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Sonnabend, den 19. September 1925 Nr. 217. Seite 5 Keds des RerchswirlschaNsmInislers Dr. Neuhaus auf Ser Dresdner Tagung des Zenlral- verbandes -es deu'fchen Grotzhandels Wir geben hier die Rede des Neichswirtschaftsministers, deren hauptsächlichsten Sülze wir bereits gestern miiteilten, -vegen ihrer Bedeutung fiir die kommende Entwicklung der deutschen Wirtschaft ausführlich wieder: Die Fragen der Bereinigung und Umstellung unserer deut schen Volkswirtschaft in ihrem weiteren Zusammenhang der wirtichaftlichen Verflechtung aller europäischen Wirtschaslsstaa- ten überPauvt, die Steilung Europas in der Well!wirtscl>a,'t, wie sie sich »ach dem Kriege herausgebildet hat, stehen im Mittel punkt unseres wirtschaftlichen Denkens. Unsere Abgeschlossen heit von der Konjunkturbewegung der übrigen großen Wirt- schastsslaaten der Welt wahrend der Inflationszeit macht es be greiflich, das; wir bisher die Fragen der künftigen Entwicke lung unserer Volkswirtschaft noch nicht ausreichend in dem grö ßere» Zusammenhang der europäischen und Weltwirtschasts- gestaltung betrachteten, sondern uns auch nach der Währungs- sestigung in erster Linie mit der Konsolidierung un serer inneren Wirt s chaftsverh ä l tnisse befaß- t e ». Nachdem aus der eine» Seite der Währungsverfall einen rolligen Zusammenbruch der Kaufkraft großer Teile unserer Be völkerung und eine gewaltige Vcrmögcnsumschichtung verursacht halte, und nachdem auf der anderen Seite unser Produktions- ünd Berteilungsapparat in oft unwirtschaftlicher Weise ohne Rücksicht auf die Möglichkeiten eines Absatzes vergrößert wor den ivar, mußte und muß es für jeden einzelnen Wirtschafter erste Aufgabe sein, sich mit seinem Betrieb dem veränderten und verkleinerten Umsatz anzupassen. Bei der noch auf lange Jahre hinaus cngbegrenzten Auf nahmefähigkeit des inneren Marktes müssen für die Umstellung unserer Wirtschaft vor allem die Absatzmöglichkeiten der deutschen Erzeugnisse im Aus lande richtung gebend fein. Diese erfordern eine Neuorientierung unseres Außenhandels, die eine genaue Kenntnis unserer gegenwärtigen Weithandelsstellung und der Entwicklungsmöglichkeiten -unseres Exportes in einer gegenüber der Borkriegszeit völlig geänderten und verlagerten Weltwirtschaft voraussetzt. Es handelt sich bei dieser Neuorientierung keineswegs um die Zweckmäßigkeits- srage, in welcher Weise das Problem der internationalen Ar beitsteilung mit Einschluß der deutschen Arbeitsintensität am wirtschaftlichsten zu lösen wäre -- sondern schlechthin um die Existenzfrage. wie sich unser mehr als 60-Mi!lionen-Vo!k aus seiner allzu geringen Rohstossgrundlage mit Hilfe seiner ent wickelten Arbeitskraft überhaupt zu halten vermag. Dieses Problem gilt nicht allein für Deutschland. Die Ab hängigkeit vain Weltmärkte hat für die europäischen Industrie staaten insgesamt schon vor dem Kriege bestanden und ist nach dem Kriege immer drückender geworden. Die Aend errin gen der W e l t w i r t s ch a s t s st r u k t u r werden eine Um stellung des Exports und der Produktion selbst zur Folge haben — und dies nicht nur bei uns, sondern in allen europäischen Industriestaaten. Man kann sagen, daß vor dem Kriege die Produktions- sortschrittc der übrigen Welt fiir Europa im großen ganzen eine Möglichkeit der Steigerung seines eigenen Absatzes und seiner eigenen Produktion bedeuteten. Aber diese Tatsache ließ uns vor dem Kriege die Bedeutung der Verselbständigung der übri gen Erdteile für die künftige Stellung Europas unterschätzen. Schon das Zusammenschmelzen der europäischen Aktivposten in den Zahlungsbilanzen Hütte das gemeinsame europäische Inter esse wecken müssen. Die Gestaltung des Weltverkehrs zeigte schon das Mündigwerden der außereuropäischen Weltwirtschafts teile an. lieber den Atlantischen Ozean wurden neue Verkehrs- fädcn gezogen, an denen Europa nicht beteiligt war. Australien bahnte eigene Beziehungen nach China. Vorder- und Hinter indien an. Die Vereinigten Staaten lösten sich immer mehr aus dem europäischen Zusammenhang und Japan entwickelte sich mit außerordentlicher Schnelligkeit zu einem wichtigen ivelt- wirlschaftlichcn Faktor. Neben der fortschreitenden Tendenz zur wirtschaftlichen Verselbständigung gingen die Bestrebungen der Völker auf politische Autonomie einher. Durch den Weltkrieg wurde die führende Stellung Europas in der Weltwirtschaft in rascher lAftivickcftmg aller außerhalb Europas vorhandener Selbständiokeiisbestrebungen grundlegend erschüttert. Wirtschaftlich gesehen, hat nicht Mitteleuropa, sondern Europa den Weltkrieg verloren. Durch das schnelle Tempo der außereuropäischen Produktionsausweiiung. die sich in den Forme» der von Europa herausgebildeten Technik und Wirtsclzaslsorganisation vollzog und eine Anpassung an die ge hobenen europäischen Bedürfnisse voraussetzle, wurde sehr bald eine Verknappung und eine entsprechende Preisstei gerung der industriellen Rohstoffe herbeigesührt. Dieser allgemeinen Nachfrage nach Rohstoffen konnte nicht so bald ein quantitativ und qualitativ ausreichendes Angebot, ins besondere ans dem Gebiete der Gespinststoffe gegenübergestellt werde». Den hauptsächlichen Nachteil dieser Entwicklung, die sich ähnlich bei Häuten vollzog, hatten naturgemäß die rohstoff abhängigen Fabrikatlünder zu spüren. So hat di« englische Ausfuhr an Baumwollwaren im Jahre 1923 nur 60 Prozent von 1913 und im Jahre 192 t nur »m weniges mehr betragen. Die gesamteuropäische Produktion an Baumwollivaren ist noch heute mit einem Leerlauf von mehr als 30 Prozent belastet. Eine weitgehende industrielle Neuorientierung wird sich in ganz Europa auf diesen Gebieten vollziehen müssen. Daß nun aber diese Umstellung des europäischen industriellen App-arates und der Handelsorganisation in einzelnen Ländern ganz besondere Schwierigkeiten Hervorrust, ist in der allgemeinen Kapitals Verknappung der Welt begründet. Es fehlt vornehmlich bei uns, aber auch in den anderen Ländern die frühere Kapitalsneubildung, die um so notwendiger wäre, als der Krieg überall zu ungeheurer Kapitalvernichtung und die Inflation in den von ihr heimgesuchten Ländern zu falscher Ka- pilalverivendung gesiihrt hat. Hierin liegt einer der hauptsäch lichsten Gründe für die andauernde Depression der gesamten Weltwirtschaft. Das Land, das heute noch über eine größere KapitalsbÜdung verfügt — Amerika — vermag doch nicht die Lücke auszusüllen, die der Ausfall der früheren europäischen Geldgeber, vor allen: Englands und Frankreichs, für die Finan zen der Weltwirtschaft bedeutet. Man darf nicht verkennen, daß in der Entwicklung dieser Monopolstellung, auch abgesehen von allen politischen Erwägungen, rein mirtsckchftlich große Ge fahren liegen. Die Neubildung von Kapital in Europm begegnet beson deren Erschwerungen, da die toten Kosten, der industrielle Leer lauf und der Rückgang der Arbeitsintensität, die Ertragsfähig keit mindern. Der Rückgang der Produktivität ist, abgesehen von der bereits erwähnten Minderung der überseeischen Export möglichkeiten, auf die Störungen innereuropäischen Wirtschafts- HrMNnik!« 1925 KaLlistoliend VLiölkLollicliLii wir die Kuiiioii rlep- jLMWn Oev/innep derN. ?. V. LositLmliot 1025, dio bis zu dom vom Verlags Mslollton Pennin, dom 17. ds. Ffts., Knmous- und >VcIre88LNctNZ,abs an unsere OescliaÜs- slello eiriMsanät staben. I. Prämie: 50 Nark in Kar aut stos5YI2, Kate Zcstöbel de! Oiost, Oresdon-K., Narlm-Putster-Ltr. 21, bist. 3. Prämie: -Vusstew. 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Das Ausscheiden Rußland« und Slldostcuropas aus dem europäischen Markte, die Zerschla gung größerer Wirtschaftseinheiten in kleinere Elaalengebüd« sdie sogenannte „Balkanisierung"), die Vermehrung der Dre». zen und damit des Grenzschutzes und des Zollapp-arates. die Vervielfachung der Parlamente und Bureaukratien, alles die« sind Momente, die die Generalunkosten Europas durch Ber» größerung des unproduktiven Apparates erhöhen mußten. Der künstliche Aufbau der während des .Krieges und der Inflationszeit erfolgten Neugrünüiingen Kat, verbunden mit einer oft unbewußten Unlust, sich von bisher ausgeübten Pro duktionsweisen und Produktionszweigen zu :rennen, zu einem N e o-Me r ka » t i l i sin u s in vielen Staa'en geführt, der sich mit einer übertriebenen nationalistischen Einstellung sehr wohl verträgt. Diese Entwicklung trägt «ber ihre natürliche Grenze in sich. Sobald alle Staaten die gleichen Maßnahmen ergriffen haben, hoben sie sich gegenseitig auf, der Wettbewerb spielt sich aus einer künstlich erhöhten Preis st u s e und in zahlenmäßig gemindertem Umfange ab und das Gesamtergeb nis ist nur eine Hinausschiebung des unumgänglich notwendigen Reinigiingsprozesses und bis zu dessen Durchführung eine Schwächung der gesamteuropäischen Wettbewerbsfähigkeit. Diese Produktions Krise findet darin ihren Aus druck!, daß Äiropa fiir den Absatz seiner Rohstoffe, in erster Linie der Kohle wachsenden Schwierigkeiten begegne!. Lan der, die früher ihre Kohle ans Europa, in der Hauptsache aus England bezogen, sind zur eigenen Kohlenförderung über- gegangcn. Die Umstellung der Schiffahrt auf Oelseuerung, die Zunahme des Verbrauches an weißer Kohle, der technische Fort schritt der Kohienersparnis setzen für die Dauer den Kohien- verbrauch herab. Verschärfte Konkurrenzkämpfe sind Sie Folge dieser durch die schlechte Konjunktur noch vergrößerten Kohlen- absatzkrise. — Eine ähnlich starke Konkurrenz zwischen den europäischen Industrien ist auf dem Gebiete des Eisens fest- zusteilen. Zu all dem kommt die völlige Umkehrung der Weli sch» I d v e r h ä l t n i s s e. Aus Sen ehemaligen Gläubiger- staaien sind tief verpflichtete, sich immer tiefer verpflichtende Schuldnerstaaten geworden. Die Abtragungen dieser Schulden — ja schon allein der Zinsen — bedingen neue wirtschaftliche Verschiebungen und Umgruppierungen der weitwirtschafliichen Produktionsverhältnisse. Eines kann als sicher gelten, daß bei der gegenwärtigen amerikanischen Zollpolitik, der Politik der Preisstabilisierung und Aktivierung der Außenhandelsbilanz, eine Rückzahlung der Schulden mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden sein wird. Welche Folgerungen ergeben sich aus diesen Tatsachen für die europäische Wirtschaslseiiisteüung, insbesondere für die deutsche Wirtschafts- und Handelspolitik? Diese Folgerungen werden sich in erster Linie mit der Gestaltung der Handelsbilanzen befassen. Eine Aktivierung der Handelsbilan'en wird — auf die Dauer gesehen — das Ziel sein müssen, solange Europa als Schuldnerland sei nen Verpflichtungen Nachkommen muß. Aus eine M i n d e - r u n g der Einfuhr, aus eine stärkere Unabhängigkeit von der übcrseeiscksen Nohstossversorgung wird hinzuarbeiten sein. Die Abhängigkeit vom Auslande ist vor allem auch durch eine Steigerung der landwirtschaftlichen Erträg nisse zu vermindern. Bei der Erörterung der Ausinhr feite werden zwei Momente zu beachten sein: Einmal die Möglichkeiten der Steigerung des europäischen Exports als solch.», die nicht zum wenigsten eine Preis- und Oiiaütätsfragc ist. sodann zweitens die Maßnahmen zur Erhöhung der für unwrs Ausfuhr zu er zielenden Werte. Es muß aus eine Ordnung der euro päischen Rohstoffbasis hingewirkt werden. Im glei chen Sinne muß ein umfassendes HanöelsVertrags system wirken. Nur wenn die europäischen Wirtschaftsstaaten durch einen engeren wechselseitigen Austausch ihre Produktivi tät erhöhen, werden sic auch den neuen Aulaabcn der Weltwirt schaft gewachsen sein. Es kann sich darüber hinaus darum handeln, daß sich zwi schen Europa und den übrigen Erdteile» eine Arbeitsteilung im Sortenaustausch herausaeftaitet, wie dies früher unter den europäischen Industriestaaten der Fast ivar. Europa wird nicht mehr die Welt nach europäischen Wirtschcntsbedürsnis'cn zu lei ten vermögen: es wird aber durch seinen Vorsprung an tech nischem Können und an Arbeitsintensität bei der Entwickelung der Weltprcduktivkrästc ergänzend mitzuarbeiten haben. Alle Glieder der Wirtschaft müssen sich heute einheitlich dem Ziele zur Verfügung stellen, unserer Volkswirtschaft die Möglichkeiten der inneren Gesundung und de äußeren Ent saftung zu geben. Wir gehen noch schweren Zeiten entgegen — wirtschaftliche Umstellungen werden notwendig werden von einem Ausmaße, wie wir sie bisher nickst kannten Es gilt, vor- ausscha-uend, auf diese ernsten Problem« hinznweisen. Schwie rigkeiten rechtzeitig zu erkennen bedeutet: den ersten Schritt zu ihrer Ueberwinüung zu tun. Die Rose Ser Serm Eine ziemlich wahre Geschichte von Ludwig Steub (21. Fortsetzung.) Mit ihren Geschwistern war sie sanft und gut, sprach aber auch mit ihnen nur, was eben nötig war. Da gegen schic ihre Dankbarkeit für die Mutter täglich zu- zunehmcn, und wenn sic dem alten Vater begegnete, >v gab sie ihm immer eine Patschhand und fragte freund lich, wie es ihm gehe Dieser setzte sich auch manchmal zu ihr in den Garten, und dort sprachen sie vvn den Achseln und den Birne», die damals wuchsen, Vvn dem Türken und dem befürchteten Futtermangel, aber niemals von dem Florian. Die Geschäfte, die ihr sonst als Schcnkin in der Herrenstubc obgelegen, hatte indessen die Marie, ihre Schwester, übernommen, welche damals ins zwanzigste Jahr ging und in jene höhere Stellung, wie bereits er wähnt, schon längst PorznrüSeil gewünscht hatte. Der Nosi wurde daher in diesen Tagen keine Arbeit zuge mutet, und sic verlangte auch nicht danach. Ehe aber die Nosi in den Garten ging, nämlich in den erste» acht Tagen nach der Passion zu Erl, kehrte in dem stillen Wirtshause der Scwi ein reges Leben ein, welches jedoch von dem Mädchen kaum beachtet wurde. Teilnahme ober Neugierde, der Trieb, einen guten Rat zu geben, sich auszudrängen und etwas drein zu reden, sie führten jetzt an jenen einsamen Ort so manchen Gast, der schon lange nicht mehr dort gewesen war. Das Herrenstübel stand selten leer, aber auch m der Bauern stube war der Besuch jetzt lebhafter als zuvor. Jeder wackere Landmann und Familienvater, der des Weges kam, wollte der Bäuerin daheim und seinen Töchtern etwas aus der Sewi bringen, und jeder war daher be flissen, von den Weiberleuten, denn mit dem Bater war nichts zu richten, sich etwas erzählen zu lassen. Allerdings war es nicht so schwierig, jetzt in der Sewi einige Neuigkeiten aufznlesen. Die Gechsichte der letzten Tage war von der Mutter gedeutet und enträtselt wor den. Diese hielt es nämlich für ihre Pflicht, dem Vater und den älteren Geschwistern alles mitzuteilen, was ihr die arme Ros! anvertraut hatte, also vor allem den schlimmen Verdacht und die üblen Nachreden, die der Valentin aus dem Hirschengarten mitgebracht. Jetzt ver ständen sie slle, stMUM d)e Rost de« Florian in der Passion zur Rede gestellt, vielmehr ihn ansgescholien hatte. Sie waren auch alle der Meinung, das; sie ganz recht getan; namentlich sprach der Vater öfter mit Nachdruck seine Billigung aus. Die Mitteilungen der Mutter verursachten aber auch eine große Aufregung. Zumal der Lorenz war in den ersten Tagen ganz unbändig und verlangte vom Vater nur immer einen guten Rat, ob er den Florian auf dem nächsten Markte mit dem Messer, niedcrstcchen oder mit dem Prügel tvtschlagen oder mit dem Terzcrvl erschießen solle. Der Vater selbst aber mahnte ihn dringend, ;a nichts Unrechtes zu beginnen. Was man immer tun wolle, cs rönne nur vor Gericht geschehen. Ucber ein wackeres junges Kleeblatt, das mit dieser Geschichte nur in sehr losem Zusammenhang stand, brachte dieselbe gleichwohl einige unangenehme Stunden. Der nachteilige Einfluß, den die deutsche Malerei aus der Nosi guten Nus und ihre Aussichten in die Zukunft ge äußert hatte, rächte sich jetzt auch an deren damaligen Vertretern in der Sewi, obgleich diese erst einige Wochen dort waren und an dem früheren Gerede keine Schuld trugen. Sie fanden, und mit Recht, daß der W:nd Plötzlich umgeschlaaen war. „Wenn die Maler nicht wären, Hütte die Nosi fetzt den Florian!" sagte die Mutter einst im Herrenstilbet, und diese Worte blieben nicht unbeachtet. Die Maler schnürten ihre Bü»del, zahlten ihre Rechnung und gingen davon. Da man ihnen aber nichts Nebles nachzutragen hatte, so war d>er Msch-ied doch ganz freundlich, ;a von seiten der Marie und der beiden andern Töchter so gar recht herzlich. So kam man in allen Ehren aus einander. Von den Dreien, die damals wanderten, war übrigens der eine aus Apenrade, der andere aus dem Riesen gebirge, der dritte aus dem bayerischen Walde. Dev erste hatte Tannenbäume, der zweite Felsenwände, der dritte Wasserstürze gemalt. Die häufigen Gäste, die damals in die Sewi kamen, nahmen aber nicht nur die Neuigkeiten mit, sondern sie trugen auch manche herbei, die leider nicht alle ergötzlich waren. Am anderen Tage gegen die Vesperzeit brächte z. B. der Maurerseppel von Durchholzcn die Kunde,, wer der gewesen, der die Rosi verwundet. In der Sewr hatte man bis zu jener Stunde noch keine Ahnung davon. „Was", sagte der Maurerseppel, als er dies be merkte, „das wißt ihr nicht? Da seid ihr aber noch weit zurück!* „Nu, wer ist's denn gewesen?" fragten alte, auch die Mutter, die eben von der Nosi, welche schlief, herabge- komincn war. „Nu, wer denn anders als der Florian von Lang- kampfen?" sagte der Maurerseppel lachend. Die anderen konnten diese Mitteilung nicht so erhei ternd finden; sie sahen sich vielmehr mit erstaunten, aber ernsten Augen an. „Und woher weiß mau'S denn?" fragte Marie, die Schwester. „Das haben w:r gestern im Wirtshaus zu Erl hcrans- gebracht. Da ist der Geometer gewesen und hat gleich- so einen Plan — wie sagt man denn? — so einen Stativnsplan ausgezeichnet —" „Situationsplan!" verbesserte die Marie, welche, wie man daraus ersieht, im Umgang mit den Mappicrern schon einiges gelernt hatte. „Nu ja, halt so einen Plan", fuhr der Seppel ,vrt, „von der dritten, der vierten und der fünften Bank und hat alle Leut ncingeschrieben, die da gewssen sind. Die sind uns glttcklicherweis' noch alle eingefallen, eines nach dem andern. Und da hat sich herauögestellt, daß in dee- selbigen Gegend lauter junge Mädeln und Weiberlente gesessen sind und nur drei Mannsbilder, der Vater, der Lorenz und der Florian. Jetzt haben wir's >chv», hat der Geometer gesagt, jetzt rechnet sich's ganz madainatisch raus; die Weiberleut, die beißen nicht — der Vater und der Bruder auch nicht, also muß es der Florian gewesen feint Na, was wir gelacht haben!" Des Manrerseppels Heiterkeit wirkte diesesmal nicht ansteckend. Vielmehr trieben seine letzten Worte die Zu hörer alle auseinander. Der Bater ging grimmig ans Fenster, die Marie mit den Schwestern ins Herrenstübel, der Lorcnzi in den Stall. Nur die Mutter hielt stand und mutzte sich von dem unfeinen Gaste noch sagen lcÜsein „Aber närrisch, warum fragt ihr denn die Rost nicht? dre muß es ja doch am besten wissen." „Wir wissen nicht, ob sie es weiß," entgcgnete dir Mutter schmerzlich. „Und fragen darf man sic nicht; wenn man sie fragt, so stirbt sie." „Die wird aber alle Tage feiner, und jetzt dürfte sic'» doch bald wohlfeiler geben!" sagte der Maurerseppel in einer Art, die leider sehr höhnisch klang. „Und wenn sie jedesmal sterben muß, so oft man sie etwas fragt, da hat sie wohl viel zu tun." (Fortsetzung folgt.)