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Aus Stadt und Land. (Fortsetzung aus dem Hauptblatt.) —* Die Entlassungsfeier in der Klemich- schen Handels- und höheren Fortbildungs schule (Moritzstrahe 3) wurde am 31. März festlich be gangen. Direktor Klemich gab den Schulbericht vom abgs- laufenen 42. Schuljahre. Die Entlossungsrede hielt Lehrer Direktor em. Schmiel. Hiernach erfolgten die Auszeich nungen an die Tüchtigsten. Den ersten Grad der Aus zeichnung (Diplom) erhielten 9 Abgehende, den zweiten Grad (öffentliche Belobung) 20, den dritten Grad (Aner kennung) 21. Die Hauptzensur I erhielten 4 Abgehende, die I b erhielten 11, die II rr erhielten 40, die II erhielten 32, die II b erhielten 26. Auf die anderen entfielen die Zensuren III a, III usw. Nunmehr hielten Abgehender Herbert Dietrich und Abgehende Fräulein Dora Niese freie Ansprachen an den Direktor und die Lehrerschaft. Die Schulbesucherin Fräulein Paula Kumpf richtete Abschieds worte in französischer Sprache an die scheidenden Schulde- sucher. Zum Schluß sprach der Direktor noch einige herz liche Abschiedsworte. Zahlreich waren Ehrengäste, Ange hörige und Vorgesetzte der Schulbesucher erschienen. Der Jahresbericht iveist 468 Schulbesucher im Kalenderjahre 1907 auf, .zu denen bis Ostern 1908 noch 21 linzukommen, also zusammen 489 Schulbesucher. Don diesen wurden ent lassen 272; unter diesen 186 männliche und 86 weibliche Schulbesucher. Don diesen waren 90 Fortbildungsschul- pflichtige. —* Die Hauptversammlung des natio nalliberalen Landesvereins fand gestern im Savoy-Hotel „Albertshof" statt. Dem gedruckten Jahres berichte entnehmen wir folgendes: Bei den letzten Land tagswahlen hatte die nationalliberale Partei acht Landtags- sitze zu verteidigen und es gelang nicht nur, diese Wahlkreise zu behaupten, sondern auch acht weitere Mandate zu gewin nen. Damit wuchs die nationalliberale Fraktion des Land tages von 23 auf 31 Mitglieder. Die dem Landesverein angeschlossenen Vereine zählten am Schlüsse des Jahres 1907 zusammen 11 850 Mitglieder gegen 6500 am Schlüsse des Jahres 1906. Die Mitgliederzahl ist im ersten Viertel jahre 1908 weiter gestiegen und beträgt jetzt rund 13 400. Den Kassenbericht erstattete Herr Abgeordneter Dr. Zoe- phel. Einnahmellnd Ausgabe balancieren mit rund 25 000 Mark. In den Vorstand traten neu ein die Herren Pro fessor Dr. Brandenburg-Leipzig, Amtsrichter Dr. Gutmann- Dresden und Seminardirektor Seifert-Zschopau. Den Be richt über den Stand der Wahlrechtssache und die sonstigen Landtagsarbeiten erstattete Herr Abgeordneter Langham mer. Näch einer längeren Aussprache nahm die Versamm lung nachstehende Resolution einstimmig an: „Der Landes ausschuß spricht der Landtagsfraktion seinen Tank fiir ihr bisheriges Verhalten in der Wahlrechtsfrage und nament lich für die Einheitlichkeit ihres Auftretens nach außen hin aus und gibt zugleich der Erwartung Ausdruck, daß die Fraktion an ihrer bisherigen Stellung, die dem letzten Be- schlusse des Landesausschusses entspricht, und namentlich an dem Streben nach einem einheitlichen, geheimen und direk ten Wahlrechte, auch ferner festhalten werde." —* Der Verein sächsischer Richter und Staatsanwälte trat am Sonnabend zu einem außer ordentlichen Nichtertage im Justizgebäude zusammen. Auf der Tagesordnung stand eine Besprechung des Gesetzent- Wurfes zur Abänderung des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Zivilprozeßordnung. Der zahlreich besuchten Versamm lung wohnten Se. Exzellenz der Herr Justizminister Dr. von Otto, ferner der Vorsitzende der Anwaltskammer Herr Oberzustizrat Dr. Mittasch bei. Lerr Oberlandesgerichts, rat Dr. Lobe referierte über die Abänderung des Gerichts- Verfassungsgesetzes und erörterte die Frage, ob neben der Erhöhung der Zuständigkeit der Amtsgerichte auch eine Teilreform des Gerichtsverfassungsgesetzes zweckmäßig sei. Die Erhöhung der Zuständigkeit der Amtsgerichte auf 800 Mark sei durchaus nicht so exorbitant, denn die Zuständig keit der alten sächsischen Gerichtsamtmänner sei überhaupt unbegrenzt gewesen, und in Frankreich sei der Friedens richter, der nicht einmal Jurist zu sem brauche, bis zu der Höhe von 600 Franken zuständig. Der Gesetzentwurf bringe nur den Oberlandesgerichten eine Entlastung, weniger den Landgerichten. Eine Verschlechterung der Rechtsprechung bedeute die Ausschaltung der Rechtsprechung der Obev- landesgerichte für die weitaus meisten Fälle der Prozesse. Die Erhöhung der Zuständigkeit der Amtsgerichte für Ob jekte von über 500 Mark sei nicht zu empfehlen, dagegen sei die Beibehaltung des Nechtsanwaltszwanges notwendig. — Ueber die Abänderung der Zivilprozeßordnung referierte Herr Landgerichtsdirektor Dr. Anger-Leipzig. Er be schränkte sich darauf, nur einige Punkte hervorzuheben, in denen das geltende Recht besonders verbesserungsbedürftig sei. Eine Verminderung der Zivilprozesse würde unter anderem dadurch herbeigeführt, wenn zum Beispiel seitens der Vormünder vor der Anstrengung des Unterhaltungs- ' Prozesses ein Sühneversuch unternommen würde. Jetzt würden die Landgerichte mit solchen Prozessen geradezu überschwemmt. Die Grundgedanken des jetzigen Mahnver fahrens hätten sich dagegen bewährt. Das Neue an dem Entwürfe bezüglich der Einlassungsfristen sei zu empfehlen. Wenn bei der streitigen Verhandlung für die Hälfte der Klagen der Anwaltszwang beseitigt werde, dann leide die schnelle Durchführung der Prozesse. Auch müsse das per sönliche Erscheinen der Parteien erzwungen werden können, um einer Verschleppung des Prozesses vorzubeugen. Red ner schloß mit den Worten, das beste Mittel für eine Be schleunigung des Prozesses sei eine gründliche Arbeit in erster Instanz. Nach einer kurzen Debatte stimmte die Ver sammlung einer Teilreform des GerichtsversassungSgesetzes und der Zivilprozeßordnung einstiinmig zu. Weiter sprach sich die Mehrheit der Versammlung fiir die Erweiterung der Zuständigkeit der Amtsgerichte bis zu 800 Mark nach den Vorschlägen der Novelle aus. Ebenso stimmte die Ver sammlung fiir eine Reform des Zivilprozeßverfahrens nach den Vorschlägen der Novelle. Pobershau i. Erzg., 3. April. In der Nähe der Claus- nitzerschen Kistensabrik fuhr der 30 Jahre alte Holz schleifereiarbeiter Klemm mit seinem Rade in ein ihm ent gegenkommendes Mühlengeschirr. Er wurde mit solcher Wucht vom Rade geschleudert, daß ihm der Kopf zer trümmert wurde. Theater und Muftt. > Dresden. Wochensvielplan der Kön.c>l. Hoftheaier. Opernhaus. Montag' Tiefland ('/>8 Uhr». Dienstag: Tann- Häuser (7). Mittwoch: HoffmcmnS Erzählungen ('/,«). Donnerstag: Margarethe (7). Freitag: Geschlossen. Sonnabend: Generalprobe zum Palmsonntags. Konzert (7). Sonntag, mit allerhöchster Ge nehmigung, zum Besten des Unterstützungsfonds tür die Witwen und Waisen von Mitgliedern der Königl. musikalischen Kapelle: Palmsonntags-Konzert (7). Von Montag den 13. bis mit Sonn abend den 18 April geschlossen. — Schauivielhaus. Momag: Kimikü, Terakoha (Vr^- Dienstag: Prinz Friedrich von Homburg (>/s>). Mittwoch: Zweimal zwei ist fünf (Hz8). Donnerstag, neu» einstudiert: Kriemhilds Rache (7). Freitag: Krieg im Frieden (Jlka: Fräul tzollmann a. G.) <y^)- Sonnabend: Kimiko. Terakoha 0/z8). Sonntag: KriemhildS Racke (7). Von Montag den 13. bis mtt Sonnabend den 18. April geschlossen. l Konzerte und Boririjge tm April Iv<>8. — Arrange ments und Eintrittskarten: K. Ries. Königl. Hof-Muftkalten- Handlung, Äonze, l-Llgentur und Piano-Lagcr (Inhaber F. Plötner), Dresden, Seestraße 21 (Kaufhaus). lKonzert und Rezitationsabend zu Gunsten ter Wälderholungsstätlen. Mitwirkung: Helene Staegemsnn (Gesang), Paul Wiecke (Rezitation), Klara Schmidt-Guthaus (Broline), Marie Krug (Klavier) Donnerstag, den 9. April, abends Uhr, BereinShaus. Sitzplätze L 4, 3, 2 Srehplätze ä 1 ^6. Bestellungen aus Plätze nimmt auw die Königl. Sächs. Hof« Musikalienhandlung von Ad. Brauer (F. Plörner), Neustadt, entgegen. — Kartenverkauf von 9—1 und 3—6 Uhr. — Mittels F ernsprecher können keine Kartenbestellungen angenommen werben Getreide- und Produkteuprcise in Bauyen am 4. April l!X)8. aus dem Markte an der Börse Gegenstand von bis von biS 4 4 4 Weizen, weiß ( 100 icA do. gelb neuer ( 19 70 20 — 20 20 29 50 Roggen . . . . s loo - 18 45, 18 75 18 50 19 — do. neuer . . ( — — — — — — — — Weizenmehl. . . . 50 - 12 19 25 — — — —- Roggenmehl . . . Weizenkleie . . . ) 00 - 12 — 15 75 — — — — - - — — 6 50 — — — — Roggenklcie . . . — — 6 50 — — — — Weizen-Futtergries RoggcngrieS . . . — — 7 — — — — - - . . — — 7 50 — — — — Gerste, neu . . . i 17 60 18 — 17 50 18 — do. alt... . — Hafer, neu . . . 14 80 16 — 14 70 15 10 Erbsen .... . 100 kx 20 — 26 — Wicken .... 17 — 20 — Hirse 30 — 32 — Grütze 41 — 42 — Kartoffeln . . . ) 4 60 6 20 Butter . 1 ki- 2 80 3 — do. in einem Falle . 1 - — — — — Heu 100 - 6 40 7 30 Strob / 100 kx I Maich.-Drusch INO - 4 3 6/ 4 4 84 Ferkel 798 Stück L Stück . 9 — 23 — Eine Mandel Eier . . . . — 83 — 90 — 52 — Pfad, der zu dem Häuschen des Herrn von Brandt führte, Sylvia dagegen wollte zur Luisenhöhe. „Dahin können wir ein anderes Mil auch," entschied Maja: «ich muß ohnehin nach meiner kleinen Lilly sehen." „O, das Kind ist wieder ganz wohl. Mußt du denn immer die Hälfte der kostbaren Zeit, die uns bleibt, dem Kinde widmen? Du verwöhnst die Kleine ganz unvcrnünftigerweise. Ich glaube, du hast Lilly lieber als mich. Du gehst jetzt so oft zu ihr." „Bist du eifersüchtig? Du wirst noch manchmal froh sein, wenn ich zu Lilly gehe." Das verstand Sylvia nun wieder nicht. Sie warf einen fragenden Blick auf die Freundin, die ihr heute so sonderbar vorkam. Sie wurde nicht recht klug ans ihr „Warum eilst du denn so?" fragte Sylvia wieder. „Kannst du es gar nicht erwarten, bis du deinen Liebling in der Nahe hast? Sage einmal auf richtig, ist es wirklich nur das Kind, das dich so anzieht, — oder hat Herr von Brandt auch teil daran?" Maja errötete. „O, du — du bist boshaft, du verdienst meine Liebe wirklich nicht!" Damit trat sie in das kleine Haus ein. Die Freundin, die im Begriffe stand, ihr zu folgen, schob sie ungeduldig wieder hinaus. „Du bist dort nötiger," sagte sie lachend und wies nach der kleinen Bank hinter dem Hause. Diese war leer und Sylvia begriff noch iimner nicht, um was es sich handelte; als aber unter den Bäumen die hohe kraftvolle Ge stalt Walters auftanchte, flog ein Helles Rot über Sylvias blasses Gesicht. Der junge Mann kam beim Erblicken der beiden Mädchen rasch näher. Er streckte Sylvia beide Hände entgegen. Diese stand da, ohne sich zu rühren. Maja schlüpfte nun rasch ins Haus und zog die Türe hinter sich zu. In dem halb- dunklen Flur blieb sie ausatmend einige Sekunden lang stehen. Sinnend strich sie sich die Löckchen zureckst, die ihr in die Stirn hingen. „Was die zwei sich jetzt wohl alles sagen werden?" fragte sich Maja lächelnd. „Ich möchte gar zu gern wissen, wie es bei einer echten, rechten Liebeserklärung zugeht. Doch möchte ich nickst stören. — Was mache ich da? - Halt, ich hab's." Nach diesem kurzen Selbstgespräch eilte Maja ein paar Stufen hinauf, wo sich ein kleines rundes Fensterchen befand. Von da aus konnte sie alles überblicken, ohne doch selbst gesehen zu werden, da die Neste der Bäume den Ausguck ziemlich versteckten. Vorsichtig spähte die Neugierige hinaus. Rich tig. dort standen die zwei Verliebten. Walter hielt Sylvias Hand in der seinen und sprach dabei eifrig auf das junge Mädchen ein. Was er sagte, konnte die Lauscherin nicht verstehen, .aber der Blick und die Haltung des jungen Mannes verrieten deutlicher als Worte, was zwischen ihm und dem Mädchen besprochen wurde. „Also richtig schon gefunden!" kicherte Maja leise. „Wenn daS Theaterpublikum unserer guten Stadt wüßte, warum der Herr Walter nicht singen konnte! — Ha, ha, er hatte Liebeskummer! Na, nun werden wir ja das Vergnügen bald wieder hoben, und das verdanken die Leute bloß nur allein!" Sie lachte leise auf. — 49 — „Sie hatte ja ihren Verlobten, an ihm war es doch, sie zu trösten!" Maja lächelte. «Ja, — den hatte sie eben nicht! Die Auflösung der Verlobung war eben die Ursache der Krankheit. Ter alte Mann regte sich furchtbar auf, da Sylvia es war, die das Band löste " Weiter kam Maja nicht. Mit einem einzigen kühnen Sprunge hatte Walter sich in den Wagen geschwungen. Nun saß er neben ihr und hielt ihre Hand so fest umspannt, daß es sie schmerzte. Aus seinen Augen brach ein Heller Strahl der Freude, sein ganzes Gesicht hatte sich mit einem Schlage verändert. Die Brust hob und senkte sich in raschen Atemzügen, es schien, als könnte er kein Wort Hervorbringen. Maja weidete sich an dem glücklichen Ausdruck dieser eben noch so fin steren Züge. „O, mein Fräulein — habe ich wirklich recht gehört? — Ist das mög lich? — Bitte, sagen Sie, wie ging das zu? Ich kann es noch nicht fassen, es hat mich zu sehr überrascht! Ich konnte ja natürlich nicht ahnen — o, Fräu lein Maja, wie glücklich bin ich! Sie — Sie wußten, daß ich — Ihre Freun din liebe? Daß sie mir über alles teuer ist?" Maja nickte. „Ich ahnte es!" „Und n>eshalb sagten Sie mir nicht gleich, was geschehen war?" „Ich überlegte erst, ob es nicht besser wäre, Ihnen gar nichts zu sagen. Denn — das dürfen Sie sich nicht verhehlen — es wird einen schweren Kampf kosten, bis Sie sich die Geliebte erringen, wenn es Ihnen überhaupt gelingt. Die Familie ist von altem Adel und hält an den veralteten Traditionen fest " „Ich nehme den Kampf auf — was frage ich nach Kämpfen, wenn ich Iveiß, daß Sylvia frei ist! Glauben Sie, daß ich auf Gegenliebe hoffen darf?" Ueber sein hübsches offenes Gesicht glitt wieder ein besorgter Ausdruck, Nährend er sich vorbeugte, um Majas Züge genau sehen zu können. Es war, als wollte er ihr die Worte von den Lippen ablesen. Das Mädchen nickte lebhaft. — „Ich glaube es, Herr Walter." „Hat Sylvia bereits eine derartige Andeutung gemacht?" „Nein — o nein! Aber so etwas merkt man doch! Daß Ihr Erscheinen dazu beitrug, das ohnehin nur lose geknüpfte Band ihrer Verlobung vollends zu lösen, bezweifle ich keinen Augenblick. Sylvia hätte vielleicht doch nicht den Mut besessen, die Verlobung aufzuheben, wäre ihr nicht die Erkenntnis gekommen, was wahre Liebe bedeutet. Nun verlebt sie natürlich schwere Tage, denn sie wird von allen Seiten bedrängt. Ihre Tonte macht ihr das Leben tatsächlich zur Qual. Als die dann erfuhr, daß die Verlobung, die größten teils ihr Werk war, wieder gelöst worden, da brach ein Sturm los, der jeder Beschreibung spottet. Sylvia sollte reumütig Abbitte leisten, ihren Verlobten znrückrufen, es wurde ihr sogar, falls sie sich weigerte, mit Ausrveisung anS dem Haus« gedroht; ich glaube, sie wäre längst gegangen, hätte der Vater ihrer nicht so dringend bedurft. Aber so lange derselbe nicht völlig hergestellt ist wagt sie sich nicht fort. — Glauben Sie nun, daß das arme Kind eine kleine Abwechslung und Zerstreuung nötig hat und — werden Sie nun singen?" „Alles, alles will ich, mein teures Fräulein! Sie sind ein Engel! Ich war vorhin unartig — verzeihen Sie mir!" I ! >. »Me Freundinnen." 31