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Mittwoch den 18. Dezember iv*»». 6. Jahr^anv Zachslslhe KMsmtlmg I Ullllbhältgigks Tageblatt siir Wahrheit, Recht «.Freiheit Jos^.te w»d,n d,e «ge^It PMIzcM A.'llamc,, mtl d„ .4k,Ir bkrkch>,.dk> «,^krkbcdkM ZU Königin Lurolus Gedächtnis. Noch hofften wir und baten um dein (eben, Als jäh zn uns die bchnierzenskunde drang. — Der Sterbeglocken dumpfer Trauersana (ieß unser L)erz in tiefstem Meb erbeben. wer (iebe gab, der wird auch Liebe ernten, Als (andesmutter ward dir's offenbar. Gibt wachsen es, die dich nicht lieben lernten? wie berrlich war dein königliches streben, Zu Helsen allen, die da krank und bang! Und was weit mehr als allen Goldes Alang^ Du hast auch deine (iebe hingegeben. Nein, Tränen weiht dir jedes Augenpaar! Und wenn auch Todesschatten dich entfernten, Du lebst in unfern Nerzen immerdar! — Stonzkl. Der Kartellontrag de- Zentrums. TreSder, 17. Dezember 1907. Unmittelbar vor dem Beginn der Weihnachts- ferien hat die Zentrumsfraktion im Reichstage einen Antrag aus Regelung des Karlellwesens eingebracht, einen Antrag, der von Ungeheurer Bedeutung für da» gesamte Wirtschaftsleben ist und der an Gewicht dem vielgenannten Antrag Galen nicht nachsieht. Wie der letztgenannte Antrag den Schutz der Schwachen anstrebte, und damit dem Staate neue Aufgaben zu- wieS, so hat der Kartellantrag sich zur Aufgabe ge stellt, das gesamte deutsche Volk vor den Auswüchsen des konzentrierten Großkapitals zu schützen. Auf diesem Gebiete aber muß man sehr vorsichtig sein; man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und muß erwägen, daß wir den ersten Schritt auf diesem Gebiete tun. Nenn der Antrag einmal Gesetz wird, und dieses längere Zeit besteht, dann werden sich weitere Maßnahmen vsn selbst ergeben. E» ist nicht Kartellfeindlichkeit, welche diesen wohl- vorbereiteten Antrag geschaffen hat; denn mau darf nicht vergessen, daß die Kartelle auch Gutes ge schaffen haben. Wo sie die Regelung der Produktion vorschreiben, haben sie der Schleuderkonkurrenz ent- gegengewirkt. Auch für die Arteiterschutzmaßnahmen sind sie erfolgreich tätig gewesen. Wir haben hier das Kohlensyndikat im Auge, das unseren deutschen Bergbau ganz erheblich gehoben hat. Die Zustände auf den einzelnen Zechen, wie sie vor 10 Jahren bestanden haben, waren eine Schmach. Heute ist eS anders. Auch hat der blinde Raubbau aufgehört. Je tiefer man in das Studium der Kartelle ein- dringt, um so eher wird man zugestehen müssen, daß unser Wirtschaftsleben viel durch sie gewonnen hat. Aber wir sind keine einseitigen Lobredner dieser neuen Produktionsweise und wir verkennen nicht, daß die größte Gefahr darin besieht, daß durch die Kar- telle und die hinter ihnen stehenden Banken daß ge samte Wirtschaftsleben immer mehr in die Hände von einigen wenigen gelegt wird. Zwar haben wir noch keine deutschen Rockefeller. Morgan und Bänder- bilt, aber wir sind auf dem Wege dazu. Auch bei uns zeigt es sich, daß einzelne Persönlichkeiten in 80 und mehr der größten Gesellschaften im Aufsichtsrate sitzen und damit eigentlich Verpflichtungen über nehmen, die im Sinne des Gesetzes über die Arbeits- kraft einer Person hinausgehen. Dieser höchst bedenk lichen Konzentration vorzubeugen, ist Aufgabe deS Handelsgesetzentwurfes und wir schrecken gar nicht vor dem Vorschlag zurück, daß die Höchstzahl der in einer Hand liegenden Aufsichtsratsstellen herabzusetzen ist; in einem Kartellantrag kann dies nicht geschehen. Von manchen^ Setten ist man vielleicht der An sicht, daß der Zentrumsantrag zu wenig enthalte und daß er besonders dem Staate nicht das Recht der Festsetzung der Preise gebe. Wir können diese Ansicht nicht teilen. Einmal muß man bei Anfängen recht vorsichtig sein, und man darf die Staatsallmacht im Wirtschaftsleben nicht zu sehr auSdehnen. Gerade zu aber für ein Unglück würden wir es halten, wenn der Staat die Preise sestsetzen sollte. Wer soll dies tun? Ein einzelner Beamter? Eine Kommission? Wie aber, wenn sich die Festsetzung als eine falsche herausstellt? Wenn der Staat vielleicht gar in den Zetten des wirtschaftlichen Niederganges zu einer Er- Höhung der Preise schreiten müßte? Da würde das Ansehen und die Autorität des Staates einen urige- mein schweren Stoß erfahren. Was in einer solchen Zeit an Vertrauen verloren gehen würde, wäre für immer verschwunden. Wenn dann daß Kartell mit diesen vom Staate festgesetzten Preisen hohe Gewinne erzielt und 10 Proz. Dividenden verteilt, dann klagt alle» den Staat an. der die Großen bereichern helfe und für deren Geldbeutel sorge. Wenn aber das Kartell schlechte Geschäfte bei der staatlichen Preis festsetzung macht, dann weigert sich dieses für die Arbeiter mehr zu tun. eS kürzt die Löhne und klagt den Staat als Lohndrücker an. Der Kern des Zentrumsantrages gebt dahin: Mehr O e f f e n t I i ch k e i t! ES will Licht und Wahrheit über das gesamte Wesen der Kartelle ver breiten und sie somit der Kontrolle der breitesten Oeffentlichkeit unterstellen. Damit muß angesangcu werden, dann erst kann man weiter gehen. DaS geheim nisvolle Dunkel, mit dem sich die Kartelle umgeben, muß zerrissen werden. Nicht mehr dürfen 2 oder 8 Kartellagenten in einer stillen Kontorstube über das gesamte Wirtschaftsleben verfügen. Um diese Oeffent lichkeit zu erhalten, soll nach dem Anträge ein Kartell register angelegt werden. Nicht weniger wie 700 Kartelle müßten sich jetzt schon einzeichneu lassen. Dann find die Satzungen einzureichen und ein Staats kommissar hat das Recht, sämtlichen Sitzungen beizu wohnen und die gesamte Geschäftsführung zu beob achten. Eine erhöhte Staatsaufsicht tritt ein. Wie an der Börse ein Staatskommissar tätig ist. so soll er auch bei den Kartellen funktionieren. Auch bei den Hypothekenbanken kn steht schon diese Einrichtung. Der Staat soll ferner das Recht erhalten, Mindestvor schriften für die Statuten zu erlassen und dadurch die Macht der Kartelle einzuschränken. Bisher bestimmten diese einfach, daß der ordentliche Rechtsweg ausge schlossen sei; kein Mitglied eines Syndikat- konnte also klagen. Der Zentrumsantrag will solche Be schränkungen nicht mehr zulassen und den Ans schluß des ordentlichen Rechtsweges beseitigen. Die Oberaufsicht über das Kartellwesen soll in die Hände eines neuzuschaffenden Reichskartellamtes ge legt werden; wie heute die großen Versichernngs- gesellschaften dem Anfsichtsamt für Privatversiche rungen unterstellt sind, so sollen die Kartelle unter ein Reichskartellamt kommen. Im Versichernngs- wesen hat diese Aufsichtsehr gut gewirkt; im Kartell- wescn wird es ebenso fein. Das NeichSkaitellamt wird dann Publikationen ausgeben; jeden Monat können solche Veröffentlichungen erscheinen, damit jedermann in das Wesen und den Betrieb der Syn dikate Einsicht erhält. Wie man a,so sieht, hat der Zentrumsantrag sich eine kluge Mäßigung auferlegt; aber er gibt dem Staate doch genügend Machtmittel in die Hand, um den Auswüchsen entgegenzntreten. DaS Zentrum ist mit diesem Anträge als erste Partei auf den Plan getreten; keine andere Partei hat sich bisher an posi tive Vorschläge zur Regelung des Kartellwesens herangemacht. Die Parlamentsgeschichte wird einstens dem Zentrum dies hoch anrechnen, daß e» sich nicht mit der Kritik begnügt, sondern zur positiven Arbeit überging. So arbeitet das angeblich ausgeschaltete Zentrum für das Wohl des Volkes. Alis drm stdk» -er Kösigii-Witm llauila. Aus dem Leben der verewigten Königin-Witwe Carola werden eine große Anzahl kleiner Begeben heiten erzählt, die das beste Llcht auf die Liebens würdigkeit. Gutherzigkeit und stete Hilfsbereit- schaff der Verstorbenen Königin werfen. Ins besondere erzählt Herr Oberst z.D. v. Schimpfs in seinem Werke »Königin Carola von Sachsen", welche« in Leipzig in der Hinrichschen Buchhandlung und in Berlin in der König!. Hofbuchhandlung von Mittler L Sohn erschienen ist. eine ganze Anzahl solcher kleinen Geschichten. ES ist selbstverständlich nicht möglich, alle diese hier wiederzugeben, doch seien einige kleine Erlebnisse und Ereignisse aus dem Leben der verstorbenen Königin hier erzählt. Schon in Morawetz offenbarte sich ein Charakterzng bei der kleinen Prinzessin Carola, durch den besonders ihre große Zuneigung zu Kindern bekannt wurde. Auf einen, Spaziergange traf sie im Winter ein kleines Mädchen, das aus einem benachbarten Dorfe in die Schule ging. DaS Kind war nur mit einem dünnen Nöckchen und mit zerrissenen Schuhen bekleidet, wäh rend die Strümpfe ganz fehlten. Es zitterte vor Kälte, grüßte jedoch freundlich die Prinzessin. Diese nahm kurz entschlossen ihr Umschlagetnch von den Schultern und wickelte das frierende Kind hinein. Ein anderes Mal traf sie ein kleines Mädchen, das einen Krug mit Milch nach Hause trug. Da fährt ein großer Hund auf das Kind zu. vor Schreck ent fällt ihm der Krug und die Milch ergießt sich ans die Straße. Prinzessin Carola sah den Vorgang vom Fenster des Schlosses aus und lief sofort hin unter. um zunächst an« der Küche einen Krug zu holen und dann die kleine Vcrlustträgerm nach den, Stalle zu führen, wo ihr neue Milch verabreicht wurde. Schon damals ließ Prinzessin Carola oft arme Kinder in ihr Zimmer kommen, nahm ihnen Maß zu Kleidern und beschenkte sie alljährlich zu Weihnachten. In ihrer kleinen Küche kochte sie selbst Mahlzeiten für Arme und Kranke und trug sie diesen zu. Jeden Freitag kamen eine große Anzahl von armen Leuten ans der Umgegend von Schloß Mora wetz in den Schloßhof. wo die Prinzessin Gaben ver teilte und Wünsche entgegennahm. Während ihrer Verlobungszeit mit dem Prinzen Albert von Sachsen wohnte die Prinzessin mit ihrer Mutter in Brünn in einer Mietwohnung. Prinz Albert besuchte hier seine Braut und die herzliche Zuneigung der beiden Verlobten zu einander äußerte sich oft durch große Fröhlichkeit und heitere Laune. Auf den Spaziergängen kam es oft vor. daß das Brautpaar zusammen über Gräben sprang und daß auf einer breiten Straße, auf der niemand zu sehen war, ein Dauerlanf veranstaltet wurde. lieber die Erwerbung der Villa Strehlen, in der bekanntlich die Königin auch zum letzten Schlummer einging, erzählt Oberst von Schimpfs, daß die da- malige Kronprinzessin Carola selbst auf die Suche gegangen ist, um einen passenden Landsitz zu er werben. Das krouprinzliche Paar bewohnte damals daS kleine Prinz-Mar-Palais an der Ostra-Allce, das jetzt schon längst nicht mehr steht. Das Palais zeigte sich vollkommen unzureichend und war besonders im Innern der Stadt dem Lärm und Straßcnstaub aus- gesetzt. Die Kronprinzessin war deshalb bestrebt, ein kleines ländliches Heini, besonders für die Sommer monate. zu suchen. Sie fuhr in der Dresdner Um gegend umher und fand im Frühjahre 185»9 dei einem ihrer Morgenspaziergänge im Großen Garten in dem freundlichen Dorfe Strehlen, einen kleinen, dem Schneidermeister Lautebach gehörigen Besitz. Er bestand aus einen, nicht sehr großen zweistöckigen Hause, welches auf der Stelle einer früheren Hegemeisterwoh- nnng, des sogen. Noten Hauses, erbaut worden war und daö von einem Obstgarten mit einem kleinen Teiche umgeben wurde. DaS Kronprinzliche Paar besich tigte die Villa, ohne dem Eigentümer zu sage», mit wen, er eS zu tun hatte und kaufte sie schließlich. Die Villa Strehlen wurde später durch den Ankauf einer Bäckerei und durch die Errichtung von Stallgebändrn nsw. vergrößert. Wie bereit« bemerkt, zeichnete sich die damalige Kronprinzessin auch dadurch beson ders aus, daß sie in den Hospitälern bei Wien uner- schrocken die Krankensäle besuchte, die wirtschaftlichen Einrichtungen besichtigte und auch während des Typhus und der auSgebrochenen Cholera sich nicht von ihrer Samaritertätigkert abhalten ließ. Wäh- rend der Cholera wünschte die Kronprinzessin, daß ihre Hofdame sie nicht begleiten sollte, als diese eS