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vritiwöch» den 21.' Nötzember 1928. Nr. 228, Seite S ist. Manchmal auch für den Ruhm, »der die meisten von ihnen wirken im Schatten der Sterne, und erst die tragisch« Todes stunde gibt ihrem Namen Klang. So ging eS einem Angestellten im Geo. B. Seih Studio in Neuyork: John Stevenson, ein verheirateter Familienvater, war die Puppe des berühmten Filmstars Pearl White. Seine Leibeigenschaft brachte ihm 15 Dollar täglich und Pearl White das Millionen-Dollarvermögen und den Ruhm, die waghalsigste und todverachtendste Filmschauspielerin der Welt zu sein. Den blonden Lockenschopf auf dem Männerschädel, Pearl White» Frauengewand auf dem Körper, so trat er jedesmal, wenn schau- spielerische Leistung sich in artistisches Monstrekunststück steigerte, — an ihre Stelle. Das Schicksal ereilte ihn, wie die Fachpresse berichtet, in, Pathc-Jilm „Plunder", in dem Pearl White von der Hochbahn herab auf einen unten durchfahrenden Autobus herabzuspringen hatte. Die Diva, in eigener kostbarer Person, stellte sich hüpsbereit auf, der ausnehmende Operateur stoppte, bis der Mann im Frauenkleid an Pearl Whites Stelle geglitten war — dann kurbelte er von neuem loS. Ein Schrei des Ent setzens der Autobus unter ihnen fuhr leer weiter. Der Leib-ei»cS Mannes, der 15 Dollar wert tvar, lag zerschmettert auf dem Strahenpflasier. ES gibt allerdings auch SensationSdnrsteller, deren Ehr geiz es ist, Taten, die ihnen Ruhm und Geld einbringen, wirklich auch selbst auszusnhren. Harry Piel führte sogar einen Auf sehen erregenden Prozeß, um Anschuldigungen, die in der Oef- fentlickkeit gegen ihn erhoben worden waren — er lasse für ein paar Rappen andere arme Teufel in seiner Maske sich in To. dcsgefahr begeben —, zu entkräften. Er lud dann die Presse zu den Ausnahmen des Films „Der Fürst der Berge" ein und hatte das Glück, angesichts so vieler ernsthafter und kritischer Zuschauer in ernste Lebensgefahr zu geraten! Harry Piel hatte mit dem Luftballon ein auf einen Fabrik schorustein geflüchtetes junges Mädchen zu entführen. Sein Ballon „Barbara" riß sich an allen vier Seiten los und schoß, wie Augenzeugen berichteten, 2000 Meter hoch empor — ohne die sonst übliche Belastung einer schweren Gondel und dreier Männer. Er stand in einer kaum handtuchbreiten Hängematte. Mit geschwollenen Gliedern, aber ungetrübter Laune landete der „Flieger wider Willen" in der kleinen sächsischen Stadt Taucha, 15 Kilometer nordwestlich von Leipzig. Am nächsten Tage erst gelang die schwierige Ausnahme. — Nun glaubte man es ihm wieder, daß er eigene und nicht fremde Alenschenknochen zu Markte trägt. Ob nun Albertini in Wien auf dem 70 Meter hohen Rie senrad. bei Sturm, von Wagen zu Wagen springt — jedesmal eine Distanz von 8 Metern, ob sich Aldini währeiid seiner Film fahrt durch die Vereinigten Staaten, Kanada, England, Däne- niark und die Nandstaaten von der Kommandobrücke des Dampfers „Polonia" aus bei voller Fahrt des Schiffes ins Meer wirft, ob während der Aufnahmen zu einem Hagenbeck-Film Earl de Voigt von den Riesenleibern von zwei Nilpferden bei. nahe gegen die Gitterstäbe des Käfigs zu Tode gequetscht wird, ob ... ob - ob . . ., überall lauert der Tod. Eine gefährliche Landung erlebte vor einigen Jahren die von der „Universal" nach Neu Guinea entsandte Expedition, die b anstragt war. einen großen Jagdfilm zu kurbeln. Ein Schiff- brnch zwang die Teilnehmer der Expedition, monatelang unter Menschenfressern zu leben, deren Sitten und Gebräuche sie kine- matographierten. Die Aufnahmen wurden dann zu dem Film „Schiffbrüchige unter Kannibalen" zusammengestellt. Die Anforderungen, die bei SensationS- und ExpeditionS- filmen gestellt werden, sind so groß, daß Artisten und Wissen schaftler Körper und Nerven trainieren müssen. Eine Einzel- leisinng verlangt nur eine einmalige Aufawllung des Blutes, die sich dann in Mut äußert. Aber die tägliche Einstellung auf Arbeit und Lebensgefahr führt zu schweren Ncrvenzerrüttungen. Tann wartet das Publikum eines Tages vergeblich darauf, seine Lieblinge auf der Leinwand wiederzusehen! Thomas Mcighan zun, Beispiel — er hat der Leinwand den Rücken zugekehrt. Die surchllmren Entbehrungen, die er während der letzten Aufnahmen in Zentralamerika durchzuinachen hatte, haben seine Körperkräfte ausacbraucht. Die konstante Ucberanspannung aller Fähigkeiten bringt dann »och eine der grössten Gefahren mit sich: alkoholische und imckutische Exzesse. Die Jacht des bekannten Filmregisseurs Cectl de Mille wurde von den Prophibitionsbeamten beschlagnahmt, der Kapitän verhaftet, da große Mengen alkoholischer Getränke an Bord gesunden wurden. LoS Angeles, das Zentrum der Film- indnslrie, ist auch die Stadt der Rauschgifte geworden, mit Ko. kain-, Opium- und sonstigen Gifthöhlen, in denen die entnervten und überanstrengten Weltlieblinge vergessen können, daß sie den seltsamen Beruf erwählt z haben, ihre Schönheit, ihr Talent, ihren Körper mit Blut und Nerven bis zum völligen Ausverkauf dein Moloch Film anzubietcn. Und auch dieser Rausch des VergessenS ist wiederum nichts anderes als ein Spiel mit dem Tode. Abarten von Stlerkämpsen Ein Sittenbild aus der «guten, alten Zeit". i ! i (Nachdruck verboten.) Man staunt, mit welcher Schnelligkeit moralische Seuchen um sich greifen, denn eine moralische, zugleich eine ästhetische Seuche ist der Stierkampf. Wie schon öfters berichtet wurde, ist er in diesem Jahre von seinem Geburtsland Spanien über, egangen nach Italien, nach Frankreich, nach Kroatien. . . . Eine olche Welle ging schon einmal durch Europa: der Stierkampf war damals ein ständiger Gast in Wien und klopfte be. denklich an 'unsere Pforten. Das war zu Friedrich des Großen Zeiten. Friedrich und sein Großkanzler Cramer standen diesem „Vergnügen" sehr kalt gegenüber, aber eS gab starke Strömungen dafür, die ehren Wunsch mit der großen Be liebtheit begründeten, die der Stierkampf in Wien, bei allen Schichten der Bevölkerung, genoß. Erst als ein Schriftsteller wie Nicolai, welcher, so sehr ihm sein wenig wählerischer Kampf gegen die jungen aufstrebenden Talente vom Sturm und Drang verdacht wurde, doch bedeutendes Ansehen genoß, erst als dieser seine an Ort und Stelle durch persönliche Anschauung gewon- neuen Eindrücke und sein hartes Urteil darüber niedcrlegte, war das Projekt endgültig abgetan. Was hatte er nun gesehen? Er nvußte zugestehcn, daß sich in das Wiener „Kaiserlich Königlich privilegierte Hetztheater" nicht etwa bloß der Pöbel drängte, sondern ebenso sehr „die frisierten und gepuderten Herren in gestickten Kleidern und reizende, elegant gekleidete Frauen" mit dem da mals die vornehme Dame kennzeichnenden Requisit, dem Riech fläschchen, und daß diese hier höhere Eintrittspreise als in dem besten Theater Wiens, dem Nationalthea- ter (heutige Burgtheater), zahlten. Dafür hatten sie dann aller» diims noch eine „wohlbcsetzte türkische Musik". DaS „HetzhauS", in Art unserer Zirkusse gebaut, hatte seine 3 übereinander lie. gcnden Ränge und darüber noch eine Galerie dicht beseht. Nun die Kämpfe selbst. „Gleich beim Eintritt empfing iu„s ein widri ger Gestank von den Tieren und von dem Aase, mit dem sie gefüttert wurden, ein furchtbarer Lärm vom Brüllen der Tiere, dem Bellen der Hunde, dem Geschrei der Hehmeister". Dem Vellen der Hunde? Man liest das etwas verwundert, aber in Wien gestalteten sich die Kämpfe anders als wir sie von Spa nien kennen. Was in Spanien interessieren mag: die Wildheit der Tiere und der Mut der mit ihnen ringenden Menschen war hier Surrogat. Aus den Falltüren traten abgemagerte, furcht same Stiere, oder vielmehr, sie traten nicht heraus, sondern sie wurden von 8—4 Kerlen mit einem langen Hebebaum heraus gestoßen und gezerrt. Diese scheuen Tiere bekamen über. Haupt erst Leben durch 6 bis 8 bissige Kunde, die auf sie gehetzt wurden, und die nun ihre großen Zähne in ihre Körper einschlngen, sich fest in die Seiten bissen, ihnen Fetzen aus den Ohren rissen, ebenso vo Maul und Lippen, sich in den Bauch und die Beine einkrallten und sie ein entsetzliches Schmerzgefühl ansstoßen ließen. Die Hunde hätten diese müden, kraftlosen Tiere einfach in Stücke gerissen, wenn dadurch nicht das Geld interesse der Kaiserlich Königlich privilegierten Metzgermeister auf das schwerste geschädigt worden wäre. So rissen sie nun die Sunde von ihnen los und schafften die Tiere schnell hinter die Falltüren, um sie nach einigen Tagen, wenn ihre Wunden halb wegs geheilt waren, wieder dem edlen Zweck dienen zu lassen. Nicolai berichtet noch von anderen in Wien beliebten Ab arten von „S t i e r k ä m p f e n", z. B. von einem Esel und von einem Hirsch, die durch ein langes Seil mit einander verbunden waren und die infolge kleiner an ihrem Schwänze gehefteter „angezündeter Feuerwerke" die „heiter sten Sprünge" machten, oder von 2 gegeneinander gehetzten Bären, deren Kampf erst beendet war, wenn der eine den ander» tot gebissen hatte, oder von 2 Wölfen, die auf ein lebendes Schwein losgelassen wurden und dieses vor einem hohen Publikum völlig aufspcisten/ So geschehen im Jahre 1784. Die „gute, alte Zeit!" IF Gold '4 Gold ist immer noch der Wertmaßstab für alle? andere. Diese Eigenschaft verdankt es neben anderen Eigenschaften vor allem seiner Seltenheit. Es gibt mir wenig Gold auf der Erde. Seit dem Jahre 1493 bis jetzt sind noch nicht 30 Millionen Kilogramm Gold auf unserem Planeicn gewannen worden —, das ertragreichste Jahr war 1912 mit über 700 000 Kilogramm und unter den Gold erzeugenden Landern findet sich in Europa nur Siebenbürgen und die nngarischeu Karpathen. Bon der Gesamtgewinnung wird aber ein Viertel von der Industrie rn Beschlag genommen, und da nach dem oeutschen Münzgesetz von 1909 aus einem Kilogramm Gold 2790 Mark geprägt worden sind, so reicht das ganze Gold der Welt dazu hin, auch nur hundert Milliarden Mark deutscher Goldwährung zu bezahlen.' Ter größte Teil des Goldes wirb durch Wäscherei gewonnen, durch Auswaschen des goldführenden Gesteins. Und solche Gold wäschereien gab es allerdings auch in Deutschland, und zwar am Rhein, der Eder, dem Inn, der Isar, der Salzach, der er ans einem Ostinbiendampfer nach Sumatra. Dieses Land der Dschungeln und Berge fesselte ihn sogleich. Die Wälder und die braunen Menschen liebte er vom ersten Tage seiner Ankunft an. In seinem Buche nun gibt «r uns «in anschauliche» Bild jwr Bewohner dieses Landes, der Javaner und Malaien. Er -»trollt vor uns die Schicksale dieser Menschen, das Leben -incs Volkes, daß der europäischen Kultur noch so unendlich weit entrückt ist. Und doch nehmen wir sogleich Anteil an beni Geschick dieser Bewohner. Wir durchleben mit ihnen Glück und Trauer, wir fühlen uns heimisch an ihrem Herd und folgen tnit Neugier de» Märchen, die sie vor ihren Hütten ain nächt lichen Feuer dem Fremden erzählen. Erschütternd verfolgen wir »ei, Werdegang dieser Menschenleben, die Kämpfe, die sie zu be kehr» haben, den Jrrgang ihrer Liebe, der uns besonders tn der großen Erzählung „Kampongleben im Tieslande" mit seinen bcidcn Abschnitten „Mardiani" und „Tjoso" »nd „Sechs lJahrc später" vor die Seele tritt. Das ganz- Buch ist mit der Liebe zu diesem Volke geschrieben. Tie Sprache des Verfassers zeigt von hoher Fähigkeit, sie malt in anschaulichen Farben und Formen, die oft einen hohen Grad der TarstellungSkunst erreichen. Dabei klingt immer wieder ein gerader und unge schminkter Ton hindurch. Leider verschmäht es jedoch der Vcr- 'asier in seiner so offenen Art und Weise auch nicht, Tinge zu be> ühren, ohne deren Erwähnung das Ganze durchaus nicht geinte», sondern vielmehr den edlen Gehalt oes Bnclsts ge fördert hätte. ES gibt gewisse Ereignisse und Zustände, es gibt Entartungen im Menschenleben, die aus Gründen oer Sitte nicht geschildert werden oder zum mindesten in einer Form, die nicht an die Instinkte der Menschen appelliert. So bedauern wir die sinnlich« Schwüle, die verschiedentlich platz greift, wir bedauern sie umso mehr, weil wir den übrigen Inhalt des Buches so hoch einschätzen. Die begebenen Photographien sind fast ausnahmslos gut und tresslich. Ueberhaupt ist das ganze Aenßece des Buches vornehm und schön. Wir wundern uns. daß heule noch so künstlerisch ausgestattete Bücher aus den Markt kommen. Tie Orgel von Dr. Wilhelm Wibmann. Sammlung Kösel, Band 98. Verlag Joseph Kösel und Friedrich Pustet, Kempben. Wenn Geistl. Nat Tr. Wilhelm WIdmann, Domkapellmeister in Eichstätt, der mit allen Wassern gewaschene Orgrlrevident, der auch am 6. September 1909 die Orgel der Herz-Jesir-Kirchr zu Dresden erpektierte, ein Werk über die Orgel schreibt, kann ma, von vornherein überzeugt sein, haß es aus wissenschaftlicher Grundlage und vielseitiger Erfahrung basiert und alles ent hält, was man in einem solchen Werke zu finden hofft. Das gesamte Registerwerk, die verschiedenen Systeme, von der alten Schlelferlade «„gefangen bis zur modernen elektrische» Orgel, etwaige Störungen, notwendige Abhilfen, sind in höchster Klarheit dargestellt. Ter Leser lernt begreifen, daß die Orgel die Königin der Instrumente ist, dabei doch «rn sprödes Wesen bleibt, das nur in bescheidenem Maße dem Empfinden des Organisten nachgibt. Ausführliche Zeichnungen sind dem Büchlein als Anhang beigegeben. — Ein besonderer Abschnitt enthält genaue Instruktionen für Orgelrevidenten. Auch Saug- und Drucklnftharmoniiinr, die Ersätze für die Orgel, erfahren eine kurze Charakterisierung. Auch meinem Empfinden entspricht Tr. Wtdmanns Meinung: Lieber ein« Orgel mit Gedackt 8'/ Salizioual 8', Flöte 4', und Subbaß 16', ja eine Orgel mit" nur Gedackt 8' und Salizional 8', als ein Harmonium mit 6 Spielen. ^ Ein ähnliches Werk, das theo retisch und praktisch und in knapper Form mit so viel W>b wie Behagen alle- Wissenswerte behandelt, dürfte es bisher kaum gegeben haben. Für mich war eins bedauerlich, daß unter den aufgenonimenen Dispositionen sich nicht auch wenigstens eine eines bedeutenden Orgelwerkes unserer Dressier rühmlich be kannten Firma Gebrüder Jehmlich, der Erben der Ideen Silber- mannS, vorfindet. Dennoch wünsche ich das Büchlein in oie Hand nicht nur jedes Organisten, sondern auch in die Bibliothek jedes Orgelbauers. Kantor Joseph Schröter. Ncncrschelnkmrgcn. Der A malthea-Verlag (Zürich, Leipzig, Wien) brachte im September 1923 folgende Werke auf den Büchermarkt: Richard Zoozmann, „GottcSminne". Geist liche Gesänge und Gedichte aus dem 11. bis 18. Jahrhundert. Reich und farbig illustriert von Prof Rudolf Jettmari Kunstakademie, Wien. (Kl. Amalthea-Nücherei) Prof. Castle und Direktor Payer v. Turn: Lavater-Mappe 2 „Goethe und sein Kreis", 24 vielfarbige Bildnisse. Karl Toth: „Weib und Rokoko in Frankreich" mit über 100 Abbildungen. Karl Ko bold: „Schloß Schönbrum," mit 60 Abbildungen. In di.-lcm Buche wird zum ersten Mal mit historischer Gewissenhaftigkeit das gesellschaftliche »nd künstlerische Leben der glnnzvollen Maria- Thercsianischen Kultnrepoche in schöner dichterischer Form ver anschaulicht. Payer v. Thurn: „DaS Goldene Vließ",' Ouartform. Sein« Entstehung und Geschichte. DaS LurnSwerk/ das wnr in 300 Exemplaren aufgelegt wird, ist geschmückt mit 6 mehrfarbigen Lichtbrucktafeln, die noch Kaiser Karl von Oester reich Herstellen ließ. Fritz Ernst:. „Ter Klassizismus in Ita lien, Frankreich und Deutschland". Karl Trautzl: „Ernst Lin- nenkamp-Mappe" mit 24 ParträtS u. a. Bundeskanzler Seipl^ Richard Strauß, Nilisch usw. Karl Glossy: „DaS Grill- parzer-Jahrbuch 1924". Payer v. Thurn: „Goethe-Thronik 1924". In diesem Jahrgang wird der kürzlich in der Wiener Donau usw. Aber der Ertrag war so gering, daß Goldgctv-in- nung aus goldführenden Flüssen seit langem ganz ausgegeben worden ist. Daß aber der Rhein tatsächlich «in goldführender Strom ist, hat man schon sehr früh gewußt; bereits zu Casars Zeiten soll viel Rheingold nach Rom gegangen sein, und auch das uml das Jahr 870 verfaßte Evangelienbuch des Otfried von Wei ßenburg erwähnt eS. Tie Bischöfe von Speier erhielten »ml Jahre 1366 das Recht, aus dem Rheingold Goldgulden zu schla gen, und um das Jahr 1508 waren noch bet Straßburg, Selz und in den Schwarzwaldtälcrn Goldwäschereien in Betrieb. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts bis 1874, als das Goldwäsche» aufgegeben wurde, sollen auf der badischen Seite des Rheines nicht weniger als 306 Kilogramm gewonnen wor den sein; das Veste Jahrzehnt von 1830 bis 1839 habe 83 Kilogramm ergeben; die höchste Jahresausbeule belief sich im Badischen auf 12,6, in der Bayerischen Pfalz aus 5 Kilogramm. Dennoch konnten sich mit Goldwäscherei nur Leute beschäftigen, die sonstige Erwcrbsmöglichkeiten nicht hatten, denn von den 400 Mann, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts das Gschäst des GoldauSwaschens betrieben, verdiente keiner mehr als 100 Mark im Monat, später nur 2,5 Mark im Tag. Man kann sich also denken, daß Goldklumpen nicht gesunden wurden. Die Statistik, die ja über alles Auskunft gibt, stellt fest, daß tn einer Tonne (gleich 20 Zentner) Rheinsand 0,14 Gramm Gold Vorhände'- sind. Es wird in Gestalt feigster rundlicher Blättchen von etwa 0,5—0,7 Millimeter Durchmesser und 0,1 Millimeter Stärke gesunden, die etwa ein Zwanzigstel Milligramm wiegen und wo von also 20000 aufs Gramm gehen. Waschbünke standen früher von Basel bis Mainz a» den Nheinnfern. Als die reichsten Goldgründe galten Jstein, Altbreisach (schon die Edda spricht von Breisacher Gold), die Gestade am Kaiserstuhl und die Strecke zwischen Kehl und Dachslanden, in der sich wieder das Dorf Keimlingen auszeichnete. Die Frage, woher dickes Gold stammt, hat auch ihre Beantwortung gefunden. Daß cs in den Rhein erst kommen, kann, nachdem dieser den Bodensee verlassen hat, ist verständlich. In der Tat gibt es einem, goldführenden Nebenfluß, nämlich! die Aare, aber auch diese erhält es erst von der Großen Emme- die nnicrhalb Solothurn der Aare znströmt. Das Emmental hat seinen Weltruf von seinem, leider für uns märchenhaft gewordenen Käse, der als das feinste Erzeugnis der schweizeri-- schen Landwirtschaft gilt. In Burgdorf, wo Fröbel und Pestalozzi zeitweilig lebten und der Dichter Der Wacht am Rhein, Max Schneckenbnrger, 1849 als Fabrikbesitzer starb, tritt das Flüßa chen aus dem Gebirge in die Ebene» Seine Quelle hat es in den Eozän- und Kalkalpen nördlich des Brienzer Sees; sein großes Gefälle liefert seit der Regulierung zu Anfang des 20. Jahr hunderts bedeutende Wasserkräfte, aber auch besonders bei dein nicht seltenen Hochwasser große Geschiebeinassen aus der Gruppe der Napfberge, die aus Nagelsluh und Mergel besteht. Dem Nagelsluhgestein des Emmentals sind u. a. Goldkörncr einge lagert. In früheren Zeiten, vielleicht schon bei den alten Hel vetiern» deren Goldreichtum bekannt ist, wurde dies Gold durch Waschen gewonnen und von der bernischen und luzernischen Regierung im 17. und 18. Jahrhundert auch zu Goldmünzen! geprägt. DaS Gold findet sich nicht in Adern, sondern als Blatt gold in Goldseifen und rührt nach der Ansicht der Geologen von einem zertrümmerten Gebirge her, dessen Gesteine durch einen Strom hier als Delta abgelagert worden sind. Tie Zuflüsse aus der Napfgrupps bringen das Gold aus den tieferen Lagen des Gebirgszuges mit neben Rubinen nnd Magneteisen. Im Jahre 1899 hat die bernische Negierung einem Unternehmer die Kon zession für eine Goldwäscherei in diesen Bächen gegeben, «-<- ist aber nichts ans dem Plan geworden, nnd die Emme ' cl ihr Gold nach wie vor an den Rhein ab. Vermischtes ' s Die gescheite» Wiidd'ebe unv die gescheiter?« Hasen. El er iergötzlichen Vorlesung über die Klugheit der Menschen und des lieben Viehes, in diesem Falle — oes lieben Wrldrs, glich eine Verhandlung, die in öem Prager Landes st ras geeicht gegen zwei Wilddiebe stattfand. Dielen beiden Herren-war zur Last gelegt worden, daß sie in den Wäldern von Zbirow 57 Schlingen gelegt hatten, in denen sich 40 Hasnr gefangen hatten. Die Angeklagten erklärten jedoch zu ihrer Entschuldigung, das Schlingenlegen sei ein mühseliges Geweroe. Und ft: ber«cMaten mit Entrüstung die Anklage dahin, daß sie nicht 57, sonWtrn 75 Schlingen gelegt Hütten. In dielen 75 Schlingen hätten sich aber nicht 40, sondern nur 9 Hasen gefangen, va oie Zbirower Hasen von einer ungewöhnlichen Intelligenz seien und ans Schlin gen nur selten „herelnfielen". Tie beiden führte» also die in telligenten Hasen und die große Zahl oer Schlingen gewisser maßen als Entlastungszeugen an. Damit stellten sie aber ihrer eigenen Intelligenz ein keineswegs Hohrs Zeugnis aus, denw bekanntlich erfaßt ein Geietz niemals den Umfang eines Dieb stahls (siehe 9 Hasen!), sondern den Umfang der Dievstahls- ab sicht (sieh? 75 Schlingen!). Von den Angeklagten wurde der eine zu sechs Monaten und der anoere zu drei Monaten schwere,, Kerkers verurteilt. Wären sie bet den 57 Schlingen der Anllag: geblieben, so wären sie vielleicht besser dnvongekommen. Hofbibliothek aufgesundene, hochinteressante Maria',eller Faust 1677" veröffentlicht. Ter Amalthea-Almanach 1924 erschien schon im September dieses Jahres. Alfotts Gsldschmidt, Argent'nicn. (Verlag Ernst Rowohlt, Berlin 1923. Gru»dz. geh. 1 Mark, geb. 2 Mark.) Ein nrerkwürdiges Buch. Form und Inhalt kontrastieren >» der seltsamsten Weise. Der Autor ist Volkswirljchafllec, hat in Argentinien gelesen. Sein Wissen in Ehre». Aber d,;s: „eiei- kominunistischen" Anschauungen sind unausgegorener Most. Sie kominen nicht darüber hinaus, alle bestehende» Einrichtungen zu mißkreditieren. Man braucht da gar nicht ans Einzelnes einzugehen: alles, was heute gemacht wird, wird nach Gvloschmidt falsch geinacht. Wie es richtig gemacht werden soll, steht kaum andeutungsweise zwischen den Zeilen. Ganz anders die Form: Land und Leute erstehen vor uns gemalt in den glüh.uidstc» Farben südlichen Lebens. Mit beispiellosen, Schwung und über wältigender, schwärmerischer Knust des Ansorncks,. der?» ein Wissenschaftler, so sollte man meine», kaum fähig sein kann, schildert er das Land deutscher Hoffnungen. Man wird völlig mitgerissen. Schade nur, daß einen so manches jäh zun. Er- wachen bringt. Emil Ludwig. Shakespeare über uirsere Zeit. (Verlag Ernst Ro wohlt, Berlin 1923. Grundz. brosch. 0,80 Mark, geb. 1,60 Mark). Ter bekannte Goethe-Autor bringt diesmal eine Anthologie aus Shakespeares Werke» ans die Geschehnisse des letzten Jahr zehnts. Neber Fürsten, Weltkrieg, Diplomaten und Presse, über Versailles, Revolution und Reaktion, ja sogar über Ruhr »nd Völkerbund bringt Ludwig in eigner Uebcrsetznng Zitate. Man kann über den literarisch-künstlerischen Wert solcher P'r'nhe viel leicht geteilter Meinung sei», ein Gutes chnben sie zumindest. Sie fördern die Liebe zu den Klassikern, sie helfen mit, oaS recht: Verständnis bei ihrer Lektüre zu wecken, sind wenn ei» so feiner Geist die Anthologie besorgt, wird inan alle Bedenken zurückstellen können. «lrrmidcr Puschkin. „Tie Erzählungen Bjelkins. Fünf Novellen. Deutsch von Johannes von Guenthcr. Titelbild und Il lustrationen von W. Masjntln. Orchis Verlag, München. In diesem geschmackvollen Bändchen finden wir fünf Er zählungen ans dem russischen Leben. Ernst und Heiterkeit spie gelt sich in ihnen Wider. Sie fesseln uns rn ihrer schlichten nnd doch anziehenden Weise und die russische Seele tritt uns t» ihrer Eigenart entgegen. „Der Schneesturm" und „Der Posthalter" sind wohl die am besten gelungenen Novellen. Wir lesen sie mit Spannung. DaS Büchlein hat «ine Reihe von Illustrationen» die tresslich zur Beranschaulichnng der Begebenheiten diene«.