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Nummer 285 — 27. Jahrgang trichetni »mal wkchem:. mti den Nliisir. Gratisbeilagen .Die Veit' »nd .Für untere netnen Leute' lowte den Teribeilage» ,St. 'öecmo-Biatl' .Nnterkaltung und Wiste»' .Die Weil der .Aerzlli«er Ratgeber' Das gute Buck,' .Filmrund. lchau'. Monauicher Bezugsbreis 8 MI. elnichl. Bestellgeld, tmzelniinimer IN P Sonnabend« u. Sonntagnummer itN HaiivllLrttlleller: Dr. G. DeScztzk. Dresden. Freitag, -en l4. Dezember l92S OerlagSor», DrrSde» A»,rtge«vrrtl«> Die tgelvaitene Petit,eiie !»N I >a»,i>»ti. an,eigen u.Stellenge'uche »N^I. Die Petttr»uame,eii» Wma, breit. I Für?lu,eigen autzersiatb de» BerbreUiumSgebieteB ckN^I dt-PeitIreNamezei,»I.!«»>t. Briesgeb.!««»^ FmFall» höherer Gewalt erlilcht lebe Bervllichtuug aut >'ieter!u,g >owi> Erlülluna v. Aiüieigeu.Aiittrünen u. Leikin»,, n Schadenerlatz« A«>ch»sIIi»ei Teib Artur Lei«. Dresden («esitiiiftSftelle. Druck».iverlag; «ermaitia R.-G. Dir Verlag und Druckerei. Filiale Dresden. DreS den.il. t. VolierslrakeN. Fer»rutSl0l2. Polllckiecklonto Dresden agna »«ndlkin«' er-r»Sd»n '»- "l71" Kür chrisNiche Politik und Kultur Redaktion der Sächslsckten Volks,ettung DreSden-AItltadi l. Poliersiratze i7. Fer»ru> SMI> uns »INI?. Ein Forlschrill in Lugano? Die Verhandlungen über die Räumungs- und Reparalionsfrage soNen zu gleicher Feil slallsinden Liberale Geschichlsdarslellung Von D r. Hermann Nolle. Bautzen. Frau D r. Gertrud Bäu in er, Ministerialrätin im Reichsininisteriuin des Innern und Mitglied des Reichstages, hat kürzlich ein Buch veröffentlicht. betitelt: „Deutsche Schulpolitik" (Sammlung „Wissen und Wirken", 53. Band. Kaxlsruhe 1928. Verlag G. Braun. 222 S. Kart. 6 M., geb. 7 Bl.) Das ist insofern eine sehr verdienstliche Leistung, ols der gegebene Ueberblick über den gegenwärtigen Stand der Schulgesetzaebung in den ein?,einen deutschen Ländern klärendes Licht bringt in die so schwer überschaubaren Berbältnisse und die man nigfachen Veränderungen, die diese seit der Revolution erfahren hoben. Denn es ist tatsächlich ein wahres Labyrinth von gesetzlichen Bestimmun gen, ein so buntes Durcheinander, daß die Gewin nung einer Uebersicht über das, was jetzt aüf dem Ge biete der Schule in deutsitzen Landen Rechtens ist, »Ur in mübevollster Arbeit möglich ist. Diese Tatsache mag es bis zu einem gewissen Grade entschuldigen, wenn bei dem ersten Versuche eines solchen ileberblickes Irrtümer unterlaufen. Aber es wird doch ganz und gar unverständlich bleiben, dotz das schulrecht liche Bild für ein Land derart verzeichnet werden konnte, wie dies in dein Bäumerschen Buche mit der Darstellnna der sächsischen Volksschule geschehen ist. Was Frau Dr. Gertrud Bäumer über die Rechtslage der Volksschule im Freistaat Sachsen zu sagen weih, ist in entscheidenden Punkten so uurichtia und FwEolsch oder doch schief und ungenau dargestellt, das; mm, sieb wundern mutz, in einem Buche, das Anspruch auf ernste Wissenschaftlichkeit macht, solchen Fehlurteilen zu begegnen. Sehen wir zu. welches Bild von der schulrechtlichen Lage in Sachsen dieses Buch zeichnet. Da heißt es: „In benig ans den Nechtszustaud in Sachsen bis zur Revo lution weichen die Auffassungen voneinander ab . . . Wenn auch das Schulgesetz von 1873, auf dein das säch fische Bolksschulweseu beruht, die sächsische Volksschule zur Bekenntnisschule machte, so hat doch durch die nach folgende Entwicklung die Schule diesen Charakter in der Praxis allmählich verloren dadurch, daß 99 v. H. aller sä'ulvfl'chtigen Kinder der Schulgemeinde ohne Unter schied der Konfessionen gemeinsam beschult worden sind. Durch eine Verordnung vom Dezember 1918 ist dieser in weitem- Ansmotz tatsächlich bestehende Zustand zur Rechtsnorm gemacht und bestimmt, datz mit Beginn des Schuljahres 191M20 die Volksschule als Gemeinschafts schule für alle Kinder des Schulbezirks elnzurichten sei. Das Uebergaugsschnlgesctz vom Juli 1919 bestätigte diese Perardnnng Durch besondere Rücksichtnahme auf be hebende Berbältnisse für Bekenntnisminderheiten sind >» Dachsen noch 14 (!) Bekenntnisschulen für die katho lischen Minderheiten erhalten geblieben die jedoch neben IRR Schulbezirken als eine so geringfügige Ausnahme mtzcineii, datz Sachsen als Grundlage seines Schul wesens mit Recht die Gemeinschaftsschule anerkannt Men will." (S. 59 f.) Diese Darstellung bat ganz offensichtlich den Zweck. Soch'ens Anspruch als Simnitanschnliand zu gelten, ge- hhitzllich zu rechtfertigen. Diese», Zweck zuliebe verge waltigt sie die geschichtliche Wahrheit. Und dies in meh- rcren Punkten in sa handgreiflicher Weise, datz die nur wanaelhaft verhüllte Tendenz solcher Art von Ge schichtsschreibung sofort in die Augen springt, * Was ist im einzelnen dazu zu sagen? — „In bezug cun den Rechtszustand in Sachsen bis zur Revolution weichen die Auffassungen voneinander ab." Zwei Sätze snater wird ausdrücklich zugegeben, datz „das Schulgesetz von 1873, auf dem das sächsische Volksschulwesen beruhte, die sächsische Volksschule zur Bekenntnisschule machte". Dieses Gesetz aber ist bis zu den e r st e n Eingrif - sei, nach der Revolution ungemindert in Kraft geblieben. Also war die sächsische Volksschule bis dohin rechtlich eine Bekenntnisschule. Dem entsprach auch die Praxis. Wenn auch in zahlreichen evangelischen Schulen eine Minderheit von katholischen Kindern vorhanden war, nicht zuletzt auch deswegen, weil der Errichtung eigener katholischer Schulen staatlicher- seits Schwierigkeiten gemacht wurden, so war doch die Zusammensetzung der Lehrerschaft wie auch der innere Geist des Unterrichts einheitlich konfessionell-evangelisch. Nie hat auch nur ein einziger katholischer Lehrer an die len evangelischen Schulen Anstellung gefunden, und auf Endlich sachliche Erörlerung London, 13. Dezember. Ei» srnnzösischci- Ko»rcspondcut des „Toilp Telegraph" mel det ans Lugano: Wahrend der gestrigen zweistündigen Besprechung zwischen Briand »nd Tr. Stresemann bat der französische Außen minister ein wichtiges Zugeständnis gemacht, das dabin gebt, daß die Berbandlungen Wege» der Räumung des RbeinlandcS gleichzeitig mit den Reparationsbesprechnnacn geint,rt werden sotten. Das bedeutet, daß, wenn einmal die Ancmpfeblnngen der Finanzsachverständigen zu der notwendigen Vereinbarung zwischen den Negierungen geüibrt baben, Frankreich nicht darauf bekleben wird, das, die deutsche Schuld fundiert wird, bevor cs seine Trup pen -nrncknelit. E bo in b e r so i n holte eS oboeEhnt, au der Ilnicrrednng icisinnebmcn. Man glaubt allaemein, bah er wnnicbi, so weit wie möglich im .tzintergnnid zu bleiben, und mir im Notfall als Ber- miill-r einznarenen Tatsächlich wnrde er nicht bcrbcineruscn, aber Briand gab ibm nach der Unterredung mit Tr. SIrcscma»» eine kurze, Schilderung de? Borgesallencn mit der Bemerkung, das; wcilere ünterrednngcn folgen werden. Die Besprechung zwilchen Dr D^esemg"» »nb Briand hatte tzX Stunde» gedauert. An ibr nabmen lediglich der Dolmelscher der denikchen Abordnung, Dr. Schmidt, und Braß .tzesnard van der französischen Botschaft in Berlin teil. Anschließend a» die llnierrednng begab sich Briand zu Ebamberlaiii, mit dem er eine Unterredung von etwa 1'4 Sinnde Dauer b-.üte. Mit dieser Unterredung des deutschen und sranzösischcn Außenministers sind die Unterhandlungen in Lugano endlich in das Stadium sachlicher Erörterungen getreten. Es muh sich nun sehr bald zeigen, ob in direktem deutsch franzöüschrn Mcdankenans- tansch rin Ergebnis erzielt werden kann, da England offenbar ge willt ist, größte Zurückhaltung zu üben. Litauen und Polen Lugano, 13. Dezember. Aut der Tagesordnung der össentliche» Sitzung stand gestern ais erger Punkt der polnisch-litauische Konflikt, dessen Behandlung, wie üblich, durch ein langes ermüdendes Plaidmicr des litauischen Diktators Woldemaras eiugcleitet wurde. Außer den bereits gestern genannten beiden Saarfragen sind für die Beratung noch zwei weitere uns interessierende Punkte vorgesehen: nämlich ein Teilprogramm der Abrüstung, die Kontroll» der Fabrikation von Waffen, Munition und Kriegsmaterial, sowie die Ernennung der Präsidenten der In- vestlgationsansschüsse, welch letzterer Punkt ebenso wie die Er iche Gesinnung „Andersdenkender" Rücksicht zu nehmen, war kein Lehrer von Amts wegen geholten. Inwiefern „durch die nachfolgende Entwicklung die Schule diesen Ehorokter (der Bekenntnisschule) in der Praxis allmäh lich verloren" haben sali, ist schwer erfindlich. Der katho lische Boiksteil ist in der Zeit van 1873 bis zum Kriege verhältnismäßig stark angewachsen, sa daß auch die katholischen Minderheiten in den evangelischen Schulen wesentlich stärker geworden sind, ohne datz deswegen diese Schulen innerlich andere geworden wären. Auch das eigene katholische Schulwesen befand sich während dieser vier Iahrzebnte in raschen, Ausstieg und in starkem Anwachsen der Kinderzahl. Tie „Beschulung" der Kin der ist also ivährend dieses Zeitraums nicht einheitlicher im Sinne der Gemeinschaftsschule geworden, sondern differenzierter durch fortschreitenden Ausbau des katho lischen Schulwesens. Der Versuch, die Entwicklung so dar- znstellen, als ob sie zu einer immer weiter fortschreitenden Vereinheitlichung des Schulwesens geführt habe, um so den radikalen Bruch, den die Revolution ge bracht hat, als Sanktionierung eines tatsächlich bestehen den Zustandes umdeuten zu können, ist also das Gegen teil einer rein auf Klarstellung des Tatsächlichen abzie lenden Geschichtsschreibung. Die sächsische Volksschule war rechtlich und tatsächlich bis zur Revolution eine Be kenntnisschule. Ebenso grundfalsch Ist aber auch die Darstellung, die Frau Dr. Gertrud Bäumer von der revolutionären säch- nennung der Regierungskonimission des Saaraebietes, als Per sonalangelegenheit in die geheime Sitzung fällt. Die Rede von Woldemaras dauerte nicht weniger als eine Stunde und vierzig Minuten. Als sie beendet war, setzte eine allgemeine Flucht aus dem Saale ein. Selbst einige der Ratssessel wurden leer, ohne von Vertretern der Delegationen besetzt zu werden. Chamberlain war besonders erschöpst. Er ging in den unteren Teil des Saales und setzte sich dort an ein ofsenes Fenster, sich den Schweiß von der Stirne wischend. Dis Ausführungen von Woldemaras trugen diesmal einen hoch politischen Charakter und waren außerordentlich pointiert. Der litauische Ministerpräsident beschränkte sich nicht auf die speziellen Streitfragen zwischen den beiden Ländern, sondern warf das ganze Ostproblem auf. Er geißelte mit nie dagewcsener Schärfe Len historischen polnischen Slnnexionismus und den Drang Polens, seine Grenzen immer weiter nach Westen vorzu- schicben. Er erwähnte in diesem Zusammenhang unter anderem auch den Korridor. Ferner brandmarkte er in ungeschminktester Weise die polnische Propaganda in Litauen. Es gehe, so erklärte er, letzten Endes nicht um Wilna und um Erenzregulierungen, sondern um die U n a b h ä n g i g t e i t L i t a u e n s. Die Polen haben diese Anklagerede über ihre Expansionspolitik über sich ergehen lassen müssen. Sie kann einen Eindruck aus den Rat »„möglich verfehlen. Die litauisch-polnische Streitfrage ist damit »ffiziell vor dem VöEerbnndgrnt in NnckinolitE's'» ?„»>->, Zusammenhänge gestellt worden. Das ist die unverkennbar große grundsätzliche Bedeutung der Rede von Woldemaras, der sonst, wie schon oft gesagt, nicht gerade gern gehört wird. Wider Erwarten ist der polnische Außenminister noch in der Vormittagssitzung zu Wort gekommen. Seine Antwort auf die Rede Woldemaras war sehr kurz und behandelte im wesent lichen die Cpezialsrage der litauischen Entschädigungs ansprüche aus Anlaß des Zuges des Generals Zeligowski nach Wilna. Im übrigen ersuchte er den Rat, den von dem Berichterstatter Quinones de Leon gemachten Vorschlag anzunehmen, Sachverständige zur Untersuchung an Ort und Stelle zu senden. Nach einer kurzen Replik von Woldemaras machte Briand als Natspräsident den Borschlag, den Berichterstatter Quinones de Leon mit der Ausarbeitung eines Berichtes zu beauftragen, der selbstverständlich noch während dieser Tagung vorgelegt werden soll. Damit hatte die Sitzung gegen I.lO Uhr ihr Ende gefunden. Die nächste Sitzung ist auf morgen vormittag anberanmt worden. Wie verlautet, beabsichtigt der Berichterstatter für den Konslikt zwischen Polen und Litauen, der Vertreter Spaniens, Quinones de Leon, die Entsendung einer Sachverständigen kommission vorzuschlagen. Der Einsetzung dieser Kommission widersetzt sich Woldemaras. Er wies in Presseunterredungen daraus hin, daß man seinerzeit auch den litauischen Vorschlag Sachverständige nach Wilna zu entsenden, abgelehnt habe. fischen Cchulgesetzgebung gibt. Durch eine Verordnung vom Dezember 1918 und das Uebergangsschulgesetz vam Juli 1919 sei die „Gemeinschaftsschule" eilige- führt worden. Das kann nach den, gesamten Sinn der Darstellung gar nicht anders verstanden werden, als sei damit die Gemeinschaftsschule im Sinne der Reichsver fassung <Art. 146. Abs. 1) gemeint. Ganz abgesehen von dem seltsamen Anachronismus, der darin liegt, datz die neuen Machthaber in Sachsen schon im Dezember >918 die „Gemeinschaftsschule" der Reichsversassung vam 11. August 1919 antizipiert haben sollen, wird mit dieser Be hauptung die Absicht der revaluticmären Schulgesetz- gebung in Sachsen gründlich mißdeutet. Deren Ziel war. das mutz jeder wissen, der das Uebergangsschulgesetz kennt, nicht die K e m e i n s ch a f t s - oder SimuI - tanschuIe. sondern die religionslose weltliche Schule, das sozialistische, nicht das demo kratische Echulideal. „Religionsunterricht wird in der allgemeinen Volksschule nicht mehr erteilt", hatte 8 2 Abs. 2 des Uebergangsschulgesetzes verkündet. Erst durch die Entscheidung des Reichsgerichtes vam 4. tt. 1929 ist die sächsische Schulgesetzgebung dahin korrigiert morden, datz diese Bestimmung als im Widerspruch mit der Reichs- verfassung stehend bezeichnet wnrde. die in Artikel 149 Abs. 1 den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach der Schulen erklärt, soweit diese nicht weltliche Sonder schulen für Kinder dissidentischer Eltern sind. Die säch sische Volksschule, die sich als allgemeine Volks- schule bezeichnete, mutzte sich also, sehr gegen den Willen