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SWscheUolksMlig »»»«««« L »« » »«tlaa«» d>erky»««h »ro zn I Drr«öea durch Bote» »,ch» In aa>u Deutlchland I » ».«» F»; tu k>f,erreich L«k L ' «edaltton«.»prechs»unde: I» »1« 1« Uhr vormittag«. Unabhängiger Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Nnterhaltttir-sbeilage Vie illustrierte Jett un- SsnntuKs-eiluge Feiera-en- Nr. 17 Fernsprecher 1366 Mittwoch, den 22. Januar 1913 Jur Lage in Spanien Aus Spanien kommen seltsame Nachrichten. Der Kö nig hat Maura, den Führer der monarchischen Partei, der Wut der spanischen Jakobiner ausgcliefert und holt sich bei den Feinden des Thrones Nat. Die Republikaner und Sozialdemokraten sind sür den Augenblick wenigstens die Freunde und Ratgeber des von ihnen bekämpften König tums geworden König Alfons ist bei dem Liberalismus nicht stehen geblieben, er ist bei den Sozialisten angelangt. Ter König von Spanien kann in seinem Lande die Politik befolgen, die ihm am meisten zusagt, wir erlauben uns darüber kein Urteil und kennen die Intrigen, die sich hinter den parlamentarischen Kulissen abspielen, zu wenig. Aber wir wissen, daß diese Leute, die heute sich an den König mit guten Ratschlägen herandrängen, den Kamps gegen die katholische Kirche, der trotz allem das spanische Volk in seiner Mehrheit treu ergeben ist, bis aufs Messer vorbeceiten. Wir wissen, daß die Trennung zwischen Kirche und Staat in Aussicht genommen ist und daß die Beziehun gen zwischen der spanischen Regierung und dem Vatikan nur noch nominell bestehen. Wir wissen, daß Nomanones eins noch katholikenfeindlichere Politik verfolgt als sein Vor gänger und Meister Canalejas, und daß er zu diesem Zwecke den König den Republikanern und Freimaurern in die Arme treibt, damit sie ihn um so sicherer erdrosseln können. Ganz in der Gewalt der Linken aber wird der König die Rolle eines königlichen Präsidenten der spanischen Republik spielen, wenn seine neuen Freunde ihm nicht bedeuten, es sei besser, .seine Residenz anderswo, fern von Madrid, auf- zuscklagsn Daß wir nicht übertreiben, beweisen die telegraphischen Nachrichten aus Madrid. Der König hat das Haupt der spanischen Republikaner Ascarate zu sich gerufen, um ihn über soziale Fragen zu befragen. Es wird beigefügt, daß unabhängig von diesem Besuche andere Republikaner, beson ders der Führer der Radikalen Lerroux und der Führer der Sozialdemokraten Pablo Jglesias vom König empfangen werden. Man hat in Spanien den Empfang tatsächlich als Preisgabe Mauras aufgefaßt und als Beginn einer neuen Politik der offenen Tür für alle antidynastischen Parteien, deren Folgen natürlich noch nicht abzusehen sind. Der .König soll mit seinem Besucher darüber übereingestimmt haben, daß die Aufgabe eines konstitutionellen Königs der eines Präsidenten einer Republik entspricht. Während der Führer der Republikaner dem König Ver haltungsmaßregeln gab, kündigte die republikanische Partei den Konservativen und Maura den Vernichtungskampf an. Seit langer Zeit haben wir diesen Sturm gegen das katho lische Spanien drohen sehen und auf die verschiedenen An zeichen aufmerksam gemacht. Nomanones arbeitet in aller Stille an der Vernichtung des Altars, stürzend wird er auch den Thron mit sich reißen. Nomanones will einen Bot schafter an den Vatikan schicken, — um Zeit zu gewinnen für seine Pläne. Wenn die spanische Regierung ernstlich eine Verständigung mit Rom wollte, warum zieht sie dann ihre Gesetze, welche auf eine Beraubung der Klöster, auf die Vertreibung der Kongregationen und auf die Entchrist- lichung der Schule hinauslaufen, nicht zurück? Immer wieder drängt sich der Vergleich zwischen den Dingen in Portugal und Spanien auf. König Carlos wurde ermordet, als er seinen Minister Franco preisgab, und Kö nig Manuel wurde entthront, weil der einzige Manu, der den Thron hätte retten können, ins Exil geschickt worden war. Möchte der spanischen Dynastie und dem katholischen Spanien der tiefe Fall der portugiesischen Nation erspart bleiben! Die Meldungen über die trostlose innerpolitische Lage in Spanien müssen um so betrüblicher wirken, weil gerade in den letzten Jahren die soziale Tätigkeit der spanischen Katholiken in erfreulicher Weise eingesetzt hatte. Jetzt, da die ersten Früchte der katholischen Aktion reifen, ist zu be fürchten, daß diese Ergebnisse zunächst unter dem katholiken- windlichen Ansturm der vereinigten Freimaurer, Republi kaner und Sozialisten zugrunde gehen. Man hat in den letzten Jahren Arbeitervereine und Patronagen gegründet, Vorbereitungskurse für Arbeiter; sehr entwickelt sind die bäuerlichen Organisationen, die mit den Arbcitersyndikaten und den übrigen katholischen Vereinigungen kürzlich infolge der Bemühungen des Kardinalpriesters Aguirre von Toledo in eine nationale Föderation zusammengcfaßt wurden. In die neuere Zeit fällt die Gründung einer Liga zur Verteidi gung des Klerus. Diese Liga wurde zu einer Notwendig keit infolge der Angriffe der religionsfeindlichen Presse. Ihr Zweck ist, die Religion, die Kirche, die Geistlichen, ka tholische Vereinigungen durch gerichtliches Vorgehen zu verteidigen. Sie unterstützt auch alte hilfsbedürftige Prie ster. Die Liga hat bereits Verurteilungen von Gegnern er wirkt. die zur Folge hatten, daß die katholikcnfcindlichen Blätter doch etwas vorsichtiger in ihrem Vcrfolgungs- und Verleumdnngsfeldznge gegen den Klerus geworden sind. Mit diesen Angriffen gegen das katholische Gefühl hängt auch die Gründung einer nationalen antifreimaurerischen und antisemitischen Liga zusammen. Ob aber diese Tätigkeit Spanien vor dem Schicksal des benachbarten Frankreich, eine Beute der Freimaurerei und des Judentums zu wer den, bewahren wird, wird vielleicht die nächste Zeit schon lehren. Spanien hat eben auch etwas zu spät die Gefahr erkannt. Die politische Lage in Spanien ist, wie wir oben gezeigt haben, so verworren, daß von diesem zu späten Ein setzen der katholischen Aktion ein Umschwung kaum mehr er- wartet werden kann. I Dmah»« »o» »eiqü1t»an,e>g«> di« t« Uhr, von MMnM«»-1 I anzeigen b>» I» Uhr. Prrt» s«r die Petil-Sp-Itzeil- »0 im R-NamkteU «0 1 Für undeutlich gelchrtebene. Ivwle durch Fernsprecher «ls- I gegebene knzetgen können wir dle Verantwortlichkeit für die I Richtigkeit de« Texte» nicht übernehmen, »eschüftlstelle und Redaktion Dretden. Hoibeinsirak« « Fernsprecher 1366 12. Jltt)kA. Kleines Feuilleton Das Präsidentcnpalais in Paris Wieder einmal zieht ein neuer Bewohner in das alt ehrwürdige Haus im Faubourg St. Honorä ein. Auf wie lange? Wird er die üblichen Präsidcntcnjahre aushalten oder — geht er noch früher wie Carnot, Loubet? Man wechselt gerne im Elisee. - — Es ist das eine Eigentümlichkeit, die auf dem stolzen Palais lastet — romantisch angelegte Naturen werden sa gen, ein Fluch! Noch keiner seiner zahlreichen Besitzer hatte es anders denn zu vorübergehendem Aufenthalt inne, seit es 17l8, also vor fast 200 Jahren, Henri de La Tour d'Auvergne, Graf v. Evreux auf einem ihm von Louis XV. geschenkten Stück Land in einer selbst für jene Zeit großen Pracht erstehen ließ. Der Graf selbst erfreute sich seiner nicht lange, ebensowenig die Pompadour, der es später ge hörte. Nachdem es noch mehrmals den Besitzer gewechselt, brachte es 1786 die Krone an sich, die den Mangel einer würdigen Wohnung für die zeitweise zum Besuch der könig- lichen Familie in Paris eintreffenden fremden Fürstlich keiten enipfand. Aber schon kurze Zeit später sehen wir cs in den Händen der Herzogin von Bourbon und diese war cs, chie ihm den Namen Elisee — Elisenpalais gab. Auch die Herzogin sollte sich nicht lange ihres Eigentums erfreuen, die große Staatsdruckerei schlug ihr Heim in den Prunk sälen auf, die Gärten wurden dem Publikum freigegcben. Aber bald wechselte die Szenerie neuerdings. Die Re volution brach herein. Das „Volk" erklärte das Elisee als sein Eigentum und — verkaufte es. Murat erstand es. Später erhielt es Napoleon 1. zum Geschenk und der große Korse liebte das Palais sehr und suchte es auf, sobald er das Bedürfnis nach Ruhe und Zurückgezogenheit verspürte. So war es auch hier, wohin er sich nach dem nieder schmetternden Unglückstage von Waterloo flüchtete, hier Unterzeichnete ec seine Nbdankungsurkunde und rüstete sich für das Exil von St. Helena. Nun kam die Zeit der Restauration. Das Elisee fiel au den Herzog von Berry, bis ec 1820 von Buvel ermordet wurde Louis Philipp, der Bürgerkönig bestimmte es wieder sür fremde illustre Gäste und einige Zeit kamen und gingen berühmte Namen in dein Palais. Als aber Napoleon Bona parte den Präsidentenstuhl von Frankreich einnahin, bean spruchte er das Elisee für sich, und weil ihm seine Größe nicht genügte, kaufte er zwei anstoßende Gebäude an, ließ sie niederreißcn und aus dem Schutt das Haus vergrößert und verschönert erstehen. Dann kam der Staatsstreich und Bonaparte zog hinüber in die Tuillerien, das Elisee wieder seinen fürstlichen Gästen überlassend. Die Königin Viktoria von England, der Sultan Abd-nl-Aziz, der Kaiser von Oesterreich. Franz Joseph I., bewohnten cs nebst vielen anderen. Als aber Frankreich neuerdings Republik ge worden war, forderten cs die Präsidenten, eingedenk des Beispieles ihres großen Vorgängers, wieder für sich und ihre Staatsgeschäfte, und seitdem hat es schon manchen steigen und fallen sehen . . . * « » Erdbebensichere Gebäude Die furchtbaren Katastrophen von San Franzisko und Messina, sowie viele andere in Mittel-Amerika, Japan usw., welche in den letzten Jahren Menschenleben und Menschen- habe vernichtet haben, sind für die Technik und Wissenschaft ein Ansporn gewesen, Mittel und Wege ausfindig zu machen, um die Wirkungen der an und für sich unvermeid- baren Erdbeben und Erdstöße für den Menschen weniger schädlich zil gestalten. Die „Erdbebenforschuug", welche uu- geheuere Fortschritte gemacht hat, vermag heute auf weite Entfernungen hin selbst geringe Bewegungen der Erdober fläche festzustellen, sowie bevorstehende Erdbeben mit großer Wahrscheinlichkeit vorauszusagen, somit vor ihnen zu war nen. Wirklich praktische Erfolge hat freilich diese Wissen- Verlassen! Das Gefühl des Verlassenseins ist ei» bedrückendes und ruft nur in innerlich starken Menschen allen Mut und alle Kraft hervor. Wo die innere Starke fehlt, da lähmt das Bewußtsein, keinen Freund zu haben und auf sich selbst ge stellt zu sein, den Willen und selbst den Wunsch nach tatkraf- tigern Handeln. Von aller Welt verlassen und selbst von ihren vermeintlichen Freunden verkauft, das ist das Bild, das uns jetzt die Türkei bietet. 600 Jahre lang nahm sie im Südosten Europas eine Vormachtstellung ein und war Jahrhunderte hindurch ern Schrecken, der Europa erzittern und erblassen machte. Und selbst, als vor einem halben Jahrhundert sich einige Steine aus dun alten stolzen Bau der Türkenberrschast losloston. nahm das Osmaneureich in Europa noch lange nicht die letzte Stelle ein: die Großmächte bemühten sich vielmehr, der hohen Pforte ihre Dienste auzubieten, sie blieb ein Gegenstand der Eifersucht für ganz Europa. Als dann vor einem Vierteljahr die Balkanvölker sich gegen die Türkei erhoben, da konnten sich die Diplomaten der europäischen Mächte nicht genug tun m Beteuerungen, daß, wie immer . auch der Kriegsgott entscheiden werde, an eine Aenderung ' der Verhältnisse ans den, Balkan, an eine Schmälerung der Neckte der Türkei nicht zu denken sei. Und die Pforte ver traute diesen Versicherungen — heute sieht sie sich betrogen. Das Kricgsglück ist ihr eben nicht hold gewesen, Schlag auf Schlag hat sic erleiden müssen, jetzt ist sie vor die große Entscheidung gestellt, ob sie dem Zwange der Not gehör- chend die schwersten Opfer bringen soll, die einem Staat überhaupt abverlangt werden können, oder ob sie nochmals das Waffenglück versuchen und damit nicht nur Konstant!- nopels Schicksal, sondern auch das ihrer asiatischen Bcsitzun- gen in Frage stellen soll. Es sind jetzt nicht nur ihre Feinde, die auf dem Schlacht felde ihr gegenüber standen; ganz Europa tritt mit der Forderung an die Türkei heran, auf jede militärische Macht stellung in Europa Verzicht zu leisten, und außer den schon gebrachten schweren Opfern noch größere und schwerere zu bringen. Das tapfer verteidigte Adriauopel soll die Pforte den Bulgaren abtreten und damit den Schlüssel zu Kon stantinopel, den Moscheen und Kalifengräbern ausliesern; sie soll sich dazu entschließen, die Jnselfrage ganz den Groß mächten zu überlassen: mit anderen Worten: sic soll auch auf die ägäischen Inseln Verzicht leisten. Man kann cS den Verantwortlichen Leitern des türkischen Reiches nach empfinden, daß die schicksalsschwere Entscheidung, die sie jetzt z» treffen haben, das Schwerste und Bitterste ist, was je zu tun ihre Pflicht war. Um so mehr, als sie jetzt die Sünden büßen sollen, die ihre Vorgänger begangen haben. Der Schaukelpolitik der Pforte in den letzten Jahren, den, zersetzenden Einfluß der Jungtürken, die in der Politik und beim Militär die größte Verwirrung hervorgebracht haben, Schaft noch nicht gezeitigt, da sich der Mensch ersahrungS- gemäß von seiner „Scholle" durch derartige Angaben nur schwer vertreiben läßt, umsoweniger als ja auch diese Wissenschaft, wie die Witterungsknnde bei einer Wetter prognose, sich manchmal irrt. Dagegen glaubt inan jetzt Mittel und Wege gestinden zu haben, die verderblichen Wir kungen der Erdstöße und Erdbeben aus die menschlichen Be hausungen zu beseitigen. In Messina hat mau seinerzeit dam," begonnen, an die Etelw der eiugestürzten mehr stöckige c Paläste und Wo! nb-mser Baracke», also nickt oder nur wenig fundierte B.'nlichkeiten zu setzen. Es hat sich bemnSgestellt, daß diele Mrßnaluiie grundfalsch war, da gerade soliie stickte Gebäude durch ein Erdbeben geradezu weggclegt werden. Neuere Uickcrsncbnngen haben auch die Urwche diewr Erscheinung aufgedeckt. Die Erdbeben- forstbuug hat nämlich i'ackgew'eu», daß bei jeder Erschütte rung der Erdoberstäcke die obersten Erdschichten am hef tigsten bewegt werden, während bereits in einer Tiefe von etwa 8 Meter die Erregung meist nur wenig oder auch gar nickt bemerkbar ist. Das einfachste Mittel, der Einsturz gefahr bei Häusern vorzubeugen, besteht hiernach in einer Tieflegung des Fundaments. Als Material sür derartige Gebäude wird von den Fachleuten jetzt allgemein Eisen- beton vorgeschlagen, worunter man bekanntlich eine Mischung aus Zement mit kleinen Steinen versteht, die mit EisenkonstrnktionSteilen durchsetzt ist. Ist Beton schon an und für sich ein „künstlicher Fels", allo eine durchaus zu- sanimenhängende feste Masse, so wird deren Widerstands fähigkeit noch durch die gewissermaßen die „Knochen" dieser Masse bildenden eisernen Jnuenteile erhöht. Freilich wäre cs falsch anzunehmen, daß die Wirkungen eines Erdbebens an einem solchen Gebäude spurlos vor- übergehen. Aber, was die Hauptsache ist. die Einsturzgefahr scheint nach den bereits gemachten Erfahrungen bei den aus Eisenbeton hergestellten tief fundierten Häusern fast ganz ausgeschaltet zu sein. MI