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WMlketW »ilL NWIelieii-Mlk Von unserem parlamentarischen Mitarbeiter wird uns aus dem Reichstage geschrieben: Die Form, in der die deutsche Reichsregierung über die Ent scheidung der Entente in der Oberschlesten-Frage unterrichtet wor ben ist, bedingt eine nicht unerhebliche Aenderung der bisherige», sür den Fall des Bekanntwerdens des offiziellen Wortlautes dieser Note vorgesehenen Maßnahmen. Sine Entscheidung vor allem dahin, ob das Kabinett Wirth nun auf Grund dieser Note demis sionieren soll oder nicht, konnte nach Lage der Dinge nicht ge troffen werden. Ein eigenartiger Zwang der Verhältnisse ver hinderte die sofortige Klärung der politischen und parlamentarischen Lage. Wir sehen uns nämlich in der jetzt von Briand der deut schen Regierung und dem deutschen Volke übermittelten Note noch nicht einem Desinitivuin gegenüber. Wohl läßt Briand in seinem lehrhasten, ja sogar drohenden Begleitschreiben keinen Zweifel darüber, daß an der Entscheidung selber nichts mehr geändert werden kann. Indessen sollen die wirtschaftlichen Be stimmungen der Note gegenseitigen deutsch-polnischen vorherigen und erfolgreichen Verhandlungen zugesührt werde». Es ist natür lich ganz klar, daß auf diese Weise auch die „Empfehlung" des Obersten Rates unter den Zwang, ja sogar unter das Diktat der Entente gestellt werden. Vor sich selber aber, wie vor der ganzen Welt wollte anscheinend der Oberste Rat das böse Odium, eine Verletzung des Versailler Vertrages, durch diese seltsame Benach richtigungsform von sich abwälzen. Der Versailler Vertrag gibt nämlich nicht die geringste Handhabe für ein diktatmäßigcs Anf- erlegen von wirtschaftlichen Pflichten im Zusammenhang mit der politischen und territorialen Entscheidung über das zu künftige Geschick Oberschlestens. Man braucht keinen Hehl daraus zu machen, das; Form und Inhalt der oberschlesischen Note die schlimmsten Befürchtungen, die man an den politischen und parlamentarischen Stellen der Reichshauptstadt hegte, noch weit übertrosfen haben. Soweit die materiellen Grundlagen der Note in Betracht kommen, wurden sofort die zuständigen Ministerien, vor allem das Wtrt- schasts-, das Verkehrs- und das Jnnen-Ministerinm niit der Prü fung der Wirkungen der Bestimmungen beauftragt. Das Reichs kabinett ist am Freitag früh zusammengetreten, um zunächst ein Referat des Reichsaußenmtnisters Dr. Rosen über die allge-, meinen außenpolitischen Grundlinien und Folgen dieser Oberschle- firn-Eutscheidung entgegenzunehmen. Ohne sich des weiteren über den Inhalt dieser Note zu äußern, hat sich dann das Kabinett bis zum Abend vertagt. Inzwischen sind neben den wirtschaftlichen auch die politischen Faktoren mit dieser ernsten Angelegenheit besaßt worden. Vertreter aller in Betracht kommenden ober schlesischen politischen und wirtschaftlichen Kreise hatten sich in zwischen mit Vertretern der Reichsregicrnng zu einer AnSsvrache zusammengefunden. Die Parteien wurden von dem offiziellen Text, soweit er bis dahln bekannt war, in Kenntnis gesetzt. Im Lager der Parteien war man gewiß auf Schlimmes gefaßt, aber dennoch hat die Note selber eine starke Bestürzung hervorgerufen. Auch die Parteien konnten unter dem ersten Eindruck dieser Note und ihrer voraussichtlichen Wirkungen für das deutsche Volk sich zu weitergreisenden politischen Entscheidungen nicht ver stehen. Das lag daran, daß die Note in ihrer Gesamtheit ja noch nicht den Abschluß dieser Frage darstellt, daß vielmehr über die wirtschaftlichen Angelegenheiten zuvor noch ein Einvernehmen hergcstellt werden muß. Wenn nun aber solche Verhandlungen, die immerhin, wenn auch nur sehr geringsügige Möglichkeiten Visen lasse», geführt werden sollen, so ist das nur möglich bei einer voll aktious- und handlungsfähigen Negierung. Eine Negierung die ihre Tcmission gegeben hätte, wäre nicht im Vollbesitze dieser un erläßlichen Aktionsfähigkeit. Die von seiten der Regierung, wie anch von seiten der Parteien gehegte Absicht, unmittelbar nach einer ans Grund der Oberschlesien-Entscheidung erfolgenden Demission des gesamten Kabinetts sofort eine neue Regierung auf zurichten, ließ sich unter den obwaltenden Verhältnissen gar nicht verwirklichen. Nicht etwa deshalb, weil die technischen Vorberei tungen nicht getroffen gewesen wären, sondern weil man, wie bereits betont, ja noch nicht vor vollendeten Tatsachen stand. Bei unserer Situation aber muß jede Verhandlungsmöglichkeit aus- gcnutzt werden. lind so stehen wir unter dem Druck der Notwendig keit der unmittelbaren Fühlungnahme mit Polen über Art und Maß der wirtschaftlichen Abmachungen. Es ist gewiß ein sehr schmerzlicher Gang, den da die deutschen Vertreter gehen müßten. Aber wie die Tinge nun einmal liegen, werden wir trotz allem versuchen müssen, auch das Letzte herauszuhole», was nur irgend möglich erscheint. Es ist nur natürlich, daß auch die Frage geprüft würde, ob nicht die glatte Ablehnung dieser Oberschlesfen-Ent- scheidung ausgesprochen werden soll. Und es wurden auch die aus einer derartigen Stellungnahme sich ergebenden Folgen mit allem gebotenen Ernste geprüft. Denn das ist die Ueberzeugung aller, daß diese Oberschlesien-Entscheidung mit den Bestimmungen dcS Versailler Vertrages weder in ihrem politischen, noch auch in ihrem wirtschaftlichen Teil in Einklang zu bringen ist. Auf der deutschen Volksvertretung ruht nun abermals eine furchtbare Verantwortung. Zur Stunde, da diese Zeilen im Reichs tage geschrieben werden, haben sich die Vertreter sämtlicher Reichstagssraktionen zu ernsten und entscheidnngsschwercn Bera tungen zusammengefunden. Die Volksvertretung wird in ihrer Gesamtheit wohl kaum vor Montag zu Worte kommen. Inzwi schen wird die Obcrschlesicn-Notc auf ihren materiellen Inhalt, wie aus ihre politischen und wirtschaftlichen Wirkungen hin aus das sorgfältigste geprüft. Und mit von dieser Prüfung wird es abhängeu, welche Entschließungen Reichsregicrnng und Reichstag letzten Endes treffen werden. Wieder ist eine SchiclsalSstunde sür das deutsche Volk angebrochen. Slarke Auswanderung aus den abzutretenden Gebieten Rattowitz, 2t. Oktober. In Obcrschlesien hat nunmehr die Masienabwandciung des deutschen Elements eingesetzt- Die Paßstellen in Kaltowitz, Myslowitz »sw. können den Andrang auch nicht an. nähernd bewältigen. Die gesamte MagistratSbeamtenfchast der Stadt Katt» Witz, wie auch die dcS Amtsgericht» will bei der Veröffentlichung der Entscheidung dir Arbeit nicdcrlegen. Zahl» reiche prominente Persönlichkeiten haben Oberschlesicn bereits ver» lasse». Die Aufregung In de» abzulretende» Gebieten ist iingehkuer. Kundgebung der oberschlesischen Zentrums- abgeordneten Berlin, 21. Oktober. Tie o b e r sch l e s i s ch c n Abge ordneten der Z e n t r n in s s r a k t i o n des Reichstages und des prenhifchen Landtags richten folgende Kundgebung an ihre Wähler: Tic Entscheidung, wie sie jetzt durch amtliche Be kanntmachung der Botschastc» konfcrenz veröffentlicht wurden ist, übersteigt alle Befürchtungen, die wir für unsere Heimat schon in den letzten Wochen gehegt haben. Eure Abgeord neten und die Zentrnmsfratlionkn des Reichstages und des Peru« ßisehen Landtages verstehen nur zu gut Euren Schmerz und Eure 'Entrüstung nno teilen sie mit Euch aufrichtigen Her zens. Es bedarf wohl keiner ansdrüctlichen Versicherung, daß wir restlos bemüht sina, das über uns hereingebrvchene Unglück noch in letzter Zlnndc abznwendcn. Wir werden dabei nnlerslüht durch das volle Verständnis der Zentrnmsfraktion des Reichs tags und des Landtags, die ebenso nnnbmsiig tätig sind, die In teressen der Ovcrschlesier nach allen Seite» hin und mit allen Kräfte» zu wahre». In diesem Sinne bitten wir Euch, wie bis her Periranen zu »ns »nd unserer Arbeit zu haben, Ruhe z» be wahren und alle unüberlegten Schritte zu vermeiocn. Mormvfsv-Mhtz > »«» » c»., I,» <n« d,,«r Ln>»»n»n«w»«ir» NI» Mel«, u»»« »»0 »cl,!»,» leinl. — 0s«»»» » >,»>»««. Polnische Gewalttaten Kallowitz, LI. Oktober. Die Lage in Oberschlesien ist in Anbetracht der VrrSffentlichung der Entscheidung der Alliierten auf« höchste gespannt. Trotzdem ist »«, soweit bi« jetzt bekannt, nirgend« zu Zwischenfällen gekommen. Nur wird aus dem -reise Rybnik gemeldet, daß dort di« Pole» ihre Drohungen gegen Geistliche wahrmachlen. Der Pfarrer Gediga aus Leschzin wnrde durch vier in einem Kraftwagen angekommene Personen gezwungen, di« Pfarre zu verlassen und zu fliehen. Ein englische« Antrag auf Revision London, 21. Oktober. Da» Unterhaurmltglicd Kennworthy hat folgenden Antrag cingebracht: Das Haus ist der Ansicht, daß die unter dem FricdenSvcrtrage und den darauf folgenden Abkommen Deutschland auferlcgten Reparationszahlungen für den Welthandel nachteilig sind, und gibt der Meinung Aus» druck, daß die Zeit für eine Revision der Gesamtlage gekommen sei. Eine Warnung der rheinischen Parteien Köln, LI. Oktober. In einer gestern in Königswinter gefaßten Entschließung der Sozialdemokratischen Partei, der Dcnio- kratischen Partei, der Zentrnmspartei, der Deutschen Vvlkspartei und der Tcutschnationalen Vollspartet dcS Rheinlandes erhe ben diese in zwölfter Stunde angesichts des Fehlspruches von Genf ihre warnende Stimme. Als politische Vertreter der Bevöl kerung des besetzten Gebietes können wir wohl am besten nach- fühlen, wie schwere Zeiten Oberschlesien in den letzten Jahren durchgemacht hat. Tie Volksabstimmung hat trotz allem Terror, der von den Polen auSgeübt wurde, ein starkes Bekenntnis der Bevölkerung zum Deutschtum gezeigt, das später noch durch viele Erklärungen sogar polnischer Agitatoren und Agenten be stätigt wurde. Setzt sich der Völkerbund über das historische Recht und die Volksabstimmung hinweg, teilt er unmittelbar, so muß er vor der Geschichte, die das Gericht sein wird, die Verant wortung sür das kommende Unheil tragen. Warnend erinnern wir an Lloyd George, der erklärte, man solle kein zweites Elsaß-Lothringen schasse». Unseren Brüdern in Oberschlc- sien versichern wir, daß wir in ihrer deutschen Treue »nverbrnchlich zn ihnen stehen werden, komme, was kommen mag. Verbot der Kundgebungen im besetzten Gebiet Koblenz, 2t. Oktober. Anläßlich der Nachrichten, nach denen im besetzten Gebiet Kundgebungen wegen der Teilung Oberschlcsiens veranstaltet werden sollen, hat die Rheinland» kommiision beschlossen, ihren Delegierten in den Regierungsbezirken oder Provinzen, die in Artikel 18 der Verordnung 8 in der Fassung der Verordnuna 12 vorgesehenen besonderen Vollmachten zu übertragen und damit das Recht, im Hinblick auf die erwähnten Kundgebungen solche Versammlungen, Ansammlungen und Zusammen künfte zn verbiete», die die Sicherheit der Beiatznngstruppen zu gefährden geeignet sind. Der Aufenthalt auf den Straßen während der Nachtzeit ist z» untersagen. „Es ist heilige Pflicht eines jeden Katholiken» die katholische Presse zu unterstützen und der selben im Volke eine möglichst große Verbreitung zu Verschaffen. Die gute Presse ist ein Werk von höchstem Nutzen und größtem Verdienst." Papst Pius IX. Protestkundgebungen der Deutschen Volkspartei (Eigener Drahtbericht der „Sachs VoikSzeitg.") München, 22. Oktober. Tie Deutsche Volkspartei in Bayern erläßt über Oberschlesicn einen Ausruf, in dem es ». a. heißt: Die Entscheidung über Oberschlesien bedeutet die unerhörteste Verge waltigung eines großen Volkes, den unerhörtesten aller Nechts- brüche, den sich die Entente bisher geleistet hat. Nie nnd nimmer erkennen wir diesen Entscheid an. Wir halten sest zn unserem obcrschlesische» Lande. Ihr Volk der Alliierten, die Verblendung Eurer Staatsmänner führt Euch dem Abgrund entgegen. Das erkennt, bevor cS zn spät ist, und Ihr deutschen Arbeiter, glaubt Ihr immer noch an die Internationale, sowie Solidarität. Die Genossen der Entente Helsen mit, die deutsche Wirtschaft, die Grundlage Eurer Existenz, zn vernichten, setzen Tausende von Euch aus die Straße, machen Euch und Eure Familien brotlos. Der Ausruf schließt mit der Aussorderung, eine internationale deutsche Einheitsfront zn bilden und schließt mit den Worten; Nie und »immer erkennen wir die Losreißung unserer oberschle- sischcn Brüder an. Oberschlesien bleibt uns deutsch. Berlin, 22. Oktober. Tie Reichstagssraktion der Deutschen Volkspartei hat gestern nachmittag folgenden Beschluß gefaßt: Die Reichstagssraktion der Tenlschen Volkspartei hat von den be kannt gewordenen Erklärungen der Entente über die oberschlesi sche Entscheidung Kenntnis genommen. Die Fraktion sicht in dieser Entscheidung eine Mißachtung der Volksabstimmung und eine Verletzung des Versailler Vertrages »nd lehnt diese Entschei dung einstimmig ab. den Bestimmungen der Kammer. Aber di« früheren Regierun gen hätten die Kammer darauf aufmerksam gemacht, daß der Frisdensvertrag nicht nur Vorteile für Frankreich enthalte, son dern mich Bestimmungen, die Frankreich nicht begünst'gtcn. Vor dem 1. Mai habe man zur Einigkeit kommen müssen. Sie sei erzielt worden. Briand erinnerte weiter daran, unter welchen Umständen er seinerzeit gesagt habe, man werde Deutschland die Hand an de» Halskragen legen, wenn es nicht er fülle. Aber damals sei der Verfalltag, den der Friedenöuerirag vorsah, »och nicht gewesen. Die Besetzung sei etwas Großes, aber Frankreich habe danral« geglaubt, man müsse noch neue Sanktionen nehmen. Die französische Negierung bube in Ruhr, ort, Duisburg und Düsseldorf neue Pfänder n-hm-n wollen, damit Essen im Bereiche der französischen Kanonen liege. Vor dem Verfalltage vom 1. Mai habe Frantre.ch seinen Alliierten gesagt, wenn Deutschland sich nicht unterwerfe, dann werde Frankreich neuerlich eine entschiedene Geste mache». Vlinnb ging alsdann dazu über, von den * Ereignissen in Oberschlesicn zn sprechen, die dicht an die Grenze einer neuen Krisis gefülut hätten. Jetzt behaupte man, man habe die Jahrcsklajse will unnütz mobilisiert. Man vergesse, daß der dama ftr ReichSfaiiz. ler eine provozierende Rede gehalten habe. Aber g:gennber der resoluten Haltung Frankreichs habe sich d>e Mehrheit des Reichs, tages geweigert. Frankreich sei stark, es sei sogar am Maximum seiner Kraft angrlan.st, ober cS müsse sich auch um die Jmponderab'lien de: Wellings, kümmern. Briand entrüstet sich, daß mm behaupte, die Ne- girrung hebe nichts getan, um Deutschland zu entwaffnen. Die nx.eriellcn und moralischen Kräfte Franl'.eichS berechtige» zu allen Hoffnungen. Wie könne m m bch? i'-.i'. daß Deutschland bis an die Zähne bewaffnet se>, wenn es fast sämtliche Waffen ansgeliefert habe. Zweifellos bleibe Deutschland eine Nation von 70 Millionen Menschen und eine ständige Gefahr. Es könne die zerstörten Kanonen wieder sabrizieren lassen, gewiß, aber es ist ungerecht, der Regierung vorzuwerfenl das; sie noch nicht die Kanonen von morgen zerstört habe. Mr» könne von ihr verlangen, daß sie die Wachsamkeit und die Kon. trolle verlängere. (Stürmischer Beifall.) Nachdem Ministerpräsident Briand seine Rede in der Kam- mcr beendet hatte, wurde die Weiterberatung der Jnterpello'ion auf kommende» Dienstag vertagt. Sitzung des ReichSraies für Wiedergul- machnngsfragen Berlin, 21. Oktober. Im RelchSministerlum für Wiederaufbau hielt der Reichsrat für Wiederantmach ungSfragen bcuü eine Sitzung ab. An Stelle des dienstlich verhinderten ReichSminis ect Dr. Rathenau gab Staatssekretär Dr..Jng. Müller einen allge meinen Ueberblick über das Wiesbadener Protokoll, über die Gründe, die zu dem Abkommen geführt haben, über da« Zustande- kommen des Abkommens nnd dessen wesentliche Bestimmungen, woraus Ministerialrat Kunde über die einzelnen Punkte der Haupt und Nebenabkommcn berichtete. Einzelne Nnklarbeiten, die von Mitgliedern deS Reichsratcs zur Sprache gebracht wurden, konnten in der Dis» kussion durch Aufklärungen der NegierungSvertreter behoben werde». Der Reichrat erkannte in keiner überwiegenden Mehrheit an, daß da» Abkommen einen Fortschritt aus dem Gebiete der Reva » ration bedeute und bei billiger Berücksichtigung aller Verhältnisse den deutschen Interessen zuträglich sei. Die Neberfiihrung König Ludwigs Wien, 2t. Oktober. Das .Extrablatt* meldet aus Budapest: Die ungarische Regierung hat angcordnet, daß die Uebcrsiihrung dcr Leiche dcS Königs von Bayern aus ungarischem Staatsgebiet mit allen einem befreundeten Souverän zustehende» militärischen Ehren zn erfolgen hat. Eine Ehrentompagnie wird dem toten König öas Geleit bis zur Grenze zu geben haben. Die Bahnhöfe, die dcr Zug durchfährt, haben halbmast zu flaggen. Der Berliner Zeitungskonflikt Berlin, LI. Oktober. WTB. meldet: Berliner Zei. tungskvnslikt hatte» sich der Reichsarbeitsminisier und die Ge- werlschast in eindringlickster Weise für die Wiederaufnahme ücc Arbeit des iarisbrüchigcn Mojseschen Personals eingesetzt. Das Personal blieb bei seiner Ablehnung. Darauf »nternahmcn die Zeiilingsverleger einen erncuten Versuch, ihre Solidarität mit der bedrängten Firma dadurch zu bekunden, daß das „Berliner Tageblatt* in einer anderen eZitungsdruckerci hergestellt werden sollte. Von Strcikarbeit konnte dabei nicht die Rede sei», du die Mosscsche Belegschaft durch das paritätische Schiedsgericht einstimmig, also auch mit den Stim men der Arbeitnehmer» sür tarifbrüchig erklärt wor den war. Ta die technischen Belegschaften sämtlicher Betriebs der Verlage Groß-Berlins den Druck des Mosieschen Mattes ver. weigert haben, so ist ihnen unberechtigter Arbeitsverweigerung sämtlich fristlos gekündigt worden. Der Verein der Berliner Buchdruckereibcsitzer hat gleichfalls zur Bekundung seiner Soli- darität mit den eZitungSverlegcrn die Kündigung dcr technischen Belegschaft mit der iarislichcn achttägigen KttndigungSsrist be schlossen. ^ - Briands Erklärungen vor der Kammer Paris, 21. Oktober. Am heutigen vierte» Verhandlungs- lage der Interpellatioiisdcbatte sprach an erster Stelle Abgeordneter Bon net, »m Auskunft zu verlangen über die Maßnahmen, die die Regierung zn ergreife» gedenke, um den für de» Krieg und seine Durchführung verantwortlichen Kaiser Wilhelm und die militärischen und politischen Füh rer Deutschlands gemäß dein Vertrage von Versailles zur ge richtlichen Aburleilung zu bringen. Er verlangte darüber Auf klärung dcr Negierung und Durchführung der Bestimmungen des FricdciisbcriragcS. Nach ihm interpellierie Abgeoräi-cier Gah über die französische Politik im besetzte» Gebiete. Die augenblickliche Besetzung hindere Tentschland nicht in seiner Produktioiissähigkeit und mindere keineswegs seine Zah- lnngSkraft. Ministerpräsident Briand erklärte, die Frage sei, ob die Negierung alles getan habe, was möglich gewesen sei, nnd ob andere mehr Halle» leisten können. In diesem Falle müsse cs die Kammer dcr Negierung klar zum Ausdruck »rin gen. Alle Minister seien solidarisch und in dem Augenblicke, ins er sich »»schicke, zu einer sehr ernste» Konferenz »ach eineiu fernen Lande zu reisen, werde er nicht mit einem kleinen Ver trauensvotum, mit einer kleinen Mehrheit die Reise anireten. Die Poliiik der Regierung sei eine FriedcnSpolitift Darüber müsse mau sich anScinandersetzen, also eine Poliiik d.'Z inneren Friedens und eine Politik des sozialen Friedens, dunst nlle Franzosen in der Republik i» Frieden leben könnten. Er wolle niemanden anklageu, daß er eine Kriegspolitik betreiben wolle, aber Frieden beiße eine Atmosphäre schassen, in der bei den unruhigen Zuständen in Europa alles vermieden werde, was de» Frieden stören könne. Tie Kammer müsse sich klar über iste Täligleit der Negierung atiSsprcchcn und sagen, ob sie zuirft- den oder unznsricde» sei. Als er die Regierung übernommen habe, habe man einen F r i ed en L b e r t r a g in Händen ge habt, gegen den er nicht klagen wolle. Der Pertrag stelle eine Ei » igung der Alliierte» dar. Bestehe sie n:cht, dann gäbe es anch keinen Vertrag. Wenn man sage, d:r Ver trag sei toi, dann erkläre man, daß das Einverständnis, nicht vorhanden sei. Ohne dieses Einverständnis der All' crle.r batte man die Deutschen znr Zahl-ng nicht zwingen können. Die Re- gier,>>>g habe alles getan, um bei dcr Zahlnngsfrist .iw I. Mai die Einigkeit der Alliierten aiis»cchtzncrbal1cn, und zwar nach E!»» Telegramm Devaleras an Len Papst London, 2l. Oktober. Dcvalera hat ein Telegramm aü den Papst gerichtet, worin er unter Bezugnahme auf eine Botschaft dcS Papstes an den König von England und auf die Antwort des Königs an den Papst erklärt: Das Irische Volk sei sicher, baß die im Namen des Königs Georg gesandten Zweideutigkeiten ihm nicht gerecht würben. Das irische Volk glaube nicht, daßs cs dem britischen Könige Treue schulde. Tie Unabhängigkeit: Irlands sei formell von den gewählten Vertretern Irlands ver kündet und durch die nachfolgende Volksabstimmung ratifiziert: worden. London. 21. Oktober. „Daily News" berichtet, daß daS Telegramm de Balcras an den Papst die politische Sensation des TagcS bilde. „Pall Mall and Globe" schreibt, Devaleras! Telegramm habe eine Krisis ln der irischen Fra ge her- bcigesührt nnd die Stimmung ans der heutigen irischen Konsercnzi in der Downing Street sei sehr gespannt gewesen. Die Lage sti äußerst ernst. „Irish Times" schreibt, die Engländer aller Par teien seien durch Devaleras Telegramm verletzt und enttäuscht worden. Rußland und England Ropenhage«, 21. Oktober. Politiken meldet au« Rigg, Moskauer Zeitungen berichteten, daßEnglandnach Wladiwostok eine Truppt nabteil n ng. bestehend au» 600 antibolschewistische« Offizieren, Matrosen und Kosaken, gesandt habe. Die Sowjetzeitunze» schlügen aus diesem Anlaß einen sehr kriegerischen Ton an und schrieben, wenn England, wie gerüchtweise verlaute, an seiner Absicht sesthalte, neue Truppenlandungen in Sibirien vorzunehmm, werbe Rußland dies als Einleitung einer neuen Intervention aufsassen. Sowjetrußland dulde keine englische Einmischung in die inneren Verhältnisse der sibirischen Räterepublik. ,o v»er - Preise mäßig - >«^«»1««