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Sächsische Volkszeitung : 23.10.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-10-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192110239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19211023
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19211023
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-10
- Tag 1921-10-23
-
Monat
1921-10
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.10.1921
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^Lonntag den 23. Oktober 1921 SLchstsche V«lkSjeltung Ne. MI. Serle S Der Deutsche als Arbettsmensch ^ Uns Deutschen steht viel mehr die ruhige Gesetztheit, der Ernst des Wesens zu Gesichte als die spielende Oberflächlichkeit. Die Natur unseres Bodens, die uns mehr Roggen als Weizen, mehr Kartoffeln als Feigen gibt, der grauere, kältere Himmel mit seinen sturmgepeitschtcn Wolken, die natürliche Armut un seres Landes an Gold und Silber, das natürliche Bedürfnis nach schwerer Kost, alles weist uns darauf hin, daß wir nicht dazu geschaffen sind, mit dem Leben zu spielen, sondern das Leben als ernste Arbeit anzusehen und aufzufassen. Der Deutsche ist immer ein ArbeilSinensch gewesen. Er hat es ittimer mit der Arbeit bitter ernst genommen. Wir sehen eine größere Wohltat darin, den Menschen arbeitsfähig und ar-- bcitSiüchtig zu machen, als darin, ihm Almosen zu spenden. „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen." Darum ist bei uns das Bcltlcrsein viel beschämender, das Tagediebsein viel entehrender als dränge». Darum ist uns auch.die geistige Arbeit immer harte Anstrengung gewesen. Wir haben uns hineingebohrt in die Ge heimnisse von Natur und Leben, mit Mühsal und Entbehrung, mit Hingabe an unseren Gegenstand. Die zufällige neue Ent deckung oder Erfindung hat sich bei uns in ernste Forscherarbcit umgcsctzt. In Eisenindustrie, Maschinen, Instrumenten, chemi schen Erzeugnissen waren nur dem Auslande überlegen. In Toi- letteariiteln und Moden das Ausland uns. In der Philosophie herrscht ebenfalls der Arbeitsgeist. Wir haben uns gequält um die Welt- und Lebensfragen. Unsere großen Philosophen haben gesucht, in das Geheimnis der Welt- U»d Lebenszusnmmenhänge einzudringen. Ihre Arbeit lief immer wieder darauf hinaus, die Pflicht, deren Bewußtsein im Deutschen so stark ist, das große, göttliche „Du sollst" als in der Meuschennatur tief verankert, nicht bloß als Gottesgebot, sondern auch als GotteSgabe zu begründen. Den deutschen Pflichtbegriff können die Ausländer meist am allerwenigsten fassen. Daß das Leben den Zweck haben soll, nicht zu genießen, nicht, uns glücklich zu machen, sondern im Dienste der Pflicht zu stehen, ist ihnen rätselhaft. Hinter solch ernster, ihnen finster erscheinender Le bensauffassung wittern die einen die alten Germanengötler, die anderen den Militarismus. Die seelische und leibliche Ueberspannung von Heer- und Heimatvolk während vier Kriegsjahre hatte Erschlaffung, ArbeitS- uulust, wilde Selbstsucht, Mangel an Pflicht- und Verantwor tungsgefühl weithin wie i» einem Fieber über uns kommen las sen. Was wir davon um uns noch erblicken, das zeigt das ent- stellre Gesicht eines Deutschen. Lassen wir den echten deutschen Pflicht- und Arbeitsgeist unter uns wieder herrsche». Er hat uns in Vergangenheit immer wieder emporgebracht, allen Gewal ten zum Trotz. Gewiß hat bei uns das Christentum, das Gold der christ lichen Wahrheit und Gnade in der deutschen Seele seine eigen artige Prägung erhalten. Bei einem Volke ist es eine Ver klärung der weltflüchligen Seelcnstimmung. beim anderen eine Verklärung des Lebcnsfpiels, beim dritten eine Religion des Kampfes geworden, die nicht selten der Befriedigung eitler Recht haberei dienstbar gemacht werden soll. NnS Deutschen ist es vor allem Pflichtreligion. Wir haben seine ernste, tragische Seite tief erfaßt, fühlen uns wesensverwandt Christo, dem Manne der Arbeit, dein Manne des freudigen Opfers, dem Manne der un erschütterlichen Pflichterfüllung bis zum Tode. Uns tritt in Christus das inenschgewordene Ideal der Pflicht, in seinem Er- lösnngsopfer die freudige Lebenshingabe an die Erlösungsaufgabe entgegen. Wir suchen deshalb auch im Christentum weniger Trost für andere Freuden als Kraft, und zwar Kraft zur Er füllung der Aufgaben, die Gott uns gegeben hat. So sehen wir auch in der Gottes- und Nächstenliebe, die das- Hauptgebot des Christentums ist, weuigec eine Sache süßlichen SchwärmcnS als vielmehr tiefer Gesinnung und Tat. Wir sind das Volk der Schule. Wollen wir im Arbeitsleben voran, so müssen die tiefen Anlagen der deutschen Seele möglichst allseitig geweckt werde». Der Mensch muß ein seelisches Ver hältnis zu feiner Arbeit finden. Der Deutsche will nicht arbeiten wie das Tier, das nicht weiß, was seine Arbeit bedeutet; nicht wie eine Maschine, die im selben Takt dieselbe mechanische Teil arbeit tut. Der Deutsche will als lebendiges mitschaffendes Glied des ArbeilSoraanismuS sich fühlen, als lebendiges Glied des Ar beitsvolkes. Er verlangt deshalb nach Schulung, um au seiner Arbeit inneren, seelischen Anteil nehmen zu können. Zur Zeit unterer staatlichen Ohnmacht sind wir da? Volk der Träumer gewesen. Die deutsche Sehnsucht, die in der armen, zerrissenen Wirklichkeit so gar wenig Raum zu kraftvoller Be tätigung fand, hatte sich ins- Land der Musik, des Märchens, der Sage, der Kunst geflüchtet. Träumte von der großen Per- gangenheit und der goldenen Zukunft. Aber hinter solchen Trüu- men barg sich doch die Sehnsucht, die mit dieser Wirklichkeitswelt nicht zufrieden war; barg sich Kraft, die sich nach Befreiung, nach großen Zielen sehnte; die darauf wartete, daß ihr solche Ziele ge geben würden. Es war nicht der weltschmerzliche Traum eines greisenhaften, sondern der tatendurstige Traum eines jugend- frischen Volkes. Der Deutsche hielt mit der größten Zähigkeit an jener Idealwelt fest, die sich über all der Unvollkommenheit des Irdischen erhebt: an der Welt des Wahren, Guten, Schönen. Und aus dem Traum strömte ihm eine gewaltige Tatkraft in die Seele, das Ideal verwirklichen zu wolle». Mit welcher Zähigkeit hat das 18. Jahrhundert au der Neichsidee festgehalten! Wie viele Opfer hat das deutsche Volk gebracht, bis sie endlich verwirk licht war! Der deutsche Geist hat daraus den mächtigen An sporn empfangen, dem neuen Leben Rechnung zu tragen, staar- liche Sozialpolitik und Sclbsthilfebcstrcbungeu sind die Früchte dieses idealistischen Zuges des deutfcheu Geistes. Der König von Bayern AuS München wird u»S geschrieben: Der König Ludwig III. vo» Bnheru ist dem König Wilhelm II. vo>: Württemberg tu kurzer Frist im Tode gesolgt. Wie der württembergische König, jo starb auch Bauer ns König fern voll der Heimat. Noch altem ungarischen Brauch muhte der Ba»cru- König seine ungarische Besitzung Sarvar mindestens einmal im Jahre besuchen, um den formellen Besitzanspruch nnsrecht zu er halte». In Sarvar, wo König Ludwig ein Mustergütcheu batte, das dem im bayrischen Leutstctteu entspricht, ist mm König Ludwig III. von Bayern verschieden. Mt ihm ist eine der markanteste» Persönlichkeiten unter den deutschen Fürsten des Kaiserreichs gestorben. König Lud wig war der älteste Soll» des Prinzregeuleu Luitpold, der »ach dem Tode des unglücklichen Königs Ludwig II. die Regeutschast übernahm. Ludwig II. endete sein Leben ans tragische Weise bei einem Spaziergang am 13. Juni 1886, bei dem er sich in einem Anfall geistiger Umnachtung in den Starnberger See stürzte, und mitsamt seinem Begleiter, dein Irrenarzt Gndden, der ihn retten wollte, ertrank. Prinz Luitpold starb als Prinzregent. Sein äl tester Sohn Ludwig, geboren am 7. Januar I8lä zu München, war voll Alisang an keineswegs als Träger der bayrischen Kö- iiigslrone bestimmt. Man rechnete vielmehr, daß er einmal König vvil Griechenland werde, und seine Mutter, die yochsinnige Prinzessin Angusta von ToStana, machte ihn selber mit dein Geiste der griechischen Sprache und mit der Kultur Griechenlands be kannt. Am 25. Juli 1866 wurde der junge Prinz als Ordonnanz- Offizier seines Vaters durch eine preußische Kugel verwundet, er wurde selddienstilnfühig. 1863 trat er schon in den Neichsrat ein. Dort widmete er sich hauptsächlich landwirtschaftliche», aber auch industriellen Fragen. Bekannt ist sein Eintreten für den Tonau- Main-Kanal, für die Elektrisierung der bayerischen Industrie, für die Ausnutzung der reichen Wasserquellen Banerns für Wirt schaftszwecke und dergleichen. Allen Fragen der Fluß- und Ka- »alschisfahrt widmete er mindestens dasselbe Interesse, wie den Angelegenheiten der Landwirtschaft. Alle seine Reden legten Zeugnis für das hohe Verständnis dieses Fürsten für die Grund fragen der slaatSwirtschaftlichen und staatspolitischen Zusammen hänge mit den privatwirtschastlicheu und privatrechtlichen Erfor dernissen ab. Einseitig war seine Stellungnahme nie. Er wußte immer den Ausgleich zwischen den rein landwirtschaft- lieben und den industriellen wie sonst wirtschaftlichen Interessen herbeiznführen. Militärisch nahm er nacheinander de» Rang eines Generals der Infanterie, schon im Jahre 1881, ein 1903 wurde er Generaloberst der Infanterie. Er war auch Chef eines bayerischen, preußischen »nd eines- österreichischen Regiments. Seine Vermählung fand am 20. Februar 1868 mit der Erzher zogin von Oesterreich, Maria Theresia, damals ISnihrig, statt. Ter älteste Sohn von den 13 dieser Ehe entsprossenen Kindern ist der Kronprinz Nnpprechi, der im Kriege als Militär wie nicht zuletzt auch als- Politiker eine ganz besondere Rolle einnahm. König Ludwig hat es schon als Reichsrat verstanden, die Rechte Bauern-? mit Entschlossenheit und Energie zu vertreten. Er machte frühzeitig von sich reden durch seine freiheitlichen Auffassungen, die ihn oft genug in starken Gegensatz zu anderen RcichsratSmitgliedern, namentlich aber auch zu hochinögenden Herren in Preußen brachten. Er war stark sozial, aber auch stark demokratisch eingestellt. Insbesondere setzte ee sich süe die politische Gleichberechtigung der Bürger ein, und in diesem Sinne beeinflußte er auch eine für die damaligen Verhältnisse recht be deutsame Wablresorm. Sehr unbequem wurde der damalige Prinz, als er auf einer Reise Kaiser Wilhelm ll. nach Rußland gegen eine dessen Acußernngeu bei einer Rede protestierte, wo nach Kaiser Wilhelm von den Btindesgenosseu als von Vasallen gesprochen hatte. Das; aber König Ludwig unbedingt kaiser- und reichstreu war, hat gerade seine Stellungnahme im Kriege dar- getan. Er kämpfte für eine schöneres deutsches- Vaterland und alle seine Rede» waren daraus nbgesummt, den Sieactz-ntzllen des deutschen Volkes immer wieder anzusruerii. König Ludwig war auch in ieuer Zeit polnisch nicht un tätig geblieben. Er beschäftigte sich sehr stark mit den neuen Probleme», „nd insbesondere widmete er sich mit Nachdruck der Lösung der elsaß-lothringischen Frage. Tie dabei eingenommene Haltung bat ihm ttzclciroris allerdings gewisse Gegnerschaften eingetragen. Aber niemand kann behaupten, daß ihn irgend welche »»lautere Motive bei dieser Haltung beeinflußt hätten. König Ludwig lll. glaubte eben au den deutschen Sieg, und er wurde körperlich und seelisch mit am »leisten durch den Umsturz betroffen. Nur die völlige mvralische Zermürbnng, die durch den laugen Krieg hcrvvrgeruseu war, ließ es einigermaßen erltzirlich erscheinen, daß die-Revolution in München zu allererst aus- breclieu konnte, und daß der Bayrruthrou als erster gestürzt wurde. Die Liebe eines ganzen Volke? ba. den König von Bauern auch nach seiner Verdrängung immer begleitet. Es ist jene warme, echte Liebe, die die Bauern de» Wtzrelsbachern gegenüber an-:-Zeichner. Diese Anhänglichkeit hat König Ludwig lll. im be sondere» Maße verdient, denn er lebte und arbeitete mit seinen braven Bayern wie ein güiigcr Vater mit srinen Ki»dern. Und das ist das Beste, und Schönste, was man von einem Fürsten sage» kann. Darum sind wir sicher, daß das Gedächtnis des König Ludwigs von Bayern i» dem Herze» nicht nur seines engeren Volkes, sondern in dem Herzen aller Deutschen ehrenvoll sortleben wird. Das holländische Schulgesetz K. K. Stolz schauen die Holländer henie ans ihr Schulgesetz. Zwar bat es langjährige, beiße Schulkninpse auch in Holland ge geben. 70 Jahre dauerte der Kampf ans dein Gebiet der Schule an, bis schließlich Friede geschlossen wurde. Und daS ist da-? Im- ponierende, worauf die Holländer so stolz sind: durch das Gesetz des Jahres- 1920 ist ein wahrer Schnlsciede herbcigesührt wor den. TieS kam schon äußerlich dadurch zum Ausdruck, daß bei der letzte» Abstimmung alle Stimmen von der Rechten bis zur Linken — mit Ausnahme zweier Kommunisten — dem Gesetz ihre Zustimmung gaben. In der Kommission war man von den beiden Gr> ndsätzen anSgcgangcir, daß keiner vergewaltigt werden dürfe, daß das Elternrecht in Erziehungsfragen zu berücksichtige» sn und weiter hin, das; die SlaatSomnipotenz ans dem Schulgebie. znrückireteu müsse. In Verfolg des einen Grundsatzes wnrdc de» Konfessio nen und Weltanschauungen weiteste Möglichkeit gegeben. Schulen ihrer Konfession zu erhalten; kein Kind wird »ach dem hollän dischen Gesetz gezwungen, eine nicbtkonfesnonelle oder andcrsken- fesüvnelle Schule ;n besuchen, wenn die Eltern Bedenken tragen. Entweder besucht cs die Schule seiner Konfession, wenn eine solche in der Nähe liegt — und ist sic weiter als 1 .Kilometer entfernt, hat die Gemeinde mit für die Reisekosten anfzn'.ommcn — oder aber, und das- klingt uns in Denischland msr cbm un glaublich, wenn die Schule derselben Konsesiion zu weit entfernt liegt, dann ist die Gemeinde verpflichtet, für die betreffenden Kin der eine» Hauslehrer miznstellen, den die Eltern Vorschläge» können. Bis- zu je acht Kinder wird ein Hauslehrer aaaestelli, vom nennten Kind an muß scbon ei» zweiter Hauslehrer ange- stellt Weeden. Plan kann sagen, daß der holländische Staat mit pe -Kicher Sorgfalt die Gewissenssrciheit und das Eliernrecht achtet. Der zweire Grundsatz kommt dadurch zum Ausdruck, laß der Staat die Errichtung von Schulen den Gemeinden und öre-en Korporationen überläßt. Eine Gemeiudescbnlc ist zu errichieu für ein Minimum bon 12 Kindern; eine freie Schule, deren -Hä ger ein Verein, eine Keiiosfenschafr, eine Kirchenqemein"r fein kann, wird dann auf Gemeindekosten errichtet, wenn IO Künder dafür vorhanden sind. Die Genieinden sind berpflichtet, die Geien iprivaten) Schulen zu unterhalte», wie die eigenen, der Staat bezahlt die Lebrergehälter, und zwar sowohl die Gehälter der Lehrer, die an öffentlichen (Gemeinde-rSckulen, wie auch derer, die a» freie» (vr'oaten) Schulen angeüellt und. Alle, ebenso auch die Hauslehrer, werden im Gehalt gleich gehalten. Das sind nur wenige Setzen des neue» holländischen Schul gesetzes. Gewiß können nur in Deutschland nicht einfach alles übernehmen, aber wohl können wir vo» Holland lerne», in wel chen: Geiste grundsäi.tziche Fragen zu löse» sind. Sächsische Volkszeiiuug — Nr. 216 — 23. Oktober 1921 Zurück zu den heiligen Satzungen Von Franziska Schneider (Nachdruck verboten. — Alle Rechte Vorbehalten.) (20. Fortsetzung.) In absichtlicher llnbeachtung diese-? Haupimomcnis änderte der Lord das Thema mit geschmeidiger Gelassenheit: „Wenn der Jre nnfängt, sich einer weisen Mäßigung zu befleißigen und der Engländer ihm eine weise Gewähr des Zulässigen eiilgegcnbriugt, -so werden sich die Gegensätze Überdrücken, trotz aller Verschieden- Hetzen der Verhältnisse und der Charaktere. Dieses hat auch Ir lands großer O'Connell erfaßt. Er bewegt sich stets auf den Bahnen des Gesetzes. Mehr noch, er lalanziert sozusagen aus den Grenzen derselben, obne se einen verhängnisvollen Schritt z» tun. Darm» müssen wir ihm Bewunderung zollen." O'Klaherch antwortete nicht sogleich. Zwischen den Brauen beriiefte sich die seine Falte seiner Stirne. Die Augenlider senk ten sich über seine» Blick, als wolle er ihn abwcndcu vo» Falsch heit und Tücke, die ihm soeben ein heuchlerisches Lied sangen. WaS sagte der Mann über O'Connell? Er bringe seinen Be strebungen Shmpathic — seiner Person Bewunderung entgegen? Das klang hübsch im Munde eine S Briten, eines von denen, die denselben Mensche» haßten, seine Tätigkeit »ach Möglichkeit hemmten und Steine auf ihn und seinen Weg warfen. Zn sei nem Schmerze mußte der Priester noch einen bittere» Spoltver? hören, daS Finale zu dem soeben gesungenen Loblied. „O'Connell hat seinen Flug hochgestellt, das muß mau ßrgcn," hob der Lord von neuem a», „doch die Schranken sind ihm noch höher gezogen, aus dem Grunde mäßigt sich der streb same Man»." O'Flaherty geriet in Eifer. Mit vollem Aufschlag seiner Augen blickte er sei» Gegenüber scharf und durchdrungen» an. „O'Eonnell hat nie ehrgeizige Pläne gehegt. Nein — nie mals! Die Geschichte wird ihm einst gerecht werden und ihn über jede Zweideutigkeit erheben. Er wird der Mann seines Iahrhuirderts genannt werden, der aus ehrlichen Absichten ban delte und mit ehrlichen Waffen kämpfte. Allerdings-, ec hegt hohe Wünsche, doch nur für sein Land. Und er ist klug genug, die Ziele dieser Wünsche in den Bereich der Möglichkeit za stellen." „DaS istS ja eben, was auch wir bewundern," bRnrrie Playfeur. . „DaS ist seine Stärke," sagte O'Flaherly. „Und seine Lisi," lächelte der Brite. Wiederum !ak sich eine Pause auf. Das war ia eben das Aergerliche, daß keine gegenwirlendcn Argumente geltend gemacht werden konnten. Da? leidenschatz- lrche Toben eines ohnmächtigen Volte-? war leicht mit Gewalt mederzuhalten, doch die friedlichen Waffen eines O'Eonnelt hat ten die Messerschärse einer wohlüberlegten, zielsicheren, nnnnder- legbaren Taktik. Die erste Furcht vor der Erschütterung seiner brutalen Gewalt durchzitterte den Oligarchen. Lord Plahfour »ahm zuerst das Wort wieder ans. „Ich will hoffen," sagte er, „daß durch gegenseitige B.'st'eln!-.wen. die ein und demselben Zweck dienen, die Schaffung versöhnlicher Be ziehungen in den Gegensätze» erreicht wird, wß drnireh das der Ä.Ktlarung bedürftige Volk zur Erkenntnis kommt, daß die ibm ausqezwnng- ne Kultur nur seinem Besten dient." Dieser letzten Aenßernng begegnete der Priester mit skep tischem Lächeln. „Darf ich wissen," fuhr nach einer Weile Plahsonr fort, „welches die Bedingungen sind, an die O'Ncll die An nahme der Pachtverwaltnng knüpft, vder zieht er cS Vvr, mir diese persönlich mitzuieilen? In dem Falle »röchle ich ihn bit ten lassen, in den nächsten Tagen sich zu mir zu bemühen, da ich die Angelegenheit gerne möglichst bald erledigt hätte." „Ich bi» ermächtigt, Ihnen die Bedingungen zu unterbrei ten," entgegnele der Pfarrer. .O'Nell rrllärt sich bereit, die Pachtverwaltnng zu übernehme» unter der kontraktlich festgeleg- tcn Zusicherung, daß in de» Iabren seiner Verwaltung keine Zinserhöhung cintritt." „Hm, ja. . antwortete in überlegendem Tone Lord Plahfour. dem sehr viel daran lag, O'Nell zu gewinne», und der doch sich durch diese kühne Forderung verstimmt fühlte. Trotz dem blieb er glatt. „Mein lieber Father. ich glaube, 2:: miß verstehen mich in meinen Absichten. Ich will ja nur das Beste der Leute." „Ich verstehe Sie ganz und gar." „Sehen Sie," fuhr der Brite fort, „die Zahlungsfähigkeit der Pächter ist abhängig vo» dem Ertrag der Ernte. Da diese verschiedenartig ansfalle» kann, so ist auch unserseits mit einer mehr oder minderen Zahlungsunfähigkeit der Leute zu rechne». Bei solcher Beweglichkeit der Erträge hat die Klausel einer fest- zulegeude» PnchrzinSgrenze wohl wenig Zweck. Gibt es nicht auch oft Fälle, bei Mißernten etwa, in denen man auf Zahlung vollständig verzichtet?" Den Priester ergriff die Entrüstung der gerechten Gesin nung gegen die. abgefeimte Heuchelei, die sich nicht schämt, sich mit der MaSke der Menschlichkeit zu decken. „Fälle dieser Art sind mir noch nie vorgekmiliue»," sagte er. „zudem schlösse eine Bestimmung über die Grenze der Zinsen die freiwillige Herabsetzung oder gar Tilgung derselben nicht aus." „Aus der Bereitwilligkeit, Nüctsichlen zu gebrauchen, ersehen Ew, Ehren doch deutlich, ritze rveuig man an eine Erhöhung denkt," heuchelte Plavsour weiter, „man ist sroh, wenn man oltzre Widerwärtigkeiteu'und Schwierigkeiten zu seinem Rechte kommt. DaS ist eben der wesentliche Grund, weshalb ich eine» irischen Mittelsmann wünsche. Nicht-? andere-? bezwecke ich dabei, al-S Vermeidung künftiger Fatalitäten. Für beide Teile sollte dieses gleich Wünschenswert sein." „Da? ist es anch," erwiderte kurz O'Flaherty. Nach einer Wetze erhob er sich. Er war des- Gaukelspiel-? einer perfiden List und Tücke müde. Um die Verhandlung zum Abschlüsse zu bringen, sagte er: „Ich bin nicht befugt, in O'Nell? Namen von seiner Forderung, auf die er de» Hauplwcrt für ein erträgliche-? Verhältnis legt, abzurteben. Darum geitatten Sie, daß ich mich empfehle." „Aber ich bitte Sie. beiter Father," wandte Playsonr ein, „das letzte Wort ist sa r nicht gesprochen. Schenken Tie wir, bitte, neck) einige Augen! .- Gehör. Da ich vo» den edle» Be- wegoründeu Ihres Hane-e - üverzeugt bin und ebenso gut weiß, das; Sie am ehesten die richtige» Wege finden zu einer ersprieß lichen Vereinbarung, so uncecwerfe ich diesmal meine Ansicht der Ihren. Ich ltzu Pereil, ans O'Netts Bedingungen einzugehen auf eitie gewisse Reihe von Jahren, die ich bei einer Zusammenknnst mit ihn> fesrlegen werde. Wie scbon gesagt, wäre c-? mir sehr liev, wenn er sieb in den nächsten Tagen zu diesem Zwecke vei mir cinsiude» würde." Ter Priester ließ sich noch einmal nieder. Er baue nach dieser Wendung der Dinge noch ein Anliegen zu erledigen. „Würde» Ew. Lordschaft nichts dagegen haben," begann er, „die Zusammenkunft in ein andere? Hans als dieses zu ver legen?" Ohne die Antwort abznwarten. fuhr er fort: „O'Ncll ist ein irischer Edelmann, ein wahrer Gentleman von Kopf bis zu Fuß. Eure tiefe Kränkung widerfuhr seinen,l Vater in dessen letzten Lebensjahren durch den Ihren, Mylord, hier i» diesem Hause. Böse Folgen entwickelten sich daraus für die Familie -O'Nell, Sie batte schwer darunter zu leiden. O'Nell und sei» Sohn schworen sich, dieses Halt? nie wieder zu betreten. Wollen Sie dem irischen Edelmann eine Erleichterung ui der geschäft lichen Alinäüeruirg schassen, so bitte ich Sie, in meinem Hause die Zusammenkunft zu bestimmen. Doch bedenken Sie, daß dieser Wunsch lediglich von mir nusgeht." Playsonr setzte mit harmloser Miene das Spiel der U»be. fangenhcir fori. „Mir ist nichts bekannt von irgendwelchen un- sympathischen Beziehungen zrrtzschcn der» Hause O'Nell mW de», »reinigen. Bei deutlicher Beleuchtung würde sich die -suche viel leicht als eine Reibe irrtümlicher Auffassungen darstellen, die mir zu oft die Ursache ser hänsigen Trübungen und Verstimmungen sind." (Fortsetzung solgt-I
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