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Donnerstag den in. Januar 1V2L e«chs»1ch, «,!»»»,1»»«» «r. IS. Seit« « Der zweite Reichsxarteitag der Jentrmnsxartei Ideen und Ziele der Zentrumspartei Der Reichsparteitag der Deutschen ZcnirümSpartei fand in -er Sitzung vom Dienstag einen wuchtigen und durchaus harmo nischen Ausklang. Nachdem man sich am ersten Tage die große innen- und außenpolitische Basis bereitet Halle, von der aus die Zentrmnsarbeit zum Nutzen sür das ganze Vaterland geleistet werden kann, nachdem am zweiten Vcrhandlungslage die Partei ein überwältigendes Bild ihrer Einheit »nd Geschlosienheit durch die einmütige Zustimmung zu den neuen Richtlinien bot, nach dem man sich ein diesen Richtlinien in allen Wetter» und Stür men standhaltendes Fundament gebaut hatte, war es Ausgabe dieses dritten und letzten Perhandlungstages, sich rückschauend und auSblickend die Grundsätze und die Ziele der ZcntrumSpgr- tei und ihres Wirkens vor Augen zu führen. Diese Aufgabe loste meisterhaft das ausgezeichnete, großangelcate und von einer hinreißenden Neberzeugungskraft durchdrungene Referat, das der Vorsitzende der Zcntrumsfraklioii des Reichstages, Präsident Marx über die Ideen und Ziele der Zentrumspnrtei hielt: Mit einer gewissen Scheu gehe ich an die Lösung der mir gestellten Aufgabe: Ich soll sprechen über die Ideen und Ziele der Zentruinspariei, die Gedanken, die den Gründern dieser Partei vorgeschwebt, die hochgesteckten Zielpunkte, die so viele um das Wohl des Vaterlandes und des Volkes wohlverdiente Männer mil der ganzen Kraft ihres Geistes, mit Aufopferung vielfach ihrer Gesundheit ihr ganzes Leben hindurch erstrebt habenI Die Ideale, sür die sich seit Jahrzehnte» Millionen treuer Staatsbürger und treugläubiger Christen eingesetzt habe». Ich soll mit wenigen Morien das darstellen, für das Männer eingctreten sind, bei Nennung deren Namen jetzt noch in so vielen Herzen Gefühle höchster Hockstichtung und wärmster Dank barkeit wach werden, angesangcn von Windthorst, den beiden Neichcnspergern, Mallinckrodt, bis zu denjenigen, deren Taten wir noch mit zum großen Teile initerteben und beobachten konnte», einem Freiherrn von Hertling, einem Freiherr» von Heeremmvi. einem Lieber. Gröber, Hitze, Triborn und Erz- Lergcr, deren Verlust die Partei noch nicht verwunden hat. Und doch ist eS wohl nicht unangemesfe». am Schlüsse eines Partei tages. der die Richtlinien für die weitere Tätigkeit der Partei festgelegt hat, der damit einen Merkstein bildet in der Geschichte -er Zentrnmsbartci, in aller Kürze wenigstens die Grundsätze noch einmal fcstzustellen, nach denen unsere großen Vorbilder ihre Politik eingerichtet haben, und von denen, wie wir be haupten, die Partei bis zum heutigen Tage in wesentlichen Punkten nicht abgewichen ist. In dieser Hinsicht, z» meinem Schmerze muß ich es gestehen, sind manche Kreise anderer An sicht. Auch aus diesem Grunde erscheint cs zweckmäßig, wieder einmal die wesentlichen Grundrisse festznstellen. auf denen die Zciitruwspartei errichtet ist und nunmehr über fünfzig Jahre ihre Tätigkeit entwickelt hat. k. 1. Das Zentrum ist gegründet worden in erster Linie als eine christliche Partei. Die unveränderlichen Gebote des , Christentums müssen nach unserer Ansicht, wie sür den Ein zelnen. so auch für die Gemeinschaft der Menschen, wie für das Verhältnis der Staatsbürger zum Staate, so auch sür das Ver hältnis der Staaten untereinander maßgebend sein. Mag dem sein, wie ihm wolle, mag auch der moderne Slaat sich bewußt dem Christentum und christlickwr Weltanschauung abwenden, das Zentrum wird unerschütterlich an der Neberzeugnng sestlialteu, das; e!» Siaaiswesen die ilim gestellte Aufaabe nicht vollkommen zu erfüllen imstande ist, wenn nicht eine Gesetzgebung eingerich tet ist, die im Einklang steht mit dem Grundgedanken des Chri- ftcntnms, daß auch der Wohlstand und die fortschreitende Kultur der Staaten und Völker bedingt ist von der Beobachtung des göttlichen Gesetzes, daß auch der von so vielen heißersehnte Völkersrieden undenkbar ist ohne die Anwendung und Durchfüh rung christlicher Grundsätze. Hier höre >ch sofort de» Einmmid: Wie kann das Zen trum den Anspruch darauf erheben, eine christliche Volkspartei Hu sein, da es deck mit Sozialdemokraten sich verbunden Hai, !Lcn offenkundigen Gegnern von Christentum und Religion. — jDer Vorwurf gegen die Sozialdemokraten in dieser allgemeinen >Form kann nicht als berechtigt anerkannt werden. Dach, soll hier lher Kürze der Zeit halber nicht weiter darauf eingcgangen wer den. Wir wollen hier nur die Frage erörtern: Hat das Zen trum seinen Charakter als christliche Volkspartei — so nennt eS Hich gleich im Anfang der neuen „Richtlinien" — verleugnet, als es mit den Sozialdemokraten und Dcmokraien die Koalition gleich nach dem Zusammentritt der Nationalversammlung ein- lging und bis beute wenigstens tatsächlich scstgchalten hat? — !l1m was handelte es sich bei der Koalition? Nicht um einen 'Wund, nicht um eine Verschmelzung, nicht um ein Anfgehcn einer Partei in die andere; lediglich um eine Arbeitsge meinschaft. keine Jdeengeiiieinschaft. eingegaugen, nm der Regierung des, neuen Deutschen Reiches nach innen und »ach vnßen die wünschenswerte Kräftigung und Stärkung angedeihen zu lasseii, die sie dringend bedurfte, nni ihrer schweren Aufgabe de» noch stark unsicheren inneren Verhältnissen gegenüber ge recht werden zu können. Niemals ist von der ZentriimSparlei Irgend ei» Anfgehen oder ein Wechte! ihrer Ansichten, namenllich !nicht ihrer Weltanschauung oder ihrer religiösen Ikeberzeugimg verlangt worden. Das würde sie mit Enlrüstnng und auf das Allerentschiedenste ziirückgewicscii haben, wenn dazu auch nur ^der leiseste Versuch gemacht worden wäre. — Die Sozialdemo kraten haben des öfteren auf ihren Parteitagen mit aller Schärfe betont, daß sie bei ihrem Zusammengehen mitMdem Zcnirnm «uch nicht das gerinaste von ihren Grundsätzen anfgeaeben hät ten. Mit den« glichen Rechte und mit gleicher Entschiedenheit können wir erklären, daß eS sich bei dem Zusammenarbeiten mit der Sozialdemokratie in Regierung »nd Parlament lediglich und ianSschlicßlich „m eine A r b e i t S Pe m e i n sch a f 1 und nm weiteres nicht bandelt, daß von einem Anfgcben unserer Grund sätze, namentlich aber unserer kulturellen und Weltanschau ungen in keiner Weise die Rede ist. Man führe doch auch einmal, statt allgemeine Vorwürfe zu erheben, einen einzigen Fall an, in dem das Zentrum der Sozialdemokratie zu Liebe seine Grundsätze nnfgegcben haben soll; man könnte sich dann des Näheren darüber unterhalten. Für heute sei nur das eine bemerkt: Im Anfang des Jahres ISIS, zur Zeit der Wahlen zur Nationalversammlung, hätte Wohl niemand in unseren Reihen eS für möglich gehalten, daß, «mgesichis der überaus heftigen Angriffe gegen jeglichen Schutz religiösen Lebens durch den Staat, ja gegen die Religion schlecht hin die Rechte und Freiheiten der Kirche in einem solchen Um fange gewahrt werden könnten, wie eS tatsächlich in der neuen ibeukschen ReichSverfassung geschehen istk Um nur eines anzu führen: Wie wertvoll ist die Anerkennung der Neligionsgesell- schäften als Körperschaften des öffentlichen Rechtes; ausdrück.ich wird ihre Freiheit scstgelegt und ihre Selbständigkeit in der Lldnnng und Verwaltung ihrer Angelegenheilen! — Mit der Feststellung dessen, was erreicht ist, soll keinesfalls zugegeben werden, daß i» der Versagung alles unseren berechtigten Wün schen entsprechend geregelt -st. Das ist durchaus nicht der Fall, Aber man darf Loch der Gerechtigkeit halber nicht vergessen. waL inan mit Recht bei den Wahlen zur Nationalversammlung ge fürchtet hat' Und was erreicht worden ist. ist erreicht worden, obwohl die Parteien der Nechien mit dem Zentrum zusammen nicht einmal die Mehrheit in der Nationalversammlung Hutter sich hatten! 2. Schon ans diesen Gründen ergeben sich im einzelnen Falle noch bedeiiiiame Folgerungen, die hier nur im allgemeinen angedentet werden können. Die erste Folgerung ist das unent wegte Festhalten an der Forderung „Freiheit der Kirche". Wenn die neue Neichsversassnng den Satz ausgestellt hat: „Es besteh! keine Staatskirche!", sa werden mir uns um so mehr sür be rechtigt »nd verpflichtet hatten, jeglicbe» Versuch der Gesetz gebung oder anderer Parteien, die Freiheit der Kirche z» beein trächtigen, auf das entschiedenste zu bekämpfen und abzuweisen. Dabei fordern wir nicht nur Freiheit einer oder aller Kirchen im engeren Sinne, wir verlangen, daß jeder Staatsangehörige frei seinem Gewisicn nach sich betätigen tan». Die bürgerliche Toleranz ist ein Grundsatz, den die Zenirnnispartei seit je ans das entschiedenste vertreten hat. klm so mehr müssen wir aber fordern daß auch die Andersdenkenden unsere Uebcrzeugung achten und uns die Freiheit lassen. 3. Dabc: ist das Zentrum, wie henizulage wob! nicht mehr ernsthaft bestritte» werden kann, seit je eine politische »nd keine konfessionelle Partei. Wenn bisher die Teilnahme von Evan gelischen an der Pariei »»d ihrem Lebe» nicht in solchem Nm- fange stattgefunden hat. wie es wünschenswert wäre, so be dauern wir daS selbst am allermeisten. Unsere Bereitwilligkeit, Andersdenkende» nnsere Reibe» zu öffnen, wird niemals gerin ger werden. Wir sind der Ansicht, daß die Grundsätze und Ziele der IentriiinSpartei derart lind, daß sie auch von Andersdenken den. namentlich auch van Angehörige» der evangelischen Kirche, politisch vertreten und verteidigt werden können. Es wird doch niemand leugnen können, daß. wenn uns auch die Entwicklung des politischen Lebens im Deutschen Reiche und in den einzelnen Landern dazu zwang, in erster Linie die Freiheit der katho lischen Kirche ans dem aesetzgebertschen Wege z» erstreben und z» sichern, wir doch auch niemals irgend eine» Schritt getan haben, nm die Rechte der cpangelischen Kirche zu schmälern, im Gegenteil, wir sind stets bereit gewesen, soweit die evanaeüsche Kirche einen dahingehenden Wunsch hatte, auch ihre Rechte und Freiheiten gesetzlich zu sichern. Das Zentrum ist seit jeher auch insofern eine politische Partei gewesen, als es seine Maßnahmen einrichtet nach Gründen der Staaisiiolwendigkeit und der SiaatSzweckmäßigkeit, nicht in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichts punkten. Da?> ist des öftere» bestritten und für unrichtig erklärt worden: Namentlich bei Wahlen macht sich vielfach das Bestrehe» bemerkbar, wirtsehaftüche Fragen in de» Vordergrund zu stellen: die Bestimmung, die Kandidaten zur Wahl nicht davon abhängig zu machen, welche st a a t s p o l i t i s ch e n An- schaungen, sondern davon, welche wirtschaftlichen Meinungen sie vertreten, in Sonderheit, welchem Staude und Berufe sie angc hören. Ta wird es dein Arbeiter vorgehalicn. daß er füglich nur einen Arbeiter wähle» dürfe, weil mir ein solcher seine Jnleressen z» vertreten imstande wäre. Das Entsprechende wird dem Landwirt, dein Handwerker, dem Beaniten vargetrageii. »in ihn zur Abgabe seiner Stimme zugunsten eine? SiandeSgenosse» zu veranlassen. Wir erinnern nur der maßlosen Agitation !u diesem Sinne z. B. des Bundes der Landwirte, der Sozialdemo kratie. Neuerdings macht sich vielenorts eine Bewegung in gleicher Richtung zugunsten der sogenannten Tstnieriibünde gellend und leider nicht ahne Erfolg: ein Beweis dafür, wie wenig politisches Verständnis noch bei nianchen VolkSkreiseu vor Händen ist. Wenn diese Bewegungen noch niemals dauernden Erfolg bisher haben aunneisen könne», so liegt das nicht an der Ileber- machi der politischen Parteien, sondern an der inneren Fehler haftigkeit der ganzen Gedankenreihe. Abgesehen davon, daß bei weitem »ich! das politische Leben ausschließlich mit wiriscbaft- licben Fragen beschäftigt, sondern neben diesen eine ganze Reihe anderer Frage» zur Verhandlung gelangen, welche » i ch i nach der wirtschaftlichen Gruvvicrnng der Bevölkerung, sondern nach viel höher stehenden Gesichtspunkten, ja, man muß sagen, nach Weliansckmnnngen entschieden werden „müssen — ich erinnere nur an kulturelle Fragen, an solche der Rechtspflege und der Gc- richtsversassmig, — darf auch 'bei d>w Entscheidung rein wirt schaftlicher Fragen nicht ausschließlich auf den wirtschaftliche» Erfolg, die wirtsckiastliche Zweckmäßigkeit ausschlaggebendes oder entscheidendes Gewicht gelegt werden; auch bei ihnen müsse» allgemein sittliche »nd ethische Erwägungen von maßgebendem Einfluß sein, wenn anders nicht das gesamte SlaalSwcsen un heilbare» Schaden erleiden soll. Der Zweck der Politik ist doch schließlich die Erreichung des Gemeinwohles deS gesamte» StaaiSwesen-s. lind schließlich würde, wenn inan für solche Fra gen rein wirtschaftliche Zweckinäßigkeitsgrüade maßgebend sein lassen wollte, der Krieg aller aegen alle entbrennen, »nd sich als Endergebnis zeigen, daß mich rein wirtschaftliche Fragen durch eine lediglich nach wirtschaftlichen Interesse»' zusammengesetzte Volksvertretung nicht mit solch befriedigendem Ergebnis für den einzelnen Stand entschieden werden können, wie zurzeit durch dse nach politischen Richtungen orientierten Parteien. Das Jn- 'Oeesse des einen Standes ist zumeist das- entgegengesetzte von dem anderer Stände, würde also in den meisten Fällen dem ge schlossenen Widerstand aller anderen Stände begegnen. DaS Zentrum ist sei t je allen Versuchen, die wirtschaftliche Gruppierung der Bevölkerung zur Grundlage politischer Partei- bilduiig zu machen, mit aller Entschiedenheit cnlgegengetreten, rühmt sich aber, in sich die beste Vertretung auch der wirtschaft lichen Interessen seiner Angehörigen z» sein, weil es den Vorzug besitzt. Angehörige aller Stände und Berufe z» seinen Anhängern zu zählen, »nd erhebt den Anspruch, in bester Weise für das Interesse aller Stande und Berufe gewirkt »nd gearbeitet zu haben. Dies vermag das Zentrum nur. weil es den Grundsatz des Rechtes und der christliche» Gerechtigkeit sich zu eigen gemacht bat, wei! eS nach die sem Grundsatz jedem Stande in wirtschaftlicher Beziehung znzu- wenden sucht, was ihm billigerweise zukommi, ohne die Inter essen und berechtigten Ansprüche der anderen Stände dadurch zu verletzen. Einen Ausgleich der verschiedenen Ansicht hat daS Zen trum in der Schaffung des RcichswirtschaftSraies in der neuen Ncichsvcrfassnng erblickt. Hier kommen die verschiedenen wirt schaftliche» Strömungen und Interessen z» voller Auswirkung. Sachverständige aller Richtungen kommen hier zu Worte. Die schließliche politische» Krönung des gesetzgeberischen Vorgehens ersolgt aber in den nach politiicheii Gesichtspunkten zusammen- gesetzten Reichstag. Wen» auch die Einrichtung »ocb mancherlei Sctiattenseitcn. namenilich bei der praktischen Dnrchsübning der Verhandlungen answeist, so ist doch hier ein Weg gefunden, wirtschaftliche und Weltanschaucttigsjrage» in glücklicher Weise zur Auswirkung zu bringen. 4. Eine weitere Folge des oben anfgestellicn Grundsatzes ist die Forderung, daß alle Staatsbürger :n gleicher Weise, falls sie nur die »öligen Fähigkeiten besitzen. Zutritt zu den össent- l'chen Nemtern beiitzcn müssen. Dns Verlangen nach Parität, nach gleicher Behandlung auch des katholischen Volksteiles bei Besetzung von Remtern, ist niemals verstummt, vielleicht in den letzte» 20 Jahren stärker erhoben worden, als früher, weil das Mißverhältnis der Vertretung der Konfessionen in den verschie densten Benintenkörper» immer drastischer und schroffer znlage trat. Ilnd nicht nur »ach der konsenionellcii Seite verlangen wir gerechte Berücksichtignug, sonder» namentlich angesichls der veränderten Gestaltung der Dinge in nnserem Vaterlandc, auch nach der Seite der Parteiziigeböriokeit hin, lim es ausdrücklich zu wiederholen' Wir setzen selbstverständlich die Fädigkeit und Tüchtigkeit des Einzelnen zur Bekleidung des speziellen 'Amtes, sür das er in Betracht kommt, voraus, aber bei gleicher Eignung verlangen wir, daß Angehörige der Zevtruinsvartei in gleicher Weise berangezoaen werden, wie Angehörige anderer politischer Richtungen. Dabei müsse» wir an unsere Geiinmingssrcnnde die dringende Mahnung richten, auch seihst zu gewissen Dukern im Dienste der Allgemeinheit »nd unserer gute» Sache dereit z» sei», nicht stets sich zu hcgnügen mit leichteren oder vegneinc- ren Anstellungen, sondern vielmehr sich von dein Gedanken lei te» zu lassen, daß gerade zur jetzigen Zeit wir als Christen höhere Pflichten zn erfüllen haben, als in sonstigen Jahren. 6. Eine fernere Folgerung außer den Grunssätzen, daß die christliche Auffassung Grundlage der Politik iein soll, stell! die Forderung nach Sicherstellung »nd Beibehaliung der konzej- si o n eilen Schule dar. Seit je ist die Zcntrnmspartei die wärmste und eifrigste Vertreterin des konfessionellen Tchnlgedan- kens gewesen. Das Ziel der Schule ist nicht nur in der Vermitt lung möglichst umfangreicher Kenntnisse, sondern vornehmlich auch i» Erziehung des Kindes zu erblicken. Gewlßenssreiheit ist sür uns ein unantastbares Gut. W:r wolle» daher unsere Auf fassung Andersdenkenden nicht anszwingen. Aber die Forde rung erheben wir mit aller Kraft, und wissen uns in lieberein» stiminuug mit den weitesten Kreisen der christlichen Bevölkerung: Es ist eine uuabweisliche Forderung, die in der Verfassung ihren nnbestreilbaren Ausdruck gesunden hat. daß unser Schulwesen im Deiilschen Reiche nach dein Ättttn der Er;iehu»gsl'erechttgten eingerichtet werde» muß. lieber»!!, wo Eltern die Einrichtung konsejjioueller Schulen verlangen, muß sie ihnen gewährt werden. 6. Hier kann ich nur einige hauptsächlichste Punkte hcrvor- hebeu, bei denen die Betonung des christlichen Prinzips nük ganz besonderer Entschiedenheit seitens der Zentrnmspariei seit >e ersolgt ist, und angesichls der Eniwicklniig der Dinge auch zur zeit erfolge» muß. lieberaas zahlreich siud naturgemäß die Aa- wendniigSfälie de-S hier in Betracht kommenden Grundsatzes, schon wei! nach unserer Auifassiiiig das gesamre ösfentliche Letzen von Weltanschgnnngsgednnfen gelragen und durchdrungen sein soll Ich will nur einzelne Anwendniigsfätte benennen, ohne im einzelnen daraus näher ein »igelie»: Heilig! all n, der Ehe, ent schiedene Bekämpfung aller Versuche, die Ehescheidung zu er leichtern. Schutz der Jugend geaen Gefährdung ihrer Sittlich keit, deshalb Handhabung der Zensur auch im Theater und Knie, Bekämpfung der Schundliteratur, Sorge für >,»-reichende Beschaffung guter und dildender Volksbücher und Vollsoüche^ rei'n. Bekämpfung der öttentliche» linsittlichteit und Hebung von Titte und Mora! auch sin öfseinliehen Leben. A, 1. Wenn die Zeiiirttmspaeiei für tue Durchdringung des gesonnen ösfenitichen Lebens mit christlichen Ideen ciniritt, so bekämpft sie ans der anderen Seite die Verneinung und Aus lösung deS Stnaisgedankens. Man verübelt immer »och in ein zelnen Kreisen denn Zenurni», daß es nach der Revolution sich mit aller Entschiedeiibei! ans de» neuen Stand der Tinge ein gerichtet und alles darangesetzt ha!, am den rechtswidrigen und ungesetzlichen Zustand zn einem rechtlich begründeten und ver fassungsmäßigen zu machen. Man sagi, das Zentrum sei grundsätzlich eine moimrchiiche Partei gewesen und tnibc nicht ohne wctterS sich mit der republikanischen Stgaisverfaisniig ab- finden dürfen. Lean tadelt, daß das Zenlrnm „n der in Wei mar beschlossenen Persassung sesihalte, »nd eine * tteenng nur ans dem gesetzliche» Wege vorzniiehmcn bereit sei. Wenn je mals Vorwürfe gegen das Zeittrum gerechtfertigt sind, wenn die Zenirnnispartei jemals ihre Tätigkeit >n:l ruhigem Gewisse» verantworten kann, dann ist eS nach meiner Meinung in diesem Punkte, Die Verfassung vom kl. August Illlll ist durchaus ein wandfrei zustande gekommen, und muß nach christlicher Auf fassung von einer christlichen Volkswirte! als perbintck'cv betrach tet und anerkanni werden, Ob Monarchie oder Revnl'ttk, beide Staalsforme» sind mit christlicher Anssass»ng vom Wesen des Staates durchaus vereinbar. Beide Programme des ZenlrnmS ans de» siebzig?, Jahren betonen ausdrücl'ich die Verteidigung der versassnnciSmcißigen Rechie, Ich glaube, daß nach dieser Fest stellung man mit größere»! Rechte den der ZcnirnmSvariei ge- machien Vorwurk den Gegnern znrückgeben darf. Nicht das Zentrum hat die Grundlinien seiner Vorfahren verlaßen. Nach Zerlrümmernng der alien Staatsordnung hat es sofort Hand angelegt, eine neue Verfassung ansttlbaiicn, sich nach Männern und Parteien nmgesehcn, die mit ihm bereit waren, das Ziel z» erstreben und dann, sokiild das Ziel erreicht war. die nnn SlaaiSrccht gewordene Verfassung als solche anerkannt, und ibre Anerkennung von den Staatsbürgern verlangt. Meines Erach tens ebenso klug politisch, wie gilt christlich, 2. Ganz selbstverständlich ist es. daß das Zentrum diese Verfassung nur dann einer Nachprüfung und Abänderung un terziehen will, wenn w'cbüge Gründe dazu vorhanden sind. Zur zeit wäre es das unzweckinäßigste, sich in neue VersassiingS- känivfe einznlassen. Das Zentrum ist sicherlich mit einer ganzen Reihe von VerfajstiiigSbestimmnngen nicht einverstanden, aber dennoch würde ich eS für einen Irrweg schlimmster Art ballen, wenn wir jetzt, wo wir Ruhe im Innern bedürfen, den Versuch unternehmen wollten, unseren Wnn'chc» Geltting z» verschaffen. Mit noch viel größerer Entschiedenheit verwerfen wir selbstver ständlich jeden Versuch getoallsamer Aendernng der bestehenden Verfassung. Niemals kann »ach »nserer Auffassung die Ileber- zeugiing, daß die monarchische Staatsform die bessere und für das Volk vorteilhaftere sei. auch mir einen Schein dafür abgeben, die jetzige republikanische Verfassung gewaltsam zu ändern und anfztlheben. Es ist geradezu eine GcwissenSpflicht sür jeden ül erzeugten Christen, hier der Dbrigkeit untertan zu sein; ob sie ihm gerade paßt oder nicht, ist dabei vollständig gleichgültig.