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Beilage zu Nr. 18V der »Sächsischen Volkszeituug" Pom S. August IVOS. Wer zahlt die Warenhaus Steuer? Es war von vornherein die Befürchtung nicht von der Hand zn rveisen, daß die Warenhäuser versuchen würden, die Sondersteuer auf andere Schulten: abzuwälzen. Es kamen dabei als Objekte die Käufer, Angestellten und die Lieferanten in Frage. Während es weniger augenscheinlich und bekannt geworden ist, daß die Angestellten mit den Opfern der Warenhaussteuer bedacht worden sind, liegt eine Reihe interessanter Dokumente vor, die beweisen, daß die Warenhäuser ganz ungeniert aus der Haut ihrer Lieferan ten Riemen zu schneiden versucht haben. In einen: Tone, von dem seinerzeit der Verein zur Wahrung der Interessen der Färberei- und Druckerei-Industrie für Rheinland und Westfalen sagte, „er möge wohl bei Tributsordernngen ost- asiatischer Tartarenhäuptlinge, nicht aber in: westeuropäi- sck-en Geschäftsleben angebracht sein," haben Warenhaus- firmen bei Einführung der Steuer ihren Fabrikanten kund und zn wissen getan, daß sie fortan um so und so viel Pro zent billiger zu liefern hätten. Dabei konnte der eigentüm liche Fall eintreten, daß die Warenhäuser bei der Steuer noch verdienten. So bestimmte beispielsweise das preußische Gesetz, daß eine Erhebung des Steuersatzes bis zur Hälfte einzutreten hat, wenn der Reinertrag 20 Prozent des Jah resertrages erreicht. Der höchste Steuersatz beträgt hier zwei Prozent des Jahresumsatzes. Erhalten die Waren häuser nun von ihren Lieferanten zn>ei Prozent und mehr Ertra-Skonto, so ist der Fall möglich, daß sie bei Erhebung des Steuersatzes noch ein Prozent und mehr verdiene::. Ein Lieferant, der „mit fast allen größeren Waren häusern Deutschlands arbeitet." nnd in dieser Beziehung viele Erfahrungen gesammelt haben will, sucht im „Kon fektionär" (Nr. 80) der Ansicht entgegenzuwirken, die Lie feranten seien bei der Warenhanssteuer eigentlich die Ge leimten. Er meint, die Warenhäuser befänden sich in einer argen Selbsttäuschung. „Die Warenhäuser bezahlen die Warenhanssteuer selbst in erhöhtem Maßstabe, wenn sie von ihren Liefranten einen Ertra-Warenhaussteuer-Nabatt ver langen." Jeder Lieferant bestimme seine Preisstellung unter Be rechnung der Abzüge, welche er auf die Listenpreise erleide in Form von Fracht, Provision, von anderen Unkosten nnd von Skonto oder Rabatt, gleichgültig, ob der letztere Abzug Kassa-Skonto, Waren-Skonto oder Warenhaussteuer-Nabnit genannt werde. Es falle dem Lieferanten gar nicht ein, gegenüber den Warenhäusern von dieser Gepflogenheit ab- znweichen. Diejenigen Warenhäuser, welche als Entschädi gung von ihren Lieferanten einen Warenhausstener-Rabatt verlangten, bezahlten dafür einen ebenso erhöhten Einkaufs- preis und verkauften dann die Ware mit demselben Ge- winnaufschlage au das Publikum wie vor Erlaß des Waren- hanssteuergesetzes. Die Warenhaussteuer werde daher in Wirklichkeit getragen von der Kundschaft der Warenhäuser, dem konsumierenden Publikum. Die Leidtragenden der Warenbansstener seien also weder die Warenhäuser noch die Lieferanten. Die Warenhäuser spielten vielmehr die Nolle der Steuererheber für den Staat. Der Konfektionär fügt diesen Ausführungen die Be merkung bei, die Warenhäuser wüßten ganz genau, daß die Lieferanten der: Rabatt ihnen nicht schenkten. Die Rabatt forderung der Warenhäuser geschehe hauptsächlich zwecks Er leichterung der Kalkulation. Von der Getvohnheit der Na- battforderung jetzt abzuweichen, habe keinen Sinn, da der Lieferant in seine Preise den Warenhaussteuerrabatt mit einkalkuliert habe. Hiermit will es aber wenig überein stimmen, daß die Warenhäuser seinerzeit die Forderung eines Ertrarabattes begründeten mit den: Hinweis auf die „fernere Entwickelung unserer Geschäfte". Ob die Ausführungen des Lieferanten zutreffend sind oder ob vielleicht geschäfts-„politische" Erwägungen ihm die Feder geführt, wollen wir nicht entscheiden. Es bleibt zu berücksichtigen, daß die Warenhäuser mit ihren Millionen umsätzen und ihrer Kapitalkraft zu den größten nnd wohl auch begehrtesten Konsumenten zählen. Wenn die Rabatt gabe auch ihre Grenzen hat, so lehrt die Konkurrenz doch manche Pille verschlucken. Fabrikantenvereinignngen zur Abwehr terroristischer Eingriffe seitens der Warenhäuser sind uns nicht bekannt. Daß die Lieferanten versuchen wer den. die ihnen zngeschobcne Steuer wieder auf andere Schul tern abzuwälzen, unterliegt keinen: Zrveifel. Ob aber ge rade die Warenhäuser diejenigen sind, welche sie ganz oder zum größten Teil sich wieder zuschieben lassen, ist weniger unzweifelhaft. Charakteristisch ist die Mahnung des Kon fektionär an die Spezialgeschäfte, sich zu vergewissern, daß ihnen Preise geinacht werden, bei denen der Warenhaus steuerrabatt nicht mit einkalkuliert ist! Auch hier dürfte die Konkurrenz ansgleichend wirken. Bei wem die Steuer also eigentlich „hängen" bleibt, ist noch keinesivegs ausgemacht. Man dürfte der Wahrheit am nächsten kommen, wenn man nnnimmt, daß mehrere Schultern mitzutragen haben. Da mit nxire freilich der Zweck, den inan mit der Warenhaus steuer verfolgt, nicht entfernt erreicht. So verfehlt sie auf den ersten Blick klingen mag, so be rechtigt ist gleichwohl bei näherer Prüfung die Erwartung, daß die Warenhaussteuer wesentlich bessere Erfolge erzielen würde, wenn sie eine Verschärfung etwa nach dem Muster des im preußischen Abgeordnetenhause angenommenen Ent wurfes erfahren würde. Albertns-Masirrirs-Verei-,. Der Zentralvarstand des Albertus-Magnns-Vereins «Verein zur Unterstützung studierender deutscher Katholiken) in Trier versendet soeben den Bericht über die Tätigkeit des Vereins im Jahre 1904. Nach demselben sind in den ein- zelnen Diözesanverbänden Norddeutschlands in diesem Jahre zusammen 58 265 Mark als Studienbeihilfen an 420 tätolische Studierende der weltlichen Fakultäten, einschließ lich der höheren technischen Fächer, vergeben worden. Die Einnahmon des Vereins sind allerdings gestiegen, aber sie genügten auch diesmal noch nicht, um allen wohl begründe ten Gesuchen zu entsprechen. Möchten deshalb die besitzen den Katholiken, zumal die der gebildeten Stände, in richti ger Würdigung der Zeitaufgaben den: Aufwärtsstrebei: be- aulagter Kräfte mit besonnener Weitherzigkeit entgegen kommen und durch ihre Beiträge den Albertns-Magnus- Verein in die Lage versetzen, den zahlreichen strebsame:: jungen Leuten, die sich zum Teil unter großen Opfern die Reife zur Hochschule erworben haben, die erhoffte Beihilfe zur Vollendung ihrer akademischen Studien zu gewähren. Da der Verein Rechtsfähigkeit besitzt, so kann er Stiftungen oder Legate aunehmen, die ihn: besonders willkommen sind. Obschon er erst seit 1898 besteht, waren doch schon mehrere seiner Stipendiaten in der Lage, die als zinsloses Darlehen erhaltenen Beihilfen znrückzuzahlen. Mit Ausnahme von Kulm und Gnesen-Posen bestehen jetzt Verbände des Ver- eins in alle:: norddeutschen Diözesen nnd zwar stehen als Vorsitzende nnd Schriftführer ai: der Spitze folgende Her ren: In Breslau: Jnstizrat Tr. Porsch und Sanitätsrat Dr. Eroce; in Köln: Oberstleutnant a. T. Thomä und Gym nasialoberlehrer Th. Meyer; in Ermland: Gymnasialdirek- tor Tr. Prenß nnd Professor Dr. Kolberg (dieser Verein ist mit dem Albertus-Magnus-Verein bisher nicht in Verbin dung getreten); in Fulda: praktischer Arzt Dr. Heitzmann in Neuhof, Kreis Fulda, und Gymnasialoberlehrer Dr. Brockmanu; in Limburg: Amtsgerichtsrat Gerhardus nnd Redakteur Herkenrath; in Münster: Tompropst Dr. Parmet und Universitätsprofessor Dr. Mansbach; in Osnabrück: Domdechant Schoo und Professor Dr. Vonhöne; in Pader born: Prälat Propst Nacke und Tompikar Schulte; in Trier: Neichsgerichtsrat a. D. Jser und Religionsoberlehrer Hüllen. An die Adresse dieser Herren haben die Studieren den der betreffenden Diözesen (die aus der Diaspora au den Zentralvorstaiid in Trier) ihre Gesuche um Studienbei hilfen zu Anfang des Semesters vor dem t. Mai und 1. No vember zu richten. Aus Stadt und Land. —* Eine a l k o h o l g e g n e r i s ch e A usstell u n , findet in Verbindung mit dem 8. Deutschen Abstinenten tage in der Zeit vom 8. bis 1l. September d. I. in Dresden «Wallothhalle des Städtischen Ausstelluugsgebäudes) statt. Außer der umfangreichen Zusammenstellung der neuen Lite ratur über die Alkoholfrage, mit deren Ausführung die be kannte Verlagsaustalt A. Müller Fröbelhaus, Dresden, be traut worden ist, sowie besonderen Abteilungen für die dem Deutschen Zentralverband zur Bekämpfung des Alkoholis- mns allgeschlossene» Abstinenzvereine nnd die sächsischen altoholgegnerischeu Verbände wird auch die rein praktische Seite der Bewegung Berücksichtigung finden durch Aus stellung von alkoholfreien Getränken. Limonadenmaschinen »sw. Anmeldungen für die Ausstellung sind bis zum 15. August au Herrn Dr. Phil. Ncubert, Dresden,Allst. 19. Bergmannstraße 32, zu richten. Briesnitz. An: Freitag ist der Gemeindevorstand Heber durch die Amtshanptmannschast von seinem Amte suspen diert worden. Klvtzsche-Königswald. Die Gemeinden Klotzsche-Königs- wald, Lama mit Friedersdorf, Weirdorf und Gommlitz haben Ende April dieses Jahres an das Königliche Ministe rium des Innern eine Petition uni Erbauung einer elektri schen Schienenbahn von Dresden-Arsenal über Klotzsche nach — 4 — Tischen umher. Seidene Vorhänge verhüllten mit schweren Falten Fenster nnd Türen, dicke Teppiche bedeckten den Fußboden, der Frühling schaute zu den Fenstern herein; und doch machte das Zimmer einen ungeselligen, um freniftllichen Eindruck. Die kalte stolze Miene seiner Besitzerin nahm der Sonne ihren Glanz, der Luft ihre Wärme, den Blumen ihren Duft. Es gibt Menschen, die sofort für sich cinnehmen und andere, deren Nähe niis so abkühlend nnd entfremdend wie Eiseshauch berührt, und dieses Gefühl beschlich jeden in Gräfin Ronovarys Gesellschaft. Ihre kalten, durchbohrenden grün schimmernden Augen hielten ihre Umgcbnng ii: Furcht, und obgleich niemand sie einer Grausamkeit beschuldig,.«! ionnte, erinnerte sich auch nie mand, ihr Herz nur für einen Augenblick entflammt gesehen zu haben. Ob sie weinte oder lächelte, lobte oder tadelte, immer behielt sie die ihr eigene Starrheit, immer den Furcht erregenden Ausdruck in ihren Zügen. Nach der Entfernung des Mädchens herrschte für einen Augenblick tiefes Schweigen. Beide folgten mit ihren Augen der schlanken Gestalt, bis sie hinter der Tür verschwunden war, dann wandte sich die Gräfin an ihren Sohn: „Ein schönes Mädchen," sagte sie in kaltem, zurückhaltendem Ton, „aber kein Zug der Ronovarys. Gleicht sie ihrer Mutter?" „Ich glaube ja," entgegnete mit merklicher Verwirrung Iwan, „dennoch hoffe ich, daß meine Mutter mit ihr zufrieden sein wird, sie ist ein gelehriges, gutgeartetes Kind." „Wie konntest du aber das Mädchen so verwildern lassen, denn wer auch immer ihre Mutter tvar, so trägt sie doch unseren Namen." Iwan schwieg einen Augenblick. „Sie ist nicht gar so verwildert, wie meine Mutter glaubt. Ihr Herz ist rein nnd gottesfürchtig, sie besitzt einen gesunden Verstand und gute Auffassung, sie weiß trotz ihrer Jugend das Schickliche und Unschickliche mit selten feinen: Takt zn nntersck-eiden. Aber ihrer Erziehung fehlt die äußere Form, sie hat weder Sprachen noch Musik ge trieben. In der Gesellschaft, wohin sie durch ihre Geburt gehört, wäre sie ein Gegenstand des Spottes. Als Gräfin Ronovary füllt sie ihren Platz nicht aus." „Und eine solche Erziehung gabst du ihr?" „So sehr ich auch wünsche, über die Vergangenheit und inein Eheleben zn schweige,:, so muß ich doch eingestehen, daß die Erziehung ganz gegei: meinen Willen und der Grund vieler Zwietracht war. Ich wünschte, meine Tochter in eine Bildungsanstalt zu bringen, um sie meinen Schwestern gleich erziehen zu lassen, doch fand ich bei meiner Frau den heftigsten Widerstand. Sie wird ihre Mutter verachten, und über mich und meine Unwissenheit lachen, wenn sie einst als gebildete Dame zurückkehrt. Die Kindesliebe und Achtung wird durch solch eine Erziehung ersterben und für etvig tvären Mutter und Kind getrennt, — so redete des Mädchens Mutter." Er schwieg und trocknete mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn, dein: er war krank und die Erinnerung wirkte qualvoll auf ihn. „Darin hatte sie Recht," sprach mit Genugtuung die Gräfin. „Diese Denkungsart zeigt gesunden Verstand und richtige Beurteilung ihres eigenen Wertes, und du warst schwach genug, auf diese Beweisgründe zu Hörer: und die selbstsüchtige Rede zu beachten." „Ich konnte nicht anders." Martha. Roman von H. v. Beniüky. uebersetzt von L. lt a n g f ch. Feoillet»n.BeUage zur „Sächsischen Bolkszcitung."