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— Die sozialdemvkratische ReichStogSfrakti»« hat be- schlossen, bet der dritten Lesung des Etats die Mißstände in den Gefängnissen zur Sprache zu bringen, die durch die Veröffentlichungen zahlreicher Aktenstücke in jüngster Zeit bekannt geworden sind. ES wird eine Resolution ein- gebracht, in der Fordeningen zur Beseitigung der Miß- stände erhoben werden. — Allerlei Brüderliche» «uS der Sozialdemokratie. Da bekommt Genosse Bernstein ein« aufs Haupt, indem der Parteivorstand im „Vorwärts" offiziell erklärt, das dessen Unternehmen „Neues Montagsblatt" ein ..Privat unternehmer!" sei »nd die VertrauenSpersonen von Berlin und Umgebung schließen sich dem an. Damit ist das Blatt schon vor seinem Erscheinen auf den sozialdemokratischen Jude? gesetzt und die Warnungstafel vor ihm ausgestellt; so werden die Revisionisten einfach ausgehungert! — Der „Vorwärts" selbst plädierte für sein Bruderorgan. „Leipz. Volkszeitung", mit dem er jede Woche einigemal sich rauft, „auf mildernde Umstände". — Der sozialdemokratische Redakteur des Düsseldorfer Parteiblattes ist aus seiner Partei ausgetreten. Diese Lieblichkeiten entnehmen wir einer einzigen Nummer des „Vorwärts" und wollen damit nur zeigen, wie es mit der Brüderlichkeit hier bestellt ist! Oesterreich - Ungarn. — Im österreichischen Abgeordaetcnhause kam es vorigen Sonnabend zu widerlichen Szenen. ES sollten die Dele- gattonswahlen vorgenommen werden. Die radikalen Tschechen im Bunde mit den Sozialdemokraten vollführten mit Signal pfeifen. -Pnltdeckeln nstv. einen so ungeheuren Lärm, daß die Sitzung unterbrochen werden mußte. Nach Wieder aufnahme der Sitzung ordnete der Präsident die nament liche Abstimmung über die Vertagungs-Anträge Choc an, welche mit großer Mehrheit nbgelehnt werden. Perners- torffer erklärt, die kleinen Parteien müßten gegen jede Maßregel, welche ihre Erdrosselung herbeiführen könnte, mit allen Mitteln ankämpfen. Er begnüge sich mit einem Protest gegen das Vorgehen des Präsidenten, in der Er- Wartung, daß derselbe eine Erklärung abgeben werde, wonach in der Einberufung einer außerordentlichen Sitzung für die Delegationswahlen kein Präjudiz für die Zukunft geschaffen werde. Der Präsident läßt keinen weiteren Antrag zu und ordnet unter anhaltendem Lärm und Wider spruch der Tschechen die Vornahme der Delegationswahlen an. Darauf erhebt sich tosender Lärm. Die Tschechisch- Radikalen Pfeifen, singen und schlagen auf die Pulte. Inzwischen beginnt die Abgabe der Stimmzettel für die Dclegatiouswahl. die l Stunde dauert. Das Ende des Parlamentarismus in Oesterreich ist gekommen, wenn es nicht gelingt, die von den Christlich-sozialen geforderte Aendcrung der Geschäftsordnung durchzusetzen. — Bei den beiden (krgänzungswahlen zu»! Gcmeinde- rate in der vierten Kurie haben die Christlich Sozialen gegen die Sozialdemokraten gesiegt. Mit großer Energie hatte sich die Sozialdemokratie in den Wahlkampf gestürzt, um die ihr verhaßten Christlich-Sozialen zu besiegen. Gewählt wurden der Führer der christlich-sozialen Arbeiterpartei, Leopold Knnschak. und sein tüchtiger Gesinnungsgenosse. HanS Pre her. Mögen die übrigen Wahlen eben so glänzend auSfallen, als jene in Leopoldstadt und Hietzing! Italien. Präsident Landet hält in Rom überall Ansprachen, die von den Idee» der allgemeinen Brüderlichkeit über flies',eu. Die katholische ./Voce della Veritö," aber schreibt sehr gut hierzu: ..Freuudschasteu und Bündnisse läsen sich ebenso rasch auf, wie sie zustaudekouimen. Der Papst allein bleibt in guten wie in schlechten Zeiten mehr als ein treuer und dankbarer Freund und Bundesgenosse: der Vater und unwandelbare Beschützer der Völker." Dkutsch-Lüdwestafrika. Die Verluste bei der Kolonne Glascnapp. Ein Kabeltclegrainin des ,.L.-A." meldet: Otjihaenena, 25,. April. Da bei den schlechten Wasserverhältnissen in Onjatu die Thphuserkranknngen zunahmeu — es starben außer den bereits gemeldeten noch Feldwebel Kannnolz und Seesoldat Lenz von der l. Kompagnie, Seesoldat Fingerle von der -1. Kompagnie des Seebataillons und die Soldaten der Schutztruppe Rester und Wansler — so marschierte daS Detachement Glasenapp am 2l. von Onjatu nach Otjihaenena. wo »vir gestern eintrafen. Sofort wurde heliographisch die Verbindung mit Okahandja via Seeis und Windhuk hergestellt. Stabsarzt Wiemanu richtet hier, wo die Verhältnisse besonders günstig liegen, ein festes Lazarett ein. Hier erwartet auch das Detachement Ersatz für die durch Gefechte und Krankheit ausgefallenen Offiziere. Mannschaften und Pferde, sowie auch weitere Zufuhr von Proviant und Winterkleidung. Am >3. März früh, vor dem Gefecht bei Okwikokorero, war die Kopfstärke des Detachements 22 Offiziere und 470 Mann; davon fielen 8 Offiziere und 50 Mann. Verwundet wurden -1 Offiziere und 18 Manu; an Krankheiten starben 8 Mann. Krank heitshalber wurden zurückgeschickt 2 Offiziere und 02 Mann. Momentan thphuskrank sind 44 Mann. In der letzten Woche sind heftige Regengüsse gefallen; außerdem gab eS starke Nachtfröste, die sich in den Biwaks sehr fühlbar machten. Heute biwakiert unsere Ostabteilung zum 70. Male. Auf dem Marsche hierher war nichts von Hereros zn be merken. Für heute abend ist das Eintreffen von zwei Postsendungen ans der Heimat angesagt. — Gouverneur Lentwein meldet aus Windhoek, daß bei der .Kolonne Glasenapp bis heute 87 Thphnsfälle vor- gekommen find, von de-en 9 tödlich verliefen. 43Typhns- kranke sind in dar an'.mial in Windhoek gebracht worden, der Rest und die Z äm-e sind in Odjahaenena, wo die ganze Abteilung nntrn O.aarantäne gestellt wird. — Nach einem am 28. d. M. eingegangenen Telegramm ist der bei Ogandjiro schwerverwundete Leutnant v. Nosenberg am 25. April in Okahandja gestorben. — Der in Ham burg eingetroffene Oberst Dürr gewährte eine»! Redakteur der „Neuen Hamburger Zeitung" eine Unterredung und erklärte, die Angabe, daß Differenzen mit Gouverneur Lentwein die Ursache seiner Rückkehr seien, für absolut wahrheitswidrig. Er sei heinigekehrt, weil ein Herzfehler, der ihm in China nicht hinderlich rvar, bei dem Klima und den Anstrengungen in Südwestafrika akut geworden sei. — Ein Ergänzungstransport geht unter Führung Hauptmanns v. Klitzing vom 142. Jnfanterie-Regiment nach Südwestafrika, zunächst nach Hamburg, ab. Er be steht auS 19 Offizieren, 18 Unteroffizieren und 114 Mann: 54 Kavalleristen, 38 Eisenbahnpionieren und 22 Jnfan- teristen. Ani Sonnabend nachmittag 2 Uhr sticht der Wörmann-Dampfer »Herzog" mit dem Ergänzungstransport in See. Sächsischer Landtag. Dresden, den 28. April. Erste Kammer. Tagesordnung: Zwei Petitionen, und zwar die des Schlachtsteuereinnehmers Adolf Jährig in Lugau um Anerkennung seines Anspruches auf Pension unter Einrechnnng seiner Militärdienstzeit, und eine solche des RechtSawalts Dr. Nienholdt in Leipzig um Befreiung der Küchlerschen Stiftung von der Staatseinkommensteuer, sowie um Zurückgewährung wenigstens eines Teiles der im Jahre 1903 gezahlten Steuern. Während die erstere der Königl. Staatsregierung zur Erwägung überwiesen wurde, ließ die Kammer die letztere auf sich beruhen. — Nächste Sitzung Dienstag, den 3. Mai. Zweite Kammer. Mit Interesse sah inan der Er klärung der Regierung zu dein Depntationsantrag bezüg- lich ihrer Denkschrift über die Wahlreform entgegen. Te. Erzellenz der Herr Staatsminister v. Metzsch gab sie in einer Weise, welche befriedigen konnte, aber gewiß nicht nach allen Seiten hin befriedigt hat. Zu dem Vorschlag der Deputation, das Plnralsystem als Grundlage der Wahlreform zu nehmen, stand der Herr Minister skeptisch gegenüber. Sein Urteil, ob die Regierung dieses zur Grundlage nehmen werde, machte er von den Erhebungen abhängig, die erst gepflogen werden müssen; davon hänge es ab. ob die Durchführung des Systems rötlich, ja über haupt durchführbar erscheint. Die Regierung stellt sich also keineswegs bedingungslos auf den Standpunkt der Majorität, noch viel weniger auf den der Minorität, welche auf Grund des Pluralsystems iin nächsten Landtage eine fertige Regierungsvorlage beantragte. Das Wortspiel des Berichterstatters der Minorität. Abg. Schulze, über die „regierte" oder „regierende" Regierung fand eine Erwide rung, welche bewies, daß die Regierung sich wohl bewußt ist, gerade in der Wahlreformfrage jener Faktor gewesen zn sein, der die Initiative ergriff und dadurch die Parteien der Ständekammer erst nötigte, die Sache einmal in An griff zu nehmen. Indem in der Denkschrift die Frage nach allen Seiten hin erörtert worden ist, mußten nun wohl oder übel auch die Parteien die Sache durchberaten. Bis her glaubte inan im Besitze zn sein und daher keinen Grund zu haben, der Gerechtigkeit gegen jene Bevölkerungs schichten Rechnung tragen zu müssen, die sich durch das bestehende Wahlgesetz benachteiligt fühlten. Den Kopf, wie der Vogel Strauß, fest in den Sand gedrückt, hätte die Behandlung einer Wahlrechtsänderung wohl noch mancher Landtag beiseite geschoben. Erst die Interessen der Partei, oann die gerechten Forderungen des Volkes, so scheint die Devise auf mancher Seite des Hohen Hauses zu laute». Ist beides nicht vereinbar, so mutz eben die Gerechtigkeit noch ein wenig sich gedulden, bis sie Einlaß findet. Dankbar sind die Parteien der Regierung wohl kaum, daß sie die Initiative ergriff. Nach anßenhin freilich werden die lauteren Absichten des Herrn Staatsminister v. Metzsch lobend betont. Er hat es gewiß gut gemeint. Es mag nicht nach seinem Wunsche sein, daß die Deputation nur eine Ergänzung zur Denkschrift der Negierung als Resultat geliefert hat, statt eines Positiven, fest nmstcckten Ergeb nisses. Wohl ist damit wieder eine kostbare Zeit verloren gegangen, und die Regierung wird wohl ciuseheu, daß einer zweiten Denkschrift über das vom Landtag verlangte Material eine zweite Gegendeukschrift der Gesetzgebungsdeputaticm auf dem Fuße folgen werde. Es wird daher in allen Bevvlkerungsschichten mit Dank begrüßt werden, wenn ans der Negier»..gserklärnug der Wille zu lesen ist. dein konnnen- deu Landtag im Sinne der Minorität der Deputation einen ausgearbeiteten Gesetzentwurf zugehen zn lassen. Freilich fürchten wir. daß diejenigen, welche jetzt das große Wort von einer „regierten" Regierung gesprochen haben, flugS alle Hebel in Bewegung setzen, um sie den Partei interessen dienstbar zn machen; denn diese wollen eben keine „regierende" Regierung. Die gestrige Sitzung nahm weiters folgenden Verlauf: Nach dem Abg. Gjü nt her-Plauen ifreis.) sprach Abg. Richter-Großschönan (nat.i. Ec vertritt den von ihm ge machten Vorschlag: Rückkehr zum alten Gesetz. Erhöhung des Census auf 4 Mk„ eine Zusatzstinnne bei Grundbesitz. Abg. I)r. Schill-Leipzig knall.) meint, der Zeitpunkt für eine Wahlreform sei erst dann gekommen, wenn die Regie rung weiß, welches Wahlrecht sie will und wenn sie die Absicht hat, alle Kräfte dafür eiuzusetzen. Beides sei jetzt nicht der Fall. Nachdem die Regierung aber einmal eine Reform augekündigt habe, müsse sie auch an dieser» Plane festhalten. Obgleich sie Bedenken gegen das Pluralsystem habe, rverde sie doch für die Vorschläge seiner politischen Freunde stimmen. Das sei auch insofern unbedenklich, als man ja den von der Regierung zn erwartenden Gesetzent wurf ablehnen oder ändern könne. Unter großer Spannung des Hauses gab nun Staats- minister v. Metzsch folgende Erklärung ab: Wenn ich mich daran erinnere, daß ich bei der allgemeinen Vor beratung ausdrücklich ausgesprochen habe, daß die Regierung durchaus nicht in Anspruch nimmt, daß ihr Vorschlag allein den gangbaren Weg bezeichne, und daß sie bereit sein werde, auch Vorschläge aus der Mitte der Kammer ent- gegeuzunehmen, so kann ich heute die Zusicherung geben, daß die Regierung diese Bereitwilligkeit auch weiter in Aussicht stellt. Ich glaube, daß im gegenwärtigen Zeit punkt für die Negierung nichts anderes übrig bleibt, als auf diesen Wegen, wie sie die Majorität und die Minorität der Deputationen bezeichnen. Wetter zu schreiten und deren weitere Gangbarkeit zu erörtern. Die Deputation hat ganz ausdrücklich ein System gekennzeichnet, auf welchem auf bauend als möglich anzuseheu sei, der Lösung einer so schwierigen Frage näherzukommen. Die Deputation schlägt als ein solches geeignetes System das Pluralsystem vor. Die Minorität ist einen erheblichen Schritt wettergegangen mit den! Anträge, dem nächsten Landtage einen Gesetzentwurf vor zulegen. welcher sich auf diesem System aufbaut. Sie werden von der Regierung nicht erwarten, daß sie schon heute zu dem unterbreiteten Vorschläge eine definitive Stellung nimmt. Diese Frage des Pluralsystems veranlaßt umfangreiche statistische Erhebungen und bringt die größten Schwierig keiten mit sich. Wie die Frage weiter zu -ehandeln ist. wird ganz davon abhäugen, wie die Erhebungen aussallen, wie das statistische Material sich gestaltet und ob dann vom Standpunkt der Regierung aus die Durchführung des Systems rätlich, ja überhaupt ausführbar erscheint. Sowie die Beschlüsse der Kammer vorliegen, werde ich sofort die Erhebungen veranlassen. Die Vorschläge, welche eventuell die Regierung zu unterbreiten haben würde, müßten vor allen Dingen und ganz hauptsächlich die Gewähr bieten, daß von vornherein einer Ueberflutung mit staatsfeindlichen Elementen in der Kammer vorgebeugt wird. Die Negierung ist also bereit, das seitens der Deputation und der anderen Kammermitglieder gebotene Material in dem Sinne zu verarbeiten, um möglichst für die Lösung d§r hschwichtigen Frage einer Aendcrung des Wahlrechts einen gangbaren Weg in dem Sinne und mit dem Ziele zu finden, daß die Negierung im Nahmen ihrer Kraft ein Resultat er reichen hilft, welches dem Wohls deS Landes, den Interessen des Volkes, den Interessen der be teiligten Wählerschaft allenthalben zu genügen wohl in der Lage ist. Die Regierung verhehlt sich nicht, daß sie, indem sie diese Zusicherung gibt, sich vor eine ungeheuer schwierige und verantwortungsvolle Auf gabe stellt. Ich habe aber noch besonders zu betonen, daß. wenn die Regierung sich der Lösung dieser Ausgabe unterzieht, sie es nicht tut, um nachzuweisen, daß die Re gierung wirklich die regierende ist, sondern lediglich zu dem Zwecke, um iin Interesse des Volkes und im Interesse des Landes etwas zu schaffen, was dein Volke und dem Lande tatsächlich frommt. Zu der Aenßerung deS Abg. Schulze von der „regierenden Negierung" habe ich nun noch zu bemerken, daß die Negierung mit der ganzen Anregung der Wahlresormfcage bewiesen hat. daß sie selbständige Entschließungen zn fassen wohl in der Lage ist. Ich fasse aber die Stellung der Regierung und zu den Ständen dahin auf. daß auf seiten der Negierung bei aller Wahrung der Selbständigkeit ihrer Anschauungen doch das Bestreben vorhanden sein muß, zwischen Ständen und Ne gierung ein ans gegenseitiges Vertrauen begründetes Ver hältnis zu erhalten; ganz besonders nach der Richtung, daß beide Teile über die Maßnahmen sich verständigen, welche im besonderen auf dein Gebiete der Gesetzgebung zu treffen sind und daß der eine Faktor die Unterstützung deS anderen Faktors vertrauensvoll in Anspruch nehmen soll. Eine Verschiebung dieses Verhältnisses, so daß der eine Faktor seine Selbständigkeit verloren hätte, ist nicht bemerkbar geworden, und ich hoffe, daß das geschilderte Einvernehmen zum Segen des Landes und des Volkes auch fernerhin bestehen bleiben möge. Was die Reform der Ersten Kammer anlangt, so habe ich bereits gesagt, daß die Regierung bereit ist, der Frage im Sinne des Antrags Andrä zn entsprechen, sobald ein entsprechender Beschluß auch von der Ersten Kammer gefaßt wird. Es spricht sich Abg. Enke-Leipzig für Annahme der Regierungsvorlage mit Modifikationen ans. Die Zweite Kammer müsse eine Volkskammer bleiben. Das direkte Dreiklassenwahlrecht habe sich in der Leipziger Stadtver- tretung gut bewährt. Die Sozialdemokraten wirkten in dem dortigen Stadtverordneten-Kollegium durchaus nicht störend. In der Ersten Kammer müsse eigentlich auch der vierte Stand vertreten sein. Der Redner erklärt sich als einen entschiedenen Gegner des Pluralsystems. — Abg. Preibi sch-Reichenau (natl.) sagt, er habe schon 1890 das Plnralsystem als das gerechteste empfohlen. — Abg. I)r. Vogel-Dresden (nat.) sagt, es werde die Mißstimmung gegen das jetzige Wahlsystem in diesem Hause vielfach unterschätzt. Die Negierung habe den Ernst der Lage er kannt. — Abg. Behrens-Niederlößnitz (kons.) erklärt sich für Annahme der MindcrheitSanträge, weil durch diese am schnellsten etwas geschaffen werde sowohl für das Wahlrecht zur Zweiten Kammer als auch für die Zusammensetzung der Ersten Kammer. Abg. Hähnel Knppritz (kons.) meint, daß die Minorität etwas unmögliches verlange, indem sie schon in der nächsten Session einen Gesetzentwurf haben wolle. Wird die Re gierung bis zum nächsten Landtage mit ihren Vorarbeiten fertig, so ist sie durch das Majoritätsgutachten daran nicht gehindert. — Abg. Schulze entschuldigt seine Worte von der „regierten Negierung" und sagt, sie hätten sich nicht so sehr auf die Reform der zweiten Kammer, als auf die der ersten bezogen. — Die Abstimmung ergibt einstimmige Annahme des Antrages der gesamten Deputation. — Die Minder heitsanträge werden mit 49 gegen 22 Stimmen ab- gelehut. —- Die Anträge der Deputationsmehrheit werden angenommen. — Ueber den Antrag der Minderheit, daß die geheime Wahl unbedingt betzubehalten sei, wird auf Antrag der Nationalliberalen namentlich ab gestimmt. Für die unbedingte Beibehaltung dör geheimen Wahl erklärten sich 43 Abgeordnete; gegen den Antrag stimmten 30 konservative Abgeordnete. Darauf erfolgt die Schlutzberatung über die Petition des Vereins sächsischer Gemeindebeamten um Errichtung einer Landeßpensionskasse und Verleihung der Pensions berechtigung an die Hinterbliebenen der Gemeindebeamten in den mittleren und kleinen Städten und den Land gemeinden, und über die Anschlußpetition der Vereinigung von Bürgermeistern und berufsmäßigen Gemeindevorständen Sachsens um Neuregelung der Pensionsverhältnisse der Gemeindebeamten. (Berichterstatter Abg. Müller). Die in erster Petition enthaltenen hauptsächlichsten Bitten lauten: 1) Den Gemeindebeamten die Gleichstellung mit den StaatSdionern nicht länger vorzuenthalten und deshalb die Errichtung einer LandeSpenstonSkasse zu be schließen, zu der alle Gemeinden beizutreten verpflichtet sind, die ihre Beamten für ihre der Gemeinde geleisteten Dienste bezahlen und zu der der Eintritt den Besitzern exemter Güter im Interesse der Fürsorge für ihre Beamten offen gehalten wird; 2) die hohe Königliche Staats regierung wolle für diese Hinterlassenen unbeschadet der wohlwollendsten Entschließung auf die vorangcsetzte Bitte