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Sächsische BolkSzettung Nr. 817. Seite - DicnStog den 20. September 1921 vornehme Gesinnung, sowie seine Klugheit und nicht zuletzt die trotz seines hohen Alters überaus bewundernswerte unerschöpf liche Arbeitskraft. Dabei gedachte er auch in herzlichen Morten des Herrn Pater Wahl, der sich um die Wiederherstellung des Bistums Meißen so sehr verdient gemacht habe. Die Jnthronisationsseierlichkeiten fanden dann um 1 Uhr nachmittags mit einer Pontifikalvesper im Dome, die Herr Tomdeka» Skala hielt, ihren Abschluss Wiederum wurde der bocbwürdigste Herr Bischof in feierlichem Zuze zum Dome und zurück geleitet. ».MW«" M «>I>M Herr Abgeordneter Landgerichtspräsident D r. Wagner aus Zwickau „berichtigt"! Cr fühlt sich durch de» Artikel „Z w i s ch a k t m u s i k" in Nr. 212 der „Säch sische» Volkszenung" vom 14. September IM! beschwert. Mit den Berichtigungen des Herrn Tr. Wagner ist es so eine eigene Sache. Zur Illustration muß dieses Thema etwas näher be handelt werden. Herr Dr. Wagner hat sich schon einmal durcb die „sächsische VolkSzettung" beschwert gefühlt, und zwar im Juli lvlll, als sich die „Sächsische Volkszeitung" erlaubte, seine Aeußerungen in der Volkskammer voin „Kampfe gegen den N l! r a m o u t a n i S m u S" etwas unter die Lupe zu neh men, obwohl >vir damals die in dieser Hinsicht doch gewiß ein wandfreien deutschnationalen „Dresdner Nachrichten" zitierten. Abgeordneier. Hcßlein ist i» seiner Rede auf dem zw'iten or dentlichen Parteitage der Sächsischen Zcntrumspartei am 6. März d. I. auf diese Angelegenheit zurückgekommen und hat auf Grund des amtlichen Stenogramms der Volkskammer nach- gewieseu, daß Abgeordneter Dr. Wagner in der 57. Sitzung vom Freitag den II. Juni 1019 wörilich folgendes ausge führt hat: „Der Protesiantismus ist stets der feste Hort im Kampfe gegen die Gefahren gewesen, die vom Ultramonra- uismus drohe», aber die evangelische, die piotestantische Kirche ist cs, die in Sachsen gerade durch dieses Gesetz aufs schwerste getroffen wird, und zwar in ihrem Nachwuchs, in ihrer künftigen Kampfkraft auch gegen den II l l r a in o n t a n i s m u s." Diese Auslassung hat wirklich deutlich genug davon Zeugnis abgelegt, twn welchen Gesichtspunkten aus Herr Dr. Wagner die Behandlung der Schulfrage betrachtet. Trotzdem diese Auslassung im amtlichen Stenogramm festgelegt war, hat Herr Tr. Wagner damals doch Beschwerde geführt, daß wir die viel mildere Fassung in den „Dresdner Nachrichten" einer' kritischen Beleuchtung unterzogen haben und hat vom Sommer« Urlaub aus erklärt, er hätte zwar das Stenogramm nicht zur Hand, aber er könne sich unmöglich so ausgedrückt haben. Es ist unbedingt notwendig, diese Episode in die Erinnerung zu- riickzurnsen. Denn am Montag den 12. September war di: Sitzung des Zwischenausschusfes des Landtages und am Don nerstag den 15. September meint wiederum Herr Landgerichts- Präsident Dr. Wagner, das; ec sich nicht so ausgedrückt haben könne, wie das in der „Sächsischen Voltszeitung" mitgeteilt war. Nach seiner Ansicht befinden sich in dem Artikel „eine Anzahl Unrichtigkeiten", und indem er davon absieht, „einige andere Punkte zu berichtigen", bittet er uns, „folgende zwei R i ch l i g st c l I u „ g e n bekannt zu geben". Obwohl die Be richtigungen in keiner Weise dem 8 11 des Preszgesehes ent sprechen, geben wir sie wieder, vor allem deshalb, um zu zei gen, wie Herr Abgeordneter Dr. Wagner — ähnlich wie in dem oben erwähnte» Falle — sich eine Berichtigung vorstcllt. Herr Tr. Wagner schreibt: „1. Ich habe nicht aus Zcitungsauslassunqeu, die etwa zehn Jahre zurückliegen, fcststellen zu müsse» geglaubt, daß damals die sozialistische Presse einen ganz andeceu Ton gegen die Negierung angeschlagen habe, sondern ich habe aus Zei tungsauslassungen, die vor etwa zehn Jahre» begannen und bis in die jüngste Zeit ginge», dargelegt, daß in der sozial- dcmokralischcn und neuerdings auch in der kmimuuistischeu Presse nicht nur die Negierungen und andere verfassungs mäßige Organe des Staates in ärgster Weise verächtlich ge macht worden sind und noch werden, sondern auch politische Morde, auch solche nach der Revolution, beschönigt worden sind und an manch-» Stellen für die gewaltsame Aenderung der Verfassung Stimmung gemacht worden ist, ohne daß deshalb cingegrisfen worden ist. 2. Ich habe nicht bedauert oder meinet' Unuiuc ausge sprochen, das; für die Entdeckung der Mörder Erzbergers 129 000 Mark Belohnung auSgesctzt worden sied, sondern ich habe bedauert, das; bei anderen politischen Mordtaten nach der Nebolution nicht mit der gleichen Energie borgcgangen worden ist. und habe dabei unter anderen Beispielen auch auf den aus der sächsischen Presse längst bekannten Mord versuch aut den Justiz,niuistcr Dr. Harnisch hingewiesen." So leid cs uns für Herrn Abgeordneten LandgerichtS- priiIdeut Tr Wagner tut, müssen wir seine sogenannte Be richtigung doch für in allen Teilen unrichtig erklären. Wir müssen in vollem Umfange aufrecht erhalten, daß Herr Dr. Wagner, wie wir berichtet haben, aus etwa zehn Jahre zurück liegenden Zcituugsauslassungen glaubte, feststellen zu müssen, die sozialistische Presse habe damals einen ganz andere» Ton gegen die Negierung angeschlagen, als das heute von der d e u t s ch » a t i o n a l e » Presse geschehen würde. Saust wäre ja auch die Bemerkung des Präsidenten, über die Wir berichtet baben, und deren Richtigkeit Herr Tr. Wagner nicht anzweisclt, gar nicht verständlich gewesen. Erst nach die ser freundliche» Bemerkung des Präsidenten ging Herr Dr. Wagner auf die Jetztzeit ein. Was den zweiten Punkt der sogenannten Berichtigung an- kangt, so berichtigt Herr Dr. Wagner etwas, was wir gar »ich! behauptet haben. Er erklärt, er habe n i ch' be dauert, daß für die Entdeckung der Mörder Erzbergers 120 000 Mark Belohnung ausgesetzt worden seien. Eine solche Behauptung haben wir überhaupt nicht a u f g e st c I l t. Ilm in vollem Umfange zu illustrieren, wie der Zwickaucr Landgerichtspräsidcnt Dr. Wagner. Mitglied des säckyischc» Landtages, berichtigt, geben wir noch einmal un sere diesbezüglichen A c u ß e r » n g c » in Nr. 212 wieder. Sie lauten: „Er erzählte dann eine Geschichte von einet» Attentat, das einmal auf den sozialdemokratischen Juitizmiiiister Dr. Harnisch ansgcübt worden sein soll. Herr Dr. Wagner will sogar den vo» einer Kugel durchlöcherten Hut des Herrn Harnisch gesehen habe». Jul Anschluß daran meinte er, be, Herrn Harnisch - seien nicht einmal 500 Mark B, I »h.n u »ff für den Attsntäter a»S- gesetzt worden, geschweige denn 120GV0 Ml. wi, beim MvrdeSrzberger». Diese «eußerung muß festgenagelt und festgehaltcn werden. Es wird immer wieder daran erinnert werde» müssen, wie ein deutsckinatio- ,,-ler Abgrerdnrter, der zudem neck Landgrrichtspriistdent ist, in einem Parlamentsausschuß mit llnmnt daraus hingewiesen hat, daß die Reichs«,lernn, und die badische Reglern»; »«- sammcn die genannt, Summe für die «uffindnn, der M»r- der Erzbergers auS«eseht haben. Wir halten es für notwen- dig, daß Herr Dr. Harnisch sich fetzt noch nachträglich zu die ser Attcutatsqeschichtc. die Herr Dr. Wagner vorgebracht hat. äußert. Als Jnstizminister müßte es Herrn Dr. Harnisch ja doch ein Leichies gewesen sei», alle Schritte für die Verfol gung zu unternehmen. Wir haben es sonderbar empsnnden, daß die anwesenden Rcgierungsvertreter nicht soiort aus den Fall eingegangen sind. Jedenfalls würden wir cs aufs schärfste verurteilen, wenn im Falle Harnisch irgend etwas von der Regierung verabsäumt worden wäre, ebenso wie wir die Auslassung des Herrn Dr. Wagner aufs entschiedenste zu- rückwcisen müssen." Ilnd nun vergleiche man das mit der sogenannten Richtig stellung des Herrn Dr. Wagner. Daß er die von uns erwähnte und oben wiederholte Behaupt rüg mir unmutiger Be tonung ausgesprochen hat, halten wir vollständig aufrecht. Aber das ist nun einmal so bei den De itschnaiionalcn. daß sie znmeist tief gekränkt sind, wenn ma», wir wollen ein mal sagen, sonderbare Auslassungen ihrerseits so beleuchtet, wie das unbedingt notwendig ist. Schließlich find die Deutsch- uationalen immer dann die Engel, die kein Wässerchen trüben können. Der Fall Tr. Wagner ist mit dem, was wir bisher aus gesprochen haben, für uns erledigt. Ihm und seinen Freunden ist nur zu empfehlen, sich vorher zu überlegen, was sie ans- sprechcn, andcrcufalls müssen sie nachher auch die Ver antwortung dafür tragen. « « * Aber eS ist vielleicht ganz gut, in diesem Zusammnihange, wenn auch nur kurz, noch auf einiges andere hinzuwei sen. In deiitschnationalen Kreisen wird jetzt eine Zeitschrift verbreitet, die sich „Die Krone" betitelt und die Pflege der monarchischen Gesinnung bezweckt. Die Aus lassungen dieser Zeitschrift reihen sich würdig dem an. waS man in letzter Zeit von einer Anzahl deulschnalionaler Organe ge wohnt ist. Diese Zeitschrift findet die Ermor dung Erzbergers ganz in der Ordnung, denn der Heraus gebet Kurt von Strantz schreibt wörtlich folgendes: „Ich kann es nicht billigen, daß die Rechte in eine ge wisse Aufregung ob des Mordes als fraglose Rechtswidrigkcit gerät, die die notwendige Folge einer solchen Lebensführung war und nns ganz kühl lassen muß." In einem weiteren Artikel wird dieser Herausgeber der „Krone" noch deutlicher. Er schreibt: „Weil endlich das Schicksal einen Briefdieb und Hochverräter, der ein noch schlimmerer Volks verräter und Schieber gewesen ist, auf dem jetzt nichr mehr ungewöhnlichen Wege des Mordes, dem so viele Offi ziere, also Helden des Weltkrieges, i» den noch fortdauernden Ilmsturzwirrcn z»m Opfer gefallen sind, > keineswegs mit Unrecht erreicht hat, greift der Reichs- kanzler in den Gang der Gerechtigkeit, in dem er 100 000 Mark als sogenannte Reichs regierung für die freilich äußerst wünschenswerte Ent deckung aussctzt, weil er ja E.rzbcrger seine.. Laufbahn dankt, ivas keineswegs im Neichsintcresse lag, vielmehr dessen Schädigung bedeutet. Denn Herr Wirth i st noch kläglicher als der Schriftsetzer a. D. Scheidcmann und der Klosettrcisende Müller." Nach der ganzen Aufmachung und nach den ganzen Be strebungen wird die Zeitschrift „Die Krone" sicherlich fast ausschließlich i» Kreisen gelesen, die einerseits ruf Bildung außerordentlich große» Anspruch machen, auf der anderen Seite aber der Deutschnationalen Partei nicht ganz sern stehen dürsten. Aus den eben wiedergcgebcnen Auslassungen dieser Zeitschrift muß jeder anständige Mensch erneut ein Bild von der Verrohung bekommen, die heute in rechtsradikale» Kreisen eingcrissen ist. Ma» darf sich vielleicht die Frage erlauben: Wann wird endlich von dcutschnationaler Seite die offizielle und nichts z» wünschen übrig lassende Abschüttclnng dieser Prcssecrzeugnisse, die allerdings nicht nur in der „Krone", sondern auch in den W » l l e - O r g a n e n gang und gäbe sind, erfolgend So lange das nicht der Fall ist, werden die Deutsch- nationalen cS sich gefallen lasse» müssen, damit identifiziert zu werde». In der Zeitschrift „Die Krone" wird, wie wir gesehen haben, in unerhörier Weise Reichskanzler Dr. Wirth ange- pöbelt. Es ist der neueste Trick nun auf deutschnationaler Seite, den Versuch zu machen, die Zcntrumsanhänger gegen Herrn Reichskanzler Dr. Wirth aufzuhehen. Das besorgt in ausgiebi gem Maße u. a. auch die d e u t s ch n a t i o n a l e „Sächsische B a u c r n z e i t u ii g", der wir erst neulich einmal nachwiesen, daß sie es mit der Wahrheit nicht genau nimmt. Auch in dem vorliegenden Falle sagt sie bewußt die Unwahrheit. Denn die „Sächsische Bauernzeitung" schreibt in Nr. 39 vom Sonntag den 18. September 1921 folgendes: „Es ist auf der ganzen Linie merkwürdig ruhig gewor den. In cingewcihlcn Kreisen erzählt man sich, daß Herrn Wirths Auftreten in seiner eigenen Partei den schärfsten Widerspruch aiiSgelöst hat. Er gilt dort schon als erledigt, wenn man ihm natürlich auch noch Gelegenheit gebe» wird, seine bekannte Verordnung und seine Stcncrpläne dem Reichstage vorzntragen." Daß die „cingcwcihtcn Kreise" der „Sächsischen Bauern zeitung" den Rücktritt Wirths von ganzem Herze» wünschen, können wir verstehen, die Behauptung aber, daß Wirths Austre ten in seiner eigenen Partei de» schärfsten Widerspruch ciusgc- löst habe, und daß er dort schon als erledigt gelte, ist ein auf gelegter Schwindel. Man muß sich nur immer darüber wundern-, daß die „Sächsische Bauernzcitung" cs riskiert, mit solchen Mitteln zu operieren. Ten» dieses Organ müßte sich doch sagen, daß schließlich wenigstens auch ein Teil der Leser des WochenblättchcnS Kenntnis von den gewaltigen Zen trum s k n » d g c b u n g e n der letzten Woche» in Ost iinü West, in Nord und Süd, in Stadt und Land hat, die samt und sonders auf eine Vertrauenskundgebnng gegenüber dem Reichskanzler Tr. Wirth hinausliefen. Außerdem verweisen wir ans die eimütig gefaßte Kundgebung deö Provin- zralauSschusseS der rheinischen Zentrum spar tet vom Sonntag den 12. September. Hinter der rheinischen Zcntrumßp^rtei steht auch der größte s^cil der rheinischen La.ndwir'tschüft, die dementsprechend stark im Provinzial» «NlSschuß »er rheinische» Zciitruinspartei vertrete» ist. Auge- sichts der unwahren Behauptung der deutschnationalen „Säch sischen Bauernzeitung" teilen wir noch einmal diesen Teil der Entschließung wörtlich mit. Er lautet: Angesichts des geradezu fanatischen Ansturms gsycn den Reichskanzler Dr. Wirth weist der ProvinzialauS. schuß auf den Zweck dieser aus gegnerische» Parteien stam menden Angrifse hin; es soll durch die Angriffe gegen den aus dem Zentrum hervorgegange nen Reichskanzler offenbar das Zentrum selbst getroffen werde». Die Zentriimspartei r»»ß in Stärke und E-nigkeit bestehen bleiben, wenn der allein ret tende Kurs der Mitte nusrecht erhalten werden soll. A»S die- ser Ueberzeugung heraus fordert der ProvinzialauSschnß alle Mitglieder der Partei ans. alles z» vermeiden, -naö den Be- strebungen unserer Gegner Vorschub leisten und dein ans unseren Reihen hervorgegangenen Reichskanzler seine so schwere vaterländische Ausgabe noch weiter erschw.-ren muß." Auch die Angriffe des genannien Wochenblattes des Säch sischen Landbundes lassen keinen Zweifel darüber, daß durch den geradezu fanatischen Ansturm gegen Tr. Wirth die Christ liche Volkspartei, das Zentrum, selbst getroffen werde» soll. Die Wurzeln dieser Kamvfeswcise liegen aber zu offen, als daß sie übersehe» werden könnten. Darum werden diese vergifteten Pfeile abprallen, wenn überall auf Zentrumsseite jür Aufklä rung Sorge getragen wird. Bayrische Bolksparei und v. Kahr Berlin, 18. Scpt. Zur bayrischen Kriege berichtct die daß Geheimrat Held, der Volsibende der Bavriscben BolkSvarlci, no d 'inmer in Berchtesgaden bei H-rrn v. Kabr weilt, um not lbm im Namen der Paitei um die Wiederübernalune der Reglerunq zu verbandeln. lieber die Bedingungen, die von der Bayrischen Volkspart-i durch Held in Verbindung not dem Angebot an Kabr gestellt werden, wird folgende« bekannt: Die eine Bedingung lei. daß Kahr selnKabinelt g-gen recht» hin begrenzen müsse, d. h. e>nc Wieder« kehr des IustizmillcrS Roth dür^e nicht in Frage kommen. Eine andere Beding»»« sei. KadrS Zustimmung zu dem B'lcbluß des LandtagSauSschusse« bezüglich derAufhebunq de» bayrischen Belagerungszustandes und der Edertschen Ausnahme« Verordnung. Wie beuie in München bekannt wurde, könne Kahr aber in der Personensrage nicht nacbgrbcn und sich nicht von Roth trennen, da er sich demlelben gegenüber in de« Sinne feitarleat habe, das er nur im unveränderten Kabinett die Regierung «weder über nehmen werde. In München habe man »un heute erfahren, daß die Berchtesgadener Verhandlungen die Unvereinbarkeit zwischen Kahr» Bedingungen und den Forderungen der Partei überleben haben. Man erwartet daher allgemein, daß Kahr heute Held offiziell die Ablrhnnng de» erneuten Regierungrangebot« mitleile« werde. Die Forderungen der Bayrischen BolkSvartet München, 18. September. Die Fraktion der Bayri schen Volks Partei hat im Landtag folgende zwei An träge eingebracht: 1. Der Landtag wolle beschließen, die StaatSregierung wirb ersucht, baldmöglichst einen Gesetzentwurf vor zulegen, der einen Staatspräsidenten an der Spitze der Staatsregierung vorsieht, denr ins besondere das Recht zusteht, in» Rahmen der Bestimmungen der Reichsverfassung und des Paragraph 50 der baiirischen Verfassung Bayern nach anßen hin zu vertreten, gemeinsam mit dem Präsidenten des Landtages die Staatsverträge und Lan- desgesctzc auszuscrtigcn und zu verkünden, dem Landtag die Vorschlagsliste der Minister zu unterbreiten und sie im Ein- vcruehmen mit dem Landtag zu berufen, die Beamten im Sinne des Paragraph 60 der bayrischen Bersassung zu er nennen und Straferlässe im Sinne des Paragraph 51 der bayrischen Verfassung ergehe» zu lassen. 2. Ter Landtag wolle beschließen, die bayrische Staats- regierung wolle durch ihren Vertreter im Reichsrat eine Ge setzesvorlage beantragen, nach der gemäß Artikel 48 Abs. 5 der Reichsverfassung die dem Reichspräsidenten ge rn äß Art. 48Abs. 2verliehenen Machtbefug nisse dahin beschränkt werden, daß sie in keine Ho heitsrechte eines Landes ein greifen dürfen und insbesondere der Vollzug eines vom Reichspräsidenten jeweils verhängten Ausnahmezustandes Sache der Landesregierung bleibt und lediglich im Falle der Weigerung einer Landesregie rung ihm das Recht znsteht, die Entscheidung deS Reichsrates herbeizusühreu. Die Reichsregierung gegen den bayerischen Sozialminister Oswald In einer der von der Bayrischen Bollspartei veranstalteten Versammlungen in München hat der bayrische Sozialminister Oswald in scharfer Weise die Reichsregierung und insbesondere de» Reichskanzler angegrisfen. Durch W. T. B. wird dazu vor läufig amtlich folgendes erklärt: Herr Minister Oswald spricht davon, daß der „Berliner Magen" sich bereits »ach dein bayrischen Budgetrecht sehne und dieses dem Berliner Magen einverleibeii wolle. Berlin werde in diesem Bestreben vo» einer „außerdentschen Stelle" unterstützt: der Grund zu diesem Vorgehen des Reiches sei die Hoffnung, mit Hilfe deS bayrische» Etats eher das Ultimatum erfüllen zu können. Herr Oswald fordert selbst den Reichskanzler zu einer Stellungnahme zu solchen Gerüchten auf. Dies geschieht hiermit. Ter Reichsregierung ist von solchen Plänen und Absichten nichts bekannt; diese würden auch der Ausfaisnng des Reichskanzlers in keiner Weise entsprechen. Die Gerüchie, die der Minister Oswald voreilig weitergegebe», sind frei erfunden und gehören in das Gebiet jener tendenziösen Verleum dungen, die in letzter Zeit in Umlauf gesetzt werden, um die Reichsregierung z» diskreditiere». Auch an einer anderen Stelle seiner Rede hat der Minister Oswald davon gesprochen, daß die Regierungspolitik unter Einflüssen von außen stehe. Eine solche Unterstellung entspricht nicht den Tatsachen und muß im Interesse der Würde deS Reiches z u r ü ck g e >v i e s e n werden. Ferner hat Minister Oswald in seiner Rede de» Vor wurf erhoben, man habe in Berlin die „bayrische Verkehrs, Finanz- und Hcereshoheit verschachert". Die Abgrenzungen der Souveränität der Länder im Verhältnis zum Reich sind in der Weimarer Verfassung festgclegt. Alle spätere» Regelungen er folgten ans Grund und im Rahmen dieser verfassungsmäßigen Bestimmungen, an denen Bayer» sowohl durch seine Volksver tretung als auch durch seine Staatsorgane initgcwirkt hat. ES kann also billigcrweise nicht von einein einseitigen Akt der Reichs- regierung, geschweige denn von einer Vcrschachcrung bayrischer Rechte die Rede sei». Im Gegenteil, bei der Auscinandcrsetznng zwischen Bayern n»d dem Reich ist, wie jedem in den Gang der damaligen Verhandlungen Eingeweihten bekannt ist, aus die bay rischen Wünsche mehr als aus die jedes anderen Lan des Rücksicht genommen worden. Ferner hat Minister Oswald mit Bezug ans das Abkommen von Spa die Behauptung aufgestellt, dort seien die bayrischen Einwohnerwehren von der Reichsregierung verschachert und den Bayern die Ententeverlre- ter auf den Hals geschickt worden. Es ist jedermann bekannt, daß die Annahme des Abkommens von Spa unter den« Druck der Entente zustande gekommen ist. Wie man ans ein solches Ab kommen den von Minister Oswald beliebten Ausdruck „ver schachern" anwendc» kann, ist uiierfindlich. Die ueucstcu Anscin- andersetzungen, die zwischen dem Reich und Bayern wegen der Verordnung des Reichspräsidenten von» 29. August 1921 statt- sinde», hat Minister Osivald dahin charakterisiert, daß die ReichS- regierung dabei de» „starken Mann" spielen-wolle. Die Rrichs- regiernng glaubt, durch ihr Verhalten ebenso wie durch wie derholte ausdrückliche Erklärungen genügend dargcta» zu ha ben, daß sie den Konflikt zu vermeiden und den Wc» der Verständigung zu brschreiten gewillt ist. : .