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«WMMWWWSSS»«»»» DreSde»» dm 7. Mai. — Dem Abtheilungsvorstand im Kriegsministerium, Ge neralmajor Weise, ist die erbetene Entlassung aus Allerhöchsten ÄriegSdirnsten, unter Gewährung der gesetzlichen Pension und mit der Erlaubniß zum Forttragen der zeitherigen Uniform der Genemrlität bewilligt, auch demselben für die mit Eifer, Treue und Hingebung geleisteten vorzüglichen Dienste zugleich die aller höchste Anerkennung ausgesprochen worden. — Ein wahres Auswanderungssieber scheint die Mensch heit wieder zu ergreifen: fast so stark wie in den ersten fünf ziger Jahren ziehm die Deutschen und Böhmm übers Welt meer, eine neue Heimath zu suchen. Daß über 3000 kürzlich hier durchkamen, haben wir bereits berichtet; jetzt hören wir, daß nur allein in Bremen in den beiden Tagen des 3. und -4. Mai zwei Dampfschiffe und zwölf Segelschiffe die Anker lich teten und auf ihnen 6700 Auswanderer nach Nerv-Jork und Baltimore befördert wurden. — Das Culusministerium hat beschlossen, daß diejmigen inländischen Studirmdm, welche als einjährige Freiwillige jetzt in die k. sächsische Armee eintreten, nicht exmatriculirt werden, sondern daß ihnm, wmn sie später nach -eipzig, sei es nun mit den sächsischen Truppen, oder nach Ableistung ihres Dienst- jahreS zurückkehren, der Fortgenuß der von ihnen vor ihrem Ein tritt in das Militärdienstverhältniß genoffenen Stipendien ge währt werde. — Die beiden vom k. Gerichtsamt allhier öffentlich aus geschriebenen Leichname, die in Blasewitz und Gohlis erhängt aufgefunden und von obiger Behörde gerichtlich aufgehoben wur den, find als hiesige Einwohner recognoscirt worden. In dem Einen soll ein Handarbeiter von der Kiefernstraße, in dem An deren ein Cigarrenarbeiter von der Alaunstraße ermittelt wor den sein. — — Man erwartet in diesen Tagm hier mehrere hundert Centner Munition, die auf der Leipzig-Dresdner Bahn hier aus Preußen eintreffen sollen. In Verbindung damit dürfte stehen, daß vor Kurzem ein Commando, bestehend aus einen: Artillerie- Leutnant, einem Oberfeuerwerker und sechs Oberkanonieren, von hier nach Magdeburg abgegangen ist, um dort Munition für die neuen Gewehre der Infanterie zu fassen. — In der heute in Scene gehenden Oper „Hugenotten" nimmt Frau Blume in der Parthie der „Valentine" Abschied von der hiesigen Hofbühne. Es scheidet mit ihr von uns eine schöne Gesangskraft, um wieder an der königl. Hofbühne zu Berlin in Engagement als erste dramatische Sängerin einzu treten. — Zwei junge, anscheinend den besseren Ständen ange- hörige unbekannte Herren, die an einem der vergangenen Abende mit der Eisenbahn hier angekommen zu sein schienen, bestiegen eine vor dem betreffenden Bahnhofe haltende Droschke und ver langten nach der Altstadt gefahren zu werden, indem sie dem Kutscher die Straße und das Haus, vor dem sie aussteigcn wollten, näher bezeichneten. Als der Kutscher dort angekommen und von seinem Bocke herunter gestiegen war, um seinen Fahr gästen beim Aussteigen behilflich zu sein, war er nicht wenig erstaunt, beim Oeffnen der Thürc der Droschke darin Niemand mehr vorzufinden. Seine noblen Fahrgäste waren somit unter wegs, ohne daß er davon das Geringste bemerkt, ausgeflogen. Vorher hatten sie nicht bezahlt, folglich hatten sie ihn um das Fahrgeld geprellt. Der Aerger über diesen Verlust wurde aber Lei ihm noch durch die Entdeckung erhöht, daß sie beim Durch- Lrennen zugleich die im Wagen befestigte Droschkentaxc, die sie gewaltsam losgerissen, mitgenommen hatten. — — Die „M. Bl." schreiben: Wenn der Unfall sehr zu beklagen war, daß am Donnerstag früh die Meißner Schiff brücke durch Ungeschick eines Floßführers zerrissen war und man befürchten mußte, daß der Verkehr mit Wagen zwischen dm bei den Elbufern mindestens auf eine Woche unterbrochen bleiben werde, so ist es unsere Pflicht, eben so unsere Freude, Aner kennung und Dank auszudrücken, daß es der betreffenden Be hörde und den Technikern gelungen ist, in so kurzer Zeit die Schiffbrücke herzustellen, indem bereits den 3. d. Nt., Nachmit tags 4 Uhr, dieselbe auch für Wagen zu passiven war. Durch energische und geeignete Maßregeln ist eS also gelungen, binnen 33 Stunden nach dem Unfälle Alles zu repariren und die zer streuten Schiffe zu ordnen. In Bezug auf die Vrückenbau- störung soll der unbedeutende Verlust an fiskalischem Eigen- thume, sowie der geringe Aufschub in der Arbeitszeit der Be sonnenheit und Umsicht des Dammmeisters Hennicke zu verdanken sein, welcher mit seltener Geistesgegenwart seine Dispositionen derart traf, daß der voraussichtliche Untergang des Gerüstes ab gewendet und das Leben der an: Pfeiler beschäftigten Arbeiter gerettet wurde. — Der neulich von uns gemeldeten rohen Zerstörung eine» Gärtchens in Antonstadt schließt sich die uns mitgetheilte, . der vorvergangeneu Nacht verübte gewaltsame Zertritt» me- ' rung eines steinernen, gegen eine halbe Elle starken Thür gewändes an, das sich neben der Friedrichsbrücke an der dort gelegenm Arrigi'schen Restauration befindet. Es scheint auch diesem Vorfälle weiter nichts als eine reine Zerstörungssucht zu Grunde zu liegen; leider ist den Thätern deren Befriedigung gelungen, ohne daß sie weder aus der That ertappt und fest genommen event. bis jetzt ermittelt worden sind.— — Im Verlag des Lithographen Hänel Hierselbst, Blase- witzerstraße 3, 2, ist ein Villardreglement erschienen, welches den Beifall aller Freunde dieses Spieles finden wird. Die in gedrängter und dabei klarer und correcter Fassung aufgestellten Regeln sind von gut in Buntdruck ausgeführten Arabesken ein gerahmt, und das Ganze erscheint ebenso praktisch, als geschmack voll. Das hübsche Tableau ist auch bei Löser Wolf, Seestraße, zum Preise von 20 Ngr. zu haben. — An den Straßenecken in Leipzig wird das schon er wähnte Juckpulver während der jetzigen Messe mittelst Placat mit folgender Schrift annoncirt: „Triumphzug einer Ladung von 500,000 Schachteln Juck-Juck-Juck-Juckpulver, welches eine Kraft von 5 Millionen Flöhen repräsentirt." „Indem wir, besonders durch die Verfolgung, welcher uns die schöne Damen welt aller civilisirten Länder aussetzt, Gefahr laufen, gänzlich vertilgt zu werden, hat die Natur und Wissenschaft dafür ge sorgt, unser Geschlecht zu ersetzen und dieser Ersatz für uns ist das neuersundene Juckpulver, welches fortan, wo wir fehlen, uns vertreten soll. Ein Floh im Namm aller Flöhe Europa's." Dieses Placat ward auf obrigkeitliche Anordnung entfernt, da, wie man hört, gegen die absolute Unschädlichkeit dieses Pulvers Bedenken obwalten sollen. Das Pulver besteht aus den gebeiz ten Härchen der sogenannten Hagebutten, welche die Samen körner umgeben. Man taucht mit dem Finger in das Pulver und berührt diejenige Person, welche man necken will, welche sodann durch das dadurch hervorgerufene Jucken sich veranlaßt fühlt, die bewußte Stelle zu kratzen, wodurch die feinen Här chen noch tiefer in das Fleisch eingerieben werden.! — Wer am Montag an der Ecke der Scheffelgaffe und des Altmarkts gestanden, der wird aus guten Gründen eine lange Karawane haben daher ziehen sehen sehen, von der jeder einzelne Vertreter einen oder mehrere Zettel in der rechten Hand trug. Es waren dies jene Glücklichen, denen es beschieden war, auf Straßen und Gaffen und Plätze zu wohnen, die im Alpha bet die erste Rolle spielen. Der große Tag war gekommen, an dem die Auszahlung der Vergütungen für die Kriegseinquar tierung im Jahre 1866 ausgezahlt wurde. Scheffelgasse 5, dies Haus war der Brennpunkt aller Gefühle und namentlich die zweite Etage, nachdem wir die erste mit dem Armenversorgungs- büreau übersprungen haben. Da sind sie Alle der Reihe nach erschienen, die Insassen der alphabetisch geordneten Residenz, vom Altmarkt bis zur Augustusstraße, vom Alleegäßchen bis zur Ahornstraße rc. Mit welchem bitteren Ungeduldsgefühl sehen die Bewohner der Scheffelgaffe selbst, die erst im 8. figuriren, die Glücklichen nach Nr. 5 ziehm und sie wieder herauskommen mit der klingenden Münze in: Portemonnaie, während die Be wohner der Zahnsgaffc, die Allerletzten im Treffen, die Arriere- garde, noch am Fenster stehen und sehen müssen, was übrig bleibt. Erwartungsvoll steigen die Bezettelten die breiten Stufen hinan und in lang geordneter Reihe stehen sie in der zweiten Etage im Vorzimmer vor der verhängnißvollen Thür, die nur nach und nach sich in monotonen Intervallen in ihren Angeln dreht, um einen Glücklichen hinein und einen Ueberglücklichen heraus- zulaffen. Die Zeit heilt alle Wunden — so auch die, welche das Jahr 1866 geschlagen. — Im Fischhäuser Waldrevier finden seit einigen Tagen Holzauktionen in allen Fällbranchen statt und zwar heut na mentlich in erneuerter Fortsetzung. Wenn diese Auctionen aller dings das Zeugniß geben, daß sie diesmal für den Fiscus we niger als je einträglich sind, so darf Jeder, der in Bezug auf seinen häuslichen oder geschäftlichen Holzbedarf irgend nur eine praktische Seite herauskehrcn will und muß, diese günstige Ge legenheit durchaus nicht vorübergehen lassen; denn das Holz geht zu enorm billigen Preisen unter dem Hammer des Auktio nators weg. Wir hören, daß die Klafter des besten Klöppel holzes unter, auch mit 2 Thalern, Scheitholz etwas über 4 Thalcr erstanden worden ist. Wenn man bedenkt, daß das Fahrlohn bis an Ort und Stelle gerade nicht eine bedeutende Höhe erreichen kann, so dürften sich wohl heut der Menge, die bereits dort billig gekauft, noch viele Andere zahlreich anschlie ßen. Eine Partie Vaumblüthe und ein frisches Glas Bockbier im Waldschlößchen dürste auf der Holzreise ein kleines, gastro nomisches Intermezzo bilden. — Leipziger Meßbericht des Dr. I. Bei der Tuch- meffe erreicht die Zufuhr, obwohl sie nicht unbedeutend ist, doch ^ nicht dm Umfang, welchen sie in der letzten Neujahrsmeffe hatte, j Da die gegenwärtige Messe ziemlich spät fällt, so sind nament- , lich große Partieen Sommerstoffe schon früher direct von den Fabriken bezogen worden, und dem Meßgeschäft fehlt daher in dieser Branche das rechte Leben, so daß die Verkäufer sich viel^ fach gmöthigt sehen, zu gedrückten Preisen loszuschlagen. Viele Einkäufer sind ausgeblieben, wahrscheinlich weil sie sich von dem Druck der politischen Verwickelungen noch nicht völlig freimachen konnten. Dem das Geschäft so unangenehm störenden Regen wetter am Dienstag folgte am Mittwoch der heiterste Sonnen schein und sofort entwickelte sich eine bedeutende Lebhaftigkeit im Ledermarkt, so daß am Abend fast alle Lager geräumt warm. Rohe Wildhäute wurden wenig zu bisherigen Preisen abgesetzt, rohe Kipse waren ziemlich stark vertreten und verkaustm sich schlank bei mäßigen Preisen. Rohe deutsche Rindhäute warm wenig am Platze, gingen aber gut ab und erfuhren am Ende der Messe eine Steigerung von 1 bis 2 Thlr. pro Centner; rohe Kalb felle sind 1 bis 2 Sgr. pro Pfund billiger verkauft worden, als zur Zeit, wo sie ihren höchsten Preis erreicht hatten, sind aber unter dieser Concession recht angmehm. — Gegen 7 Uhr gestem Abend stürzte ein auf den Bal ken an der Elbe in der Nähe der Dampffähre auf Altstädter Seite spielender Knabe ins Wasser und wurde nur durch schleu nige Hülfe der Fischer unter dm Balken wieder glücklich hervor geholt und lebend ans Ufer gebracht. Namentlich hatte man die Rettung dem Hilferuf eines dort vorbeigehenden Mannes zu danken. Ein in der Nähe wohnmde Familie versorgte dm Kna ben alsdann mit trocknen Kleidern. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 6. Matt In Niederrödern, einem Dorfe bei Radeburg, wird von dm dortigm Grundstücksbesitzern Torf gewonnm und verkauft. Der Gutsbesitzer Carl Ehregott Neumann hatte ebenfalls einm Torf stich neben dem des Gutsbesitzers und Gemeindevorstandes Tag- gesell. Am 17. Oktober 1866 zeigte der Gmdarm des dortigen Bezirks an, daß ihm vom Gemeindevorstand Taggesell gemeldet worden sei, daß Neumann von dem Taggesell gehörigm Torf« stich 2500 Stück entwendet und verkauft habe, Neumann habe dies auch zugestanden und die Absicht zu erkennen gegeben, dm Torf zu bezahlen. In Folge der eingeleiteten Untersuchung stellte sich heraus, daß die Entwendung in der Zeit vom 8. bis 13. Oktober geschehen war; der Torf repräsentirt einm Werth von 3 Thlr. 22 Vz Ngr. Das Gerichtsamt Radeburg ver- urthcilte Neumann zu 8 Wochen Gefängniß, dieser erhob Ein spruch und machte in dem am 4. März angestandenm Termine geltend, er habe nur aus Versehen den Torf an sich genommm, denn er habe im Glauben gestanden, es sei sein Torf, da er dem Arbeiter Nieße gesagt habe, er solle den auf seinem Grund stücke gestochenen Torf auf Taggesells Grundstück ausbreitm, um bessere Abfuhre zu gewinnm. Der Gerichtshof beschloß damals, die Entscheidung zu vertagen und weitere Erörterungen anzu stellen. Dies ist geschehen und die Anführungen Neumanns haben sich nicht bestätigt. Deshalb beantragt auch hmte Staats anwalt Held die Bestätigung des erstinstanzlichen Urtels, welche auch erfolgte. — In Hostcrwitz war bei einem gewissen Hempel im Februar d.J. ein Diebstahl verübt worden. Der Verdacht lenkte sich unter Anderem auch auf Johann Gottlob Tittel in Ullersdorf, einen bereits criminell und polizeilich mehrfach be straften Menschen, dem der Gendarm das Zeugniß giebt, daß er sich jeder Arretur bis jetzt widersetzt habe. Dies war auch der Fall am 21. Februar. An diesem Tage nahm der Gendarm und der Ortsrichter in Ullersdorf eine Aussuchung bei Tittel vor; Beide kamen an die Wohnung Tittels, letzterer machte nicht sofort auf und als es geschah, empfing er die die Treppe hin- aufgehcnden Personen mit Schimpfreden und der Drohung, er wolle sie die Treppe hinunterwerfen. Der Gendarm brachte es endlich dahin , daß Tittel in seine Stube ging, aber auch hier schimpfte dieser in einer Weise forr, daß der Gendarm sich ver anlaßt sah, ihn zu arretiren. Aber da ging es erst recht los, jeder Thiernahmc mußte herhalten, auch die Politik kam ins Spiel, er meinte, es ginge hier ebenfalls Gewalt vor Recht; Tittel zog sich nicht an und machte keine Anstalten, mit zu gehen, er wollte gefahren sein. Nachdem endlich mit großer Mühe Nock und Schuhe ihm angezogen worden waren, nachdem zivei Transporteure aus dem Dorfe requirirt morden waren, ging es mit gebundenen Händen unter fortwährendem Schimpfen und Stemmen dem Gerichtsamte Radeberg zu. Unterwegs stieß er noch den Gendarm vor die Brust, daß demselben das Athmen verging. Tittel erhielt wegen Widersetzlichkeit 12 Wochen Ge fängniß in Anbetracht der langen Dauer der Widersetzlichkeit und der Nückfälligkeit. Diese Strafe war Tittel zu hoch, er erhob Einspruch, erschien auch persönlich heute im Termine. Oft sprach er in den Vortrag hinein und betheuerte lebhaft seine Unschuld, er habe nicht gestohlen, habe den Gendarm nur ein wenig scharf angeredet und da verlohne es sich nicht, erst ein Erkenntniß abzufassen. Von Seiten der Staatsanwaltschaft er folgte Antrag auf Bestätigung, dem auch statt gegeben wurde. — Der hiesige Klempnermeister Ernst Wilhelm Hempel hatte an den Photographen Pönitz Klempnermaaren im Betrage von 10 Thlrn. geliefert, für welche eine Bezahlung nicht sofort ge leistet wurde. Man war übereingekommen, einen Theil der