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Mittwoch, de» 8. Dezember 1VS3. Nr. 23», Teile 8 Dresden Klndcrhilse in der erst<n katholische« Volksschule I» einer gemeinsamen Sitzung der Lehrer- und Eltern vertreter der Schule sind auch^ie Maßnahmen eingehend durch beraten worden, welche zur Linderung der Not unter unseren V o l k ö s ch u I k i n d e r n wahrend des Winters durchgesührt werden sollen. Mehrere Hilfsmaßnahmen haben bereits eingesetzt. ES ha ben besser gestellte Eltern Freitische für besonders bedürf tige Kinder zur Verfügung gestellt. Andere gaben ihren Kindern reichliches Frühstück mit, damit sie ihren ärmeren Kameraden davon abgelben tönncn. Weiter haben der Schulleitung durch Vermittelung der Elternvcrtreter Geschäftsleute Brot und Margarine gespendet. Diese Liebesgaben werden denjenigen Kindern, welche infolge »,Micher häuslicher Verhältnisse kein Frühstücksbrot mitbringcn, in Form von Brotschnitten verab reicht. Die Lehrerschaft hat sich bereitwilligst in den Dienst die ses LicbcswerkeS gestellt, welches sich als besonders wirksam er- weist, weil es wie die Ouäkerspeisung die Gewähr bietet, daß den Kindern auch tatsächlich die Liebesgaben zugute kommen. Große Sorge bereitet aber der Lehrerschaft und den El- tcrnvortrctern die Beschaffung von Kleidnngs- und Wäsche- stücke», sowie Schuhwerk für unsere ärmsten Schulkinder. Die Mittel hierfür aufzubringen, um nur die größte Not lindern zu können, ist der Lechrersckiaft und den Elternvertretern allein nicht möglich. Ez ist deSha'b der Beschluß gefaßt worden, um Unter stützung dieses LiebeSwerkes an die breite Oefsentlich- keit zu appelliere». Hoffentlich wird der Nuf nicht un- gebört verhallen und werden soviel Mittel zusammcnkommen, daß unseren bedürftigsten Kindern eine kleine Eiabc am Weih- nachtSseste unter den Christbnnm gelegt werden kann. Die Schulleiter haben sich bereiterklärt, jede, auch die kleinste. Gabe dankend anznnchmen. N -r. 2'm Dkensiast kostet ln Dresden: 1 «Merpsnndbrot 1. Sorte 660 Milliarden Mark 1 Blerplrmdbrot S. Lorle 760 „ „ 1 edm Ka« <Guk?»e«n.EInhei1> LOO » „ 1 Liker Vollmilch (lArofshandel) LO S Goldpfennia« 1 Liter Vollmilch (Kleinhandel) 30 „ Der Zuschlag für dos Zubringer, der Milch ius HanS oder bei verkaus ab Wagen betrügt 1 Goldpseunig für das Liter. KreiizbüichniS Tr.-Johaniistadt. Donnerstag, den 6. De zember, Adventsseier bei Frau Werner. : Motorraddiebstahl. In der Nacht zum 2». November wurde ans einem Meller in der Johanii-Georgennllre mittels Eln- bruckiS ein Motorzweirad, belgisches Fabrikat National F. N. gestohlen. : Erwlrbstasi-tt'flirsrrgr. Die in Nummer 272 der „Sächsischen StantSzeitiiiig" vom 21. November 1923 bekanntgegebenen Höchst-" sähe der Erwerbslosenfürsorge gelten zufolge Anordnung des NeichSarbeitSmiiiisierS auch für d>e Woche vom 26. No vember bis 1. Dezember 1923. : Die Wache der städtischen Elektrizitätswerke «st seit dem 2. Dezember unter Nr. 2t 112 an daS OrtSsernsprechnetz ange« schlossen (bisher Nr. 19 030). Milliardewmarkrechnung bei der Post. Tie Neichspost- und Lelegraphenverwaltimg sieht sich genötigt, ihren Zahlungs- und MechnnngSverlehr, soweit er sich noch in Papiermark absptelt, von» 1. Dezember an ans die Milliarbenmarkrechnung einzustellen. Postanweisungen, Nachnahmen, Postausträge und Zahlkarten dürfen vom 1. Dezember an nur über volle Milliarden lauten. Bei der Angabe des Betrages in Ziffern ist dabei an Stelle der neun Nullen das Wort „Milliarden" zu schreiben. Tie Maßnahme wird mit dazu beitragen, eine schnellere Abfertigung der Bevölkerung an de» Postschalteru zu ermöglichen. Spielplanänderung tm Operuhauü: Infolge mehrfacher Erkrankungen im Künstlerpcrsonal Mittwoch, am 8. Dezember, nicht «Die Bohöme", sondern „Aida" mit Büssel, Irma, Ter- vaiii, El'sa Stünzner, Pattiera, Zottmayr, Burg. Tänze mit Susanne Domboiß und Kreideweiß. Musikalische Leitung: Kutzsch- bnch, Spielleitung: Staegemann. Anfang bereits Z^7 Uhr. Leipzig ) Ladeireinbrüch« wurden wieder verübt ln der Schwartze- st raste, wo die Täter Gunim iwciren: 60 rote Fnstballblasen, L Fahrraddecke,', Schläuche. 1ü Gummisohlen. 35 Dutzend Gummi absätze, 35 Meter Wasserschlauch, 15 Windelhosen aus Gummi stoff, Schnürsenkel und 20 Kilogramm Sohlenleder erbeuteten. — Aus einem Laden in der Eltlenstraße wurde ein groster Posten Zigarette» gestohlen. — In der Karl - Heine -Straße haben Diebe eine 30 mal 60 Zentimeter große Oberlichtschetbe eines Ladens eingelchlagen, sind dann unter Benutzung des die untere Hälfte des Schaufensters sichernden Scherengitters empor- geklettert und ln ^aS Geschäft eingesttegen. 25 Coupons mit je 3 Meter dunklen Herrenstosf und 5 Coupons mit je 3 Meter Hecreniilsterstosf, 2 fertige Herrenulster, sowie 2 graugrüne Gummi mäntel waren ihre Beute. — Aus einem Laden der Branden- Gegen den Bearrrtenabbau Dresden, 4. Dezember. Der Ortsausschuß Dresden des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes hatte für Sonntag vormittag eine öffentliche P r ot e st v e r sa in in- lung gegen die Bsamtcnabbauverordnung nach den Kristall hallen einbernfen. Der Besuch war ein sehr guter. Nach ein. leitenden Worten des Vorsitzenden des Ortsvereins. Nehs ch n h, gab das Vorstandsmitglied des Zentralverbandes, Kutznhr, Berlin, ein längeres Referat über die voraussichtliche Wirkung der von der ReichSregicrung erlassene Beamtenabbauverordnung. Es handle sich dabei um tiefeinschneidende Maßnahmen in die Beamtenkörper des Reiches, der Länder und Gemeinden. Wenn auch zu erwarten sei, daß die Verordnung durch eine gesetzliche Regelung demnächst ersetzt werde, so würden dadurch doch nur die größten Härten beseitigt, die Kündigungen selbst al»er anf- rechterhalten werden. Mit der Zwangspensionierung der Be amten über 08 Jahre könne man einverstanden sein, voraus gesetzt, daß die Ruheständler genügend hohe Bezüge erhielten. Auch gegen die freiwillige Dienstausgabe der über 60 Jahre al ten Beamten sei nichts einzuwenden. Entschieden widersprochen werden müsse aber der Bestimmung, daß ohne N ü ck sicht auf daS Alter Beamte entlassen werden sollen, ;e nach der Qualität der Beamten. Die Erfahrungen hätten gezeigt, daß durch eine solche Bestimmung der Willkür Tür und Tor ge öffnet würde», besonders bei dem Fehlen von Beamtenrälcn. DaS alte Shstem der Geheimakten werde dann seine Auferstehung feiern. Bei der Reichsbahn würden wahrscheinlich bereits bis zum t. Januar 10 Prozent der Beamten abgebaut werden. Deutschland sei aber gar nicht so sehr mit Beamten durchsetzt, wie immer behauptet werde. Es gebe nur 1^ Million Reichs-, Staat?- und Gemeindcbcamte». Durch die geplanten rigorosen Maßnahmen werde der BcaiiiteniiackyvuchS abgeschnitten und die Dienstfreudigkeit zerstört werden. Die Negierung sei abhängig von der Industrie n»d dem Bergbau, und die unglückselige Ver koppelung der Arbcitcrlöhne mit den Beamtengehältern werde sich bald in der Entlohnung fühlbar mache». Außerdem müßten die zurückbleibenden Beamte» die Arbeit der entlassenen überneh men, vielleicht sogar in längerer Dienstzeit. Nur eine geeinte Beamtenschaft werde imstande sei», die drohenden Verhängnis bosten Maßnahmen abzuwehren, nöiig.'nsalls auch mit dem letz ten Mittel, dem Beamtenstreit. Dem Redner wurde lebhafter Beifall gezollt. Nach etiier längeren Aussprache wurde folgende Ent schließung angenommen: Tie heute In den Kristallhallen versammelten zahlreichen Beamte» des Reiches, der Länder und der Stadt Dresden protestieren gegen die auf dem Bcrord- nnngswege erlassene B e a m t e n a b b o u v c r o r d » u n g» die ohne Mitwirkung der Beamten zustande kam und geeignet ist, daS Gegenteil von dem beabsichtigten Zwecke zu erreichen. Tie Versammlung erwartet von den Parteien des Reichstages, daß sie die Verordnung sofort außer Kraft sehen und eine gesetzliche Regelung unter Berücksichtigung der von der Beamtenschaft ge. stellten Anträge vornehmen. Tie Beamtenschaft ist durchaus ge willt, au einer Verminderung des BeamtenkörperS milzuwirken, wenn durch organisatorische und gesetzgeberische Reformen dir Voraussetzungen hierfür erfüllt werden. An die Negierungen der Länder richtet die Versammlung die Bitte, be- ziiglich des Bcamtenabbaues eine abwartcnde Stellung solange einzunchmcn, bis der Reichstag seine Entscheidung getroffen Hot. Dir Versammlung protestiert gegen die beabsichtigte Acndcrung des Absatzes 2 der Richtlinie» deS Neichskabinctts, die unter Ausschaltung des gesetzlichen Achtstundentages die n c » » st ü n . dige Dienstzeit einfiihrcn will. Tie Versammlung fordert von der NcichSrrnierung die Festsetzung von Gehältern, die der jeweiligen Preisbildung aus dem Lebensmittel- und Warenmarkt entsprechen nnd die es dem Beamten ermöglichen, sich und seine Familie ausreichend zu unterhalten. Solange die trostlosen Wirt- schastSverhältnisse Deutschlands eine Besoldung nicht gestatte», die nnscrer Kulturhöhe entspricht, muß in erster Linie der so ziale Gesichtspunkt bei der Verteilung b-r nach dem Etat zur Verfügung stehenden BcsoldnngSsummen maßgebend sein. Tie Versammlung fordert die gesamten Reichs-, Landes- und Gc- meindebcamtcn auf, sich einig und geschlossen dem Ansturm gegen das Bcrnföbeamtentum rntgcgenznfiellen, und dann, wenn die Verhältnisse es erfordern» auch vor der Anwendung des letzte» gewerkschaftlichen Mittel- nicht zurückschrrcken. bürg er Straße wurden klarer Zucker, Rosinen, 25 Flasche» Kognak und ein großer Rohrplattenlosser gestohlen. ) Landeöuniversitäl. Der Pftvnt ozcnt in der Philoso phischen Fakultät der Iln versität Leipzig De. Friedrich Levi ans Mühlhaicken t. E ist zum ntch'p'anuiäfiigen außerordentlichen P> o- fessor in dieser Fakultät ernannt worden. AuS Sachsen Der Viehbestand in Sachsen Dresden, 4. Dezember. Tie am 1. Oktober ds. I. tm Freistaat Sachse» vorgenommcne Viehzählung, die sich aber nur aus Rindvieh, Schafe, Schweine und Ziegen erstreckte, hat nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes folgenden Bestand er geben: Rindvieh 687135 Stück (gegenüber dem I. Dezember 1922, also weniger 5 703 Stück), Schafe 104 189 Stück, Zunahme 14 995), Schweine 570205 Stück (Zunahme 62609), Ziegel» 334 419 Stuck (Zunahme 54 777). Bei dem Vergleich mit den Ergebnissen von 1922 muß aber in Betracht gezogen werden, daß die letzte Zählung um zwei Monate früher vorgcnommen wor den ist, als die vom Jahre 1922 und daß gerade in diesen zwei Monaten noch eine große Anzahl von Schafen, Schweinen »nd Ziegen geschlachtet iverden, denn in die Monate Oktober und No- lember fallen die meisten Hansschlachtnngen. Tie Nachzucht bei den Rindern deckt so ziemlich den Abgang in den übrigen Altrrs- lassen. <) Bautzen, 4. Dezember. (Umwandlung deö Gymnasiums.) Das hiesige Gymnasium wird nächste Ostern in ein Neform- gymnasium »ach Dresdner Muster umgewandclt werden. Der Hauptunterschicd vorn bisherige» Zustand ist der, daß in Sexta mit einer modernen Fremdsprache begonnen wird und daß Latei nisch erst in IIIB kommt. Für das Bautzener Gymnasium hat das Ministerium Englisch als erste Fremdsprache be stimmt, dieses setzt mit 6 Stunden wöchentlich ein. Daneben stehen 6 Stunden Dentsch, während es bisher nur 5 Stunden waren. Auch das Rechnen mit 4 Stnndcn ist uni eine Stunde verstärkt, aber alle übrigen Fächer bleiben unverändert. Dir Gesamtzahl der Stunden sinkt von 31 auf 30 Stunden wöchent lich. In MB setzt dann daS Lateinisch mit S Stunde» ein. Dentsch, hat wie bisher, b Stunden, Französisch und Mathema'ik 4 Stunden, gegen 3 stunden zctzt. Die IIB teilt sich, dir ein« Abteilung bekommt Gr cchisch, die andere, unter Verringerung der lateinischen Stunden, Französisch, d. h. also es gehen ein realgymnasialcr und ein gymnasialer Zug nebeneinander weiter. Für die Primen in beiden Abteilungen ist dann wie birher eine Gabelung vorgesehen, bei der entweder die Sprachen oder Mathe matik und Naturwissenschaften besonders stark betont werden. <) Bautzen» 4. Dezember. Ter neue Güterbahnhof.) DaS neue Verwaltungsgebäude der Güterabfertigung Bautzen. sowie der neue Versandgüterschnppen sind nnnmehr nach ziemlich voll endetem Umbau in Betrieb genommen worden. Alle Anlagen sind neuzeitlich und großzügig, so daß sie auch stärkstem Verkehr: gelvachsc» sein dürsten. Auf die Frachtbrief-VrrprüfungSstelle, der alle Frachtbriefe vor Auslieferung des Gutes vorzulegcn sind, wird als neu« Einrichtung besonders hingewiesen. Der alte Empfangsgüterschuppen bleibt vorläufig noch in Betrieb. <) Brnnd-ErbiSdorf, 4. Dezember. (Treibriemendirbe) staben mittels nächtlicher Einbrüche in mehreren hiesigen Geschäften Treibriemen von sehr hohem Werte gestohlen. Neben dein finan ziellen Verluste ist durch die Diebstähle der Betrieb der betrof fenen Firmen nahezu lahm gelegt worden. () Rochlitz, 4. Dezember. lZ«m Bürgermeister von Falken- stcln gewählt.) Bürgermeister Grieshammer, der seit Mai 1Vi9 an der Spitze unserer Stadt steht, ist von den städtische,, Kollegien zu Falkenstcin i. V. einstimmig zum Bürgermeister von Falkenstein gewählt worden. Der jetzige Bürgermeister von Falkenstein, Dr. Horning, ist bekanntlich zum Bürgermeister von Grimma gewählt worden. Bürgermeister Grieshammer hat sich während der kurzen Zeit, in der er hier wirkte, viele Verdienste erworben. Vrin-eksln Sovhie gest. Pr nzesstn bo>> Luxemburg nnd von Nassau, Gemahlin des Prinzen Ernst ein ri ch, ist am 2. Dezemb.r in München von einem Sobne glücklich enibnnd-n worden. Beginn der Reifeprüfungen. Das Ministerium für Volks bildung will aus wirtschaftlichen Gründen diesmal geschehen las sen, daß der Beginn der schriftlichen Reifeprüfungen an sämt lichen höheren Lehranstalten bereits auf Anfang Januar nach Beendigung der Weihnachtsserien und der der mündlichen auf die zweite Hälfte des Februar angesetzt wird. Di« Prüfungen müs sen bis Ende Februar beendet sein. Die Anmeldungen zur Reifeprüfung bei dem Ministerium haben bis zum 15. Dezember 1bL3 zu erfolgen. Ter gleiche Zeitpunkt gilt auch für die An meldung der Zngewiesenen. Zwischen schriftlicher und münd licher Prüfung sollen die Abiturienten zum Unterricht nicht mehr berangezogen werden. Die Zwischenzeit soll ihnen zu häuslicher Vorbereitung für die mündliche Prüfung zur Verfügung stehen. UnterrichlSschluß vor den Ferien und Ausfall dcS Unter richts bet Aufnahmeprüfungen in den höheren Schulen. Nachdem die Zahl der unterrichtsfreien Tage durch Verlängerung der Gc- samtdauer der Ferien erhöht worden ist. sind weitere Be einträchtigungen des Unterrichts im Laufe deS Schuljahres streng zu vermeiden. Nach einer Verordnung de« Ministeriums für Volksbildung ist deshalb an Tagen vor Fcrienbeginn der Unterricht am Vormittage unbedingt voll dnrch- zuführen und bei Aufnahmeprüfungen nach Ostern und Mi chaelis der planmäßige Unterricht nur dann auszusetzcn, wenn so viele Lehrer an der Prüfung beteiligt sein müssen, daß ein geordneter Unterricht nicht möglich ist. Der Ausfall ist tunlichst auf die Klassen zu beschränken, Heren Lehrer durch Prüfung voll oder überwiegend in Anspruch genommen werde». Sonett möglich, ist durch Anordnung von Vertretungen der Unterricht in den betreffenden Klassen durchzusühren. Ausgefallener Un terricht ist nachzuholcn. Theater und Musik Woyftck Erste Dresdner Aufführung im Neuen Theater. Georg Büchner, der Vorläufer unserer heutige» Junge», den sie gewissermaßen als Patron auf ihre Fahne schreiben ist entschieden ei» pathologischer Fall. Nichts atmet gesunde Lust an diesen Werke». Gewiß, der Ausdruck großer Leidenschaften gelingt ihm in seinen fünf Werken mit großer Kunst und es locire ein dankbares Fenilletonsujet, Büchners Expressionismus mit de,» unserer Tage zu vergleichen, wobei der erslere besser weg« kommen würde. Aber die krasse, pessimistische Weltanschauung, die alles Schlimme auf den Materialismus der anderen znrücksührt und für sich selbst den Idealismus in Erbpacht hat, ist »»be dingt das Produkt einer kranken Seele. Wir leben heute unter ähnlichen Zeltverhältiitssen wie Büchner. Dekadenz und krankhaftes Kämpfen für Phantome ist dem frischen, frohen Kampf gegen den Alltag gewichen. Was man in besseren Zeiten Selbstsucht nannte, heißt heute ein Sklavenleben. Und der heutige Idealismus ist bet Lichte besehe» das Gegenteil dieses Begriffs. Ans solchem Boden wächst aber »lchtS, was geeignet wäre, der Nachlvrlt zn dienen. Ter beste Beweis ist Büchner selbst. 40 Jahre war er so gut wie verschollen. Heute gräbt man ihn wieder aus. Er wird i» sein Grab znrNcksinken, sobald sich die Trostlosigkeit un serer Tage bessert. Und mit ihm werden die heutige» Glüich- gestnnten gehen. Ein freier Geist. Ludwig Marcuse.ist Kommentator Büchners geworden. Er versteigt sich freilich gle'ch soweit, zu behaupte», daß der junge Büchner fünf Meisterwerke hiiiterlassen habe, daß er im Woyzeck (nicht „Wozzeck", welche LeSart mehrfach wider legt ist!) die neue Gestalt des Tragische» zur Kunst erhoben habe. Es steht aber schlimm um diese Kunst, wenn der Dichter ent schuldigend selbst schreiben muß: „Ich hoffe noch Immer, daß Ich leidenden, gedrückten Gestalten mehr mitleidige Blicke zngeworfe», als kalten vornehmen Herze» bittere Worte gesagt habe." — Woyzeck ist der „geschundene" Mensch. Ist Soldat, lebt in uner laubter Ehe mit einer Unwürdigen, die er über alles liebt, deren tivegen er sich zum medizinischen Versuchskaninchen herab- würdtgt »nd vom Hauptmann beschimpfen läßt bis ein anderer) ietn wüster MuSkelmensch, ihm die Marie wegkavert. Cr lebt Linen Roman auS: erst die Marl« mit dem Rasiermesser um- vrlngen, dann selbst sterben. Wer will sagen, daß Woyzek für da» Schicksal vieler Ausdruck sein lann? Es kann dem ernsthaften Zuschauer leicht eingehcn, wieviele Gedanken der Erörterung wert wären, wenn sie nicht krankhaft verzerrt wurden. Gewiß gibt es im Verhältnis zwischen arm und reich noch vieles zu bessern, gewiß kennt die Welt der Spießer den Sinn der christlichen Lehre nicht, weis; auch nicht, daß alles verstehen alles verzeihe» heißt. Aber ebenso gewiß ist es, daß Woyzeck ein Kümmerling ist und daß der Schwächling deni Mächtigen immer unterliegen wird. Das ist ein Gesetz, das man alle Tage ln der Natur beobachten kann. Und »er arme,' kraule Woyzek ist von Anfang an bestimmt, zu unterliegen. Mit Naturnotwendigkeit. Daraus läßt sich kein Kampf gegen Kapital und Gesellschaft entfachen. Nnd so muß vieles komisch wirken^ so ernst eS gemeint ist. Der Gesunde, der eigne» Kraft Vertrauende kann da nicht mit. Er wird die Nebcrtreibnnge» mißverstehen und sich langweilen. Nur wenige Szenen dcS MittlcidS werde» ihm etwas sagen können. Dem Stück kam die Spielleitung nicht zu Hilfe. Büchner ist nur Vorläufer, nicht Moderner. DaS mußte cniSgcdrücki sein. So wurde vieles redlich verwirrt und künstlerisch nnmöglich. Gut war die Szene der Betrunkenen nnd die beiden letzten Ka- sernenßzcnen. Anzncrkennen bleibt die ehrliche Bemühung der Darsteller, namentlich Nocholls (Titelrolle), Friederike Leb ner s (Marie) und BressartS (Doktor). Das Publikum war der Sache nicht gewachsen. Vom 15. Bilde an (23 wurden gezeigt) liefen immer mehr Leute davon. Siel Zck. Schauspielhaus. Mary WIgman.... Mer schaute da daS dichte Flockcngewtmmel, was vom trüben Winterhimniel heruntcrwirbeltel Mary Wigman .... Ein Magnet, mit un widerstehlicher Anziehungskraft! Ein Pol, um den d'e Kunst« Ivelt kreist! Eine Flamme, um die bunte Schmetterlinge gaukeln und sich tummelnI Also ans zu Mary Wigman! ... An der Kasse wogt und brandet eS. Mühsam bahnt man sich Weg durch den Kassenraum. Ist man doch Kritiker.... Ter Anfang darf nicht versäumt werden. — „Hinten antreten!" — Erfreulich nnd angenehm zngleich für einen Zeitnngsver- t r e t e r, s i ch t n c i n G e w ü h l v o n P «l z e n u n d S ch l ü p - fern hineinznzwängen, in der sicheren Voraus setzung, gewiß „ Zi, spät zu komme n." . . . Nnbarin- herztg rückt der Zeiger der Kassenuhr. v. . Tie Klingelzeichen rattern . . . Man sucht die Hilfe der Kassenhüter, oder zn fremd sprachlich, des Portiers. Auf ein Fremdwort konimts nicht an. Hört man doch genug fremdländische Sprachen! . . . Vergebens . . . Man muß als Berichterstatter warten. Warten, bis man an der Reihe ist! ,. . Der Zeiger rückt und rückt. Endlich. . . - Natürlich zu spät? . . . Sollte es für die Presse, auch' wenn sie nicht zu den „drei großen Zeitungen" gehört, wirklich keine andre Möglichkeit und Lösung geben! ZcitungSmeiiscben haben nicht immer Zeit, sich schon eine Stunde vorher an die Kasse zn stellen. . . . Trinnen im Theater ist man schon über den Anfang l inauS. Szene» aus einem Tanzdrania. Tie einzelnen Abschnittnberschriflcn tu» Wohl nicht viel zur Sache. Einige zur Orientierung. Aufruf- Wanderung Kreis, Dreieck, Wende, EhaoS, Vision, Begegnung Ob die Reihenfolge stimmt? Uns ist'S entfallen. Ist auch nicht wesentlich. Ebenso unwesentlich wie die — Musik. Tamtam, Glocken, Pauken, Trommel, eine heulende Pfeife nnd andere Lärminstrumente geben eben keine Musik, zwar war ei» Flügel dabei, den Will Götze sehr schön bediente. Aber Musil? .. . Beileibe nicht. Expressionistisches Klanggestanimel. Und die Tänze? Mary Wigman mit ihren Schülerinnen. Man kennt d>e Figuren, Bewegungen, Gebärden,Attitüden vom Einzelanftre'en Mary Wlg- maus. Hier sind sie ausgedehnt und anSgebaut in Gruppen nn'» in der Masse. DaS Drama ist vollgestopft mit Zuckungen, Verrenkungen, lebt vom Grotesken, Dncrren, Verzerren. Doch auch heilige Scheu nnd Ruhe breitet sich drin ans. Es kommt aber tm großp» und ganzen über eine gewisse Monotonie und Lethargie nicht hinaus. Tie ausgepcttschten und rasenden Leiter ändern nicht viel daran. Man denkt an Lemuren. Tie Körper haben etwas Mollusken- und QnallcnhafleS Und dann wieder außerhalb des ZuschauerraumS. Ter im Kasfenranm begonnene „Winter nnfcrs Mißvergnügens" sollte noch nicht zn Ende sein. Dreimal eine Viertelstunde batte man an der Kasse zum Opfer gebracht. So wurden vor Schluß schnell Ma»!el n,d Hut gesichert. Mit diesem war aber der Zutritt zum Z u s ch a ii c r r a ii m gesperrt. Mit welchem Rechte? Derglei chen Anordnungen lassen die Galle inS Blut fließen. So blieb für un-S die Aufführung ein Torso. Und der „glorreiche Soininer durch die Sonne Yorks" ließ ans sich warten. Otto Hollstein. Staatliches Schauspielhaus. Gestern abend sübrte die Stacitsbübne zum ersten Mal Gcrhart HauptmannS Schauspiel »Die Weber" in einer großartigen Darstellung unter der Spielleitung Georg KiesauS aus. Der Eindruck war äußerst günstig, weil an erster Stelle daS Rein-Menschliche, losgelöst von sozialpolitischen Problemen gctret-n war, die Wirkung mithin sich von den früheren Dresdner Anfsnhrnngcn im Central, und Alberttheatcr wesentlich unterschied. Morgen mehr darüberl