Volltext Seite (XML)
Freitag, den S. Oktebcr 1928. 234. Seit, , Kvrrupttons - AMren M Wer Zes «WW» VOsWkS" Die mageren Ergebnisse -es Dresden, 8. Oktober. Der bisherige Vertreter des Majors a. D. Löffler, Rechtsanwalt Paul Solinger erklärt, Satz er sein Mandat als Verteidiger nicdergelegt hat. Eine Dresdner Korrespondenz schreibt weiterhin folgendes: Die Untersuchung in Sachen des Volksopfer, richtet sich außer gegen Dr. Meißner und Löffler auch gegen den ehemaligen Kassierer Gründel und gegen die Privatse>retärin Löfflers, ein Fräulein Langguth. Beide sind auf freien Fuße belassen worden, ihre Verfehlungen bestehen lediglich darin, daß sie gewußt haben sollen, wie die beiden Hauptbeschuldigten mit den Geldern gewirtschaftet haben. Es gilt als unumstößlich feststehend, daß große Summen als für vaterländische und nationale Verbände und Vereinigungen abgebucht, Dezw. als für derartige Zwecke verausgabt geführt und verzeichnet worden sind. Darüber sind auch entsprechende schriftliche Unterlagen und sonstige Belege vorhanden, soweit diese nicht gelegentlich der Uebersührung nach Lösslers Wlchnung von Dr. Meißner vernichtet wurden, wozu wiederum Zeugen vorhanden sind. Soweit sich ferner heute schon übersehen läßt, wird es nicht möglich sein wirklich genaue Zif fern über die tatsächlichen Verfehlungen zu erlangen. Die beiden Hauptbeschuldigten Dr. Meißner und Lössler haben es verstanden, ihre ganze Umgebung nach jeder Seite hin gröblichst zu täuschen. Ueber Verlauf und Stand einer derartigen Untersuchung kann begreiflicherweise kein Bericht gegeben werden. Was in dieser Angelegenheit von anderer Seite berichtet worden ist, beruht vielfach auf Kombinationen, auf Auskünften und Erzäh lungen von angeblich unterrichteten Personen, auf einstigen An gestellten des Dolksopfers oder den Hauptbeschuldigten nahe stehenden sonstigen Bekannten usw. Nach den Erklärungen derartiger Vereine und Verbände muß weiterhin angenommen werden, daß diese garnicht immer tatsächliche Empfänger solcher vom Volksopfer stammender Summen gewesen sind. Es ist dem nach sehr wohl möglich — soweit eben schriftliche und andere Unterlagen nicht mehr vorhanden oder sonst beizubringen sind — daß diese Gelder in die eigenen Taschen der ungetreuen Ver walter des Dolksopfers mit gewandert sind, und in dieser Rich tung finden zurzeit eingehende Nachprüfungen statt. Die Deutschnationale Volkspartei erklärt gegenüber anderslautenden Berichten, daß Meißner und Löffler inletzter Zeit nicht mehr Mitglieder der Partei gewesen sind. Die beiden Angeklagten seien vor einiger Zeit aus der Mitgliederliste der Partei gestrichen worden. — Dazu dark man bemerken: Die Ver fehlungen liegen eben doch einige Zeit zurück: es scheint also, als ob zu dieser Zeit die beiden Herren noch Mitglieder der Deutschnationalen Partei waren. Es wäre ungemein interessant zu erfahren, warum dann vor einiger Zeit die beiden (damals noch nicht angeklagten) Herren aus der Mitgliederliste gestrichen worden sind. Der getttufchte Geldgeber t». Zitzewitz als Zeuge im Pfandbrief-Prozeß Berlin, 8. Oktober. Im Prozeß Pfandbriefanstalt wurde gestern der 33jährige RittergutAesitzer Hans Georg von Zitzewitz als Zeuge vernommen. Zitzewitz ichilderte, wie er durch den Angeklagten v. Carlowitz auf das Grund- stttcksgeschäft aufmerksam gemacht worden sei. Er, der Zeuge, habe von Bankgeschäften nichts verstanden, aber das Geschäft als solches für günstig gehalten. In der Be sprechung mit den Direktoren der Psandbriefanstalt habe er lediglich bestätigen müssen, daß er die Sicherheit für dis ersten 600 000 Mark geben wolle. Das habe er auch getan. Das Geld sollte durch eine Hypothek auf die schuldenfreien Güter des Zeugen beschafft werden. Diese Hypothek kam Nicht zustande, v. Etzdorf beruhigte den Zeugen aber mit der Versicherung, daß die Sachs anderweitig arrangiert werde. Nach und nach habe er immer mehr den Eindruck gewonnen, daß v. Etzdorf Und die übrigen Gesellschafter ihn über den Verlauf des Geschäfts absichtlich im Unklaren ließen. Mit einer privaten Verwendung der Geldrr sei er unter keinen UmNünden einverstanden geweien-. Das Vorgehen v. Etzdorfs müsse er als schweren Ver trauensbruch bezeichnen. — Die Zeugenvernehmung wird heute fortgesetzt. Berlin, 8. Oktober. In der gestrige, S-tzmH de» pro» ßischen Barmatausschusscs wurde di, Be weisen»,-nähme gelchlos. sen. Zunächst kam es zu einem Zatsche,fall. Der Karn, munistische Abgeordnete Barthel» beugtet«, der soziaDenio- kratische Abgeordnete Heitmann habe vor der Vernehmung Ju lius Barmats mit diesem telephoniert. Wie sich dann heraus, stellte, hat Heilmann dieses Telephongespräch auf Veranlassung des Vorsitzenden des Ausschusses geführt. Der erste Berichterstatter des Ausschusses, «dg. o. « , id Hausen (Dn.) erstattete dann ein aussührlicl-es Referat. « stellte seich, daß irgendwelche politischen Einflüsse bei d». De. schäften der Staatsbank mit Michael und Co. nicht an, Ta geslicht gekommen seien. Im Falle Kutisker sei bei dem Verkauf des Hanauer Lagers die Staatsbank in gröblichste« Weise getäuscht worden. Politische Einflüsse seien dabei »ich» in Frage gekommen. Der Referent kam nun auf den Fall Var mal zu spre chen und gab der Meinung Ausdruck, Julius Darmat sei nicht so sehr auf die Ansammlung großer Neichtümer ausgegaugsn. als vielmehr von einem brennenden Ehrgeiz beseelt gewesen. Sein Ziel sei es gewesen, politisch und wirtschaftlich eine hervor» ragende Rolle zu spielen. Irgendwelche Beziehungen zwischv« dem Reichspräsidenten Ebert und Varmat haben sich nicht feststellen lassen; im Gegenteil Hai der verstorbene Neich^rAs. dent einmal eine sehr abfällige Arußerung über Barmat gemacht.. — Der frühere Berliner Polizeipräsident Richter I>abe vo« Barmat verschiedentlich Darlehen erhalten, die nicht zurückgezahü wurden. Amtlich hat Richter sich nicht für Barmat betätigt De» frühere Reichskanzler Bauer ist in direkte Beziehringen z, Barmat erst nach Ablauf seiner Amtszeit getreten Besonder« nahe haben sich Bvrmat und der Abgeordnete Heil mann ge standen. Heilmann hat als Syndikus und als Generalbevoll mächtigter Barmats gewirkt. Wenn man die anderen Schritt, Heilmanns als die des besten Freundes gelten lassen könne, k, überschreite doch die Intervention denn Finanzministcr v. Rich- ter, deren Zweck ein neuer Kredit für Bavmat ivar, die Grenz«», die einem Abgeordneten gesetzt sind. M NiümMe Berlin. 8. Oktober. Die politische Abteilung der Bettina Kriminalpolizei bemüht sich gegenwärtig, nach Aufklärung de« Mordes an dem Schützen Panier eine Klärung der übrige« Verbrechen der Feme herbeizufiihren. Schon jetzt kann mit Be stimmtheit gesagt werden, das; als Hauptanslifier sämtliche« Fememorde der bekannte Oberleutnant Schulz, der ehemalig« Leiter des Arbeitskommandos 3 in Frage kommt. — Auch di» Ermordung des Leutnants Sand ist aus Anstisten des Schulz in Döberitz durch den Feldwebel Klapproih vorgenomme« worden. Klapproth, der bekanntlich verhaktet worden ist. hat ausgesagt, daß er Sand bei einem Rundgang auf dein Truppen übungsplatz durch einen kräftigen Fansischlag niedcrgesck'.agc« und durch einen Kopfschutz getötet habe. Der Grund der Tat war, daß Sand aus der verbotenen Formation austreten wollt« und daher als Spion bezeichnet wurde. > Der ehemalige Leutnant Benn aus dem Regiment des ver. hasteten Freiherrn v. Senden ist gestern ins Moabiter Unter, suchungsgefängnis eingeliesert worden. Der einem Fememord« Zum Opfer gefallene Panier war Angehöriger des Stoßiruvps Venn. Es wird angenommen, daß Venn, wenn auch nicht An stifter. so doch Mitwisser des Verbrechens gewesen sei. Berlin, 8. Oktober. Das „B. T." meldet ans Schwerin, daß die im Mecklenburgischen Fememordprozeß zum Tode ver urteilten Liska, Notzon und Kalla beim Staatsministe, rium ein Gnadengesuch eingereicht hätten. Nach den Erklä- rungen der Verteidigung der Verurteilten soll sich der mecklen burgische Instizminister dahin geäußert haben, daß er bereits selbst an eine Begnadigung der genannten Frontbannleute zv einer mehrjährigen Freiheitsstrafe denke. Diese Nachricht ist geeignet Aufsehen zu erregen. Es ist notwendig, daß das Dunkel, in dem die mecklenburgische Justiz diese Angelegenheit gelassen hat, endlich gelichtet wird. Di« mecklenburgischen Fememörder in dem Augenblick begnadigen, in dem in Berlin andere Mordtaten gleicher Art begangen worden sind, hieße nicht mehr und nicht minder, als zu neuer Verbrechen ermutigen. Fiasko seiner Politik erleiden. Und niemand möchte der Entwicklung der Dinge, die so notwendig auf die fried- I i ch e Lösung des Sicherheitsproblems drängt, Einhalt tun. Mas bedeutet nun lehten Endes der Abschluß des O)cstpaktes? Nichts mehr und nichts weniger als das linde der Entente. Denn erstens tritt Deutschland in den Kreis der Mächte und zweitens stellt sich England i> b e r die bisherige Entente dadurch, das es als Garant dcr Paktes auftritt. Die Entente het ausgelebt, ihre Me thoden haben sich als irrig erwiesen, und die Erkenntnis z-rht herauf, daß Europa weder seinen eigenen noch den Interessen der Weltpolitik überhaupt dienen kann, wenn cs in seinen Teilen von gegenseitigem Mißtrauen erfüllt sich befehdet. Nur in einer einzigen großen Geschlossen heit wird es noch gelingen können, sowohl den europä ischen Frieden dauernd zu wahren, als auch den im fer- > cn Osten und Süden aufsteigenden Stürmen zum Trotz in wahrhaft starkes Europa zu präsentieren. I. A. M MMfiMrWWW Berlin, 8. Oktober. Wie von zuständiger Stelle mitgereilt wird, sind die im Lause des Sommers von Deutsch land abgeschlossenen Handelsverträge sämtlich ratifiziert worden, mit Ausnahme des Handelsvertrages mit den Vereinigten Staaten von Amerika, dessen Rati- fip'erung jedoch ebenfalls in Kürze erfolgen wird. Mit Großbritannien werden demnächst Besprechungen über einige Zollfragen stattfinden, bei denen beide Teile ihre Wünsche darlegen werden. Um Handelsvertragsverhand- luugen im eigentlichen Sinne handelt eS sich mithin bei diesen Besprechungen nicht. Im Laufe des Winters ist vorerst der Abschluß be deut sch-russischen Handelsvertrages zu erwarten. Die deutsche Delegation verhandelt zurzeit in Moskau über einige russische Wünsche. Unerledigt sind noch die Handels verträge mit Frankreich, Italien, Polen und «panien. Nachdem Frankreich das deutsche Angebot gegenseitiger Meistbegünstigung abgelehnt hat, wird jetzt wieder aus Der alten Basis verhandelt, wobei jedoch einige Vereinfachungen vörgenommen worden sind. Die Verhandlungen selbst dürften etwa am 15. Oktober beginnen. Das Handelsprovi sorium mit Italien läuft am 31. Oktober ab. Die deutsche Delegation ist bestrebt, bis dahin die Unterzeichnung eines Vertrages zu erzielen. Hinsichtlich der HandelSvertraas- verhaiidlungeu mit Polen ist die Lage auch weiterhin vollständig ungeklärt. Der spanischen Regierung sind von deutscher Seite neue Vorschläge übermittelt worden. Es ist allerdings kaum zu hoffen, daß eS bis zum 16. Oktober zum Abschluß eines Abkommens kommen wird. Mit diesem Zeitpunkte würde dann ein vertragsloser Zu stand eintreten. Die Stellung -es Einzelhandels Berlin» 8. Oktober. Der Hauptausschuß des deut sch m Einzelhandels erörterte gestern die Maßnahmen der Ne'chsregierung zur Senkung der Preise, die mangels wirk samer Erfassung der Hauptursachen einen Erfolg zu dem verkündeten Termin des 1. Oktobers nicht hätten herbei- sühren können. Unter Ablehnung aller zwangswirtschaft- pchcn Experimente drückte die Versammlung den ernsten W.ilen aus, wirtschaftlich richtige Versuche der ReichS- r'^erung namentlich zur Verringerung der wirtschaftver- leüernden Lasten zu unterstützen. (Dafür genügt u. E. schon der feste Wille der Negierung! Insofern ist diese Er klärung etwas inkonsequent. D. Red.) Außerordentlich scharf war die ablehnende Stellung hu dem Entwurf eines Gesetzes über den endgültigen Reichswirtschaftsrat, der dem Einzelhandel nur eine durchaus unzulänglich« Vertretung xiuräume. Der Hauptausschuß beschloß weiter in Gemeinschaft mit dem Deutschen Industrie- und Handelstage und den übrigen Spitzenverbänden der Wirtschaft die Gründung e.ner deutschen Gruppe bei der i ntevnatio-, nalen Handelskammer in Paris. Die Hauptgemein- schast des deutschen Einzelhandels bekämpft grundsätzlich die Gewährung von Rabatt. Das Versprechen und d:c Verabfolgung von Zugaben, die einen eigenen Ve rbrauchswert besitzen, wird als unlauterer Wettbewerb ge kennzeichnet. Unlauterer Wettbewerb liegt besonders auch dann vor, wenn die Zugabe von einem Einkauf in be stimmter Höhe oder Menge abhängig gemacht wird. Diese Frage soll im Zusammenwirken mit dem Einzelhandels- ausschuß des Deutschen Industrie- und Handelstages weiter vcrsolgt werden. Ferner wurden sehr wichtige Fragen aus dem Gebite der Saison- und Inventurausverkäufe behandelt. Die Frage, ob und in welcher Form Sicherungen dafür geschafft werden können, daß nur besonders vorgebildete Personen die Berechtigung erhalten, Geschäfte des Lebens mitteleinzelhandels sewständig zu leiten und Lehrlinge auszubilden, wurde dahin entschieden, daß eine besonders zu diesem Zweck eingesetzte Kommission zu prüfen hat, nach welchen Leitgedanken ein derartiges Prüfungsversahren zu gestalten ist, um dann die für die Gesetzgebung erforder lichen vorbereitenden Schritte sinzuletten. Vor -en Berliner Sladlvervrduerenwahlen 18 WahlVorschlag«. Das Hauptwahiamt Berlins teilt mit: Bei einem Stadl- mahileiter sind nachstehende Stadtwohlvorschläg« eingereicht wor- den: 1. Sozialdemokratische Partei, 2. Deutschnationale Voiks- partei, 3. Deutsche Volkspartei, 4. Liste der Kommunistischen Partei Deutschlands, 5. Deutsche Demokratische Partei, 6. Wirt- schastspartei des Deutschen Mittelstandes, 7. Zentrumspartei, 8. Unabhängige Sozialdemokratische Partei, S. Deutsch-Völkische Frei hei tspartei, 10. Deutsch-Soziale Partei, 11. Evangelischer Ge- ineinschastsbund, 12. Arbeiterpartei, 13. Deutschnationaler Bun ker Hauswirte, 14. Sparerbund, 15. National-Liberale Neichs- pariei, 16. Deutsche Mitteistandspartei, 17. Deutsche Arbeitneh mer-Partei, 18. Nationale Wirtsä-asiliche Vereinigung. Die Linke marschiert also in der bisherigen Form auf. Die kleine Gruppe der Unabhängigen will auch in Zukunft ihre Selbständigkeit bewahren. Gairz zersplittert ist die äußerte Rechte. Es wird den Deutschnationalen nicht ganz leicht wer den, gegen diesen Massenangrtff sich zu wehren. Einen Teil der Kosten wird allerdings die Deutsche Volkspartei zu tragen haben, die ivohl einen großen TeU ihrer bisherigen Mandate verlieren dürste. Veschlüfse -es sächsischen Minis,eriums Dresden. 8. Oktober. Das Gesamtministerium hat beschlos sen. dem Zwischenausschuß des Landtages drei Notverordnungen, und zwar über den Landesfinanzausgleich, über eine Aenderung des Gesetzes über das staatliche Kohlenbevgbaurecht, sowie über die Wahlen zu den Handels- und Gewerbekammern vorzulegen. Der Zwischenausschuß des Landtages ist für Montag, den 12. Oktober zu einer Sitzung einberufen worden, in der drei Notverordnungen verabschiedet werden sollen. Landessinanzaus- vlttch zwischen Staat und Gemeinden, die Aenderung des ftaat- sichen Kohlenbergbanoesetze». und eine Wahl der Handels- und Geweckakammern. StOWiMtS M« Aus dem Preußischen Landtag wird uns geschrieben: Zu den nunmehr entbrennenden Stadtverorünetenwahlen in Berlin haben die Deutschnationalen das Heft des „Deutsch nationalen Rüstzeugs" herausgegeben, das wiederum einen in teressanten Beleg bildet für die Art, wie diese Partei in Wahr heit dem Zentrum gegenüber steht, mit dem es doch im Reiche sich in der Koalition befindet. Es ist ein Gegenstück zu dem be- kannten Briefe des deutschnationalen Abgeordneten Bachem, den dieser im engsten Einvernehmen mit der Parteileitung ge schrieen und der die heftigsten Anklagen gegen das Zentrum und eine Beleidigung der Ehre seiner Führer darstellt. Das deutschnationale Rüstzeug läßt Preußen Revue pas sieren und kommt dabei zu den schärfsten und ungerechtesten An griffen gegen die Politik der preußischen Landtagsfrakiion. Es wird dort dem Zentrum Schaukelpolitik vorgeworfen, obwohl man doch'kaum eine Politik als klarer und durchsichtiger be zeichnen kann, wie diejenige, welche das preußische Zentrum stets betrieben hat. Dann aber wird den Wählern Grauen ein- gejagt über die Zustände im preußischen Justizministerium, wo bei der Minister als ein Werkzeug in den Händen derBraun - Severing hingestellt und ihm der Vorwurf gemacht wird, daß er weit über die Parität hinaus Zentrumsleute in die Justizverwaltung berufen habe! Ferner wird Herr am Zehn- hoff kritisiert, weil unter ihm die Rechtspflege erschüttert worden sei, das Ansehen der Gerichte untergraben, insbesondere der Magdeburger Prozeß sei durch sein Verhalten zu einem Skandal geworden! Dem Wohlfahrtsminister wird angekreidet, daß sein Ministerium eine Domäne der Parteiwirtschaft sei, daß er als leitende Männer nur Zentrumsleute und Sozialdemo kraten berufe: schließlich wird dann auch auf das Kultus ministerium hingewiesen, obwohl an dessen Spitze gar kein Zen trumsmann, sondern ein Demokrat steht, aber hier ist es wohl der katholische Staatssekretär, der die scharfe Kritik des „Rüst zeugs" hervorruft, das sich zu der Behauptung versteigt, hier sei die Parteiwirtschaft nächst dem preußischen Innenministerium, in dem Severing unumschränkt herrsche, weitaus am schlimm sten. Wird dann noch hinzugefügt, daß auch in den Provinzial- chulkollegien der Einfluß des Zentrums immer größer werde, o muß der harmlose deuischnationale Leser natürlich den Ein druck gewinnen, als wenn Zentrum heute in Preußen Trumpf sei und als wenn es dieser Partei gelungen sei, eine weit über ihre natürliche Stärke hinansgehende Bedeutung zu gewinnen. Diese Klagen deutschnationaler Parteikorrespondenzen sind doch sehr bezeichnend. Jahrelang, ja jahrzehntelang hat man nicht nn mindesten daran Anstoß genommen, wenn die Im Zen- trum vereinigten Kaiholikon überall in die dritte und vierte Linie zurückgedrängt wurden, und seht auf einmal, wo der neue Staat den leisen Versuch macht, dem preußischen Katholizismus eine stärkere Stellung nn staatlichen Leben einzuräumen, La ergeben sich sofort die Zionswächter der Parität und erklären diese für verletzt, lediglich, weil das schlimmste Unrecht gesühnl worden ist, das man am katholischen Volksteil so lange begangen hat. Uebrigens wundern wir uns darüber, daß den Argusaugen des deutschnationalen „Rüstzeugs" das preußische Landwirt- schastsministerium entgangen ist, an dessen Spitze bekanntlich heute und zum erstenmal ein Zentrumsmann steht, und dem man das Zeugnis ausstellen darf, daß auch er sich redliche Mühe gibt, schweres und bisher ungesühntes Unrecht wieder gutzu machen am katholischen Dolksteil. Für die Freunde der Deutschnationalen unter den deutschen Katholiken ist jedenfalls diese Auslassung eine ernste Warnung. Wie glauben sie wohl, daß die Interessen und die Rechtsstellung des katholischen Volksieils in Preußen gesichert werden können, wenn schon der geringste Versuch, altes Vinrecht wieder gutzu. machen, In die vergröberte Atmosphäre des Wahlkampfes hinein gezerrt wird und hier ein religiös unterbauter Fanatismus auf- gepeitscht wird, der sich vermutlich an anderer Stelle in der nächsten Zeit in bedenklicher Weise äußern wird. Diese Ari des Kampfes scheint bedenklich und geeignet. Leidenschaften auf zupeitschen, deren Ausbruch heute entbehrlicher wie je ist. Die kommen-e badische Laudlagswahl Karlsrrche, 8. Oktober. Der Badische Landtag ist nach eine, " kurzen Herbsttagung geschlossen worden. Am 25. Oktober finden in Baden Neuwahlen zum Landtag statt. Am Schluß der Tagung wurde der kommunistische Abgeordnete Ritter aus Mannheim, gegen den die Staatsanwaltschaft ein Verfahren ein- geleitet hat, verhaftet. Wetterbericht -er Dresdner Wetterwarte Witternugsaussichteu für den 8. Oktober abends bis 9. Oktober abends: Molkig bis zeitweise auMiterud, Flachland kühl, Gebirge sehr kühl. Tagsüber Temperatur allgemein etwas höher als heute. Bei nächtlichem Aus« klären örtlich Ratfrostgefahr, am Morgen stellenweise neblrg. Schwache bis müßige nordwestliche bis westliche Winde. Dresdner Schlachkvkehmarkt Dresden, 8. Oktober. Auftrieb: 2 Ochsen, 4 Bullen, 8 Kalben und Kühe, 78 Schafe, 437 Schweine. Kein Ueber st and. Geschäftsgang: Kälber gut, Schweins langsam, Rinder, Schafe Geschäft belanglos, daher ist eine amtliche Preisnoticrung nicht erfolgt. Kälber: 1. —, 2. 89-9L (146), 3. 82-86 (140), 4. 76-80 ,140). Schweine: 1. S3—Sk (121), 2. 96-99 (123), 3. 86^-91» (119), 4. 80—86 (11W. AuSnakmevreise über Nvti«.