Volltext Seite (XML)
Sonnabend, den 18. August 1928, Nr. 187, Seite » M MMMSS-AMNIIIIW W Nach Zustimmung des Neichsrats sind die Durchsührungs- bosliininnngcn zum Steuerübcrleitungsgeseh am 30. Juli erlassen morden. Sie enthalten drei Abschnitte. Der erste Abschnitt behandelt die für die Besteuerung künf tig mastgebenden Wirtschaftsjahre. Mastgebend ist: 1. bei Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gartenbau und son stiger nicht gewerblicher Bodenbewirtschastung das ge festliche Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni. An Stelle dieses Zeit raumes tritt bei reiner Weidewirtschaft und reiner Viehzucht das Wirtschaftsjahr vom 1. Mai bis 30. Avril. Für bestimmte Be triebsarten und bestimmte Bezirke können noch andere Abwei chungen zugelassen werden. 2. Bei Gewerbebetrieben sowie bei körperscl-astsfteuerpslich- tigen Erwerbsgesellschaslen gilt für Steuerpflichtige, die ord- nungsmästige Handelsbücher nach den Vorschriften des Handels gesetzbuches führen, als Wirtschaftsjahr der Zeitraum, für de» regelmästige Abschlüsse gemacht «Serben, im übrigen das Kalen derjahr. 3. Bei allen anderen Einkommcnsartcn ist das Kalender jahr für die Besteuerung mastgebend. Weicht das Wirtschaftsjahr des einzelnen von dem allgemein Lblickxen. d. h. also bei der Landwirtsäsaft von dem Wirtschafts jahr 1. Juli bis 30. Juni, beim Gewerbebetrieb vom Kalender jahr ab. so Ist das abweichende Wirtschaftsjahr anzumelden: hierüber werden noch öffentlich« Bekanntmachungen ergehen. Der zweite Abschnitt regelt den Zeitraum, für den die Steuer nach dem Steuerüberleitungsgesetz ab ge löst wird (Ablösungszeitranm) und den Ablösungsbetrag. Der Ab lösungszeitraum beginnt grundsätzlich mit dem 1. Januar 1024 und endet mit dem Dage vor Beginn des Kalender- oder Wirt schaftsjahres, das für die künftige Besteuerung mastgebend ist. Als Ablösung gelten die Vorauszahlungen einschliestlich des Steuerabzugs vorn Arbeitslohn und vom Kapitalertrag, die für den N'lösungszeitraui» nach den mastgebenden Vorschriften und Bestimmungen zu entrichten wäre». Eine Erhöhung des Ablö sungsbetrages findet nicht statt. Der Ablösungsbetrag kann mif Antrag herabgesetzt iverdcn, wenn bei einem Steuerpflichtigen besondere wirtschaftliche oder persönliche Verhältnisse Vorgelegen baden, die seine Steuerfähigkeit wesentlich beeinträchtigt haben. Ms persönliche Verhältnisse dieser Art gelten insbeson dere austergewöhnliche Belastungen durch Unterhalt oder Erzie hung der Kinder, durch Verpflichtung zum Unterhalt mittelloser Angehöriger, durch Krankheit, Körperverletzung, Verschuldung oder Ungliicksfälle. Ms wirtschaftliche Verhältnisse kom men vor allem wesentliche Verluste in Betracht, die sich beim Bermögensvcrgleich ergeben. Für die Feststellung des Bermögens- verlustes soll das Vermögen an« Anfang und Ende des Ablösrings zeitraumes nach den gleichen Grundsätzen bewertet werden. Ge genständ« des Anlage- und Betriebskapitals, die am Anfang und Ende des Ablösungszeitraumes vorhanden waren, sind mit den gleichen Werten einzusetzen. Im Ablösungszeitraum neu ange schaffte oder hergestellte Gegenstände sind «nit dem Anschaffungs oder Herstellungspreise anznsetzen. Angemessene Absetzungen für Abnutzung dürfen bei Gegenständen des Anlagekapitales ab gezogen iverden. Bei dein Vermögensvergleich sind dem Ver mögen am Ende des Abiösungszeiiraumes hinzuzusetzen a) di« ausgeschiitteten Gewinne, b> die Entnahmen, soweit sie nicht dem Vermögen wiedsr Angeführt sind. Entrichtete Steuern brauchen i,ldoch nicht hinzugesetzt iverden. Eine Herabsetzung des Ablösungsbetrages kommt nur in Frage, wenn wesentliche Substanzverringerung vorliegt, daraus eine wesentliche Beeinflussung der Sl-uerfähigkeit zu folgern ist und die Handelsbilanz keinen Gewinn ergibt: ob der Vermögens- verlust als wesentlich angesehen werden kann, ist nach den Umständen des einzelnen Falles zu entscheiden. Er soll als we- z. MkUtliMlll MIWr MM Eigener Bericht unseres Londoner Vertreters Der arme Jakob Ein Lebensbild von August Butsch er, f13. Fortsetzung.) Daß es bei der Reizbarkeit des kränklichen Herrn Vitus nicht an schlimmen Tagen und Stunden fehlte, lässt sich denken, und ich fühlte recht gut, daß ich den armen Jakob noch nicht ganz ausgczogen hatte. Ich aß fremdes Brot und war im Grunde genommen nur ein lackierter Knecht. Aber mit der Zeit fand ich mich doch in meine neue Zwangsjacke. Meinen Haupttrost fand ich gerade in meinem Zöglinge, der sich nach und nach ganz in mich hineinlebte, wie ich mich m ihn. Wir wurden unzertrennlich und gingen in Lehren und Lerne», in Geben und Empfangen fast wie ein einziges Wesen auf. Er lies; den Stolz des Reichtums fallen und ich die misstrauische Sprödigkeit der Armut. Und so wurden wir wahrhafte Freunde, während der Fadensepp nur men« Kamerad gewesen war. Dieser letztere funktionierte auf dem Landgute des Herrn Rollenknopf, das vor der Stadt lag, als „Herr Ver walter" und bildete sich nicht wenig auf diesen Titel ein. An den Abenden, besonders Im Winter, fasten ich und der Fadensepp meistens bei dem jungen Herrn Vitus und suchten ihn zu unterhalten und auszuheitern. Er lag oft so müd und traurig in der Sofaecke, daß er mich tief dauerte. Niemand wußte recht, was ihm fehlte, und ich mutzte oft denken, daß eben vor jedem Hause ein Stein liegt, und datz man mit Geld nicht alles kanten kann. Da war der Faden sepp ein anderer Kerl. Von mir will ich gar nicht reden, denn ich war und blieb ein Grübler und konnte den armen Jakob nicht ganz auStreiben. Einmal hatte mich Herr Rollenknopf belauscht, als ich, um den Kranken aufzuheitern, ganz merkwürdige Ge- sch'chten, aus Wahrheit und Dichtung zusammengesttzt, fließend wie ein Buch erzählte. Ich verschmolz unser Wan derleben und unsere Reiseabenteuer mit den Irrfahrten großer Entdecker, und von meinen Zuhörern wußte ketner, wo die Wahrheit aufhörte und die Dichtung begann. Herr Rollenknopf, der — nebenbei gesagt — eine grotze Zeitschrift nebst einer Tageszeitung herausgab, trat zu mir und sagte: „Das müssen sie einmal aufschreiben, Hcrr Reise- takob, sonst bleibt es in der Luft hängen: das gehört aufs Papier und verdient gedruckt zu werden. Oxford. 12. August 1SLK. Oxford mit seinen zahlreiche» alte,, Kirchen, Bibiliotheken, Colleges und .Halls, den wunderbaren Zeugen großer katholischer Vergangenheit. ist katholische Kongreststadt geworden für die Zeit von, 8. bis 18. August. Auf Einladung des englischen ,-ka- tholischen Rats für internationale Beziehungen" gehen drei große Veranstaltungen nebeneinander beziv. zum Teil in Zusammenar beit, vor sich: der 8. internationale katholische Kongreß der I. K. A.. Sodann eine vom Zentralrat der internationalen katho lischen Aktion <Prof. Sieger), der „Union catholigue d'Etudes intcrnaiionale" lProf. 'de Neynold, Bern), der internationalen .katholische» Zentrale in Nom sDr. Monti) und der IE. gemein sam eiiibcrusene Konferenz zur Besprechung über neue Wege in- ternalionaier Zusammenarbeit, und endlich eine große englische katholische soziale Woche, die zum Teil den Vortrügen der IKA. znhören wird. Di« IKA. — internationale katholische Liga oder Aktion —, die diesen Kongreß veranstaltet, ist ein loser Bund katholi scher Organisationen, der nach und nach alle große» Gruppen zu ständiger Fühlungnahme, Gedankenaustausch und Arbeitsgemein schaft sammeln will. Es soll durch planvolles und tatkräftiges Zusammenarbeiten der zunehmenden Verdrängung des christ lichen und katholischen Gedankens aus dem öffentlichen Leben, nicht zuletzt aus der hohe» Politik, entgegengctreten werben. .Ganz besonders nimmt sich die IKA. seit dem Kriege der Pflege der echten Bölkerfriedens-Idee an sauf allen Kongressen, bis her in Haag, Graz. Konstanz, Lugano): der vorjährige in Lugano ivar wohl der wirksamste und anregendste in dieser Hinsicht, und in diesem Jahre will man demselben Ziele beikommen durch die Behandlung des Problems der „Rasse und Nation im Lichte ka tholischer Auffassung". Die Verhandlungssprachen sind englisch, französisch und deutsch; der Dolmetscherdienst ausgezeichnet. Vertreten sind durch ca. 100 nichtcnglische Teilnehmer die 17 Länder: Belgien, Brasilien, Chile, Deutschland, Frankreich, Holland, Indien, Italien, Jugoslawien, Litauen, Luxemburg, Oesterreich. Schweiz, Spanien, Tschechien, Ungarn, Bereinigte Staaten von Amerika. Von deutschen Organisationen sind vertreten: der „Verband der Vereine katholischer Akademiker zur Pflege der katholischen Weltanschauung" fSitz Köln), damit ist ein Faktor von nicht ge ringer Bedeutung im katholischen Deutschland in diesen Kreis getreten. Sodann lassen sich vertreten bezw. begrüßen den Kon greß: der Friedensbund deutfcher Katholiken (Silz Berlin), das Auslandsamt katholischer Akademiker, deutsche Sektion der „P«x Romana", der Verband katholischer kaufmännischer Vereine (Sitz Essen), der katholische Frauenbund Deutschlands (Sitz Köln), die katholische Schulorganisation (Sitz Düsseldorf) usw. Bemerkens wert ist die Anteilnahme der Hierarchie aus de» genannten Län dern; viele Bischöfe sprachen sich durch Schreiben und Delega tionen für diese Zentraiorganisation aus; von Deutschland Bi schof Dr. Schreiber von Meisten und Bischof Dr. Ehrensried von Würzburg. Desgleichen die englischen Bischöfe; in letzter Stunde verhindert ivarcn der Erzbischof von Birmingham und sein Hilss- bischos durch Krankheit. Persönlich erschienen der Kardinal Vourn« von Westniinstcr, der Erzbischof von Liverpool, die Bi schöfe von Portsmouth und von Pell« und schließlich der Erz bischof von Ernaculum, ein Indier, der auch in der Konferenz über Kolonialsragen präsidieren wird. Gemäß dem religiösen Grundcharakter wird der Kongreß durch Pontistkale eingeleitet und beendet. Am Vorabend (Mon tag) hielt Kardinal Bournc im Beisein des Vizekanzlers der Uni versität, des Bürgermeisters der Stadt, und vieler prominenter Persönlichkellen aus Stadt und Universität (letztere in den alten Trachten), einen feierlichen Empfang. Seine Begrüßungsrede er munterte Im Geist der päpstlichen Friedenslosung zu zäher und zielklarer Arbeit für die Erneuerung der christlichen Mentalität zumal im Bereiche de» öffentlichen Lebens — in allen Ländern. An, Dienstag begannen die Sitzungen, die in der stimmungs vollen alten Halle des Wadhani College stattfinden. Wir werden den Ertrag der Beratungen im Schlustbericht zusvmmenfassen. H. Rüster (Bonn). sentlich nur gelten können, wenn er mehr als 10 v. H. des Ver mögens ausmacht und mindestens 1000 Reichsmark beträgt. Ist ein wesentlicher Vermögensveriust hiernach gegeben, so kan» der Ablösungsbetrag im allgemeinen herabgesetzt werden: bei einem Vermögensveriust von mehr als 10, aber nicht mehr als 18 v. H. bis aufst», von mehr als 18, aber nicht mehr als 20 v. H. bis ansst», von mehr als 20, aber nicht mehr als 28 v. H. bis aus st», von mehr als 28 v. H. aus st irer Vorauszahlungen, die nach den maßgebenden Vorschriften und Durchführungsbestimmungen zu entrichten waren. Beträgt der Vermögensverlust mehr als ein Drittel, so können die Voraus zahlungen unter Umständen auch auf einen geringeren Betrag <Us aus ein Fünftel herabgesetzt oder ganz erlassen werden. Wegen der ivirtschastlichcn Verhältnisse darf die Ablösung jedoch nicht unter den Betrag herabgesetzt werden, der sich ergibt, wenn vom Verbrauch die vorgesehenen Steuersätze erhoben wer den. Die Frist zur Stellung des Antrages, die nach dem Gesetz am 31. Juli ablief, ist bis zum 31. August verlängert worden. Der ziveite Abschnitt enthält insbesondere noch eingehende Bestimmungen über die Rechtsmittel. Der dritte Abschnitt, der die Vorauszahlungen auf Einkommen- und Köoperscipifts- steuer für 1925 regelt, ist eine Wiedergabe der Verordnung über Vorauszahlungen vom 16. Juli 1928, die s. Zt. in der Presse ein gehend dargestellt worden ist. M. Vermischtes — Ein Ozcanrennen. Di« Ncuyorker Börse verfolgt in die sen Tagen mit gespannter Aufmerksamkeit das Wettrennen zwi schen drei den Ozean durchquerenden Schiffen, die mit einer La dung von Rohguimmi im Wert von rund drei Millionen Dollar an Bord gleichzeitig die Reise von Dingapore angetreten hatten. Es handelte sich bei dem Rennen darum, in denkbar kürzester Zeit den Hafen von Neuyork zu erreichen. In Evivartung der Ankunft hatten die Verkäufer am Gummimarkt ihre Abgaben eingestellt. Falls die Schiffe nicht zur Zeit eintrefsen sollten, würden die Spekulanten genötigt sein, sich im offenen Markt einzudecken. Kommen aber die drei an der Wettfahrt beteiligten Danrpfer „Kanfa", „Siberion Prince" und „Menelaus" zur rech ten Zeit an, so werden sie einen Geivinn von 2 960 000 Dollar sicherstellen. Es gibt selten ein Rennen, bei dem es um solche Summen geht. — Eine ungewöhnliche Karriere mochte der amerikanische Staatssekretär für öffentliche Arbeiten James I. Davis. Ms Sohn eines blutarmen Berginannes in Schottland geboren, mußte er, als er noch in den Kinderschuhen steckte, als Grubenjunge sein Brot verdienen. Trotzdem der Lohn, den er verdiente, auster- mbenttich niedrig ivar, s;«arte er sich soviel zusammen, daß er eines Tages die Uebcrfahrt als Zwischendeck Passagier nach Ame rika machen konnte. Dort angekommen, war er jahrelang als Tagelöhner und Hilfsarbeiter tätig, bis es ihin gelang, aus Grund der Kenntnisse, die er sich in seinen karg bemessenen Ntutzestun- den zu erwerben wußte, eine Anstellung in einem Bureau zu finden. Von nun ab ging es mit großen Schritten vorwärts. Heute ist James Davis ein vielfacher Dollarmillionür. Im Staats dienst betätigt er sich nur aus persönlicher Vorliebe für den po litischen Betrieb. Gegenwärtig befindet er sich aus der Reise nach England, um seiner Heimat im schottischen Dergwerksgcbiet einen Besuch abzustatten. Ich war wie gedrückt bei diesem gedruckt und beson ders bei diesem neuen Namen, der von Stund an wie der Säst der harzigen Mistel an wir hängen blieb. Sonst verflossen die Tage ohne sonderliche Abenteuer. Nur einen Besuch des Taiinenmüllers, der seiner Abgeord- »ctenpslicht nachkam, will ich kurz erwähnen. Er hatte jöine Tochter bei sich, deren dunkle Augen und herzinniges Wesen ich nichts vergessen hatte. Er lud uns drei, — der junge Rollenknopf, der Fadensepp und bildeten jetzt ein Kleeblatt, — dringend ein, ihn zu besuchen, und der kränkliche lunge Herr, auf den Kathis frisches Wesen einen merkwürdig belebenden Eindruck machte, sagte mit Feuereifer zu. Daß ich und mein langer Kamerad ebenso gerne beistimmen, braucht nicht einmal gesagt zu werden. Meiner alten Mutter konnte ich jetzt zuweilen Geld schicken. Sie war ganz stolz auf ihren armen Jakob, der als Schriftsteller zuweilen sein Lichtlein leuchten ließ. Die schwankende Gesundheit meines Freundes und Zöglings machte eine Luftveränderung nötig, und so fand sein Vater nichts dagegen einzuwenden, datz wir in (dichten Tagreisen eine Erholungsfahrt an den See unternahmen. Der Fadensepp war unser Kutscher. Er hatte das Posthorn blasen gelernt und wenn es im Antange auch jämmerlich ging, machte es sich doch mit der Zeit, und als wir in der Kutsche saßen und er aus Dem Bocke, blies er herzzerbrechend: „Gute Nacht, du mein herziges Kind!" So war ich denn der richtige Reisejakob geworden, und meine Brust dehnte sich in der Maienschünheit, die sich vor uns auftat, als wollte sie zerspringen. Auch Herr Bitu» taute auf, und der Fadensepp, den nur „Herr Verwalter" nannten, lachte oft so fürchterlich, daß er fast vom Bocke siel. Wir strebten dem Bodensee zu. Die Stätten, die für mich historisch waren, sahen unser« neue Herrlichkeit. Immer aber fielen wieder Schatten auf meine« son nigen Weg. Das erste Mal bekam ich Herzweh, al» wir cm dem Frievhose in Weingarten vorüberfuhren, wo mein Kamerad au« der Jndianerzeit ruhte. Alle» hier verseht« mich in die Stimmung, in der Lenau seinen „Postillon" dichtete. Es war auch ein Malenabend im Mondeslicht«, «nd ich mußte unwillkllrlich für mich sagen: Lieblich war die Maiennacht, - st Silberwölklein flogen Ob der holden FrühlingSpracht Freudig htngezogen. Ich ließ unseren „Verwalter" halten und erzählte ihm von dem Jugcndgespielcn. Auch er erinnerte sich seiner, er selber hatte ihm sä lene fürchterliche Ohrfeige versetzt. Er sah letzt ein, daß er ihm eigentlich unrecht getan habe, denn die Bemerkung des Knaben war ja eine Art Prophezeihung gewesen: er hätte sich aus den Jahrmärkten sehen lassen und war gewissermaßen sogar „aus der Haut gefahren". Wir beteten sür den so früh Dahingegangcnen, und am anderen Morgen ging e« weiter den heimatlichen Gefilden zu. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, wenn man nach Jahren unter ganz veränderten Verhältnissen wieder die Stätten betritt, die geheiligt «und und verklärt durch Ju genderinnerungen. Ich war freilich noch jung, aber ich fühlte mich dennoch alt, denn Kriegsjahre zählen ja doppelt. Wie verändert waren meine Verhältnisse! Die Wege, aus denen ich früher arm und zerlumpt gegangen, befuhr ich jetzt in einer herrlichen Kutsche, reich gekleidet und mit Goldstücken in der Tasche. Ich kannte noch jeden Baum, aber alles erschien mir wie zusaininengeschrumpft, fremd und kalt, die Leute kannten mich nicht mehr und starrten nur den Fadensepp an, der in seinem blauen Mantel und dem hohen .Hute wie ein Riese der Vorzeit dahinschwebte. Ich lieh die Szenen meiner Vergangenheit in Gedanken an mir vorüberwandern und reihte sie in meinem Gedächt nisse aneinander. An dieser Stelle war ich dem Waldbruder begegnet und dorr der Walllahrerliesel, die beide jetzt Erde auf den Augen hatten. Dort waren ich und mein Kamerad mit dem Herrn Furwso zusammengetrosfen und dann mit meinem Wohl räter, in dessen Kutsche ich jetzt fuhr. Dort auf der Witse hatte ich Dt« Kühe gehütet umd aus dem Waldrand da drüben waren ich und der Fadensepp nach unserer Flucht wieder aus die Landstraße getreten. Jetzt tauchte der „Katzenbühel" aus. das Wirtshaus, das Schulhäuschcn in Aflewtnd und weiter nach Süden das Schlößchen, in dem mein« Mutter wohnte. In der verblauenden Ferne stand, wie «»ne gewaltig« Ritterschar, der himmelhohe Alpenring, d« den grünblauen See hütete» der schlangenaleich sich ringelnd und streckend die Ufer umkroch. Im WirtShause zum „grausamen Ritter" kehrten wir ein, und ich trat jttzt in ganz anderer Gestalt vor die Mrtin als damals, als ich mich chmter dem Leinwandkarren versteckt«. Sie erkannte m,ch aber nicht, und ich wurde mißgelaunt dieser Bauern» dnmmhett gegenüber^ wie ich es bei mir nannte. (Fortsetzung folgt.)