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112. Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Freitag dm 22. April Lisch, tägl. Morg. 7 U- — Inserate die Spaltzeile 5 Pf. werden bis Ab. 7 (Sonnt, v. 11—2 U ) angenommen. — Abonn. Vierteljahr 20 Ngr. »et unentgeldl. Lieferung in'» Haus. Durch die Post. Viertels. 20 Ngr. Einz. Nummern 1 Ngr. Expedition: Johannes» Allee 6 u. Waisenhausstr. ü Pt Local- und ProvinMRachrichten. Dre-den, den 22. April. , , — Die bereit- vorgestern Abend erwartete Ankunft Gr. kaiserlichen Hoheit deS Erzherzogs Albrecht »st erst in vorvoriger Nacht kurz vor 12 Ubr erfolgt, indem Höchstdcrsetbe den Aufenthalt in Berlin infolge der vor gestern dort erfolgten Ankunft Sr. Maj. des Königs von '-annovex um einige Stunden verlängert hat. Se. K. )oh. der Kronprinz war dem durchlauchtigsten Erzherzoge bis Röderau entgegengereist und geleitete Höchstdenselben nach dem königl. Residenzschloffe, woselbst Se. Maj. dev König den hohen Gast erwartete. Gestern Vormittag um 8 Uhr geruhte Se. k. k. Hoheit den hiesigen östcrreichi, schen Gesandten, Fürsten Metternich, zu empfangen, wohnte sodann sodann mit der königl. Familie dem Got tesdienste m der katholischen Hofkirche bei, und ertheilte um 12 Uhr dem in Abwesenheit des StaatsministerS v. Brust mit der Leitung der auswärtigen Angelegenhei ten beauftragten Staatsminister von Falkenstein eine Audienz. Um halb 2 Uhr begab sich Se. kaiserl. Hoheit, begleitet von Sr. Maj. dem König und Ihren königl. Hoheiten dem Kronprinzen und dem Prinzen Georg nach dem böhmischen Bahnhofe, woselbst eine Fahnencompagnie als Ehrenwache aufgestellt war und der Gouverneur der Residenz, die Generalität, der stellvertretende Polizeidirec- tor und ein zahlreiches Publikum zur ehrfurchtsvollsten Begrüßung sich eingefunden hatten. Se. Maiestät und der Kronprinz trugen die Jnhakeruniform ihrer kaiserl. österreichischen Regimenter. Der Erzherzog wurde hier bei seiner Ankunft mit lebhaften Hochrufen empfangen, schritt sodann in Begleitung Sr. Mai. deS Königs und der königl Prinzen mit seinem militärischen Gefolge die Front der Truppen ab, während die Militärmusik die öster» reichische Nationalhymne spielte, verabschiedete sich darauf auf dem Perron auf das Herzlichste von Er. Maj. dem Könige und Ihren königl. Hoheiten und trat Z2 Uhr mit telst Extrazugs die Weiterreise nach Wien an. Der kaiserl. österreichische Gesandte, Fürst Metternich, welcher Sr. kaiserl. Hoheit vorgestern Abend ebenfalls bis Röderau entgegen gereist war, begleitete Höchstdieselben gestern auch bei der Abreise. — Oeffentlich« Gerichtsverhandlungen r An voriger Mittwoche fand allhier eine Gerichtsverhand lung statt gegen zwei Eheleute, den vormaligen Raths- Eanzlisten, nachherigen Lohncopisten A. F. Lhalheim all hier und dessen Ehefrau Earoline Lheresie Marie Angelika Thalheim, beide zur Zeit noch unbestraft, jetzt aber in An- klagezustand wegen Betrugs versetzt. Die Geschichte spielte in mehreren Welttheilen. Anlangend zuvörderst Europa, so hatte das hiesige Bankierhaus Michael Kaskel im Laufe des vorigen Juni von einem Hause zu Odessa den bedin gungslosen Auftrag erhalten, »der Frau Karoline Thal heim in Dresden die Summe von 80 Eilberrubrl auS- zvzahlen und es damit zu belasten." Das war nun- frei lich eine sehr allgemein gegebene Adresse, bei deren Anhö rung sich unwillkürlich der Gedanke aufdrängte, daß man dort in Odessa unser Dresden wohl fiir eine Stadt wkt etwa »WeWädtel? oder »Brand- halten möge, wo Jeder mann nicht nur alle Einwohner, sondern auch deken-HÜH- ner und Gänse kennt. Genug, das hiesige BankierhäuK griff zu dem unvermeidliches Adreßbuch«, und unter dm daselbst befindlichen .Thalheimen- lenkt« sich dir Aufmerk samkeit zumeist auf den obengenannten, und der Markt- Helfer wurde zu diesem auf ,daS Rathhaus, wo er damals noch fungirte, entsendet, mit der Anfrage, ob dessen Ehe hälfte den Namen »Karotine- führe. .Gott bewahr«!- lautet« die Antwort, .die heißt Marie!- Da äußert« denn der Anfragende: .das sei sehr Schade, denn eine Fra« „Karoline Lhalheim- solle Geld bei Herrn Kaskel ausge- zahlt bekommen.- Geld I I Göttliche Lockspeise in den Augen einer geplagten Lohncopistrn-Familie! Welche Seligkeiten heften sich an deine filberrrichen Fersen! Das klangreicht Wort deS grheimnißvollen Markthelfers hatte sich tief dt Ohren und Herz des nachdenklich gewordenen Mannet geworfen, und er erzählte natürlich sofort die unerwartete Botschaft der Ehehälfte, die feiner Meinung nach leidet nicht den glückbringenden Namen.Karoline* führte. Abet mit freudigem Erstaunen vernahm er, daß seine .Marie' außerdem nicht blo» „Therefie Angelika-, sondern mich »Karoline- heiße! Nachdem er sich Tags darauf im Comp» toir deS benannten Hauses noch einig« weitere Auskunft erholt und erfahren hatte, daß Krau »Karoline Lhalheim in Dresden- 80 Silberrubel in EmpfaNg nehmen sollen wurde Taufzeugniß und Trauschein herbeigebracht, und unter dem Schutze dieser Subsidirn begab sich einig« Lage darauf Madame Lhalheim selbst zu Herrn KaSkel, mN durch sie als wirklich so getaufte „Karoline- ihren Anspruch an die Gilberrubel zu bekräftigen. Doch der Herr Buch halter war vorsichtig! Er fragte sie, welche Beziehung«» sie zu Odessa habe? Da erzählte sie ihm seht treuherzig, »sie habe in Odessa einen Onkel und in dessen Hause dqe