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Nr. V« LS. Jahrg. Sonnabend den 25. März 1916 Sächsische PeschLftsftelle und Redaktion > Dresden »A. 16, Holbeinstraße 46 Fernsprecher 21866 Postscheckkonto Leipzig Nr. 147S7 ioiaab« X mit tllultr. Beilage vierteljührltch »IO I» Dresden und aan, Deutsch- ' ' Haus a.S» . k> Q' ' tand frei 4.4» X. oejlerrcich «»»«ab» 0 vierteljährlich I.NO X In Dresden und ganz Deutschland frei HauS ».»» in Oesterreich 4.0? X. Einzel-Nummer 10 Die Sächsische VolsSzcituna erscheint an allen Wochentagen nachmittags. Nolksreitims Anzeigen, iilonabme von AelchästSnuzeigrn bis IO Uhr, § von Aaiinlicnanzcigc» bis 11 Uhr vorm Preis für tnePctit-Lpaitzetlc »0 im ReNa- metcil «O z. gür undeutlich geschriebene, sowie durch Fern sprecher aulgegcvene Anzeigen können wir die i Bcrantworlllchsci» siir die Richtigkeit des Leitet, j nicht übernehmen. Sprechstunde der Redaktion: I I I—I» Uhr vorm, Organ der Zentrumspartei. Einzige Tageszeitung für die katholische Bevölkerung im Königreich Sachsen. Ausgabe ^ mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe k nur mit der Wochenbeilage. porrsllsn <>IS5 :: Stsingui, Kristall Qsdrauctis- u. Slsr^sAsnstäncls K§I. l-IofI.I^nlHSU0SI',l<öai§-riobasia8b!'. Seitienksos lu!iU8 ^8Lkuoke Kgl. 8lloli8. Iloüisksruut öiiiiit- iiiiil tililiiiei!l>l>eil!ei ürRUWiilel- ii. Leillelisiigei in kiliM vrsslisn.s.iIXsMlilriiliolls. Zur Haltung des Kardinals Mereier schreibt die „Zentrums-Parlaments-Korrespondenz": Das ernste Verwarnungsschreiben des Generalgouver- »eurs von Belgien, Freiherrn v. Bissing, an den Erzbischof von Mecheln, Prinias von Belgien, Kardinal Mereier, mutz in Deutschland allenthalben nicht nur als eine durchaus berechtigte Matznahme angesehen, sondern nach Lage der Dinge auch mit Genugtuung begrüßt werden. Für den katholischen Journalisten ist es überaus schmerzlich, das Einschreiten staatlicher Gewalt gegen einen kirchlichen Würdenträger billigen zu müssen, doppelt schmerzlich, wenn uneingeschränkt zugegeben werden muß, daß die Staats gewalt von gl- ' Kr Nachsicht und Langmut sich bis zur äußersten Grenz, "mt leiten lassen, während der kirchliche Würdenträger gerade diese Nachsicht und Milde sich zugute gemacht hat, um unter dem Mantel der geistlichen Amts führung politische Agitation schlimmster Art zu treiben. Das aber hat Kardinal Mereier getan, daran gibt's nichts zu deuteln und zu rütteln; und gerade weil wir deutschen Katholiken mit allen Kräften uns stets für die volle Frei heit der Kirche und der geistlichen Amtsführung eingesetzt haben, darum sind wir auch die ersten, die jeden Maßstab der Kirche, ihrer Gewalt und ihrer Rechte aufs schärfste verurteilen. Mit schwerer Beunruhigung haben die deut schen Katholiken die Amtswaltung des belgischen Primas verfolgt; es war für uns eine Selbstverständlichkeit, daß der belgischen Geistlichkeit die Ausübung ihres geistlichen Amtes in keiner Weise beschränkt werden dürfte, und mit aufrichtiger Genugtuung konnten wir die Feststellung machen, daß die deutschen Behörden, die im besetzten Belgien ihres Amtes walten, die Geistlichkeit in ihrer Tätigkeit nicht nur nicht behinderten, sondern in der Erkenntnis, daß dem arg mitgenommenen Volke noch am ehesten durch die Diener der Religion Ergebung in ihr hartes Geschick, Ge horsam und Ruhe vermittelt werden könnte, haben sie der Geistlichkeit Freiheiten gewährt, deren Mißbrauch sie be fürchten konnten. Das glauben wir den deutschen Behörden im besetzten Belgien nicht besonders danken zu sollen, denn wir halten die Gewährung weitgehender kirchlicher und religiöser Freiheit auch an besiegte Feinde für einfache Staatspflicht; aber Dank haben wir für die große Lang mut und weise Mäßigung empfunden, die die höchsten deutschen Behörden in Belgien gegen Vertreter der kirch lichen Amtsgewalt auch dann noch walten ließen, als diele Amtsgewalt ganz offenbar zu politischen Zwecken miß braucht wurde. Dankbar haben wir die eines starken Sie gers würdige Nachsicht anerkannt, die gerade dem belgischen Primas Kardinal Mereier gegenüber immer und immer wieder gehandhabt wurde. Man mag es ja wohl verstehen, daß dieser hohe Kirchenfürst durch das ganze Elend, das der Krieg über sein geliebtes Land brachte, aus dem seeli schen Gleichgewicht geworfen wurde und sich nicht leicht in die neuen Verhältnisse einfinden konnte. Die Aufgabe, die diesem nicht nur durch seine geistliche Würde, sondern auch durch seinen überragenden Geist hoch stehenden Manne nach der Flucht der belgischen Regierung als -er ersten Persönlichkeit des belgischen Staates nach dem König zufiel, war gewiß nicht leicht; ein Verhängnis aber war's, daß er seine Aufgabe nicht nur in der religiösen Leitung, in der Führung und Beruhigung der Seele des belgischen Volkes erblickte, sondern sich geradezu als Sprach rohr der geflüchteten Regierung aufführte. Was er schrieb und sprach, diente nicht so sehr der Beruhigung des ver hetzten belgischen Volkes, sondern war weit inehr geeignet, die armen Belgier erst recht nicht zur Ruhe kommen zu lassen und sie besonders von dem Gedanken einer Aus söhnung mit den bestehenden Zuständen abzuschrccken. Kardinal Mereier ist offenbar ein Feind Deutschlands, und seine Sympathien gehören Deutschlands Feinden; als Hlex. Nüller LM v. 5. ^meriks promoviert kür ^stinbeilkunäe uns Zslinerskitr W'rsnr Uönge5 öisciillg.j krüker 25 Orescien-^. Zeestrake 4 bern5pr. I92I4 ^ bakrstukl Hllinanlrl 8 und pnsgei» Sinsve 34 W« in »kl WMMMkN Mi Das Neueste vom Tage Ikl MtW »M AMMt. (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier, 26. März 1916. Westlicher Kriegsschauplatz Die Lage hat gegen gestern keine wesentliche Verände rung erfahren. Jin Maas-Gebiete fanden besonders leb hafte Artilleriekäinpfe statt, in deren Verlaufe Verdun in Brand geschossen wurde. Oestlicher Kriegsschauplatz Westlich von Jakobstadt gingen die Russen nach Einsatz frischer sibirischer Truppen und nach starker Feuervorberei tung erneut zum Angriffe über. Er brach verlustreich für sie zusammen. Kleine Vorstöße wurden südwestlich von Dünaburg mühelos abgewiesen. Ebenso blieben alle, auch nachts wiederholten Anstrengungen des Feindes gegen die Front nördlich von Widsy völlig erfolglos. Weiter südlich in Gegend des Narocz-Sees beschränkte sich der Feind gestern auf Artillcriefeuer. Balkan-Kriegsschauplatz Bei einem erneuten Fliegerangriffe wurde ein feind liches Flugzeug im Lnftkampfe zum Absturz zwischen die beiderseitigen Linien gebracht und dort durch Artilleric- feuer zerstört. Oberste Heeresleitung. Spaltung iu der sozialdemokratischen Partei Berlin, 24. März. Aus der sozialdemokra tischen Fraktion des Reichstages sind mit dem heu tigen Tage 18 Mitglieder aus geschieden und haben unter der Bezeichnung „Fraktion der sozialdemo kratischen Arbeitsgemeinschaft" eine neue Fraktion gebildet. Die Ausgcschiedenen sind die Abgeordneten: Bernstein, Bock, Büchner, Dr. Oskar Eohn, Dittmann, Geyer, >Haase, Henke. Dr. Herzfeld, Horn (Sachsen), Kuhnert, Ledebour, Schwartz, Stadthageu, Stolle, Vogtherr, Wurm und Zubeil. Vor sitzende der neuen Fraktion sind Haase und Ledebour. Berlin, 26. März. Zur Spaltung der sozialdemo kratischen Reichst«gspartei stellt der „Vorwärts" fest, daß die zu Haase stehende Minderheit von den Rechten der Frak tion ausgeschlossen worden ist und daß sich die 18 Köpfe starke Minderheit als besondere sozialdemokratische Ar beitsgemeinschaft konstitutierte. Es sei damit das einge treten, was nach den Szenen des gestrigen Tages unver meidlich war. Mehrheit und Minderheit würden nunmehr ungehemmt durch die bisherigen Reibungen ihre besonderen Auffassungen vertreten können. Der Fraktionsbeschluß sei mit 68 gegen -M Stimmen bei vier Stimmenthaltungen ge faßt worden. Der „Berl. Lokalanz." sagt: Für das deutsche Volk be deutet der gestrige Vorgang den wahrscheinlichen Beginn einer dauernden Annäherung der vaterlän- dischcn Mehrheit der Sozialdemokratie an die bürgerlichen Parteien und an den bürgerlichen Staat. Bon dem gesunden Sinn der deutschen Arbeiterpartei dürfte man erhoffen, daß sie in den nun kommenden Auseinander setzungen den richtigen Weg nicht verfehlen werde. Deutschlands Feind und Obmann der Entente hat er sich in Rom feiern lassen; das ihm von Deutschland gegebene und gehaltene freie Geleit hat er zu politischen Zwecken schmäh lich mißbraucht und dadurch gewiß nicht nur die deutsche Regierung, sondern auch den Heiligen Pater schwer ent täuscht. Dennoch hat Deutschland den Kardinal nicht zur Rechenschaft gezogen; der Generalgouverneur in Belgien vertraute immer noch, daß der von Nom zurückgekehrte Kardinal „volle Mäßigung" bewahren würde, wie. ihm nach der Andeutung im Briese des Freiherrn v. Bissing der Papst selbst auf das Bestimmteste und wiederholt versichert zu haben scheint. Dies Vertrauen ist von Kardinal Mercier wiederum enttäuscht worden: in seinem Fastenhirtenbrief hat er sich nicht einmal gescheut, die Widerstandskraft seiner Lands leute durch so verwerfliche Mittel wie den Hinweis auf die Möglichkeit der Verbreitung von ansteckenden Seuchen im deutschen Heere zu beleben. Jetzt endlich hat der Gene ralgouverneur seiner Langmut ein Ende gesetzt und dem Kardinal eröffnet, daß er nicht mehr dulden werde, daß der Kardinal „eine politische Aufreizung betreibe, für welche jeder einfache Bürger zur gerichtlichen Verantwortung ge zogen werden würde". Kardinal Mercier ist jetzt gewarnt, und wir wünschen nicht nur in seinem Interesse, sondern auch ini Interesse der katholischen Kirche, daß er diese War nung sich zu Herzen nehmen möge. Verwertung der Küchenabsälle Wenn wir uns heute iu einigen Nahrungsmitteln ein schränken müssen, so ist die tiefere Ursache in dem Mangel an Futtermitteln zn suchen. Die Zufuhr vom Ausland, auf die wir sonst angewiesen sind, hat bis auf einen ver hältnismäßig geringen Rest anfgehört. Um so zwingender tritt die Notwendigkeit an uns heran, während des Krieges Stoffe, die sich zu Fi itterzwecken eignen, nicht unbenutzt oder gar umkommen zu lassen. Der Laudeskulturrat hat angesichts dieser Sachlage seit Beginn des Krieges immer wieder angeregt und mehrfach auch Anträge beim .Königlichen Ministerium des Innern gestellt, die Verwertung der Küchenabfälle zu organisieren. Vor kurzem hat nun Exzellenz Dr. Mehnert in der Ersten Stündekammer den sächsischen Großstädten einen Weg gewiesen, wie die Verwertung der Küchenabfälle am schnellsten durchgeführt werden kann. Eine Charlotten burger Gesellschaft hat sich bereit erklärt, auch im .König reich Sachsen die Küchenabfälle in einer oder zlvei neu zu ei richtenden Anlagen zu verarbeiten. Die Anlagen würden in drei Monaten betriebsfertig sein. Das gesamte Risiko übernimmt die Gesellschaft, auch Hütten die Stadtverwal tungen kein Kapital zur Verfügung zu stellen. Ihre Ver pflichtung, die sie einzugehen haben, besteht nur darin, die Küchenabfälle frei Eisenbahnwaggou zu liefern. Aber auch das sollen sie nicht vollständig umsonst tun; die Gesellschaft zahlt für die Anfuhr einen Preis von 40—80 Pfg. für den Zentner. Werden die Abhitzen der Gaswerke usw. benutzt, so wird die Gesellschaft auch hierfür eine Entschädigung ge währen. Welche Bedeutung diese Maßnahme haben würde, da für einige Zahlen: In den drei sächsischen Großstädten Dresden. Leipzig und Chemnitz leben gegenwärtig rund 1,4 Millionen Ein wohner. Aus den Abfällen dieser Städte können 260 000! Zentner Kraftfutter im Jahre gewonnen werden, das sind 800 Zentner für den Tag. Mit diesen 800 Zentnern kann man nun 2600 Kühe so ernähren, daß sie mindestens täglich 26 000 Liter Milch ergeben. Bei der- jetzigen Milchknappheit wäre das doch wohl ein sehr erwünschter Zuschuß. Interessant ist es nun, wie sich die Herren Oberbürger meister dieser Anregung gegenüber verhalten haben. AuS ihren Aeußerungen ging hervor, daß die Stadt Leipzig bereits seit Beginn des Krieges, ja wohl schon vorher fort gesetzt Erwägungen gepflogen bat. 2lber 18 Monate lange „Erwägungen" haben es doch nicht vermocht, einen Beschluß herbeizuführen. In der Hauptsache wurde die Schwierigkeit