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1. Beilage z« Nr. 74 der „Sächsischen Bolkszeitnng" vom Sl. März LVO?. Märzerrst urni. Märzensturm, du Frülstingskind, Eil' durch die weilen Lande geschwind: Rüttle und schüttle an Strauch und Baum, Scheuche hinweg des WmlerS Traum. Märzensturm, hast über Nacht Eis und Schnee zum Schmelzen gebracht. Wässerchen rinnen zu tausend ins Tal; Brausend schwellen die Ströme zumal. Märzensturm, so lind und lau. Schmücke mit Blumen die grünende Au: Sterne» und Glöckchen, hell, blau und weiß. Luftige Veilchen und Ehrenpreis. Märzensturm, dein mächtiger Sang. Weckt allerorten traulichen «lang. Uebcrall regt sich's. Und wo du gesch'n, Feiert die Erde ihr Aufersteh'n. Märzensturm, möcht' mit dir zieh'n Weil durch die Lande ins Oltergrün, Mit dir erklimmen sonnige Höh', Mil dir weilen am wogenden See, Mit dir erstehen aus Winlersnacht Zu neuem Frühling, zu neuer Pracht. — Hörst du das Läuten vom hohen Turm. Die Osterglocken. — den Märzensturm? Egon Ewald. Das zweite Quartal des Jahres und daruit zugleich das zweite Quartal der „Sächsischen Volkszeitung" nimmt binnen kurzem seinen Anfang. Die erste Nummer des zweiten Quartals unserer Zeitung wird, da der 31. März der Ostersonntag und der 1. April der Ostermontag ist, erst am 2. April erscheinen. Ta die Schlußwoche des ersten Quartals, die Kanvockxe, für viele eine Woche ist, in der nur zu leicht die Erneuerung des Zeitungs-Abonnements vergessen wird, so empfehlen wir, das Abonnement auf die „Sächsische Volkszeitung" schon jetzt zu erneuern. Schon jetzt beginnen ja auch die Brief träger mit dem Einkassieren der Abonnc- mentsgelder für das ztveite Quartal, und wir bitten Höf- lichst alle verehrten Abonnenten, die durch die Post be ziehen, das Abonnement so schnell als möglich beim Briefträger oder der Po st anstatt zu bewerk stelligen, da erfahrungsgemäß die Post in den letzten Tagen des Quartals mit Arbeit überlastet ist. Nur eine schleu nige Bestellung bietet die Gewähr, daß auch die ersten Nummern des zweiten Quartals der „Sächsischen Volkszeitung" prompt in die Hände der Abonnenten gelangen. Unser Bestreben ist nach wie vor, das ncucstc und b e st e a u f allen Gebieten zu bringen. Nach wie vor toerden wir über alle interessanten Ereig nisse inStadt undLand, in unserer engeren wie weiteren Heimat so rasch wie möglich berichten, durch spannende Romane und Erzählungen für eine gediegene, fesselnde Unterhaltung sorgen, alle sozialen Fragen und Förderungen eingehend besprechen, auch ferner auf alle neuen gesetzlickxen Bestiminungen aufmerksam machen uno eingehend über die Debatten im deut schen Reichstage, die ja im zweiten Quartale für einen jeden von höchstem Interesse sein werden, berichten. Mit Beginn des zweiten Quartals erscheint täglich der neueste Kursbericht der Dresdner Börse. Tie „Sächsische Dolkszeitung" wird von jetzt ab in vergrößertem Umfange erscheinen. Unsere Leser werden ihr, davon sind wir überzeugt, auch im neuen Quartale treu bleiben, denn sie ist einem jeden ein lieber Freund geworden, ein Ratgeber und Lehrer, der A u f- klärung predigt im Sachsenlande. Die evangelischm Mitbürger lernen aus ihr, wie die katholische Kirche in Wahrheit aussieht, sie verteidigt, ohne zu verletzen, sie ist allen christlich gesinnten Männern ein treuer Bundesgenosse im Kampfe um die Heilsbotschaft der Erlösung. An alle unsere verehrten Leserinnen und Leser richten wir hierbei aber noch die herzliche Bitte, unsere Zeitung auch allen ihren Freunden und Bekannten zu empfehlen! Alle neu eintretenden Abonnenten erhalten die „Sächsische Volkszeitung" von nun an bis zum Schluß des ersten Quartals gratis. Der Bezugspreis für Dresden beträgt frei Haus für einen Monat 70 Pf., durch die Post bezogen für drei Monate 1,80 Mk. (ohne Zu stellungsgebühr). für einen Monat lil) Pf. Bestelle ;:drr schon jetzt die „Sächsische Volkszeitung"! Die Redaktion. Die wechselnden Qsterterniine. Ettvas Sonnenschein ist uns hier zn Lande zum Frühlingsanfang beschert worden; aber sonst ist von der vielbesungenen Herrlichkeit des Lenzes noch nichts zu spüren. Auf der Erde und auf den Menschen lastet noch der Lstnn dieses außerordentlich strengen Winters. Insofern trifft es sich schlecht, daß in diesem spät erwachenden Früh jahr das Osterfest sckxem in den März fällt. Das Spricltwort sagt, man müsse die Feste feiern, wie sie fallen. Das ist richtig mit dem Vorbehalt, daß die maß gebenden Gelvalten unter Umständen auch Feste verlegen können. Gerade in Bezug ans das Osterfest sind seit Jahren schon Bemühungen im Gange, um die kirchlichen und welt lichen Autoritäten zn einer neuen Regel für die Berechnung des Ostertermins zu bewegen. Tie diesjährige Frühzeitig keit des Osterfestes hat eine neue Besprechung dieser Ange legenheit in den Heitlingen hervorgerufen. Tie beiden Uebclüände in der bisherigen Osterordnnng sind bekanntlich die: 1. die Beweglichkeit des Festes vom 21. März bis 27. Avril, also mit einem Spielraum von -7 Wochen, ist zn groß: sie führt dort, wo oas Osterfest als Ende und Anfang eines Jahrganges bewachtet wird, z. B. in der Schule, zu einer störenden Ungleichmäßigkeit, indem der eine Jahrgang zu lang, der andere kurz wird. 2. Wenn die Festtage gerade ans den Anfang April fallen, so entsteht ein Konflikt zwischen der gebotenen Feiertagsruhe und de» zahlreichen Geschäften, die der Quartalswechsel und nament lich der Umzug mit sich bringen. Zur Abhilfe ist vorgeschlagen n>orden, die Beweglichkeit des Osterfestes aut dre Zeit voni -1. bis 10. April zu be schränken, und zwar mittels der Regel: das Osterfest wird gefeiert am dritten Sonntag nach dem 20. Mürz (wob« letzteres Datum als fixer Tag des Frühlings Anfang- gelten soll). Diese Regel hätte drei Vorteile: 1. Sie wahrt in gewissem Maße den alten Zusammenhang des Osterfestes mit der Tag- und Ncchtgleiäxe in, Frühjahr; 2. sie ermög licht eine genügende Gleichmäßigkeit in der Tauer der Schul- oder DerwaUnngsjahre und gestaltet den regel mäßigen Schluß zu Ende März: 3. sie verhütet, daß Ostern, Ostermontag oder auch Karfreitag auf den 1. April fallen. Karfreitag kann frühestens auf den 2. April fallen, wvrauf dann Ostern am 4. folgen würde. Wer Bedenken hat, ob sich in diesem Falle der Umzug und die sonstigen Quartals- gesckstste vor den Feiertagen erledigen ließen, kann ja be antragen, in -er obigen Regel den 21. März als Ausgangs punkt der Berechnung hiiizustellcii; dann würde der erste Festtag frühestens auf den 5., spätestens auf den 11. April fallen. Dieser Tage los ich nun einen Artikel, der Ostern immer schon vor dem 1. April, am ersten Sonntag nach der Tag- und Nachtgleiche gefeiert wissen möchte. Ich glaube, die Schulmänner :verden lieber den ganzen März zum Nb- schluß ihres Schuljahres behalten wollen. Man darf über- banpt nicht glauben, daß das letzte Drittel des Monats März frei Et von Unruhe und Störungen: der 1. April wirft seine Schallen nach beiden Seilen, und namentlich der Umzug macht sich jckxon vorher sehr bemerkbar. Obendrein ist für Misere nördliclxn Breiten Ende März vom Frühling noch ivenig zn spüren, und wir möchten doch gar zu gern etwas Lenzeslust haben auf dem „Gange nach Emaus". Alw mit diesem Märztermin ist kein Staat zu machen. Wenn überhaupt eme neue Ordnung zu erreichen ist, so lxat der oben erwähnte Vorschlag (-1. bis 10. April) die besten Aussichten. Ob es überlianpt dahin kommt, das l-ängt von - Rußland ab. Vielleicht von der russischen Duma! Tie Sache hängt so zusammen: Als der verstorbene Berliner Astronom Förster wegen seiner Lieblingsidee, der neuen Osterordnnng, sich bei der richtigen Schmiede, nämlich beim heiligen Stuhle in Nom. erkundigte, da wurde ihm unter Leo XIII. die vor lausige, unverbindliche Auskunft zuteil, daß die Kirche sich woll zn der Abänderung der alten Ord nung verstehen könnt", wenn damit eine einheitliche Oster- seier für die ganze Christenheit erzielt werden könnte, d. b. wenn Rußland und der übrige schismatische Orient den gregorianischen Kalender mitsamt der neuen Osterregel an- nebinen würden. Natürlich hat Tr. Förster damals auch so gleich bei Rußland ans den Busch geklopft: aber dort wollte man weder von dem eigenen Kalender, noch von der eigenen Spurweite der Ei'enbahn ablassen. Inzwischen beginnt nun Rußland, in die 'Reibe der sogenannten Versassnngsstaaten einzntreten und macht augenblicklich den zweiten Teil der tonslitntionellen Kinderkrankheiten durch. Im Laufe dieser Entwickelung kommt es vielleicht noch zn der Erkenntnis, daß sein Absperrnngsnistem veraltet ist. Vielleicht gibt cs aber noch einen Rückschlag. Wir müssen geduldig auf Ruß lands Willensmeinui'g warten; denn ehe nicht in allen christlichen Ländern, auch den russischschismatischen, die Ein- heit der Osterfeier gesichert ist, wird der Papst gewiß nicht eine Abänderung der ehrwürdigen Osterregel verfügen. — 172 — „So ist es recht, meine lieben Kinder," sprach der alte Fürst. „Nun aber wollen wir sogleich Hochzeit machen. Das Hochzeitsfest müßt ihr allerdings später feiern, denn zunächst gibt es eine Totenfeier. Seid ruhig," sprach er kiichelnd, „ich sterbe gerne, da »rein Herzenswunsch erfüllt ist. Den Krug!" Einer der Burschen eilte Wiel! in das Lager und kehrte mit einem leichten, irdenen Kruge zurück und reichte ihn Mursn. „Wirf ihn zur Erde, mein Liebster!" sprach Talja. Mnrfn sclsteuderte den Krug auf einen Stein, daß er in tausend Stücke zerbrach. „Reckst so!" rief der alte Fürst, der begierig das Zerspringen des Kruges betrachtet hatte, denn die Zahl der Stücke, in die derselbe zerbrach, gab die Zahl der Jahre an, welche die Ehevcrbindnng dauern sollte. „Zähle sie!" gebot er dem Burschen, der den Krug gebracht lxatte. „O Herr," versetzte dieser, nachdem er die Stücke zu zählen versucht hatte, „es sind deren mehr als hundert." „Ein glückliches Zeickxen," sprach der Fürst. „Mein Sohn," ivandte er sich an Mnrfn und legte beiden, die vor ihm niedergekniet waren, die Hände aufs Haupt, „mein Sohn, sie ist dein Weib! Meine Tochter, er ist dein Gatte! Fürs Leben I" Die Ehe wxrr geschlossen! Nun ging cs aber mit dem alten Zigeunerfürsten zu Ende; er hatte seine letzten Kräfte angeivendet, um das Glück seiner Kinder zn begründen und die Zukunst seines Stammes zn sichern. Nun starb er gerne. Eine fahle Blässe zog über sein Gesicht und aus den halbgeöffneten Lippen brach ein Blutstrom: er war tot. Lautes.Klagen erhob sich ringsum; einer um den anderen trat herzu und küßte dem Toten die starren Hände. Rührend ivar die Anhänglichkeit an den Fürsten, der trotz seiner Strenge allen heilig ivar, und keiner hätte es gewagt, dawider zu handeln. Die alte Ahne bereitete die Leichenfeier vor; anderen Tages sollte der Lote ans dein höchsten Punkte des Berges, wo die Sonne zuerst ihre goldenen Strahlen hinsendet, begraben werden. Walter verabschiedete sich von Talja und Mnrfn. „Wir haben ein ander geliebt," sprach er zu Talja, „aber es war ein süßer Traum. Werde glücklich, meine kleine Freundin, mit deinem mutigen Mnrfn, der dich von ganzem Herzen liebt." „Ja, ich iverde glücklich sein, Walter," sprach Talja und blickte ihn mit dm dunklen Augen an, „aber unter Palmen oder am Lagerfeuer werde ich stets des treuen Freundes gedenken, der die kleine Talja einmal so lieb ge habt hat." „Tue das, Dalja! Doch jetzt laß mich scheiden. Meine Gemahlin wartet mit dem Troß auf der Heerstraße." „Oh," rief Dalja, „laß sie mich sehen!" „Gerne, komin mit!" „Nicht so," wehrte Talja, „nur aus der Ferne." „Wie du willst," versetzte Walter. „Nun leb tvohl, meine wilde Taube," sprach er lächelnd und drückte einen Kuß auf ihre Stirne. „Leb Wohl!" rief Dalja und verschwand au der Waldecke, von wo aus st? die Heerstraße überblicken konnte. -- 100 — Ta ließ einer der Zigeuner einen durchdringenden und cigentümlickvn Pfiff ertönen, der ans der Nähe erwidert wurde. Nach wenigen Minuten, während deren sich die Zigeunerburschen kräftig gegen ihre Angreifer wehrten, ritten von dem Flußtale berab eine ganze Lck)ar kräftiger Gestalten ans schnellen Pferden, allen voraus ein Mann mit fliegendem Haar, den Speer in der nervigen Faust. Mit fremdklingenden Worten feuerte er seine Genossen an, die wie ein Sturmwind unter die Fahrenden sausten und nach wenigen Minuten die eingeschlossenen Brüder und die beiden Dirnen heransgeholt hatten. Ein wütendes Geschrei der weißen Männer und Weiber erscholl und diese rüsteten sich nun zn ernstlichem Angriff. „Schlagt sie tot, die braunen Diebe und Hexenmeister, die Kindermörder, die verteufelte Heidenbrut!" „Trans! Drauf!" rief der sieche Cpielmann und warf mit den müden Armen Steine nach den Zigeuner». Alle möglichen Waffen wurden aus den Karren gezogen; sagar die Weiber griffen mit an und stürmten mit glühenden Holzbränden unter die Angreifer, oder varsen glühende Kohlen nach den Pferden, daß diese sich wild bäumten und in die Lust sprangen. Im Hintergrund des engen Tales erschiene» nun auch die Weiber und Mädckxen des Zigeunerstammes, allen voran eine schlanke Amazone im glän zendem Goldleibckxen mit flatterndem Haar; ihre Wangen glühten von Kampseslnst, doch als sie dem Feind entgegensprengen wollte, löste sich ans dem Getümmel ein Reiter und flog ihr entgegen. „Zurück, Talja!" ries er — es war Mursn - - „wir »»erden das ''reche Gesindel allein verjagen." Nur ungern gehorchte Talja dem Beselste; mit Sxannung verfolgte sie den Kampf, der sich allmählich ans die Heerstraße hinauszog, wohin die fahren- den Leute von den Zigeunern gedrängt wurden. Pfeile schwirrte» durch die Luft und kleine Speere mit scharfen Eisen witzen flogen zischend um die Reiter. Im Handgemenge wurden Morgen sterne, sckswere Keulen und Streitbämmer geschwungen, welche Waffen die Fahrenden mit einer Ansdauer und Gewaiidtheit gebrauchten, daß die Zi- geuner hart ins Gedränge kamen. Der sieche Peter feuerte seine Genossen mit kanten Rufen an und sckileu- derte Steine uud Holzstücke, die in seiner Nähe lagen, mit unglaublicher Kraft auf die Angreifer. Da traf ihn mitten in seiner Rede ein Speer in die Brust, daß er mit lautem Schrei zu Boden stürzte; er riß aber mit Wnt den Speer anS der Wunde, aus der sich ein Strom dunklen Blutes ergoß. Mit matter Bewegung versuchte er die Waffe »ach Mursn zu schlendern, der eben an ihm vorbei ntt. Allein der Arm sank kraftlos zur Erde und das brechende Auge starrte wxstt- aufgerissen auf seinen Feind, der dein Führer der Sckxrr, seinein Vater, zu- slog, welcher hart bedrängt wurde. Plötzlich wxrnkte dieser, ehe Murfu ihn erreicht lxrtte, auf seinem Pferde; rasch flog er an seine Seite und fing ihn in den Armen auf. Ein Pfeil stak tief in der linken Brust, so daß nur noch der gefiederte Sckxast sichtbar war. Als die Zigeuner ihren Anführer fallen sahen, drängten sie sich enge um sein Pferd, um ihn zu Witzen und aus dem Bereich des Feindes zu bringen. Dadurch entstand eine Stockung, ivclche die Fahrenden klug benützten, »kraurntzatz.7 ^