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Nummer 232 Sächsische Dvlkszeituna «» Oktober '«2« Fallende Müller Das sich immer mehr verfärbende Laub gemahnt uns mit aller Deutlichkeit daran, daß wir mitten im Herb st e stehen. Messinggelb, kupferrot und bronzebraun leuchten die Bäume auf und langsam rieselt Blatt auf Blatt nieder zu Boden. Die feuchten und kalten Herbstnächte werden wohl auch nicht mehr allzulange auf sich warten lassen und das Nebel- mcer, das an manchen Tagen in den frühen Morgenstunden über Felder und Wiesen sich lagert, deutet an, daß es mit der Jahres zeit immer weiter herabgeht. Dem aufmerksamen Beobachter der Natur wird es aber nicht entgehen, daß noch eine reiche Pracht von Blumen auf Anger und Acker zu sehen ist. Die Malten der Täler sind mit der Herbstzeitlose in ihrem wunderbar lila Blütenschmuck geziert. Manche Wiese erinnert an ein blühendes Krokusfeld im Lenz, wo jetzt blaue Kelche aus dem Boden leuchten. Die Silberdisteln beleben in anmutiger Welle die Berghalde und die Wocholderbüsche, die Schleedorn- Hecken mit ihren blauen Beeren und die Heckenrosen mit ihren roten Hagenbutten sowie die Vogelbeersträucher mit den roten Korallentranben vereinigen sich zu einer Buntheit, wie sie nur der Herbst hervorzuzaubern vermag. orrrrien unei Umgebung Dis Paralyphuserkrankungen in Dresden Dresden, 9 Oktober. Zu den bei Gästen des Dresdner Ratsweinkellers vorgekomme- ucu Danncrkrankungen wird vom Stadtüezirksarzt mitgeteilt: „Zu de» bereits gemeldeten Millen sind noch sechs weitere Krank- mcldungeu von Gästen des Ratskellers hinzugekomme». Da a> ch einige Ktichcnangestellte des Ratskellers erkrankt sind — eS steht adrrdings noch nicht fest, ob es sich „in die gleiche Erkrankung han delt — ist vorsichtshalber mcdizinalpolizrilich gestern früh der Wiri sch a f t s b c t r i e b des R a t s w e i n ke l l e r s bis ans weiteres geschlossen worden." I» einer Pressekonferenz, die am Montagmittag im Nathause obgelmllc» wurde, gab Obermediziualrat Dr. Blange noch Er- lämmmgcn über die Ursache der Massenerkrankungen. Er teilte mit, dop sie Behörde erst am Donnerstag spät abends Kenntnis von den Eckionknngcn einzelner Gäste des Natsweinkellers erhalte» habe. Znmichsi wurde angenommen, dass cs sich um eine Fischvergiftung hanteln tonnte, hcrvorgerufcn durch den Genuß von Stcinbutt, der am Dienstagabend im Ratswcinkeller gegessen worden war. Die Fache nno Fiscbresle wurden sofort untersucht, doch ergab sich nicht l der geringste Anhaltspunkt für den gehegten Verdacht. Auch die ^ stichtränmc wurden sofort einer Besichtigung unterworfen und das gort bcnnöliche Fleisch untersucht. Aber auch hier wurde alles pein lich sauber und in einwandfreier Beschaffenheit vorgefunden. Auch Hocksteisch hatte keine der erkrankten Personen genossen, und die zur Verwendung gelangte Milch war pasteurisiert. Jetzt erst wurde dem Verdachte nackgcgangen, daß sich unter dem Kücheupersonal ein Bak terienträger Vellnden könne, der von seiner Infektion gar nichts zu spüren vranchte. Am Freitag wurde deshalb das gesamte Küchen- perional einer Untersuchung unterzogen und durch Blutentnahme sestgestellt, daß ein Koch, der bereits seit zwei Jahren im Ratskeller tätig ist, als Bakterienträger verdächtig erscheint. Dieser Mann sowie mehrere Leute des Küchenpersanals, die sich kränklich fühlten, wur den sofort nach dem Krankenhanse gebracht. Die Untersuchung ist aber »och nicht abgeschlossen und man weiß nicht, ob es sich bei diesen Leuten ebenfalls um Erkrankungen durch Paratvphns handelt. Di am Montag früh sich weitere zwei Personen des Küchenpersonols st nk meldeten, ist der Ratskeller sofort geschlossen worden Im ganzen sind bis jetzt etwa 40 Personen erkrankt, (fine Dome an? dem Rheinlande, die ebenfalls erkrankt und im Ver laine der Krankheit infolge Herzschwäche gestorben war, ist am Mon tag gerichtsärzttich seziert worden. Das Ergebnis der Sektion dürfte l>a!s zu erwarten sein. Das städtische Medizinalamt hat gemeinschaft lich m>t dem Landesmcdizinalamt alle Vorkehrungen getroffen, um einer Wcitcrverbreitung der Krankheit durch Nebertragung vorzu- beugen. In einem weiteren, henke mittag ausgegebenen Bericht des Lladlbezirksarztes heißt es: Nacl)dem gestern und heute noch mceinzelt Krankmeldungen eingegaugen sind, läßt sich jetzt «in iwgesährer Ueberblick über den Stand der Erkrankungen ge» Einweihung 193« Dresden, 9 Oktober. Ter Neubau des Deutschen Hygiene-Museums im Garten der ehemaligen Sekundogenitur, zu dem vor Jahresfrist der Grundstein gelegt wurde, ist nun soweit fortgeschritten, daß am Montagnach» mittag dos Richtfest gefeiert werden konnte. Nach althergebrach ter Sitte hatten sich Bauherrschast, Arbeiter und Angestellte, Vor stand und Vorstandsrat des Hygiene-Museums, eine große Zahl ge ladener Gäste, Vertreter der Reichs-, Staats- und städtischen Be hörden, von Verbänden und sonstigen Körperschaften zu einer schlich ten Feier zusammengcfunden. Nach einem Nundgang durch den weit und groß angelegten Bau, für dessen Umfang die Tatsache spricht, daß 80 Firmen und vier Arbeitsgemeinschaften ihn mit einem Be legschaftsbestand von 400 bis 500 Arbeitern in zwölf Monaten hoch gerichtet haben, noch Gesangsvorträgen des Kreuzchores und nach Dankesworten Oberbürgermeister Dr. Blühers an die Helfer und Mitarbeiter an der Errichtung des mächtigen Baues schlug der Er bauer des Museums Professor Dr. Ing. e. h. Kr - is unter einer kurzen Ansprache die Nägel zur Befestigung des mit schwarz-rot. goldenen und weiß-grünen Bändern geschmückten Hebebaums ein. Ein fröhliches Richtfest hielt alle an der Errichtung des Bauwerks Beteiligten noch lange in aufgeräumtester Stimmung beisammen. Im Frühjahr 1930 soll zusammen mit der Eröffnung der großen Hygiene-Ausstellung in der Jahresscha» die Einweihung dieses stattlichen, kulturell hochbedeutsamen Baues erfolgen. Zu einer eindrucksvollen Feier gestaltete sich die anläßlich des Richtfestes cinberufene Sitzung des Vorstandes und des Vorstondsrates, die in dem lorbeergcschmückten Vortragssaal statt fand. Oberbürgermeister Dr. Blüh er erteilte nach einer kurzen Begrüßungsansprache dem geschäftsführenden Direktor des Deut schen Hygiene-Museums, Dr. med. h. c. Sei ring, das Wort zu einem Bericht über die Entwicklung des Museums in den letzte» Monaten. Wie Dr. Seiring berichtete, sind eine Reihe neuer Grup. Pen geschaffen worden, „Mutter und Kind", „Die Ernährung" und „Leibesübungen". Das Gesamtergebnis der Wanderausstellungen des Deutschen Hygiene-Museums stellte sich bis Ende September 4923 ans 6 200 000 Besucher in 363 Städten Deutschlands, unge rechnet die Berliner Ernährungs-Ausstellung mit 750 000 Besuchern und die „Gesolei". Aber auch dis A u s la n d 8 t ä t i g k e i t des Deutschen Hygiene-Museums sei nicht aufgegeben worden. Der Redner kam dann ausführlich auf die Vorbereitungen zur „Internationalen Hygiene-AuSftelliing DreSde» 1930" zu sprechen, die auf die Gebiete der persönlichen Hygiene und der Leibesübungen beschränkt werden soll. <Ä>chliche Gliederung, nicht eine Gliederung nach Ausstellern, werden das Motto bilden müssen. Die wissenschaftliche Leitung der Ausstellung habe Prof. Süpfle von der Technischen Hochschule in Dresden übernommen, während der wirtschaftliche Träger die Jahresschau Deutscher Arbeit sei. Hierauf erstattet« der Erbauer des Deutschen Hygiene-Museums, Prof. Dr. Wilh. Kreis, ausführlichen Bericht über den Hergang des Baues des Deutschen Hygiene-Museums, wobei er besonders aus die Zweckmäßigkeit des Baues und die Verteilung der einzelnen Gruppen hinwies. Im Neubau sei vorgesehen, die Werkstätten als Musterwerkstätten in hygienischer und technischer Hinsicht einzu richten. Daneben werden richtige und unrichtig« Arbeitseinrichtun« gen gezeigt. — Die im Laufe des Baues bisher eingetretenen Mehr auslagen durch Lohnerhöhungen usw. seien auf ander« Weise bereit- etilgespart worden. Nach dem Schlußwort von Oberbürgermeister Dr- Blüh er begab sich die Versammlung zur Jahresschau Deutscher Arbeit, w» eine Museumsgruppe der „Leibesübungen" aufgestellt war. Bei die ser Gelegenheit wurde bekannt, daß mitdendeutchenSport- verbänden — Neichsausschuß für Leibesübungen, Arbeiter- Turn- und Sportkartell und den Sportärzten — eine gemein same Arbeit und Verständigung vereinbart worden sei, die das erste Mal im Frühjahr 1929 bei einer Wanderausstellung dieser Gruppe, die ja ebenfalls auch den Kern der Internationalen Hygiene-Ausstellung 4930 bilden wird, in Erscheinung treten soll. winnen. Bekannt geworden sind bisher imganz en52Fälle. Die bakteriologische Untersuchung der Organe der verstorbenen Frau Hembach hat der Sektionsbefund bestätigt. — Einige Aus wärtige Blätter berichten, daß die Untersuchung im Ratskeller zur Entdeckung von Typhuserregern bei einigen Speiseresten geführt hat, sowie von einer Verseuchung der Küche. Diese Angaben sind unrichtig. Bei der bezirksärztltchen Prüfung der Kücheneinrichtung des Ratskellers wurde durchaus der Ein druck gewonnen, daß der Betrieb hygienisch einwandfrei geführt wird. Die^Pressestclle der Staatsamvalischaft teilt mit: „Die Sektion der am Sonnabendabend verstorbenen, an Paratyphus erkrankten Frau hat am Montag stattgcfunden. Die Sektion hat ergeben, daß der Tod durch Paratyphusbazillcn verursacht worden ist. Er ist je doch nur deshalb eingetrcten, weil die Verstorbene hcrzmuskclkrank und gattcnstcinleidend war und ihr Körper daher nicht in der Lage war, den Bazillen den nötigen Widerstand entgegenznsetzen. — Dies entspricht den Wahrnehmungen des behandelnden Arztes, der an gegeben hat, daß das Herz ans Herzmittel überhaupt nicht mehr reagierte — Die Staatsanwaltschaft glaubt hiernach aussprechen zu können, daß zu einer Beunruhigung kein Anlaß vorliegt, zumal die Erkrankungen an Paratyphus bekanntlich in der Regel ohne schwe rere Folgen verlaufen." Tagung -es Bundes Deukscher Mlekerverelne Dresden, S. Oktober. Am Sonnabend und Sonntag tagie in Dresden der Bundesausschuß des Bundes Deutscher Mietervereine e. V., Sitz Dresden, und nahm zur künf. tigen Gestaltung des Wohnrechts und des Aufkommens aus der Verwendung der Hauszinssteucrmittel Stellung. Ueber die Aus wirkungen der Lockerungsverordnung in Preußen soll eine Denkschrift an die Preußische Staatsregierung und an die Frak- tionen des Landtages eingereicht werden. Nachstehende Ent schließung wurde einstimmig gefaßt: Der Bund Deutscher Mietervereine e. V.. Sitz Dresden, erwartet von der Rcichsregierung und dem Reichstag: 4. Un beschränkte Ausrechterhaltung der Mieterschutzgesetze — RMG., MSchG.. WMG. — bis zur Schaffung eines sozialen Mietrechtes als Dauerrccht. 2. Beschleunigte Einbringung und Verabschie dung des Bodsnreformgesetzes (Wohnheimstättengesetz). 3. Reichs gesetzliche Regelung der Hauszinssteuer als Grundlage der Finanzierung eines sozialen Wohnungsbaues. 4. Aufstellung und Durchführung eines Reichswohnungsbauprogramms auf weite Sicht zur planmäßigen, raschen und durchgreifenden Be hebung der Wohnungsnot und des Wohnungselendes. : Kirchensteuern für das Rechnungsjahr 1928. Der 3. Ter min der ev.-luth. und röm.-kath. Kirchensteuer sowie der 2 Termin der ev.-resormierten Kirchensteuer werden am l5. Oktober 1928 fällig. Zahlung hat innerhalb einer Woche zu erfolgen. Soweit die bisher fällig gewesenen Baraus zahlungen noch nicht geleistet sind, ist dies nachzuholen. Dis nach Anrechnung der geleisteten Abschlagszahlungen verbleiben, den bez. bei Zustellung des Steuerbescheides bereits fällig ge wesenen Terminsbeträge sind innerhalb zwei Wochen nach Zu stellung des Steuerbescheides an die zuständige Steuerstelle ab. zuführsn. : 8zinsige Landeskulturrentenscheine Reihe 4. Am 10- Oktober dieses Jahres wird «ine neue Reihe (Reihe 4) der 8zinstgen, auf Gvldmark lautenden, dinglich stchergestellten Landeskulturrenten scheine der Sächsischen Landeskulturrentenbank erstmalig an den Börsen zu Dresden, Leipzig, Chemnitz amtlich notiert werden. Die Scheine lauten auf 5000, 4000, 500 und 400 GM. (4 Gm. — '/n«, Kilogramm Feingold); sie sind unkündbar, aber auslosbar. Außer der Landeskulturrentenbank hastet für Kapital und Zinsen der säch sische Staat. Zinszahlungstermine sind der 30 Juni und 34. De zember. Das Gelübde Erstaufführung im Dresdner Albrrtthcater. Ein junger Offizier verliert auf der Hochzeitsreise durch ein CchWunglück seine Frau. Er bleibt der einzige Ueberlebende. Und gctit dann ins Kloster. 9 Jahre lebt er hier als Pater Felix, bis ihn plötzlich . . . seine Frau abholt. Sic ist damals gleich ihm gerettet u»d von den Beduinen aufgefischt worden, bei denen sic von Harem zu Harem wandert. Pater Felix trifft die Rückkehr der Gattin schwer. Er ist Priester und Mönch. Die Gattin fordert den Mann. Dir Liieren des Klosters entlassen ihn und nun beginnt die Tragödie einer Ehe. Felix bleibt seinem Gelübde treu. Kirchenrechtliche Be stimmungen stehen angeblich dieser Ehe entgegen. Andererseits kann «r ober auch in seinen Orden zurückkehre», wenn die Frau gleichfalls des Üeuschheitsgeliibde ablegt. Nach brünstigen Schreien tut sie das auch und ei» von Gott gewolltes, unauflösliche? Band ist zer rissen . . Aus der kurzen Inhaltsangabe spürt man schon d>e Konstruk tion dieses schulischsten aller Stücke Lautensacks, das als Frag,»ent in seinem Nachlaß gefunden wurde und von Otto Ernst Hesse be arbeitet ivorden ist. Wie in -der „PfarrhauSkomödie" richtet sich die Tendenz gegen den Zölibat. Und zwar soll hier gezeigt werden, wie widersinnig er sein könne, wenn die Auswirkungen zweier Sakra, meine — der Ehe und der Priesterweihe — zusammcntressc». Die Priesterweihe prägt wie die Taufe der Seele ein unauslöschliches Merkmal auf. Die Ehe ist unlösbar, wen» sie mit allen Voraus setzungen, die im gegebenen Falle bestehen, geschlossen ist. Also kön nen 2 Sakramente einander enigegemvirken? Dieses tendenziöse Tlieaterstuck kann zwar kaum zum Aulaß einer kirchcnrcchtlicheu Unterführung genommen werden, dazu fehlt ihm vor allem der nötige Ernst der Weltanschauung, wie die saloppe und sogar gehässige Zeich nung des MönchÄonvents beweist, dazu ist vor allem das hier ge schilderte Einzelschicksal allzusehr konstruiert, um überhaupt für mög lich gchotlen zu werbe». Aber eins soll gesagt sein: Die Auslegung des Knchcnrechts ist eine der feinsten und bewunderungswürdigsten Angelegenheiten in der ganzen juristischen Welt, mag sich's d-bel um Entscheidungen ex cathedra oder-um Kommentare großer K en- rechtslchrer handeln. Wie eine solche Entscheidung im spezielle ül erfolge» würde, das kann bei einer derartigen Konstruktion ocs Stoffes überhaupt nicht umschrieben werden. Und dann: die Ehe ist nicht eine Angelegenheit lediglich des Sexus, sie ist es erst ge. ivorden in der Niederung der Dekadenz, auf deren tiefstem Grün der Antor steht. Ihm kommt es ja auch nur mehr auf Effekte an,, die die Schare» der „Auch-Freidenker"' gestern zu zustimmendem Lächeln öfters veranlaßten. Es geht — wie in der Pfarrhaus komödie — gegen den Zölibat an sich und daß cs scheinbar ernst hafter und ohne Zoten zugcht, ist, wenn sonst nichts Positives vor zubringen war, keine beweisende Lösung. Die künstlerische Seite dieses Theaterstückes ist gleich Null. Keine der anftrctenden Personen bat das, was man einen Charakter nennt. Sie alle sind so konstruiert, wie sie in den Rahmen dieser Konstruktion passen. WedekindS Schule klingt au in dem alten Geo meter, der in den Orden mit 72 Jahren eintritt, aber von seiner Frau wieder zurückgeholt wird. Die Katastrophe, der brünstige Nus der Frau im 3. Akt, ist so unbesonnen zurechtgczimmcrt, daß jede Wirkung unterbleibt. Ein schwaches Stück, das sich selbst richtet, weil eS völlig unbefriedigt lassen muß. Es liegt also gar kein Grund zur Entrüstung vor. Die Aufführung unter S l e i n e r'konnte mönchisches Leben nur äußerlich andeuten. Ansonsten wurde zu scbr Theater gespielt. Er selbst und der fanatische Pater Vogels nebst dem gütigen, ab geklärten Guardian Willis ivare» die inlereffaniestcn Schauspieler, lcistungen. Anni Wilke, die begabte, stets sympathische Darstel lerin sentimentaler Charaktere, Verhoevcn und Wcnck seien noch genannt. Die Meinungen im Publikum tvaren ziemlich geteilt, der Beifall nur nach dem 2. Akt etwas stärker. Zck. Schauspielhaus Dresden. Nach zweijähriger Pause sind die beiden Moliöres, „DerGeizisie" und „De r eingebildete Kranke" wieder in den Spielplan ausgenommen worden. Direktor Kiesau hat sie aufgefrischt und in den kleineren Rollen mit dem Nachwuchs neu besetzt. Die Aufführung gehört bekanntlich zu den besten Taten unseres Schauspielhauses. So geschlossen wie bet uns spielt man nicht überall Moliöre. Dennoch nahmen sich die Neuen noch etwas fremd aus im Standard-Ensemble, In das sie noch nicht hinKngewachsen sind. Die Rolle der Marianne im „Geizigen", die Marlis Gese spielte, ist zu klein, um ihre Trägerin beurteilen zu lassen, doch erschien die hübsche Darstellerin noch recht steif und befangen. Woester, allerdings kein Neuer, ivar der Kutscher-Koch Jacques, dem er Format verlieh. Sehr lustig und beweglich gab Martin Hellberg den La Fleche, den Diener Clöants, der wieder durch Posse wirksam dargestellt wird. Die tumul- tuarische Ovation, di« man Ponto darbracht«, dem besten Har- pagon der deutschen Bühne, war wohl auch durch das Gerücht verursacht, der Künstler sei uns entschwunden. Er hatte aber nur einen längeren Gastspiel-Urlaub. — Im „Eingebildeten Kranken" heimst natürlich Meyer alle Ehren ein. Lotte Trust us spielt die intrigante Zofe mit behaglichem Humor rundlich und gescheit wie Immer. Neu war hier Trude Rosen, eine junge Kraft mit verheißungsvollen Anlagen. Ihre Angelique war sehr hübsch und lieb. Hellberg gibt den jungen Diafoirus mit viel Humor und G. Haselbach macht« gute Figur als jugendlicher Liebhaber. Für Moliöre und fite diese gerundete Vorstellung besteht reges Interesse: Das Hau« war völlig ausverkauft. Zck. Tanzmatiner Ssonjga Revid. In der K o in ö d i e sah man am Sonntagvarmittag ein Häuflein Damen auS den Kreisen unserer Tanzschulen, ein paar Prcsseleut« und noch drei, vier Menschen. Sonst gähnte das Haus vor Leere. Wo blieben die bekannten Pre- mierenköpfc? Denn cs war eine Premiere, was die russische Tan. zerin bot. Ein geistvolles, in der klaren, schönen Stirn und den tie fen Augen die Idealist!» erkennen lassendes Gesicht, das gleichzeitig die Russin verrät, spricht für sich, enthüllt beinahe schon ein Pro gramm. Dabei ist so manches zu sehr erklügelt, um unmittelbar auf das Publikum wirken zu können. Aber bie tänzerische» Sprcch- gedichte sind das Neue. Schon in den „Tänzen der Eigenschaften" eines von der jungen Mutter, russisch gesprochen von der Tänzerin, die cs verfaßte und charakterisiert. Die Bewegungen voll Inhalt und Tiefe. Noch eindringlicher das zweite, eine Nachtfantasie, zu dem Ssonjga Revid eine» deutschen Tex! gedichtet hat. Hier ist so etwas wie ein Uebcrgang, etwas, das kommen wirb. Bemerkenswert, wie prachtvoll die Künstlerin das Dculschc spricht >md wie sie auch aus dem Wort olles herausholt, eine Gabe, die freilich kaum eine andere besitzen dürfte. Im übrigen: Lockerung der Glieder bis zur Ekstase und dazu öfters Verwendung volkstümlicher, russischer Tanz- bewcgungen. In den „Geheimnissen des Tanzes" — ohne Musik — am deutlichste» und schönsten. Aber auch ebensoviel Eigcnbrödle. risches im Ausdruck, dem bikdmäßige Vorstellung nicht folgen kann. Die junge Gemeinde war begeistert. Zck.