Majestät den König Georg zum ersten Male seit seinem Regierungsantritt in ihren Mauern be grüßen zu dürfen. Neben dem Besuche der Stadt galt die Au- Wesenheit des Königs in Meißen zugleich der 360jährigen Grün dungsfeier der Fürsten- und Landcsfchule St. Afra, einer der drei von Kurfürst Moritz begründeten und aus den Gütern cm gezogener Klöster dotierten Geiehrtenschulen. Tie Ankunft des Königs aus der Haltestelle Meißen-Triebiscktal erfolgte vormittags 9 Uhr 50 Min. In seiner Begleitung befanden sich die Herren Finanzminister Rüger, Kultusminister o. Sendcwitz, Ober hosmarschall Graf Vitzthum, Kckeishanvtmann Schmiedel, Ober stallmeistcr v. Haugk und Flüaeladjutant Major Freiherr v Welck. Nach Verlassen des Waggons wurde Se. Majestät von Herrn Bürgermeister Tr. A y ehrfurchtsvoll begrüßt. Äußer diesem war zum Empfange u. a. auch Herr Regierunasasscssor Tr. Herklotz als Vertreter der Amtshauptmannfchaft Meißen anwesend. In einem zweispännigen Hofphaeton, an seiner Seite Herrn Finanz minister Dr. Rüger, fuhr Se. Majestät nun zunächst nach der im Triebischtale gelegenen König!. Porzcl'antabrik, der älte sten und durch ihre Erzeugnisse berühmtesten Eurovas. Hier be sichtigte der König unter Führung des Direktors der Porzellan- maiiusaktur, Herrn Kommerzienrats Gesell, dessen Tochter ihm einen prachtvollen Blumenstrauß überreichte, und des Herrn Hosrats Sturm mit Hohem Interesse die Porzcllan- nachbildvng des Fürstenzuges, vergegenwärtig noch als Sgraffilomalerei die Ser Äuaustusstraßc zngckehrte lange Ruckwand des östlichen Flügels des Dresdner Schlosses schmückt, aber langsam seinem durch die W-itterungs- verhältnisse bedingten Verfall entoegcngeht. Die Nachbildung kommt dem Urbilde außerordentlich nahe, man meint fast, die alte Malerei vor sich zu haben. Vorgeführt wurde eine an der Giebclieite des Gartenhauses angebrachte Gruppe des Kur fürsten Johann Georgs IV Nach Vorstellung einiger Beamten oer Porzellanmanufartur fuhr der König unter dem Geläute aller Glocken durch die in buntem Flaggenichmuck prangende Nene Gasse und über den Roßplatz nach dem mit Fahnen in den sächsischen und Stadtfarben, Emblemen, Wappen und Belarien reich ge schmückten Rath au je. Schüler und Vereine bildeten Spalier. Bieten schon die auf- und absteigenden Straßen Meißens mit ihren spitzen Giebeln, Erkern und schonen Rundbogentüren an und für sich ein architektonisch schönes mittelalterliches Bild, so gewährte die Stadt heute im Schmucke grüner Kränze, Ranken aus Tauiicn- icisig und Eichenlaub einen doppelt lieblichen Anblick. Unter brausenden Jubclruscn hielt der König oen Einzug in die alte Bischossstadt. Vor dem Rathause, einem alten, noch aus dem 15. Jahrhundert stammenden Bau, halten die Innungen mit Fahnen und Standarten Ausstclinng genommen. Beim Halten vor dem Rat- hanspvrtalc brach die Menge i» ein begeistertes Hoch aus, wosnr Sc. Majestät, im Wagen ansrecht siebend und nach allen Seiten hin grüßend, freundlich dankte Nachdem der König den Wagen verlachen, trat das kleine Töchierchcn des Herrn Bürgermeisters an ihn heran und überreichte ihm unter Aussagen eines Gedichts ein herrliches Bukett aus gelben Teerosen, das der König sichtlich erfreut entgegennahm und wofür er dem Kinde beide Wangen streichelte. Unter Vorantrilt rosenstrcucndcr Kinder schritt der König sodann durch ein Spalier von 50 weißgekleideten jungen Damen die Trevpe hinauf in den mit reichem Holzgetäicl ge schmückten Natssitzunassaal. Hier bcwillkommnete Herr Bürger meister Dr. Ay den Monarchen und sprach ihm zunächst den Dank der Stadt Meißen sür die Ehre, die ihr durch sciucu Besuch z» teil geworden, aus. Seitdem Konrad der Große als Mark graf auf der Burg eingezogen, habe» Meißen und das Haus Wcttin treu zuiammcugcUandcn. Hier habe die Wiege mancher sächsischen Fürsten gestanden, hier ruhe auch eine lange Reihe er lauchter Ahnen des Hauses Wettin. Heute sei es der Stadt Stabt Meißen vergönnt, Se. Majestät zum ersten Male als König zu begrüßen. Ein Jahr sei vergangen, seit er dos Szepter tührc, seit der unvergeßlich- König Alben bei,»gegangen. Ein schweres Jahr liegt hinter Ew. Majestät, schwer an Krankheit, schwer auch an bitterem Leid. Aber Ew. Majestät dürfen das Vcr- iraucn haben, daß der grötzte Teil des Sachsenvolkes erkennt, wo das Recht ist. Tie Bürgerschaft Meißens fleht zu Gott, daß er Ew. Majestät noch lauge in Gesundheit regieren lassen möge, und gelobt, wie seit Jahrhunderten, so auch für Jahrhunderte die gleiche alte Lachsentreue. Wir bekräftigen dieses Gelöbnis, indem wir ausrufcn: Unser Markgraf von Meißen, Se. Majestät König Georg, er lebe hoch! — Mit bewegter Stimme erwiderte der K önig' „Mein lieber Bürgermeister! Ihre an mich gerichteten Worte haben mir große Freude gemacht. Man wird mitunter irre an seinem Volke, aber ich bin es noch nickt geworden. Ich habe mich gefreut, Meißen, in dem ich schon 1861 und seitdem wiederholt gewesen bin, wieder zu scheu, und komme gern nach Meißen. Ich danke herzlich sür die mir ausgesprochenen IreuÄi Gesinnungen und wiederhole, daß ich mich sehr gefreut habe." Bei diesen Worten reichte der König dem Bürgermeister die Hand und nahm aus silbernem Pokale einen Ehrcntrunk Meißner Weines entgegen, „beste Seite", wie der Bürgermeister bemerkte, woraus der König laut lachte. Hieraus erfolgte die Vorstellung der Beamten und städtischen Kollegien. Dann verließ Se. Majestät das Rat haus und fuhr unter erneuten Hoch- und Jubelruien nach der Fürsten sch ule St. Afra, um wie bereits erwähnt, dem Fesi- aktus anläßlich der 360jährigen Gründnngsscicr der Landesscyulc bcizuwohnen. Vor dem Portale zwischen den beiden steinernen Figuren des Kurfürsten Moritz und des Königs Albert war eine Ehrenpforte errichtet mit der Inschrift: .Optima IVattina sulv» clo gante, Osorgi! Ragslem, ^t'rani, aonaelebrato ckicm! Am Tore bildeten die Asraner mit ihren schmucken Turnanzügcn und grün-weißen Schärpen Spalier. Das Professoren-Kollegiuni mit dem Rektor Herrn Obcrschulrat Dr. Peter an der Spitze, erwartete den Monarchen vor der Schule. Als der Königliche Wagen cintraf, erschollen jubelnde Hochrufe. Dann überreichte die Tochter des Rektors, Fräulein Peter, einen Nelkenstrauß, und sprach ein Bewillkommnungsgedicht. Darauf ließ sich der König im Synodalzimmcr das Lehrer-Kollegium vorstellcn und begab sich dann in die Aula, wo die Honoratioren Meißens und die zahl reichen ehemaligen Schüler von St. Afra versammelt waren.. Der Festakt wurde cingclestet durch den Afranijchen Festgesang' ^Dich grüßen wir mit Hellem Klang, als Afra aus der Höben". Text von Professor Schmidt, Musik von Oberlehrer I. Köhler, der in die Sackfenhymne ausklana. Der krimim airinimn ent bot dann dem Landesherrn poetischen Gruß, während ein anderer Oberprimaner in lateinischer Rede den König Georg als Fricdcns- fürsten feierte. Nach einem weiteren Gesänge hielt der Rektor der Fürstcnschulc die Festrede, in welcher er die pädagogischen Be strebungen der Lanoesschule und deren Stellungnahme zu den An forderungen der Neuzeit ausführlich auseinandersctzie. Mit dem Liede des Königs Johann: „Hoch über den Sternen" und einem Gebet schloß die eindrucksvolle Feier. Der König zeichnete da»» noch verschiedene Herren, besonders Herrn Oberlehrer Julius Kunst und Wissenschaft. ff* Die Dezennalseier der Fürstenlchiile St. Asra zu Meißen wurde bereits geltem nachmittag durch die erste Ausfüh rung der „Perser" deS AcschyloS. die heute nachmittag für die zum Feste erschienenen Attafrnner wiederholt werden soll, cin- aeleitel. Die Aufführung eines antiken Bühnenstückes in der Ur- wrnche ist immer ein Ereignis, dem sich die Teilnahme auch wei terer, namentlich gymnasial gebildeter Kreise zuwcndct. In diesem Falle wurde das Interesse dadurch erhöbt, daß es sich um die wahrscheinlich älteste uns erhaltene griechische Tragödie han delt. sie behandelt den Sieg der Grieche» über die Perser 480 v. Ehr. Mit glücklichem Griff verlegt der Dichter den Schauplatz ins feindliche Reich, wodurch er Gelegenheit erhält, durch den Mund der Feinde manches zu sage», was im Munde der Hellenen als Riibmrcdigkeit und sträfliche lleberheliung hätte gelten können. Der Mittelpunkt des Dramas ist die Botcnerzählung von der See schlacht bei Salamis. Trotzdem ist alles, was wie Anmaßung klingen könnte, sorgfältig vermieden, »nd in dieser maßvollen Be trachtung seiner eigenen bewundernswerte» Kriegstat gewährt das Drama einen Bllck in die hohe sittliche Anschauung des alten Griechenland. Ter Erbprinz von Sachsen-Meiningen hat das Drama mit einer Musik versehen, die sich bemüht, dem antiken Stile nactttukommcn, in häufigen Taktwechlcln aber den Aussühren- den ziemliche Schwierigkeiten bietet. Tank dem Entgegenkommen der Festlettiing war es gestern abend den ersten Kreisen der Meiß ner Bürgerschaft vergönnt, an dieser astanischen Festgabe teilzu- nebmen, und sie sah sich trotz der Länge der Nufslihrnng — 2>ff. Stunden — durch die ebenso einfache wie eigentümliche groß zügige Bebnndluna des für alle Zeiten volkstümlichen SlosieS bis zum Schlüsse gefesselt, mit warmem Betsall den Leitern und den Milwirkenden dankend. Beteiligt waren 16 Schüler. Die Reale hatte Oberlehrer Dr. Pollack gesührt: er war auch der Verfasser des Prologs, der die Vergangenheit mit der Gegenwart verband. Die Leitung des musikalischen Teiles — Chöre und Orchester, letz teres von der Stadtkapelle gestellt — lag in den Händen des Oberlehrers Köhler. ff* Die Königl. Akademie der Wissenschaften in Berlin hielt gestern abend ihre feierlich« Schlußsitzung in dem alten Gebäude „Unter den Linden". Die Sitzung galt vem Andenken des Begründers der Akademie Leibnitz. Das Akademie- gcbäude wird a bgcrifien. ff* Die Mailänder Operngesellschast Teatro lirico, die gegenwärtig in Deutschland reist, ist wegen eines Gastspieles in Unterhandlung mit der Direktion des hiesigen Cen tras-Theaters getreten. Die Italiener haben u. a. Lcon- cavallos „Boheme" auf dem Repertoir. Da die Gesellschaft aber nicht einmal über eigene Kostüme verfügt und unter den Solisten Künstler von Ruf sich nicht besinden, dürste sich das Gastspiel- Projekt zerschlagen. Berliner Leben. . L. Berlin. 2. Juli. „Haben Sie gewählt?" — „Bitte, lassen Sic mich mit den Wahlen in Ruhe! Ich bin froh, daß die Geschichte vorüber ist!" — „Ich meine, ob Sie bereits Ihre heurige Sommer frische gewählt haben?" So lautete das ausgefangene Bruch stück eines Gesprächs in einem Berliner Straßenbahnwagen, und ähnliche Unterhaltungen kann man jetzt hier überall tausendfach hören. Die Sommerreise steht im Mittelpunkt des Denkens und Redens zahlloser Berliner, und die große sommerliche Aus wanderung aus Berlin hat bereits ihren Anfang genommen. „Los von Berlin!" lautet jetzt für Hunderttausend,.' die Losung, freilich in einem anderen Sinne, als sic vor einiger Zeit von gewissen Libcraicu ausgegeben worden ist. Äon Sommer zu Sommer nimmt hier nicht nur die Reiselust zu, sondern auch oie Möglich keit, sie zu befriedigen. Dabei ist es erfreulich, daß auch Kreise, die früher dieser Möglichkeit unendlich fernstanden, nunmehr eben falls aus kürzere oder längere ZeO Berlin verlassen und irgendwo mif dem Lande oder im Gebirge oder an der See Erholung und Auffrischung suchen können. Die größeren Berliner Geschäfte gewähren wohl ausnahmslos ihren Angestellten einen Somme» Urlaub bei Fortzahlung des ungekürzten Gehalts Aber auch die großen industriellen Unternehmungen sorgen dafür, daß ihre Ar- beiter einer solchen Ausspannung teilhaftig werden. Kürzlich haben sich auch die städtischen Behörden Berlins, die sich aus die Dauer dem sozialen Zuge der Gegenwart nicht zu entziehen vermögen. zu dem höchst lobenswerten Entschluß aufgerafft, ihre» Arbeitern. also insbesondere den bei der Kanalisation und der Straßenrcini- gung ongestellten, einen Urlaub von 8 bis 14 Tagen zu gewähren. Tieienigeu Arbeiterfamilien, die nicht im Stande sind, selbst zu reisen, haben teilweife wenigstens die Genugtuung, daß ihre Kinder hinauszieyen dürfen aufs Land oder ins Gebirge oder an die See. Tic 100 Berliner Ferienkolonien sind diesmal in der Loge, 4265 kleine Erholungsbedürftige hinausznsenden, immerhin eine stattliche Zähl, wenn auch klein im Verhältnis zu der Anzahl der Kinder, die >n Berlin zurückbleiben müssen. Aber auch sür diese wird nach Kräften gesorgt. An den schönen Tagen werden sie in die Umgebung Berlins hinausgcsnhrt und können sichZwrl den Tag über unter Aufsicht nach Herzenslust austobe». Für diese schönen Zwecke wird das ganze Jahr über in Berlin gesammelt finden auch von Zeit zu Zeit Theatervorstellungen. Bazare und Festlichkeiten statt, so daß lchließlich eine sehr ansehnliche ^unimc zusammeiikommt. Ties Geld trägt reichliche Zinsen, abgesehen davon, daß viele Kinder, die infolge ihrer häuslichen Verhältnisse siech und krank geworden waren, acsniiden und sich danach kräftig entwickeln. Den» keine Art der Wohltätigkeit trägt jo viel, wie diese, zu einer Abschwächling der sozialen Gegensätze bei. Man muß nur einmal zur Zeit der Rückkehr dieser Fer,enkolonrsten auf den Berliner Bahnhöfen die zum Empfange ihrer heim kehrenden Lieblinge herbeigce'lien Eltern sehen, ihre freudestrahlen den Mienen beobachten, ani ihre dankerfüllten Aenßerunge» lauschen, um dies ganz zu erkennen. Von dem Lebe» und Treiben ani den Berliner Bahn höfen um diese Zeit der Reisehochflut kann man sich, wenn man es nicht einmal mit angesehen hat, nur schwer eine zutreffende Vorstellung machen. Es geschieht ia olles, um den gewaltig an- geschwollenen Strom der Reisenden in ein geordnetes, ruhiges Bett zu leiten. Aber es hilft nicht viel. Die Elsenbahnverwaltung selbst Kot die löbliche Einrichtung getroffen, daß aut allen Bahn- Höft» schon einen Tag vor Antritt der Reste Fabrkartcn gekauft und Gepäckstücke aiifgeliesert werden können. Noch bequemer haben die verschiedenen Reiftbureaus cs de» Berlinern gemacht. Sie schicken aus Bestellung gegen ein nicht zu hohes Aufgeld di« Fahrkarten ins Haus, lassen das Gepäck abholcn, gleich verwiegen und liefern sofort den bahnamtlichen Gepäckschein ab, so bah man sich unter Umständen zu Fuß nach dem Bahnhöfe begebe« «otz