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Nr. 274 — 2. Jatzrflaig Freitag de» 2. Dezember LVL«l> Richeiet täglich m»ch«. mit «uSnah-c der Sonn, und Zutage. N»»«d« , Mtt .Die Zeit ln Wort und Bild" vterteltäbrltch. JliDresdcn durch Bote» »,1tt X In gaa, Dsüiqi-md frei Haus S,S» »«»««»« »-> Ohne Illustrierte Bettage vierteil. ».! D«Sdrn d. Boten it,IO In ganz Dcutschia» S — ZeitungSpreiSI. - «tnzel-sir. I« ^ . 80F». I» land^tHauS Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die «gespaltene Petilzeile oder deren Raum mit »ä Reklamen mit li« Ü die Zette berechnet, bei Wtederhoiiwge« entsprechenden Rabatt vnchdrnikere«, Redaktion «nd «eschiistSftell«, , Für Rückgabe unberlanat. Schriftstück« leine Verbindlichkeit Redaktion«-Sprechstunde: II—lä Uhr. Da» »eI»Sn«tv HV «llmnvIitsxvsrbchnlL »«« ist «ins virklivb ^ut^odsncks Ulllr. Lins solvbs lrauksn 8is bsi HvlirrLvIü L-orvi»« Orvsäso-^.. Lvbösgsr^asss 4 I Lin Beitrag zur Fleischnot. Gin Gutsbesitzer und Besitzer großer Viehbestände schreibt uns: Nachdem der Reichstag wieder eröffnet ist, liest man in allererster Linie von Viehnot und Fleischteuerung, und alle Zeitungen, die man in die Hand nimmt, schreien das selbe Lied nach. ES kann nicht bestritten werden, daß wir hohe Vieh- und Fleischpreise haben, allein von übermäßig hoch kann nicht die Rede sein. Die Schweinepreise haben seit fünf Wochen ganz erheblich abgeschlagen und bekommt man 48 bis 49 Pfennig pro Pfund, ein Preis, den man unbedingt haben muß, um auf seine Rechnung zu kommen; die Källx'r- preise sind auch ganz bedeutend gefallen und bezahlt m.m nicht mehr wie 45 Pfennig pro Pfund Lebendgewicht, ferner sind auch die Preise für Großvieh gefallen. Die Vieheinfuhr aus Frankreich dürfte in Süd deutschland einen Rückgang der Preise bringen, aber es wäre sehr zu bedauern, wenn die Grenzen noch weiter geöffnet würden, da in diesem Falle die Preise weiter zurllckgehen, so Laß die Mästung nicht mehr rentiert. Es werden jetzt schon Tausende von Mark verloren von denjenigen Viehbesitzern, die Vieh zur Mast aufgestellt haben, indem sie das Magervieh sehr teuer einkaufen muß ten und jetzt zu bedeutend billigen Preisen abgeben müssen. Ochsen, die man vor sechs Wochen noch mit 50 Mk. pro Zentner bezahlte, werden jetzt schon zu 45^ Mark ver kauft, so daß man jetzt schon zwei Monate umsonst gemästet hat. Es wird ungemein viel geschrieben, um Viehnot und hohen Fleischpreisen abzuhelfen, aber auch kein Mensch sagt, welches Resiko die Viehzüchter und Viehmäster haben. Wenn man bedenkt, welche Unsummen von Geld in einem größe ren Viehbestände angelegt sind und welcher Gefahr der Be sitzer durch Seuchen ausgesetzt ist, so darf man sich gar nicht Wundern, wenn ein Mangel an Vieh vorhanden ist. Ich selbst habe drei Güter mit je 80 Stück Vieh, sowie eine Mol kerei, wozu ich zur Fütterung der Abfälle bis dato immer zirka 1600 Schweine gehalten habe. Ich habe aber inner halb 20 Jahren, seit Gründung meines Geschäftes, dreimal die Maul- und Klauenseuche unter meinen Beständen ge habt, ebenso dreimal die Schweineseuche, und ich kann zah- lenmäßig Nachweisen, daß mir eine einzige Schweineseuche einen Verlust von 42 000 Mark gebracht hat. Diesen Scha den muß ich ganz allein tragen; ferner kann ich Nachweisen, daß alles, was ich in fünf Jahren in meinem Geschäfte ver diente, durch diese Seuche wieder verloren gegangen ist. Wenn wir der Fleischnot und Fleischtenerung abhelfen wollen, dann müssen wir eine allgemeine deutsche Reichsvieh Versicherung einführen: das allein wird imstande sein, dem Nebel Abhilfe zu leisten. Wir haben alle möglichen Versicherungen, die zum Teil wenig Wert haben, aber eine Reichsviehversicherung, die immensen <MM»»WWWWW»WWMW>»»»»»»»>^WW»W»WW»»W»W>»»>W»»»WWWM»W»WW Wert hätte, haben wir nicht. Ich bin völlig überzeugt, daß, wenn wir eine allgemeine deutsche Reichsviehversicherung haben, schon nach drei Jahren Vieh in Hülle und Fülle vor handen ist, denn wenn wir einen Schutz seitens der Regie rung haben, kann ohne zu großes Risiko gemästet und ge züchtet werden Arbeitet man aber zehn Jahre und kommt dann wieder eine Seuche, durch die man alles verliert, was man in diesen zehn Jahren verdient hat, so hört das Inter esse auf. Ich denke mir die Reichsviehversichernng so, daß man für jedes Stück Großvieh 1 Mark, für jedes Stück Kleinvieh (Schweine, Kälber usw.) 50 Pfennig bezahlt. Das würde dem Reiche sofort eine Einnahme von 40 Mil lionen Mark ergeben (bei zirka 25 Millionen Rindern und Kühen und 25 Millionen Schweinen). Mit diesem Gelde. das pränumerando eingezogen wird, könnten dann Schweinesenchen, Maul- und Klauenseuchen ganz energisch bekämpft werden. Ich bin auch fest überzeugt, daß niemand eine Seuche verheimlicht, wenn er weiß, daß er für deir Schaden entschädigt wird. Jeder Gewerbetreibende und Industrielle kann seine Anlage sichern, nur der Viehzüchter und Viehmäster, auf den am meisten geschimpft wird, hat keinen Schutz und kann über Nacht ein armer Mann werden. Die allerschlimmste Seuche ist aber die Schweineseuche; ich kann davon ein Lied singen. Diese Seuche wird haupt sächlich aus Norddeutschland immer wieder eingeschleppt, und weil diese Seuche eine schleichende ist und oft erst nach sechs bis acht Wochen nach Erhalt der Tiere auftritt, kann sie nicht sofort erkannt werden. Das Gesetz hat nur eine zehntägige Garantie für die Schweineseuche vorgesehen und kann man daher den Lieferanten, der die verseuchten Tiere liefert, nie haftbar machen. Ich habe diesen Fall erst kürzlich wieder mitgemacht. Wenn einmal die Versicherung da ist, wird das Gesetz jedenfalls Paragraphen cmfstellen, die ein weiteres Verbreiten der Seuche verhindern. Viel mehr wird dann jeder Züchter kontrolliert werden müssen und die Schweine ohne tierärztliches Zeugnis nicht an den Markt gebracht oder weiter verkauft werden dürfen. Jeder Bauer kann seine Schweine ungeniert auf den Markt brin gen, ob solche gesund oder nicht gesund sind, eine Kontrolle findet überhaupt nicht statt. Ferner wird vorgeschlagen, daß man den Zoll für Futtermittel anfhebcn solle. Dafür wäre ich nicht r.nd zwar aus dem einfachen Grunde, weil dann die AuS- länder höhere Preise stellen würden, oder aber der Getreide spekulant den Profit einschiebt. Mein Gedanke wäre, daß die Zolleinnahmen für Gerste und Mais sür die '>> !" sicherung verwendet würden; es werden dann noch viele Hunderte von Waggons Gerste und Mais mehr eingeführ, werden, und das gesamte Geld, das jetzt ins Ausland für Mastvieh geht, bleibt im Lande. Man wird ja anfangs auf verschiedene Schwierigkeiten stoßen, aber wenn die Sache richtig bearbeitet wird, kann dadurch ein großes, nationa les Werk geschaffen werden und viele Millionen National vermögen dem Reiche erhalten bleiben. Zudem hätte es den großen Vorteil, daß wir nicht vom Anslande abhängig wären, was besonders im Falle einer Mobilmachung von großer Bedeutung wäre; wir wären dann vollständig »n- abhängig vom Auslande. Soeben lese ich, daß dem Prinzen von Löwenstein zu Langenzell (Baden) durch Ausbruch der Lungen- bezw. Schweineseuchc ein Schaden von 130 000 Mark erwachsen sei. Wie lange muß man da wieder züchten und mästen, bis diese Summe verdient wird, und wer gibt die Garantie, daß in einigen Jahren nicht die gleiche Seuche ausbricht und wieder Tausende von Mark verloren gehen? Der größte Fehler wird immer dadurch gemacht, daß die Seuchen infolge der strengen Sperrmaßregeln anfangs verheimlicht werden und jeder noch retten will, was zu retten ist; dadurch» wird die Seuche am meisten verschleppt. In Preußen war dieser Fall kürzlich praktisch. Bei einer Neichsviehversiche- rnng ist eine Verheimlichung nicht zu befürchten, denn der Sck>aden wird vergütet und kann man dann die Seuche viel besser bekämpfen wie jetzt. Nur durch Bekämpfung der Viehseuchen kann der deutsche Viehbestand vermehrt werden. Wenn aber die Grenzen weiterhin geöffnet werden, wird man neben der Schweineseuche auch die gefürchtete Maul- und Klauenseuche immer mehr verschleppen. Sobald die Seuche einmal weiter verbreitet ist, hat man jahrelang zu kämpfen, bis die Seuche wieder erloschen ist und Millionen vom Nationalvermögen gehen verloren. In Norddeutsch land greift die Seuche in erschreckender Weise um sich und wäre jetzt jedenfalls die günstigste Zeit, Anhänger für die Versicherung zu gewinnen. In der Schweiz besteht di? Maul- und Klauenseuche seit 3 Jahren und tritt immer wie der in anderen Kantonen auf. Ich kann mich noch ganz gut erinnern, als damals die Seuche durch französische Mast ochsen in die Schweiz eingeschleppt wurde. In Sachsen sind verschiedene Gegenden verseucht. Es wird wohl nicht lange dauern und die Seuche wird auch in Württemberg, Bayern und Baden wieder eingeschleppt, dann wird aber die Fleisch not größer werden wie je. Politische Rundschau. Dresden, den >. Dezember IStv. — Reichstag. Das Kurpfuschergesetz und G e h e i m m i t t e l g e s e tz fand am Mittwoch in der ersten Lesung eine herzlich schlechte Aufnahme; auch nicht ein Redner trat für den Entwurf ein. Man hörte zu deutlich heraus, daß man das Gesetz nicht machen will, obwohl Staatssekretär Delbrück den Entwurf warm befürwor tete. Der Abg. Faßbender führte sich dann als aus gezeichneter Kenner des gesamten Gesundheitswesens ein. Er ist ein Anhänger der Kurierfreiheit und Anhänger der Naturhcilmethode; er war gegen die Aerzte nicht ungerecht, meinte aber doch, daß auch unter diesen Kurpfuscher seien. Man müsse auch gegen solche Vorgehen und dürfe nicht die Laienpraktikcr schlechter stellen als andere. Der Entwurf »volle alle Nichtärzte unterdrücken. Auch gegen die Vor schriften gegen das Geheimmittelwesen seien erhebliche Be denken vorzubringen. Diesen Ausführungen schlossen sich die Abg. Henning (Kons.), Zieh (Soz.) und Dr. Müller- Meiningen (Freis. Vp.) an. Der Sozialdemokrat konnte eS auch hier nicht unterlassen, gegen die Religion vorzugehen, er will an die Stelle des Religionsunterrichtes den Unter richt über die Gesundheitspflege setzen. Die Aerzte im Hause waren von diesen Reden wenig erbaut, und so kam es nicht überraschend, daß der nationalliberale Arzt Dr. Arning meinte, der Reichstag »volle sich »vohl vom Kur pfuscher heilen lasse». — Das Marineverordnnngsblatt veröffentlicht eine Kabinettsordre, nach der das Linienschiff „Baden" und das Schulschiff „Moltke" aus der Liste der Kaiserlichen Kriegs schiffe gestrichen werden. Die neue Militärvorlage ist nunmehr dein Reichs- tage zugegangei» und entspricht in allen Teilen de» schon bekannt gewordenen Angaben. Sie bringt eine Vermeh rung von 18 875 Mann und entspricht dadurch ungefähr Die Geschichte der Gemeinde Königstein. Die Grundsteinlegung zu einem Marienkirchlein in .Königstein gibt uns Gelegenheit, an der Hand der Grund- steinurkunde, die Vergangenheit der katholischen Gemeinde Königsteins an unserem Auge vorüberziehen zu lassen. Der Königstein hat durch seine Befestigung schon von jeher ein gewisse Bedeutung in der Geschichte Sachsens ge- habt. Die Anlage der Befestigungswerke liegt so weit zu rück, daß man kein bestimmtes Jahr, ja nicht einmal ein Jahrhundert, mit historischer Gewißheit angeben kann. Nur sobiel steht fest, daß schon die Sorbenwenden den Königstein befestigt haben. Um das Jahr 1289 war die Festung böhmisches Lehen; später kam sie an die Grafen von Dohna. 1401 ging sie in den Besitz der Markgrafen von Meißen über und im Jahre 1469 wurde durch den Egerschen Vertrag die Lehensherrlichkeit von Böhmen an Sachsen abgetreten. Die Befestigungsanlagen hat der Herzog von Sachsen Heinrich der Fromme während seiner Regierung bedeutend verbessert und vervollkommnet. In einem Kriege hat die Festung noch nie eine entscheidende Rolle gespielt, auch ist sie niemals belagert worden. Im Jahre 1867 erhielt sie einen preußischen Kommandanten und preußische Besatzung, die aber nach dem deutsch-fran- zösischen Kriege im Jahre 1871 zurückgezogen wurde. Die schöne Gegend und die Nähe des Elbstromes ließ Handel und Gewerbe bestens gedeihen, und so hatten sich auch viele Gewerbetreibende und Kaufleute am Fuße des Felsens niedergelassen. Schon zu Beginn des 14. Jahr- Hunderts befand sich an der Mündung der Biela in die Elbe ein Marktflecken, der sich im Laufe der Zeit durch seinen gewerblichen Eifer zu dem schmucken Städtchen Königstei» entwickelt hat. Wenden wir uns jetzt speziell der Geschichte der katho lischen Gemeinde Königstein zu. Das erste katholisck>e Gotteshaus stand nahe an der Elbe in der heutigen Amts gasse. Es tvar ein kleines Kirchlein, dem Andenken „Unser lieben Frau" geweiht, und stammte aus dem 14. Jahr hundert. Eine Zeitlang genügte das Kirchlein den An sprüchen der kleinen Gemeinde, doch bald N'ard es zu klein und es mußte im Ernste an eine Vergrößerung gedacht werden. Die finanzielle Lage der Gemeinde, die sich durch Vermächtnisse besonders gehoben hatte, gestattete cS. daß auf dein Schreiberberge ein neues Gotteshaus errichtet werden konnte. Im Jahre 1516 stiftete Herzog Georg in Königstein ein Cölestinerkloster, das vom Oybii» aus be siedelt wurde. Da aber die Luthersche Lehre durch Prädi kanten immermehr Verbreitung fand, so wurde bereits „ach lOjährigem Bestände das Kloster aufgehoben. Die Glaubensspaltung hatte dem katholischen Glauben in Königstein recht übel mitgespielt. Im Jahre 1539 wurde in Pirna das Messelesen, das Beichtehören und die Kom munion unter einer Gestalt verboten, und die Bevölkerung mußte zum Protestantismus übertreten, die Mönche ab- fallen oder auswandern. Im Laufe der Zeit aber hatte sich trotzdem »vieder eine große Zahl Katholiken in der Gegend von Königstein niedergelassen. Als dann unter dem Kur- fürsten August dem Starken die Katholiken die freie Aus übung ihrer Religion wiedererlangten, stand die Gemeinde ohne Kirche und Seelsorger da. Diese Notstände scheinen sich unter der Regierung des Kurfürsten Friedrich August H. einigermaßen gebessert zu haben. Seine polnische Garde bestand ausschließlich aus Katholiken, und da er diese nicht ohne Seelsorge lassen konnte, berief er einen Feldkaplan nach Königstei»», der auch noch den Auftrag erhielt, die ver schiedenen sächsischen Garnisonen zu bereisen, um für die katholischen Soldaten Feldgottesdienst zu halten, an dem auch Zivilpersonen teilnehmen durften. So war für daS Seelenheil der zerstreut lebeirden Katholiken wenigstens einigermaßen gesorgt, und diese mögen »vohl lebhaft daS Gefühl der ersten Christen, denen es in der heidnischen Zeit ja ähnlich erging, empfunden haben. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts verschwand die Stelle dieses Feldgeistlichen und die Gemeinde stand wieder so wie vorher da — als Herde ohne Hirte». Dieser Uebel- stand machte sich um so schlimmer bemerkbar, als die Ge meinde immer noch anwuchs und von der Pfarrei Pirna abhängig war. Besonders nach dein deutsch-französischen Kriege, als die deutsche Industrie einen lebhaften Auf schwung nahm, kamen zahlreiche Arbeiter, unter ihnen auch viele Katholiken, in den Jndustriebezirk Königstein, da auch hier die gesteigerte Produktion immer mehr Arbeitskräfte erforderte. Der Festungskoinmandant Generalleutnant v. Leonardi hatte zwar vom hochw. Herrn Bischof Ludwig Forwerk die Erlaubnis erhalten, daß in seiner Hauskapelle auf der Festung Königstein ztveimal jährlich katholischer Gottes dienst abgehaltcn tverde, doch durften ihm die katholischen Mannschaften und Arbeitcrsoldaten nicht beiwohnen. Diese mußten sich vielmehr nach der Pfarrkirche in Pirna begeben, wenn sie eine heilige Messe hören oder die Sakramente emp fangen wollten. Hiermit waren aber bedeutende Schwie rigkeiten verbunden, denen früher oder später einmal ab,