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Sächsische Volkszeitung : 09.10.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192510090
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19251009
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19251009
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-10
- Tag 1925-10-09
-
Monat
1925-10
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 09.10.1925
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Freitag. den v. Oktober 1V26. Slr. 234. Seile 5 Aus -er kalholischen Wett M!M SM NlM L« Dev Schlutz -es Heiligen Jahres (Eigener Bericht unseres besonderen Vertreters) Rom, den 4. Oktober. Das Heilige Jahr geht seinem Ende entgegen. Am 24. De zember, am Tage vor Weihnachten, wird die symbolische Schlie ßung der Heiligen Pforte erfolgen. Zivei Feierlich keiten werden jedoch auf Wunsch des Papstes in diesem Jahre noch stattfinden, die Erinnerungsfeier der Sechzehnhundertjahr seier des Konzils von Nizzaea und die Feier am 31. Dezember, bei ivelcher der Papst seine in Vorbereitckng befindliche Enzyklika über das soziale Wirken des Reiches Christi auf Erden verlesen wird. Die erste Feier beginnt mit der Uebertragung des ältesten römischen Christusbildes, welches in der alten lateranensischen Palastkapelle der Päpste im „Sancta Sanvetovum" ausbewahrt wird, nach der Laterankirchc, wo es der Verehrung der Gläubi gen «ine Woche ausgesetzt bleibt, und schliefst mit der Papstmesse im griechischen Ritus in St. Peter am 15. November. Der E. D. beim Heiligen Valer Der Heilige Vater empfing am Montag in der Aula delle Benedizioni den etwa 600 Teilnehmer zählenden Pilgerzug des C.-P.-Verbandes (Cartellverbandes) der katholischen Studenten verbindungen Deutschlands, welche unter Führung ihres Prä sidenten. Geheimrat Dr. Dr. Porsch, gekommen waren. In seiner deutschen Ansprache gab der Heilige Vater seiner Freude Ausdruck, eine so stattliche Anzahl seiner studierenden Söhne aus Deutschland vor sich zu sehen. Er kam dann auf das Men surunwesen zu sprechen und den Mißbrauch der Waffen unter den Studenten, von welchem sich die C. V. freihielte, ein Miß brauch. den der Heilige Vater hat verurteilen müssen, weil es gegen die christliche Sitte und nicht ivürdig eines Kulturlandes wie Deutschland sei. » . Pius XI. gedachte ferner der Zeit des Kulturkampfes, wel cher die Veranlassung zur Gründung des Verbandes gab, und be grüßte besonders den Geheimrat Dr. Dr. Porsch aus Breslau, den Präsidenten des C. V., welcher so oft und offen die Rechte der Kirclze und des Heiligen Stuhles vertreten habe, besonders in der Römischen Frage, deren wesentliche Seite er so oft erläutert und auf den Katholikentagen beleuchtet habe. Der Heilige Valer gab zum Schlüsse den Anwesenden den apostolischen Segen und verließ die Aula unter den stürmischen Kundgebungen der Studenten. Die Studenten waren in Wichs erschienen, ihre Banner umgaben den päpstlichen Thron, von wel chem aus -er Papst seine Ansprache in deutscher Sprache an die Studenten und alten Herren des Verbandes richtete. Die hl. Theresia vom Hinöe Jesu Von Dr. A. Nicklas, Pfarrer an St. Maria, Ludwigshafen a. R. X Die Katakomben der heiligen Agnes bedroht. In Nom hat ein Straßeneinsturz Sensation gemacht. Nicht nur die Rö mer wurden durch die Katastrophe auf der Piazza San Agnese in begreifliche Aufregung versetzt, sondern auch die Liebhaber von Altertümern, die sich gerade in diesem Herbst zahlreicher denn je in Rom aufhalten. Durch den Einsturz eines Teiles des Platzes sind nämlich die Katakomben der heiligen Agnes schwer bedroht. Ungefähr sechzehn Meter unterhalb des Stra ßenniveaus befinden sich die berühmten Katakomben mit Grab- mälern aus der Zeit der Apostel. In diesen Katakomben soll Petrus die ersten Taufzeremonien abgehalten haben. Die Boden schicht, die die Katakomben nun von dem Platze der heiligen Agnes trennt, ist nicht sehr tragsähig und das jahrelange Besah- cenwerden mit schweren Lastfuhrwerken und durch die Straßen bahn hat die Widerstandskraft des Bodens sehr geschwächt. So kam es, daß vor einigen Tagen der Boden in der Ausdehnung von ungefähr zwanzig Metern einstürzte und die Gefahr eines weiteren Einsinkens des Boden sehr nahe liegt, der die Kata komben verschütten und großes Unheil anrichten könnte. Zu fälligerweise ging während der Katastrophe niemand über die gefährdete Stelle des Platzes, so daß sich kein Unglücksfall ereig nete. Einstweilen wurde die bedrohte Seite des Platzes für den Verkehr gesperrt und eine Untersuchung eingeleitet, was die Ur sache des Einsturzes ist. X Moderne Kirchbaukunst. Ein Wettbewerb für eine Lt.-Bonifatius-Iubiläums- und Gedächtniskirche in Frankfurt ,. M.-Sachsen'hausen, der von der „Deutsäien Gesellschaft sür christliche Kunst, e. V.. Lstinchen, Wittelsbacherpl. 2, ausgeschrie ben war, wurde am 1. und 2. Oktober 1925 in München entschie den. Eingegangen waren 36 Entwürfe. Das Preisgericht traf unter dem Vorsitz des Herrn Akademieprofessors Wilhelm Kreis, Architekt B. D. A. (Düsseldorf) folgende Entscheidung:, 1. Preis 2000 Mk. für den Entwurf Nr. 19, Motto „Omnis terra vene- Am 30. September feierten wir zum ersten Male offiziell den himmlischen Geburtstag der „kleinen" heiligen Theresia vom Kinde Jesu. So unbekannt und ungenannt sie am letzten Septembertag des Jahres 1897 im Karmelite- rinnenkloster zu Lisisux aus dieser Welt schied, so bekannt und genannt ist zurzeit ihr Name in aller Welt. Seitdem am 17. Mai d. I. der Heilige Vater sie in das „Cvmune sanctarum virginum" aufnahm, hat allüberall eine geradezu Providentielle, gottgewollte Verehrung unserer kleinen Hei ligen eingesetzt. Nicht aus Sensation oder Ordensrestame entsprang diese spontane Verehrung; sechs Bücher, jedes über 200 Seiten stark, erzählen von unzähligen Gunsterwei- sungen, welche di« Heilige ihren Verehrern in geistliche» und leiblichen Nöten zuteil werden ließ. Wohltatcnspendend, „Nosen streuend", geht sie seit drei Jahrzehnten durch die Lande und zeigt damit, daß der Grundzug ihres Wesens die Liebe ist. Welche Zeit ist liebeärmer und welche Zeit sollte liebewärmer sein als die imsere, wo bald die 14 Not- heiser nimmer ausreichen um die Leibes- und Seelennöten zu heilen, und wo wir um jeden weiteren Nothelfer von Herzen dankbar sind. Da stirbt diese stille Klosterfrau mit den Worten auf den Lippen: „Ich liebe dich, mein Gott! Ich liebe üich." Das Hauptgebot zu erfüllen, war ihr heißes Ringen von Jugend aus und auf dem Sterbebett konnte sic von ihrem Beichtvater die herrliche Versicherung hören, daß sie nie im Leben eine schwere Sünde begangen habe. Ein anderes aber ist diesem Hauptgebote gleich: „Du sollst deinen Nächsten nötzen wie dich selbst!" Von Jugend auf gab sie gern Almosen uild half, wo immer sie helfen konnie. Abseits von der sichtbaren Not, in der Weltentrücktheit des Klosters, vergaß sie die Not nicht, die sie gesehen und auch die nicht, bke sie noch vermutete. Wer das neunte und zehnte Käpite» der „Geschick«: einer Seele" durchliefst, der wird mit Staunen finden, wie diese reine, arglose Seele, mit exege tischer Feinheit und homiletischer Weite über ihre Auffas sung von der Liebe spricht. Sie war eben eine treue Schülerin dessen, der dieses „neue Gebot" gegeben hat und der wollte, dass es beachtet und befolgt werde ans 1-roen. «sei: ihr aus rrrden die Hände zum WohNun in gewiisrin Sinne gebunden waren, hieß ihr gutes Herz uns warte», „vom Himmel aus werde sie Rosen auf die Erde regnen lasten": die Rose aber ist die Blume der Liebe. O, daß doch viele Nosen blühen würden unter den Dornen und Disteln unserer Notk Hände sind genug da, die nehmen möchten, aber es fehlen die Herzen, die geben — und geben können. Sie fehlen deshalb, weil sie sich nicht bilden nach dem Herzen dessen, der Theresias Lehrmeister war. Eine staunenswerte Kenntnis der Worte und Taten Jesu, war ihr eigen; die Anwendung derselben auf die Notlage ihrer Zeit gelang ihr vortrefflich, — die Applikation aus d:e Notlage unserer Zeit ist nicht schwer. Jüngst wurde in Stuttgart eine Hochschulwoche für evangelische Weltanschauung abgehalten. Im Zusammen hang bannt sprach der Erlanger Hochschulprofessor Dr. Althaus vor Tausenden über das Thema „Christus und die Wirklichkeiten des Lebens". Nietzsche und andere Gegner so führte der Redner aus, haben Jesus Vorgewvrfen, er sei "ohne W i r k! i ch k e i ts s i n n gewesen. Auch uns be wege die Frage: kannte Jesus die Wirklichkeiten des Lebens so, wie sie sind? Können wir mit ihm auf die Höhen der Bildung hinaussteigen und auch in die Tiefen des Kultur- drucks hinabgeyen? Ist er dieser Wirklichkeit gewachst»? Hat er Wirklichkeitssinn nnd Wirklichkeitsgewalt? WerJe'u Reden und Gleichnisse ausinerkiam leie, der erkenne klar: dieser Mann hat gewußt, was es um die Weit ist. Tun und Treiben der München, um das Volk nnd die Maste, auch um die Tiefen des Lebens. Er ist mit Wirklichkeit')» sinn seinen Weg gegangen. Aber diese Wirtlichkeiten werden nun für ihn Wir,lichtesten zweiren Nakges. Ec sieh: unter einer höheren Wirklichkeit, der Wirkuchicst Gattes. Von da aus sicht Jesus in die Menschenwelt und m die Bölkerwelr hinein. Da entdeckt ee das Welträr el: es rückt ihm in die Seele hinein: Was Hülse es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an >eiiier Seele? Von da aus rücken ihm die verwirrten Linien ver Völkergeschichten zusammen zu einem e: um che» Geschehen: Gottes Reich kommt! Er hatte noch mehr gehabt a's W:rt- stchkeitssinn, er hatte W i r k l i ch k e i t s g -e w a l t. Und was gibt Jesus für die Wirklichkeiten des Lebens, um ;>e zu bezwingen? Muß das Christcnium nicht ersticken im Wirt schaftsleben und im politischen Treiben von heute? Dazu ein Vierfaches: 1. Wer von Jesus kommt, kann diese Wirklichkeiten nicht sehen ohne aiizuklageu. Ernsteste Kritik vom Christentum aus muß hinein in unsere Zeit; 2. in dieser Welt gelten die Todesgesetze und regiert der Kamp;; 5. wir haben den Auftrag in das Widereinander der «rände und der Völker den Dienst und die Ritterlichkeit hinein- zutrageu; daraus allein ist die Lösung der lozialen »nv internationalen Fragen zu erwarten; 4. wir warten am'das Hereinbrechen des vollen Tages. Das darf nicht ein billiger Trost sem: wir harren arbeiten, aber wir arbeiten harrend. (Schwab. Merkur Nr. 433, Stuttgart, 17. September 1925- Mit Absicht haben wir die Aiissühriiiigen des Ge lehrten etwas ausführlich wiedergegeben. Ob Jesus Wirk- lichkeitssiini und Wirklichkeitsgewalt Kal nnd hatte? In zahllosen Schritten haben mstere Geiehrien den ,o->a!eii Wert des Lebens Jesu, die sozialen Lehren im Eva-igelium Jesu dargelegt. In unserer neuen Heiligen steht eine j o-- ziale Heilige vor »ns, gebildet und groß geworden in Ausübung des sozialsten Gebotes, des- Gebores der Liebe. Wer das Seelenleben der Heiligen, vielteicht wie es Prost Dr. NademacherS gleichnamiges Buch schildert, nur einiger maßen kennt, der weiß, wie unsere H iligen litten und wie unsere heilige Theresia gelitten haben muß m: r dein „Widereinander" der Siände und der Völker. Isst ver weise wiederum au; 'die Kapitel nenn nno zehn der Ge- Ichnllte ihrer Seele. Dorr steht's gesthrieven wer allein tue Brücke der Verständigung schlagen kn-.n zwischen denen, die am Sonntag Werktag haben und den n, die auch am Werkt"- Somllag haben; wer allein den Fe.'edeuLbogen ver i * «heil nnd der geistigen Werke der Barmhe ''gkekt spami.n iäiin über d:e 'Millionen, die unter den ach. 6n- stligletten des Lebens sen zen: Es ist die Liebe, die sozi ale "Liebe des Christentums, des Evangeliums Jepi Christi, in dessen Gedankenwelt Tr. Theresia leiste, Tag und Nacht. Es liegt in der Linie dieser w-eoamen, wenn die Erzdiözese Köln unsere liebe soziale Heilige zur Zchntz- V a tron i'n sür did weioliche Grvßstadtsup, e n d bestellte, und es wäre ein ersehmer Erfolg diewr Zetten, wenn alle, die mit der sozialen Frage zu tun haben oder die unter der sozialen Frage leinen, die heilige Theresia mcht vergessen würden. Das Studium ihres Lebens, das durch die überreiche Literatur ans dem Verlag der Schnl- brüder von Kiriinch-Villingen-Bad.n. bis ins kleinste möglich :'st und die Anwendung desselben aus bas heutige prattische Leben, würde uns bei Lösung der sozialen Frage manchen Schritt weiter bringen. ratur"; Verfasser: Architekt Martin WeberB. D. A., Frank furt a. M., 2. Preis 1500 Mk. für den Entwurf Nr. 23. Motto „Unserem St. Bonifatius" Variante; Verfasser: Regierungs baumeister Hans Her Kammer D. W. B., Stuttgart; 3. Preis 1000 Mk. sür den Entwurf Nr. 11, Motto „Zum Gedächt nis"; Verfasser: Architekten Huch und Grcfges B. D. A., Coblenz; 1 Ankauf zu 500 Mk., Nr. 4 „Sanlttus" von Architekt Dominikus Böhme B. D. A. und D. W. B., Mitarbeiter Karl Müller, Ossenbach a. M.; 1 Ankauf zu 500 Mk.. Nr. 20, Motto „Liturgie"; Verfasser: Architekten Götz und Aldinger B. D. A., Kirchheim und Teck. Eine Belobigung für den Entwurf Ei« Zeugnis vom erste« Jubeljahr Die vatikanische Marmortafel des ersten Jubeljahres 1300 veröffentlicht Hartmann Grisar S. I. im vorletzten Heft der „Stimmen der Zeit" (Freivurg i. Br., Herder). In dankens werter Weise macht der greise Gelehrte das von ihm entdeckte Dokument in Abbildung, Transskription und Uebersetzung der Oeffentlichkeit zugänglich, lieber Auffindung und Bedeutung der Tafel macht P. Grisar folgende Ausführungen: „In der Vorhalle der Peterskirche von Rom sind in beträcht licher Höhe einige Inschrifttafeln eingemauert. Bei einer Mu sterung derselben, die ich vor Jahren mit Hi-l-fs eines Fernglases vornahm, fiel mir darunter eine längliche Marmortafel von mehr als einem Meter Höhe mit einem Text in der schönsten Kalli graphie vom Ende des 13. Jahrhunderts aus. Es stellte sich her- aus, daß die Inschrift den Wortlaut derAusschreibungdes ältesten Jubiläums enthielt, nämlich die Konstitution des Papstes Bonifatius VIII. vom 22. Februar 1300. Oft sah ich beim Besuch von St. Peter mit dem Bedauern hinauf, die herrliche Tafel nicht so leicht photographisch a-ufnehmen lassen zu können. Aber es wurde nach einiger Zeis ein Gerüst gebaut für Aus besserungen, das die Aufnahme regelrecht möglich machte. Das gegenwärtige Iubiläamsjahr bietet Gelegenheit, die Aufnahme vorzulegen und die denkwürdige Tafel mit einigen Worten der Erläuterung zu begleiten. Wie alle Umstände zeigen, ist es jene Kundmachung, die in den Tagen Bonifatius' VIII. an der Schwelle der alten Peters kirche befestigt war und zu den Tausenden von eintretenden Pil gern und Einheimischen von dem ersten großen Iubiläumsablaß und den Bedingungen desselben in monumentaler Sprache re dete. Nach neuerem Gebrauche wird die Urkunde der Jubiläums- ankündigung in der vatikanischen Basilika am Hiinmelsvhrts- fest lateinisch oder italienisch von einem Pergamentblatt verlesen und dann sofort an den Säulen des Kircheneinganges angeschla gen. Zwei päpstliche Kursoren bringen alsbald die amtlichen Abschriften zu den anderen Kirchen, die während des Jubiläums zu besuchen sind, ivo sie ebenfalls angeschlagen werden. Unser« Steintafel nahm offenbar den Platz jenes später eingefiihrten angeschlagenen Pergamentblattes an der alten Petersbasilika ein, und sie war zu dieser Verwendung vorher sertiggestellt. Das römische Mittelalter liebte den Gebrauch des Marmors bei ähn lichen feierlichen Kundgebungen. Da zudem der Schritt Boni fatius' VIII. eine Neuheit war, und da die Bedingungen des großen Ablasses in Evidenz für alle bleiben muhten, so war die Ausstellung eines solchen gut sichtbaren Stein dokumentes im vorramn der Petersbasilika um so leichter begreiflich. Dasselbe Wird durch das ganze Jahr an seinem Ort verblieben sein. Unsere Tafel ist ein Unikum. Ihre spätere Erhaltung ver dankt sie der Bedeutung, die man dem bonifatianischen Jubiläum als dem Vorbild der nachfolgenden beilegte. Sie hat noch Ab lauf des ersten Heiligen Jahres ihre Verivahrung an einer min der auffälligen Wandstelle des weiten, mit alten Erinnerungen geschmückten Portikus der alten Basilika gesunden und wurde dann als Wahrzeichen in der Nähe der „porta sancta" eingcmau- ert, bis sie bei der Errichtung der jetzigen prächtigen Vorhalle in die oben bezeichnete einsame Höhe gewandert ist. Der Wortlaut -er Marmorurkunde wurde bald ln das kirch liche Gesetzbuch ausgenommen; daraus ist der Text in viele hi storische Traktate über das Heilige Jahr übergegangen. Bedeu tungsvoll ist die Datierung mit dem 2 2. Februar. Jetzt feiert man an diesem Tage das Fest der antiochcnischen Stuhles Petri. Damals aber galt der Tag noch, wie in alter Zeit, als Fe st der Gründung des Primates durch die Schlüsselüberreichung an den hl. Petrus. Also am Tage des Ursprungs der päpstlichen Gewalt ließ Bonifatius VIII. seine „aus der Fülle der ;wpst- lichen Gewalt", wie er sagt, erlassene Verordnung in die Oeffent lichkeit treten, an einem Tage, wo die Massen der Gläubigen nach St. Peter zur Verehrung der dort als Reliquie ausgestellten hi storischen Kathedra des Apostels hinstörmten. Die Absicht des Papstes Bonifatius war heilig und groß. Die Worte des Aus schreibens, daß der Papst gemäß der Pflicht seines Amtes das Heil aller Glieder der Kirche ersehne und deshalb die Schätze des Allerhöchsten öffne, waren ihm ein Herzensgedanke, da sein Streben immer der Entsaltung der kirchlichen Macht und ihrer Fruchtbarmachung für alle Christen zugewondt war. Er beab sichtigt« nach seinen Worten die Ehre der Apostel Petrus und Paulus zu erhöhen und die Gläubigen der Spende geistlicher Gaben in höherem Maße als bisher teilhastig zu machen. Bis dahin kannte man als vollkommenen Ablaß fast nur den für di« Beteiligung am Kreuzzug; andere vollkommene waren von der äußersten Seltenheit. Die übrigen Ablässe waren insgeheim kleineren, meist geringen Umfanges. Daß übrigens auch bei dem neuen vollkommenen Ablaß des Jubiläums Erwerbung von Verdienst verschieden sein konnte, deutet Bonifatius VIII. mit anspornenüen Worten am Schlüsse an, wo er sagt, man werde um so größere Verdienste haben und mit um so mehr Frucht des Ablasses teilhast werden, sr größer die Andacht und je zahlrei cher der Besuch der Basiliken sein iverde. Die von dem Ausschreiben verlangten Werke für den Ablaß waren nicht hoch und zahlreich. Bloß der Besuch von zwei Kir chen Roms, der von St. Peter und von St. Paul, war vorge schrieben, und zwar mußten die fremden Rombesucher di« beiden Kirchen an 15 Tagen einmal täglich besuchen, die einheimischen Römer aber dreißigmal. Der Ablaß erstreckte sich auf das ganze Jahr 1300. Er wird aber zugleich auf jedes weitere hundertste Jahr ausgedehnt, eine Bestimmung, die schon bei dem nächsten Nr. 18, Motto „Lumen de Lumme"; Verfasser: Architekt Mar tin Weber B. D. A., Franksurt a. Main Die Beschickung des Wettbewerbes zeigte allgemein eine lrünstierisch recht befriedi gende Leistung. Dis prämiierten Entwürse steilen glückliche Lö sungen modernen Charakters »nler guter Einfügung in den kirch lichen sakralen Zweck des Kirchenbaues dar. Des künstlerische Ergebnis dieses Wettbewerbes zeigt in Fortsetzung der Arbei ten aus dem vor einigen Monaten eben falls durch die „Deutsche Gesellschaft sür christliche Kunst" vcranstatteten Wettbewerb für drei ne.ue Kirchen in Ludwigshasen a. Nh einen höchst erfreu lichen Fortschritt des modernen Kirchenbaues Iubiläumsjahr 1350 unter Klemens VI.. uno dann forlschrettent durch Verkürzung der Zwischenzeiten Abänderungen erfahren hat. Der Name Jubiläum oder Heiliges Jahr kommt in dem Allsschreibcn von 1300 nicht vor. Die amtliche Kürze des Ausdrucks im ganzen Schreiben hat auch am Anfänge Anwen dung gesunden, wo man hätte erwarlcu sallcm, es iverde über die Veranlassung zu dem bedeutenden Schrille e'nstge Auskunft ge geben werden. Statt dessen heißt cs am Begmue nur, daß nach -dem Zeugnisse der „Alten" den Besuchern der Vastlcka des Apo- stclfürsten bereits große Ablässe (die nicht genannt werden! ver liehen seien. Diese werden durch den Erlaß zunächst bestätigt und erneuert. Daun solgt sofort die große Erwetterung sür die Jahrhundertfeier. Auch die Verkündigung des Ablasses erst am 22. Februar ist auffällig, trotzdem dieser Tag als Primattcit ein würdiger Tag war. Genügenden Aufschluß sür die genannten Umstände erteilen die Berichte der zeitgenössischen Schrisisiellcr, besonders des Kardinals Gaetano Stcsancschi, eincs Vertrauten des Papstes, dann des Kardinals Monachiis und der Chronisten Villani und Ventura. Eine große religiöse Volksbewegung zu Ron wurde hiernach seit dem 1. Januar des Jahrhunderts der Anlab zum Jubiläum. Gerüchte von einem großen, ehedem für den Be ginn verflossener Jahrhunderte und für alle Iahrhundertanfünge ausgeschriebenen Ablaß trieben das römische Volk und aus wärtige Pilger an diesem Tage und in den folgenden Wochen nach St. Peler. Es sollte, wenn nicht ein vollkommener, dann ivenigstens ein Ablaß von hundert Jahren bei der Iahrhundert- ivenbe zu gewinnen sein. Sehr alte Leute wollten von ihren Vätern wissen, daß diese im Jahre 1200 zu St. Peter solchen Strafnachlässen durch die Schlüsselgewalt teilhaftig geworden seien. Dieser Iubelablatz und auch der Ablaß von 100 Jahren waren nun freilich ein Irrtum. Aber Papst Bonifatius konnte nicht umhin, eine genauere Prüfung des Sachvcrlzaltes anzu stellen. Sie zog sich bis in den Februar hin. Da di« Archive nichts ergaben, so entschloß sich Bonifatius angesichts der günsti gen frommen Volksstimmung, mit der ihm verliehenen geist- liehen Gewalt vorzugehen und neben den Kreuzzugsablaß den neuen vollkommenen Abloh für die römischen Kirchenbesucher beim Iahrhundertansang zu stellen. Tausend und abertausend Gläubige fluteten durch den Dorhos von St. Peter an der ehr würdigen Tafel, die das Gnadenjahr kündete, vorbei, um am Apostelgrab zu beten. Stets sollen eiiva 200 000 Pilger in Rom gewesen sein und nach Ventura wurden die dort im Jahre 130V cingetrosfenen Männer unLFoauen von den Römern auf mehr al» zwei Millionen geschätzt. Sollten diese Zahlen auch etwas über» trieben sein, so wir- doch durch die Berichte der Zeitgenossen eine ungemeine Belebung de, Glaubensetser» und eine groß« Besserung der christlichen Dttte verbürvt,
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