Volltext Seite (XML)
Sonntag, den 23. August 1925 Nr. 194. Test» , Für -as Werk Zeppelins M SMlill-KlllMl-SMe Friedrichshafcn, 22. August. Bei der Kranznieder legung, die heute anläßlich des 25jährigen Jubiläums der Luftschiffahrtswerft Zeppelin am Denkmal des Grasen Zeppe lin erfolgte, verlast Dr. Ecken er den Aufruf zur Zeichnung einer „Zeppelin-Eckener-Spende des deutschen Volkes'^. Die wichtigsten Sätze des Aufrufes lauten; „Deutsche, Schon einmal hat ganz Deutschland in einmütiger Begeisterung das Werk Zeppelins als Nation fortgefuhrt: Damals nach Echterdingen. Wieder ergeht der Ruf, dieses Werk, das Gemeingut des deut schen Volkes ist, nicht «ntergehen zu lassen, und die Schöpfung Zeppelins der wissenschaftlichen Forschung dauernd zu erhalten. Die Werft in Friedrichshafen wist ein neues Zeppelin-Lustschiff bauen, das gewaltige wissen schaftliche Probleme lösen soll: Aufsuchung des Nordpols, Erforschung der Arktis. Das Schiff soll aber auch den Widerstrebenden den Beweis erbringen, datz diese deutsche Erfindung das grostartigste Ver kehrsmittel unserer Zeit ist. Wenn wir die Energie ausbringen, das Werk in Friedrichshafen fortzusühren, werden deutsche Technik und deutscher Wagemut wieder Weltgeltung erringen. Wirklich arm ist nur ein Volk, das keine» Pfennig für ideale und kulturelle Zwecke übrig hat und seine geistigen und technischen Kräfte verfallen läßt. Wir haben den Willen und das Recht, als Kultur- nation zu leben. Die Volksspende soll diesen Willen und das Bewuhtscin unserer geistigen Freiheit neu beleben." Der Aufruf ist unterzeichnet von fast allen in politischem, kulturellem und wirtschaftlichem Leben Deutschlands bedeut samen Persönlichkeiten. U. a. haben die Vorsitzenden folgen der Verbände den Aufruf unterzeichnet! Deutscher Reichs- städtcbund, Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Ncichsverbnnd der deutschen Industrie, Reichslandbund, Zentralverband der deutschen Banken, Verein deutscher Zeitungsverlcger, Reichsverband der deutschen Preise, Reichsarbeitsgemeinschast der deutschen Presse, Deutscher Beamtenbund, Allgemeiner Deutscher Gcwerkschaftsbund, Deutfche Studentenschaft, Bund der Ausländsdeutschen. Neben dem Präsidenten des Reichstages haben eine grosse Anzahl führender Reichstagsabgeordneter den Aufruf unterschrieben, darunter Fahrenbach und Stegerwald. Der Iubiläumskag in Friedrichshasen Friedrichshasen, 22. August. Der Zeppel'nlronzern hatte die zur Feier des 25jährigen Bestehens der Zeppelin-Luftschiffe erschienenen Gäste zu einer Besichtigung seiner Werke, zu einer Vorsührung seiner neuesten Erzeugnisse, sowie zu einem Besuche des Museums eingeladen. Nach der Besichtigung erfolgte eine Fuchsjagd von sieben Freiballonen. Bei dem von der Stadt Friedrichshafen im Kurgartenhotel gegebenen Frühstück hielt Dr. Ecken er eine bedeutungsvolle Rede über die Zukunft des Luftschiffbaues, in der er u. a. sagte: „Ueberblickt man im ganzen die Geschichte des Zeppelin- schen Werkes, so sieht es fast so aus, als ob sie nach hartem Kämp fen und Ringen heute In höchster Tragik sich vollenden sollte. Die Idee droht mit ihrem Siege zum Erliegen zu kommen. Denn sicherlich ist es gerade die Lebens- und Leistungsfähigkeit des Zep- pelinschisfes. dem die Besorgnisse und Maßnahmen einer feind lichen Politik gelten. Das Starrluftschiff ist geeignet, ein ganz unvergleichliches Verkehrsmittel über große Entfernungen zu werden. Auch als Vermessungsschiff wirb das Lustschiss eine außerordentlich bedeutsame Nolle spielen. Die Landvermessung der Zukunft wird vom Luftschiff aus geschehen. Eine bedeutsame Aufgabe fällt dem Luftschiff als wissenschaftliches Forschungs instrument zu. Mit einem Zeppelin kann man täglich über das Nord- und Südpolgebiet fahren, dort Zwischenlandungen ausfüh ren, und so das Polargebiet durchforschen. Wenn irgendetwas zum Zusammenhalt der Nationen zwingt, so ist es gerade die Luftschifsahrt." Nach der Rede Dr. Eckeners überbrachte Reichsverkehrs minister Dr.- Krohne die Grütze und Glückwünsche des Reichs präsidenten und der Reichsregierung und schloß mit einem Hoch aus die deutsche Luftschiffahrt, auf den Luftschiffbau Zeppelin, seine leitenden Köpfe und seine schaffenden Hände. — Der würt- tembergische Staatspräsident Bazille sprach mit Stolz von dem großen Schwaben, dem Grasen Zeppelin und seinem Werk. Das deutsche Volk könne sich der Aufgabe, die ihm gestellt werde, nicht entziehen. — Neichstagspräsident Löbe sprach im Namen der Arbeitnehmer deren auch zu materiellen Opfern bereite Sym pathie für das Unternehmen aus. Die Arbeitnehmer, ohne Un terschied der politischen Richtung und des Berufes, werden bei der Sache sein. — Namens der Techniker sprach dann Professor Matschas, im Namen der Wissenschaft Geheimrat Herge sell und im Namen der Presse Dr. Dovifat (Berlin), der die tatkräftige Unterstützung der deutschen Presse zusagte. WlMMWe tkk WMWAlllM! Paris, 22. August. Das französische Außenminlstcrinm teilt amtlich mit, daß die französische Antwortnote Montag in Berlin überreicht und am Freitag veröffentlicht wer den wird. Der Genfer Vertreter des Temps berichtet über eine Unterredung mit Oberst Hon sc, der gestern :n Genf eingetroffen ist und dem Generalsekretär des Völkerbundes > Drummvnd einen Besuch abgestattet hat. Der Oberst drückte die Hoffnung aus, das; die Vereinigten Staaten bald dem I Völkerbund beitreten werden. Ferner erklärte House, daß er den Abschluß eines Sicherheitsvertrages für unbedingt notwendig hielte. Es sei zu befürchten, daß Frankreich, wenn es die Hoffnung auf eine baldige Lösung der Sicher heitsfrage ausgeben müsse, es versuchen werde, die Frage auf eigene Faust zu lösen, ohne daß es daran gehinderr werden könne. House hofft, daß die Verhandlungen jchlietz- lich doch noch zu einem befriedigende» Ergebnis führen werden. Paris, 22. August. Das französische Handelsministerium teilt mit, daß die deutsch-französischen HandelsvcrtragSvcr- handlungen vereinbarungsgemäß am 15. September wie der ausgenommen werden. Zunächst werden die Delegationen nur zur Fühlungnahme zusammentreten. Die eigentlichen Verhandlungen beginnen erst Anfang Oktober. MsW IO MMIWWIW Frankfurt, 22. August. Zwischen der Reichsbahn und den Äeparationsagenten sind nach der „Frankfurter Zeitung" neue Zahlmethoden vereinbart worden. Bon der am 1. September fällig werdenden zweiten Rate von 100 Millionen hat die Reichsbahn 40 Millionen bereits am 1. August entrichtet, so daß am 1. September nur noch 60 Milt, zu zahlen sind. Was die am 1. Oktober cinsehenden Zoll leistungen anbetrifft, so kam man überein, daß sie aus dem gleichen Grunde in monatliche Teilbeträge zu zerlegen sind, so daß vom Herbst ab ein jeder Monat mit 60 Millionen Rentenmark belastet sein wird. Das Uebereinkommeu ist für die nächsten drei Jahre getroffen. Die Reichsbahn bekommt für die aus den neuen Dispositionen hervorgehenden Vor auszahlungen einen Diskont von jährlich 6 v. H. Ergebnislose Lohnverhandlungen bei der Reichsbahn Berlin, 22. August. Die Verhandlungen der Deutschen Reichsbahngefellschaft mit den Vertretern der Gewerkschaften über die Lohnforderungen wurden gestern fortgesetzt. Die Vertreter der Reichsbahn erklärten, daß die Gesellschaft nach nochmaliger sorgfältiger Prüfung aller Umstände nicht in der Lage sei, eine allgemeine Lohnerhöhung zuzuge stehen. Mittel für eine allgemeine Lohnerhöhung könnten nur durch Erhöhung der Tarife geschaffen werden. Tarif erhöhung und allgemeine Lohnerhöhungen wirkten aber weiter verteuernd auf die Produktion, so daß die Kaufkraft des Lohnes nicht erhöht, sondern vermindert würde. Wohl eine Erhöhung des Nominallohnes, aber eine Verringerung des Reallohnes sei die Folge. Aus diesen Gründen machten die Vertreter der Deut schen Reichsbahngesellschaft den Vorschlag, zusammen mn den Gewerkschaften Lohnerhöhungen in den Gebieten zu vereinbaren, in denen die Löhne der Reichsbahnarbei'ter in einem offensichtlichen Mißverhältnis zu den Löhnen der ver gleichbaren Industriearbeiter stehen. Als solche Gebiete wurden u. a. bezeichnet! Wirtschaftsgebiet von Grotz-Verl:n, Grotz-Hamburg, Grotz-Frankfurt a. M. Teile der Frei staaten Sachsen, Bayern (z. B. München, Nürnberg, Würz burg) und Baden. Die Reichsbahn glaubt für diese Lohn erhöhungen etwas mehr als 20 Millionen Mark aufwenden zu können, ohne zu Erhöhungen der Tarife schreiten zu müssen. Die Gewerkschaften lehnten jede weitere Ver handlung auf Dieser Grundlage a b. Der Verkauf der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" Berlin, 22. August. Wie uns von unterrichteter Seit, mitgeteilt wird, ist oie Deutsche Allgemeine Zei- tung und die Rorddeutsche Druckerei- und Verlags-An stalt A.-G. in Berlin aus dem Besitz der Buch- und Zell- stoft-Gcwcrbe Hugo Stinnes G. m. b. H. in die Hände eines Konsortiums überaegangen, das unter Führung des bekannten Papierindustriellen Walter Salinger und des Dr. August Weber-Berlin die Zeitung in der bisherigen Richtung fortzuführen gedenkt. Der Kaufpreis beträgt b Millionen Mark und ist bar bezahlt worden. Diese Mitteilung ist besonders interessant mit Rück sicht darauf, daß von dem größten Teile der Rechts presse bis vor kurzem überhaupt die Möglichkeit ge leugnet wurde, datz die DAZ. zum Verkauf kommen könnte. Die DAZ. bezeichnet« dis Meldungen über das Bevorstehcn einer solchen Transaktion als „böswilligen Klatsch". — Die Glaubwürdigkeit dieser Blätter hat sich also wieder einmal aufs beste bewährt. Wetterberlchl -er Dresdner Wetterwarte Witterungsaussichten für den 22. August abends bis 23. August abends: Nach erneuter Gewitterstörung nachts Abkühlung. Für den Sonntag ist heiteres Wetter und Temperaturzunahme zu erwarten. Schwache Luftbewegung. merken, daß doch zunächst in den G r u n d p r o b l e m e n des Glaubens eine Einigung erzielt werden müsse, ehe man über andere Dinge rede. Auch die katholische Kirche hat bekanntlich von vornherein eine Beteiligung an der Konferenz abgelehnt. Sie wollte unter keinen Umständen ihre Zeit mit Experimenten vertun, die keinen dauern den Wert haben können. Sie war sich von Anfang an bewußt, daß das Stockholmer Beginnen nichts anderes sei, als das Ausrichten einer Fassade, die beim nächsten Windstoß zusannnenbrechen kann. Was heißt „äußere Einheit?" Eine äußere Einheit ist für die Dauer völlig undenkbar ohne die Klärung der inneren Ge gensätze. Gerade eine Weltkonferenz für praktisches Christentum mußte in allererster Linie die Lösung der gewaltigen Zerrissenheit des Protestantismus in Glau bens- und Verfassungssragen zur Debatte stellen. So lange die einzelnen Sekten und Kirchen nicht einmal eine einheitliche Stellung zu der P e r s o n C h r i st i und zu seiner Gottheit einzunehmen vermögen, solange wird auch die Frage nach dem sogenannten praktisch sozialen Christentum ungelöst bleiben. Christus ist der Träger des ganzen christlichen Glaubensinhaltes. Sobald seine Gestalt wandelbar ist und von jeder einzelnen Sekte neu gedeutet und neu konstruiert werden kann, ist der ganze Glaubensinhalt und mit ihm die praktische Betätigung erschüttert. Nach unserer Auffassung kann man die Summe aller in Stockholm vertretenen Kirchen und Sekten, die zum Teil ganz widersprechende Auffassungen über die Person Christi haben, überhaupt nicht mit dem Sammelnamen „Christentum" benennen. Wenn die Veranstalter der Konferenz sich scheuen, jene Grundfrage aufzuwerfen, die Christus selbst gestellt hat, jene Frage: „Was dünkt Euch von Christus?", so gehen sie der wichtigsten Frage überhaupt aus den; Wege und bekunden damit, daß sie die Voraussetzung sowohl für das theoretische wie für das praktische Christentum nicht besitzen. Wir haben also in Stockholm dieselbe Erscheinung, die wir zu Beginn unseres Artikels schon kennzeichneten, nämlich daß man sein Ziel entweder auf Aeußerlichkeiten einstellt und dabei an den inneren Problemen vorbeigeht oder die Reform dort beginnen möchte, wo sie enden sollte, d. h. man beginnt mit dem Zimmern des Daches, ohne die Grundsteine des Hauses gelegt zu haben. Eine Geschlossenheit des Protestantismus ist ganz und gar un möglich, sofern nicht beispielsweise neben der Frage nach der Gottheit Christi, die nach der Rechtfertigung durch den Glauben allein, die nach der-Freiheit des Chri stenmenschen (Ueberspanung der Selbstherrlichkeit des Menschen) usw. gelöst sind. Weil diese Fragen nicht ge löst sind, besteht ja die Zerrissenheit im protestantschen Lager. Hier könnte man die Frage aufwerfen, ob überhaupt diese Probleme vom heutigen Protestantismus noch gelöst werden können. Der westfälische Generalsuperin tendent Dr. Zöllner hat den Ausspruch getan, daß „heute in der evangelischen Kirche allmählich niemand mehr weiß, was denn nun eigentlich das Evangelium sei" (Allgem. evangelisch-lutherische Kirchenzeitung 1924, Nr. 22). Warum fällt dieser Protestant ein so hartes Ur teil über seinen eigenen Glauben? Weil er weiß, daß die Autorität in seiner Kirche fehlt, die die Lehren einer Glaubensgemeinschaft unverfälscht durch das Ge wirr der Zeiten hindurch zu tragen imstande ist, und weil er weiß, daß jeder Theologe nach seinem subjek tiven Gutdünken verfahren kann. Der protestantische Erzbischof Gustav Iohannson schreibt ebenfalls in der Allgemeinen evangelischen Kirchenzeitung (1925): In unserer Zeit „verwerfen die Bauleute vielfach den Chri stus der Bibel, und die Theologen haben eine bunte Mannigfaltigkeit von Christusbildern fabriziert. Hier ist das größte Unglück der jetzigen Christenheit. ... Die Verfälschung des echten Christus bildes ist ein Verbrechen an der Menschheit." Solange die liberale Auffassung der Glaubens sätze und der hierarchischen Ordnung ein Wesensbestand teil des Protestantismus bleibt, ist ü b e r h a u p t k e i n e Geschlossenheit der protestantischen Kir chen möglich. Solange jeder Einzelne nach seinem (fähigen oder unfähigen) Geist die Grundlehren des Chri stentums umgestalten kann, wird die Zerrissenheit eine dauernde sein. Alle protestantischen Reformer soll ten sich den Werdegang des Protestantismus vor führen. Sie würden dann erkennen, welche Wand lungen, hervorgerufen durch alle möglichen philosophi schen und theologischen Verirrungen, der Protestantismus hat durchmachen müssen. Neue Systeme, die irgendeinen Fortschritt bringen sollten, schlugen in Wirklichkeit neue Breschen. Und tieferschüttert und abgehetzt steht heute der nach festen Orientierungspunkten ringende ehrliche protestantische Volksteil da. Eine furchtbar ernste Mah nung spricht die Geschichte an die Führer dieses pro testantischen Volkes. Und wie bedeutungslos gegenüber dieser ernsten Wucht der Historie sind die Worte jener, die der Masse immer und immer wieder nichts weiter als das Schlagwort „Volkskirche" zu bieten haben, während sie verschweigen, daß zunächst ein neues Fundament ge legt werden muß. Wie dies letztere geschehen könnte, geht aus unseren Ausführungen deutlich hervor. Wir sind weit entfernt, Steine auf unsere protestan tischen Glaubensbriider zu werfen, wir wollen nur die Sachlage kennzeichnen, und Männer, die dem Volke Irr lichter anzünden möchten, in die richtige Ordnung wei sen. Die Probleme sind zu schwerwiegend und sie gehen einen zu großen Teil der Christenheit an, als daß man sie mit Sarkasmus oder Spott abtun dürfte. Jedes ehrliche Ringen wollen wir würdigen, jedes nutz lose von vornherein auf Scheineffekte angelegte Tun müssen wir gebührend kennzeichnen. I. A. Kurze Nachrichten Abbruch der Verhandlungen im Baugewerbe. Die Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Im Baugewerbe haben zu keinem Ergebnis geführt und sind in der 11. Abendstunde abgebrochen worden. Der GeneralauSsperrungsbeschlutz soll nunmehr an; 28. August verwirklicht werden. Fahrpreisermäßigung für ausländische Besucher der Leipziger Messe. Die italienische Regierung hat den Be suchern der Leipziger Messe auf den italienischen Bahnen eine Fahrpreisermäßigung von 20 Prozent für die Ein käufer und von 30 Prozent für die Aussteller bewilligt. Außerdem wird ein« frachtfreie Rückbeförderung der Aus stellungsgüter gewährt. Ebenso wird den Messebcjuchern auf den ungarischen Staatshahnen Preisermäßigung in Höhe von einem Drittel de- Fahrpreises -»gestanden. ' Zum Gipfel -er Welt Die dritte Mount-Everest-Expedition 1924 Dresden, 22. August Als ein alpinistisches Kulturdokument muß man den von dem englischen Kapitän Noel ausgenommenen Film der Bestei gung des Mount Everest, der im PriNzeßtheater gezeigt wird, be zeichnen. Zum Gipfel der Welt fliegen die Gedanken zahlloser Mensche». Jeder stellt sich wohl die Frage, ob in dieser unend lichen Höhe <8840 Meter) Menschen überhaupt noch atmen Kim- nen. Doch wohin hat sich nicht überall schon menschliche Energie und Intelligenz einen Weg gebahnt! Sie eroberte die Polarwelt, erkämpfte die Tropen, durchflog die Lüfte und machte selbst vor den Untiefen des Ozeans nicht halt. Nur die Krone des Hima- layagebirges, der Mount Everest, blieb unerklommen. Schon im Jahre 1921 und 1922 versuchten unerschrockene Männer die Be- steigung des Gipfels der Welt; ihre Versuche scheiterten jedoch an der unaussprechlichen Gewalt der Natur. Im Jahre 1924 unternahm nun aus Veranlassung der Londoner Geographischen Gesellschaft die dritte Mount^verest-Expedition eine Fahrt nach Tibet. Die Vorführungen des auf dieser Expedition aufgenomme- nen Filmes leiten sieben Lamas, Mönche aus einem der tibetanischen Bergklöster, durch Darbietungen ihrer mystischen Gebettänze mit höchst eigenartiger Begleitmusik ein. — Schon mit den ersten Aufnahmen, die die Ankunft der Expedition in der Heimat des Buddha zeigt, wird man in Len Bann der Ge schehnisse gezogen. In wechselreicher Fülle reihen sich dann die prächtigen Bilder von der übermenschlichen Arbeit der Expedition an. Interessant und für viele ganz neu sind die Beschreibungen und die Aufnahmen der Bewohner Tibets, die gutmütig, kindlich, aberÄäubisch und völlig kulturfremd sind/ In Tkbet sind die Prieveii (Lamas) dit Herrschenden, st« wohtien meisten» in festungsähnltchen Klöstern. Ein Oberhaupt der Lamas weissagt der Mount,Everst-Expedition das Mißlingen ihrer Versuche, da für die Tibetaner der Gipfel des Mount Everest etwas Heiliges ist, das kein menschlicher Fuß würdig ist zu betreten. Sie nen- nen ihn „Allmutter der Welt. Doch keine noch so schwarze Pro. phezemng vermag die unerschrockenen Männer von ihrem Ziel abzulenken. Allen Gewalten der Natur trotzend gelangen sie mit Hilfe von 5 „Camps" (Proviantlagern) dem Gipfel näher und näher. Jede einzelne Aufnahme von der Besteigung und von der majestätischen Schönheit des Gipfels und seinen Glet- scherfekdern ist für sich «in Meisterwerk der Filmkunst. Die Fernphotographie, ein wahres Wunder mensch. lichen Erfindungsgeistes, gestattet genaue Aufnahmen von allen Phasen des Aufstieges, dem sich immer unüberwindlichere Hin dernisse in den Weg stellen. Im Schatten droht das Gespenst des Erfrierens, in der Sonne gibt es Hitzschläge. Einige der besten Männer sind schon den furchtbaren Anforderungen erlegen. Ver suche, den Gipfel, der keine 500 Meter mehr entfernt ist, zu er reichen, sind gescheitert. Da machen sich die beiden jüngsten Mit glieder der Expedition auf den Weg, um noch die letzte Etappe zu bewältigen. LOO Meter vom Gipfel entfernt sieht man sie als winzige Punkt» unentwegt mit der „Allmutter der Welt" Kämp fen. Dann kommen 48 Stunden verzweifelten Wartens der treuen Kameraden. Aber die beiden kehren nicht zurück. Ent. weder sind sie von den dauernden wütenden Schneelawinen er faßt und in den Abgrund geschleudert worden, oder sie haben den Gipfel erreicht, sind aber infolge der Anstrengungen zusammen, gebrochen. Den beiden Helden wird von den übrigen kühnen Pionieren ein steinernes Ehrenmal in der weiten Einsamkeit er- richtet. Die Männer, die ihren ganzen Ehrgeiz und ihre gesam ten Kräfte auf diesen Kampf konzentriert hatten, müssen der Gk malt der Natur weichen. Mit einer letzten prachtvollen Aus» nahm« des im Eise schimmernden Gipfels der Welt endet der sehenswerte Frsm. —ubi<^