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— 122 — trachten, welche etwas versehen hat, und bey sich mit reiften Nachsinnen überlegen: Ob sie zart oder stark? ob sie weich- müthig oder liartnäckicht? Ob sie verständig oder unverständig sey ? auch nach solchen Umständen die Straffe mässigen oder schärften. (2) Das Verbrechen wohl untersuchen, ob es wieder Gott oder den Nächsten,, wieder die Ehre Gottes oder den Wandel der erbahren Welt; Ob es aus Bossheit oder Schwachheit, aus Vorsatz oder Unachtsamkeit? Ob es das erste oder mehrere Mahl? Ob es bald nach erlittener Straffe, oder nach Verlauft' langer Zeit sey begangen worden? Denn solcher Gestalt werden sie leicht urtheilen können, wer mit Worten oder Schlägen, auf ge linde oder empfindliche Weise zu züchtigen sey. (3) Das Mittel gebrauchen, welches Gott zu der Kinder - Zucht verordnet hat. Und das ist eine frische Ruthe. Also haben sie sich nicht allein des Prügels, der Fäuste und des Stossens mit den Füssen gäntz- lich zu enthalten, sondern dürfen auch weder aus der Ruthe einen Staup-Besen machen, noch mit dem Unrechten Ende der selben zuschmeissen. (4) Die rechte Art der Straffe in acht nehmen, dass sie weder unbarmhertzig und aus blinden Affecten oder heimlicher Rache; noch auf den Kopff und in das Angesichte oder auf den Rücken zuschlagen, dass die Kinder braun und blau, wo nicht gar blutrünstig nach Hause kommen. Etliche Schnitze auf die Hand, oder wenn das Verbrechen gar zu grob ist, ein Schilling, sind geschickt genung, die Bossheit dem Knaben aus dem Hertzen zu reissen und seine Seele von der Hölle zu er retten. § VII. Beständig ist ihre Zucht, wenn sie (1) weder müde werden, die Besserung der Jugend zu befördern, ob sich gleich einen Tag wie den ändern das unartige Wesen äusert. Die Früchte der getreuen Absicht werden sich schon mit dem zunehmenden Ver stände, wo nicht bey allen, jedennoch bey vielen, zu ihrer grossen Consolation liervorthun. (2) Noch sich der Schüler oder Eltern täglichen Undank, üble Nachrede, und gehässige Feindseeligkeit iu ihrem Ampte irre machen, viel weniger gar abschrecken lassen. Genung, dass sie versichert seyn, sie haben gethan, worzu sie Gott, die Obrigkeit und ihr Ampt verbindet. Also wird der Herr mit seinem Seegen reichlich ersetzen, was die unerkenntliche Welt zu ihrer schwehren Verantwortung schuldig bleibet. S. D. G. d. 4. Martii 1706. Jussu Superiorum concepit M. Martinus Grünwald. Catecheta. (Wortgetreu nach der Originalhandschrift der Zittauer Stadt bibliothek). ZEb ME 11. Nov. 2001 Oswald Schmidt, Leipzig-R.