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i Die deutschen Kinder in Oesterreich Von Dr. Anna K. Grund (Wien). (Nachdruck verboten.) Aus dm Me M smien m. (Nachdruck verboten.) hinter dem Gotthardtunnel, noch auf schweizerischem Bo- den, in einem der ersten Törflein, woran der Zug vorüberrast, trug ein kleiner Hügelkops ein Kirchlein gegen die Gewalt der vor ihm in oie höhe geschichteten Verglichen. Es war der erste fremde Eindruck, wie das Kirchlein nicht von den Ungeheuerlich> kcit der Natur erdrückt wurde, ja wie es die Wilde gewissermaßen veredelte, indem es die Form der Natur selbst annahm. Würfel- artig wie Steine baute sich viereckig und sehr schlank der Turm ans und das Kirchlein selbst war auch nur ein anderer, größerer Würfel, den zwei Säulen und ein Giebel an einer Seite scharf und elegant qlieoerten. Anmutig vollendete Würfelform, die nicht wie die gotische Form maßlos ins Hohe nno Mächtige strebt, sondern sich in oie Umgebung einsügt, das war das Mittel, das Menschliche gegen die Ucbermacht der Berge zn be haupten. Ordnender Geist schuf dieses Kkrchlein und prägte das Ge sicht dieser Landschaft ne». Die Rasse, 6ie solchen erfüllte, war mit dieser Ordnung, dem besten Mittel der Eroberung, bis vor die Füße oer Alpen vorgedrnngen. Ihre Vortruppen aber standen schon weit jenseits der Gl- birge in deutschem Land. Vortruppcn zur nützlichen »nd deshalb wahre» Eroberung sind stets die Kräfte des Volkes, die vor züglich und dazu noch am billigsten irgendein Bedürfnis der Menschheit oder einer Völkcrgruppe befriedigen. Italiener sind die besten Erd-, Hafen-, Zechenarbeiter, Stukkateure. Sic werden bald auch in anderen Industriezweigen durch gute Arbeitskraft hervorragendes leisten und dann beginnen, nach außen damit zn bringen. Ter Drang zur Ansdehnung und Behauptung der Rasse ist sehr lebendig. Wenn Mussolini, der früher nichts wie ein Volksschullchrer war und ein anarchistischer noch dazu, der der aus der Schweiz (wie man sich erzählt) ansgewiesen werden mußte wegen Nnliebsamkeit, also wegen Gefährdung oes Staates, heute am mächtigsten den italienischen Staat vertritt, so ge schieht es, weil er wie keiner seit langer Zeit für den Drang des italienischen Geistes zur Größe nicht nur Worte gefunden, son dern Wege beschritten hat, die zu Taten führen. Alles aber hat den Rhythmus dieses Dranges: jede Rede, jede Verordnung, jedes Gesetz. Ans allem spürt der Italiener sich selbst, also das, was er im tiefsten begehrt, um es zu leisten. Deshalb findet man auch Mussolinis Bildnis, mit nationalen Farben geschmückt, an Orten, wo sonst das Bildnis des Königs zu hängen pflegt. Des Volkes alter großer Geist will auf das moderne Leben anwendcn, was es im vergangenen Leben einiger Jahrhunderte so erfolgreich und oft vollkommen schön errei chte. Sein Weg ist nicht der der Anordnung, sondern der der Einordnung, nicht der des Fleißes, sondern der der Gelenkigkeit. Die Einordnung ist nicht selten listig und intrigenhaft und die Ueberredung oft nur äußerlich schön, eigentlich aber schmeichel haft verdreht, doch stets verbindlich. Man sehe sich Mailand an. Verführerisch klar sind die Verhältnisse der Stockwerke nno Fenster, der Häuser in den breiten Hauptstraßen, den engen Nebenstraßen und an den schön ge schlossenen Plätzen mitten in einer fast ebenen Landschaft, die verdorren oder versumpfen würde, wenn nicht ein außerordent liches Bcwässerungsverfahren die Gegend viele Meilen weit üppig und fruchtbar machte. Die Gebäude selbst aber sind pomphaft und nicht nur die Wohnstätten der Neichen. Wie zu einer Vorstellung des italienischen GEistes stehen sie herrlich eines neben dem andern. Durch große Tore mit Ecksäulen blickt man in einen wcithalligen Säulenhof, hinter dem erst ein zweiter liegt, den ein Park umschließt. Man ahnt, daß sich dort das private Leben abspiclt, ja ab spielt, während die Stirnseite es ankündigt, wie eine Einladungskarte ein Fest ankündigt. Selbst moderne Mietshäuser sind so gebaut, wenn auch nicht so ver schwenderisch und nicht ganz so geschmackvoll Außer dem alten Seforzakastcll und einigen Palästen (die übrigens nicht von der modernen Gegenwart abgesondert, sondern ihr sehr vornehm aber auch sehr selbstverständlich eingcgliedert sind) sprechen die Gebäude der Mailänder mehr von Größe, als daß sic sie barstcllen. Charakterisch ist der Tom. Eine gotische Seele, die in weißckn Marmor in die Bläue des italienischen Himmels ans- stürmen will, die aber durch wagerechte Maßglieder hübsch zur Ruhe verwiesen wird. Es ist eine gelvaltig gewollte Gotik. Faßt der Dom doch an die 40 000 Menschen! Und schmücken ihn doch an die sechs Tausend Bildsäulen! Doch diese Größe ver kümmert, wenn auch mit der Zierlichkeit der Renaissance. Nur im Innern hallt, aber auch verhallt die Seele in ihrem Zuge nach Unendlichkeit. Als Stcinmasse, deren Schwere in unzähligen Spitzen geheimnisvoll flammt, erscheint der Tom im Monden- glanz, beim sanft blauen Himmel. Dann ist er ein italienisches Märchen, erzählt auf einem öffentlichen Platze. Uebersetzt man sich oie Stcinsprache in Worte, so komint fast so etwas heraus wie ein Shakespearesches Gedicht in vor nehmen Aleranorinervcrsen. Dieses edle Maß der Ordnung würde unter »nserrr Sonne falsch und heuchlerisch wirken. Hier, wo der Hang zum Theaterspiel eine natürliche Gabe ist, weckt er eine Heiterkeit, die selbst die Seele ergreift. Ganz natürlich spielt Mailand in der Förderung der modernen italienischen Opern- mustk die erste Rolle. Auch wirtschaftlich ist derselbe Geist ganz hervorragend mn Werk. Das sieht man schon an den Autos, Die Festspiele in Bad Elster Bad Elster, 3. Juli. Bei strahlendem Himmel nahm am Sonntag die Reihe der Festspiele mit der Aufführung des „Z i g e n n e r b a r o n s " auf der Freilichtbühne ihren Anfang. Etwa 2000 Personen waren von nah und fern herbeigeeilt; der weite Zuschaucrraum war nahezu ausverkauft. Von der sächsischen Regierung, die mit oem Ministerpräsidenten und zwei Ministern im Ehrenausschusse oer „Fcstspielwoche Bad Elster" vertreten ist, war der Minister oes Innern Müller anwesend. Die Freilichtbühne an der sogenannten „Waldquelle hat heute ihre Brauchbarkeit auch für große Festspiele glänzend bewiesen. Inmitten hoher Tannen auf einer ansteigenden Wald- Wiese recht vorteilhaft angelegt, wirkt sie prächtig in dieser Waldeinsamkeit — Vera Schwaz von oer Staatsoper Berlin sang die Sasfi, während Irma Tervani von der Dresdner Landes oper die Cipria war. Für den Grafen Honianay war Artur Fleischer (Staatsoper Berlin) gewonnen worden. Tie beiden komischen Rollen des Carnaro und die äußerst dankbare Rolle des Zsupan konnten mit Lnolvig Flaschner (Stndttheater Chemnitz) und Kammersänger Ermold (Staatsoper Dres den) besetzt werden. Die Arsena wurde von Angela Koniak (Staatsopcr Dresden), die Mirabella von Frau Nuschi Wie > - mar (Stadttheater Plauen) und der Ottokar von Opernsänger Friedmann (Staottheater Plauen) gesungen. Der etwa 200 Personen zählende Thor war vom Plauener Männerchor und vom Plauener Philharmonischen Chor gestellt und von Professor Do st-Plauen einstudiert worden. Ter außerordentliche Erfolg, den die Aufführung trotz einer nur einmaligen Probe hatte, ist nicht zum geringsten Teile oem musikalischen Leiter oer Ausführung. Landcskapell meist er Kntzschbach (Staatsoper Dresden) zu verdanken, der zum Schlüsse wiederholt auf oie Bühne gerufen wurde. Das von ihm dirigierte Orchester bestand aus der Kurkapello, die u. a. durch vier erste Konzertmeister der Dresdner Staatsoper (Prof. Bärtig, Kammervirtuos. A. Spitzner, E. Warwas und Prof. Wille- verstärkt worden war. Die karitative Wiedervergeltung Oesterreichs an Deutschland hat mit der Besserung der wirtschaftlichen Lage im Reich ihren Höhepunkt überschritten, die meisten unserer kleinen deutschen Gäste sind nach einer mehr oder weniger tränenreiche» Abschicds- fcier zu ihren Eltern heimgekehrt, die wenigen Kinder, die noch hier sind, werden uns bald verlassen, ohne daß neue Transporte in Aussicht genommen sind. Wiewohl nun die Aktion „Deutsche Kinder nach Oesterreich" bald endgültig abgeschlossen sein wird, läßt sich doch schwer über das ganze Werk ein Ueberblick gewinnen, weil die Sache von keiner zentralen Stelle aus geleitet wurde. Jede unserer politischen Par teien hat ihre eigenen Fürsorgeeinrichtungen, von denen ein Zu sammenarbeiten schwer zu erreichen ist. Unabhängig von einan der haben sich die verschiedenen Verbände ihre Kinder aus Deutsch land geholt, häufig mit Inanspruchnahme von deutschen Vereinen ähnlicher politischer Schattierung. Den Anfang machte eine der Großdeutschen Partei nahestehende Vereinigung, bald folgte dieser der katholische KaritaS-Verband, der mit deutlichen Wiedervergel- tniigs-Absichten sich an jene Verbände wandte, die seinerzeit für die Aufnahme österreichischer Kinder in Deutschland so liebevolle Sorge getragen hatten. Der Wiener Karitas-Verband war haupt sächlich darauf bedacht, süddeutsche Kinder nach Oesterreich zn bringen, weil er bei diese» eine größere Anpassungsfähigkeit vor- auSsetzte; bayrische und schlesische Kinder fügen sich leichter in österreichische Familien ein als norddeutsche. Dessen ungeachtet er gingen aber auch an die Kinder von Münster und Essen Einladungen, die für 600 Kinder angenommen wurden. Im gan zen brachte unser Wiener KaritaS-Verband über 1000 Kinder nach Oesterreich. Die Kinder wurden in Pfarrhäusern auf dem Lande, bei Bauer» und inittclständischcn Familien in Nieder-Oesterreich, teilweise aber auch in Wien untergebracht. Die Pfarrherren und zuständigen Karitas-Ausschüsse behielten die Kinder und deren Wohl im Auge. Inzwischen rührte sich die Karitas nun auch in de» übrigen Bundesländern, wo gleichfalls die Karitas-Verbände und Frauen- Organisationen in der Aufnahme und Bewirtung kleiner deutscher Gäste wetteiferten. Tirol holte sich besonders viele Kinder aus dem nahen Bayern, daS Seraphische LiebeSwcrk in Linz, die Frauen-Organisationen in Salzburg, der Karitas-Verband in Klagenfurt brachten aus verschiedenen deutschen Gauen die Kin der nach Oesterreich. Da man sich nun der Kinder von Berlin so selten erinnern wollte, fragte der hochw. P. Provinzial Muth bei der katholischen Frauen-Organisation Wien an, ob sie sich nicht der bei Einladungen so gerne übergangenen Berliner Kinder an nehmen wolle; dem hochw. P. Provinzial mußten die Berliner Kinder um so mehr ani Herzen liegen, als seine Ordensbrüder, Salvatorianer, den Berliner Karitas-Verband leiten und demnach in der Lage waren, katholische Kinder für Oesterreich auszusuchen. So waren es also hauptsächlich kleine Berliner, welche die Gast freundschaft der niederösterreichischen Frauen genossen, mehr als die außerordentlich werbekräftig sind. Ans tausend Dingen der Industrie, im Benehmen selbst deS Bettlers redet dieser Geist, worüber noch zn erzählen sei» wird, und er bestrickt, wodurch der Fremde sich so wohl fühlt. Die Tage streichen hin wie eine Liebkosung und die Stunden füllen sich mit unwidersteh lichen Eindrücken. Alles aber, was ärgert, erhitzt unv erstaunt, das alles ist nur deine Schuld, reisender Gast. Hans Roselicb. Kirchliches Tie päpstliche JagreSmednille. Alljährlich läßt oer Papst znm Feste der Apostelfürstcn Petrus und Paulus eine Medaille prägen, die in Gold, Silber und Bronze hergcstcllt wird und an die Kardinäle, Kurienbeamten und andere Personen verteilt wirb. Die Meoalle zeigt aus der Vorderseite das Bild des PapsteS mit der Jahreszahl, aus oer Kehrseite eine Darstellung, die sich auf ein Ereignis des nbgclaufenen Jahres bezieht. Die diesjährige Medaille ist das Werk des Konservators mn päpst lichen Münzkabinett, Mistruzzi, und bringt auf der Kehrseite die Frontansicht des noch zn errichtenden neuen Gebäudes der Gregorianischen Universität, die Heuer das hunderjährige Jubi läum seit ihrer Wiedereröffnung ourch Leo XII. feiert. Das be sagte auch die Inschrift: „Gregoriannm abhinc an. C. Soc. Jesu rest. nova sede donatur 1824. (Die Gregorianische Universität, vie vor hundert Jahren der Slesellschaft Jesu zurückgegebcn wurde, erhielt ein neues Heim. 1024.) Bermischles Brieflauben im Kochgebirge Nus Wengen wirb uns geschrieben:'Die Brieftaubenmeldung ist eine der wenigen altbekannten militärischen BcrbindnngSmög- lichkeitcn, die sich selbst in den gesteigerten Anforderungen des Weltkrieges vollauf bewährt hat. Man ist deshalb gerade in der Schweiz bestrebt, ständige Brieftaubenstationen im Gebirge zn schaffen und durch fleißige Hebungen die Verläßlichkeit des Dienstes zu sichern. Eine derartige Ucbnng hat kürzlich Anlaß zu einer erneute» Probe auf die Verwendbarkeit der Brieftauben im Hoch gebirge gegeben. Zwanzig Tauben der Generalstabsabtei- lnna der Schweiz wurden frühmorgens- ans das Jungfrau joch (8467 Meter) befördert und dort in der Nähe des Bergbaus-."- um 9.30 Uhr in Freiheit gesetzt. Die großen Höben waren wolkenlos, lieber der schweizerischen Hockn'bene nl»er lag ein dichter trüber Nebelschleier, dessen aufgewirbelle Ränder bis an das Hochgebirge heran reichten. Vom Jungfrau joch fiel der B'ick ungehindert in die wilden Gletschcrkessel des Gnggi »nd Kühlcrnenfirncs hinab, man vermochte deutlich die Stationen der Wengernalp- und Jung- franbahn bis nach Wengen hinab zn erkennen, aber dann begann das brodelnde, ewig ans- und niedcrschwebende Einerlei deS Nebels. Siebzehn Brieftauben hoben sich sogleich in die Luft »nd schossen schnurgerade in der Richtung auf Wengen in den Raum hinaus. Zwei Tauben ließen sich während des AbstreichenS über das Jnngfrausoch auf den Jungfranfirn tragen und eine verflog sich ini Guggikessel. Doch auch diese drei Tiere fanden sich wieder und schossen nach vierstündigem Ilmherirren unbeirrbar nach Norden davon. Um 10.20 Uhr traf die erste Taube in Bern ein. Nach weiteren zehn Minuten waren alle zwanzig Tiere im heimische» Schlag versammelt. Der Flug hatte sie hoch über dem Nebel über Land getragen und ohne irgendwie zu irre», waren sie genau über Bern in das Grau eingedrungen, um in engen Spiralen ihren Taubenschlag wiedcrzufinde». Die Luftlinie Jungfraujoch—Bern beträgt sechzig Kilometer. Die Flugzeit von einer Stunde ist sehr lang, doch mögen daran die Witterungsverhältnisse schuld sein. — Nene Namen in Sowjetnißland. Die Bolschewiken haben bekanntlich die Taufe abgeschasst und statt der Tanse die „Okt- jubrini" eingeführt. Diese Oktjabrini sind eine Zeremonie, bet 1000 fände» herzliche Aufnahme bei den Mitgliedern der Kilho- lischen Frauen-Organisation. Gleichzeitig setzten auch die Christ lichen Gewerkschaften ihren Ehrgeiz darin, Arbeiter kinder aus dem Nuhrgebiet zu beherbergen. Tie Wiener Gewerkschaft brachte allein zwei Kinderzüge herein. Der Wetteifer in der Lbeherbergung deutscher Kinder Halle nun bereits einen Grad erreicht, der zur Vorsicht in der Auswahl der gastfreundlichen Familie» mahnte. Es meldeten sich Leute, die bei kleinem Einkommen vier bis fünf eigene Kinder zu erhal ten hatten; diesen mußte natürlich »ahcgelegt werden, daß ihr guter Wille fürs Werk zu gelten habe. An heiteren Episoden fehlte es nicht; wenn eine fesche Wienerin energisch erklärte, sie wolle unter allen Umständen einen kleinen „Burschoa", -denn: „Wir nehmen die nnsrigen und die andern sollen die Ihrigen nehmen". Eine solche Stellungnahme ist lediglich als Echo der Klassenverhetznng auszufasse», wie sie in der sozialdemokratischen Presse Oesterreichs seit dem Umsturz unaufhörlich betrieben wurde. Glücklicherweise kam dem deutschen Arbeiterkind hier der Sprach- unterschied zn Hilfe, vor allem das von de» Reichsdeutschen nörd licher ßlane bevorzugte Jmpereklum. Unsere Wiener Gastgeber wurden nicht müde, sich darüber zu wundern, wie schön halt die deutschen Kinder sprächen. Und zur Gastfreundlichkeit mancher Wiener Mutter gesellte sich bald der Hintergedanke, das denlsche Kind möge in der Wiener Kinderstube das unbeschreiblich vor- nehmklingende Imperfektum zurücklasscn, damit sich dessen die eigenen Kinder statt des vulgären Perfektums fürderhin bedienen könnten. Man konnte es kaum fassen, wenn so ein deutsches Kind beständig in der Mitvergangenheit plauderte und alles „sah und hörte", was unsere Wiener Kinder von jeher nur „g'lwrt und g'sehn haben". Es fiel allgemein auf, daß die deutsche» Arbeiler- kinder so mühelos ihr Hochdeutsch sprachen, indessen unsere Wiener Proletarierkinder nur in Ansnahmesällen ei» Hochdeutsch sprechen, daS sich hören lassen kann. In der Regel gibt es da Entgleisun gen, die zum Lachen reizen, so wenn z. B. ein Wiener Schulkind daS dialektische Mog-Strndel hochdeutsch nicht Mohnstrudel, son dern Magenstrudcl ausspricht. Bis die Aktion „Deutsche Kinder nach Oesterreich" ganz ab geschlossen sein wird, dann wird es erst möglich sein, sich halb wegs ein zahlenmäßiges Bild von der Arbeit zn machen, die in den letzten Monaten von unseren katholischen Organisationen in Oesterreich geleistet wurde. Die vielen kleinen Vereine, die sich gleichfalls in den Dienst der guten Sache gestellt hatten, sind in ihrer Gesamtheit gar nicht zu erfassen, weil sie nirgends ange- schlossn sind und anf eigene Faust deutsche Kinder hercingebrachi haben. Es möge nur der Hinweis auf die vielen österreichischen Sängerverbände, die gleichfalls bei der Aktion mittaten, genügen. Hier an dieser Stelle kam cs lediglich darauf an, das katho lische Hilfswerk Oesterreichs mit einigen groben Strichen zn skizzieren. — Ein neues Tier — der „Liger". Ein erwachsener männ licher „Lüwentiger". der den neuen Namen „Ligor" erhalten Hai, ist von dem Maharadscha von Nawaiiagar dem Londoner Zoologischen Garten geschenkt worden. Solche Kreuzungen von Löwen und Tiger sind schon früher von Hagenbeck in Hamburg glücklich durchgesührt worden, und man begegnet ihnen auch ge- legenllich in indischen Menagerien. Immerhin ist dieser Löwen- Tiger. ein überaus prächtiges Exemplar, eine große Scllcnheit, wie sie noch niemals in den Londoner Zoo gelangte. Der „Liger" ist der Sprößling eines afrikanischen Löwen und einer Tigerin; er ist etwa 3 Jahre alt. ein schönes anmutiges Tier, das nichts von dem unangenehmen Ausdruck hat. den sonst häusig Kreu zungen zeigen. Man kann an ihm Merkmale von väterlicher und mütterlicher Seite feststellen. Obwohl er in manchem einem Löwen ähnelt, hat er auf seinem bräunlichen Fell gleichsam als „Wasserzeichen" beim genauen Hinsehen Streifen, die sich nur beim Tiger finden. Der Schweis ist lang und beweglich wie bei einem Tiger, aber endet in einem Büschel schwarzer Haare wie beim Löwen. Er hat eine schmale Löwenmähne am Hals »nd einen tigernhnlichcn Bart unter dem Kinn. Die Innenseiten der Ohren sind schivarz, haben eine große weiße Steile wie beim Tiger. Der Kopf ist ziemlich lang und schmal; die Beine erinnern mehr an die eines Tigers. Jedenfalls ist es ein schönes und eigenartig anssehendes Tier, und man ist gespannt, ob cs> sich fortpslanzen wird. der das neugeborene Kind in eine rote Sowjetsahne gehüllt wird und die Eltern vor dein Kommissär einen Eid leisten müssen, doß sie ihr Kind im kommunistischen Sinne erziehen werden. Bei diesen Oktjabrini werden nun den Kindern neue Namen gege ben. Der größte Teil dieser Namen ist so oder anders mit dem Namen Lenins verbunden. Iljitsch, Ninel, Wil, Wilen, Lenul. Alan trifft aber jetzt in Sowjetrußland auch folgende Nczjnen: Sinowi, Lunatschara, Ledaw, Dserdsch. Engfried. Tann sind noch solche Namen da: Avangard, Kompart, Narkom, Pucharisa, Wzuilra, Agitrop, Apparat, Snnstschka. — Tranerfarben der verschiedenen Völker. Bei nnS ist sin allgemeinen die schwarze Farbe als Zeichen der Trauer allein .anerkannt: in anderen Ländern aber sind die verschiedensten Farbe» als Trauerkleidung Brauch. Während Schwarz den Ver zicht auf Licht und Farbe bedeutet und deshalb als Zeichen dcS Schmerzes gilt, begünstigt man in China die weiße Farbe, die die Hoffnung in den Vordergrund stellt. Die Düdsee-Jnsulcnier kombinieren beide Farben und tragen Kleider, die schwarz und weiß gestreift sind. Himmelblau ist die Farbe der Trauer in Buchara, und hellbraun wird von den Persern als Trancrkleidmig bevorzugt. In Aethiopien und Abessinien trauern die Verwand te» um den Toten in graubrauner Farbe. llnd gelb, das im allgemeine» als Farbe der Treulosigkeit und Eifersucht gilt, bevor zugt die Landbevölkerung Englands »och heute, wenn cs ach darum haiidelt einen Toten zu betrauern. In, llebrigc» ist gelb im allgemeinen als Farbe geächtet. Die spanischen Henker tieiden sich denn auch in Gelb und Rot. — Deutscher Krenzerbcsnch in Riga. Am 8 Juli wird oer deutsche Kreuzer „Magdeburg" den Hafen Riga besuchen. Das ist daS erste deutsche Kriegsschiff, welches Lettland besuchen wird. — Neue Riesenprcise für Briefmarken. Bei der zchnley Versteigerung aus den Beständen der Ferrari-Sammlung, der größten Briefmarkensammlung der Welt, die in Paris siatt- fand, wurden wieder hohe Preise erzielt. So brachle ein Stück der englischen Guyana von 1850, 2 Cents schivarz aus rosa, 50 000 Franken, eine ungebrauchte rote 4-Pcnny-Marbe vom Kap der guten Hoffnung mit einem Fehler brachte 41000 Fran ken, eine schwarze 12-Penny-Marke von Kanada 1851 27 500 Franken; sechs Stück der gelb-orangenen 8-Pcnny-Martze von Neu-Südwales wurden für 47 500 Franken Angeschlagen,