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Aus der katholischen Welk Ae MM tes Mms Rom, Id. November 1924. Die Festoktav zur Sechzehn- hunderljayrfeier der Erzbalilika der Christenheit hat um Sonn tag, tl. November, ihren Höhepunkt durch rin feierliches Ponti fikalamt erhalten, das der Erzpriester des Laterans. Karoinal- vikar Pompili, in Gegenwart der in Rom anwesenden Kar dinale am päpstlichen Altar zelebrierte. Der Hl. Vater hatte durch besonderes Breve die Genehmigung hierzu erteilt. Das alterwürdigc Gotteshaus war aufs prächtigste geschmückt: Tausende von Lichtern erstrahlten von der Decke und den Sei- tenivönden, vor dem Papstaltar waren in geschmackvoller Weise Blumenarrangements angebracht, welche die römische Gemeinde gestiftet hatte. Das Chor der Kirche wies die feierliche Anord nung der Cappella Papalis auf. In der Mitte waren zu bei den Seiten die Sitzplätze der Kardinale, dann die der Patriar chen. Erzbischöfe und Bischöfe, die der Prälatur, der Vertretun gen der Kapitel der Patriarchalbasilike» und Domkapitel. Auf besonderer Tribüne hatte der päpstliche Hofstaat Platz genom men. Die für die Diplomaten bereitgehaltene Loge war zahl reich besucht. Wir bemerkten den deutschen Botschafter beim Hl. Stuhl, Tr. v. Berge», den geistlichen Konsultor bei der Deutschen Botschaft, Prälat Dr. Stcinmann, den französischen Bolscho.ster Tonleet, de» bayrischen Gesandten, Fahr. v. Ritter, den holländischen Gesandten, van Rispen tot Sevenaer, und ano -e. Ueberaus eindrucksvoll war der feierliche Zug. der sich von de r Sakristei zum päpstlichen Altar und zum Cst--- l mente: er mu>de erösinet durch die Generäle und Prolmm h.-r reli. lösen Orden, denen die Konsistorialadvokaten in acht so'oien: ihnen schlossen sich die Kapitel von S. Maria B. iure und S. Pietro an. Nebte. Bischöfe. Erzbischöfe und Patriarchen, ferner die apostolischen Protonotare. Der zelebrierende Kar dinal Pompilj war vom Klerus und dem Kapitel des Laterans geleitet; genau wie bei der eigentlichen Cappella Papalis fun gierten neben dem Kardinal drei Domherren der Patriarchal basiliken, einer als assistierender Priester, einer als Diakon und einer als Subdiakon Die weite Halle des hehren Domes mar von Gläubigen vollständig gefüllt, die andachtsvoll der heiligen Handlung sachten Die liturgischen Gesänge wurden von dem päpstlichen El m- unter der persönlichen Leitung des Meisters Lorenzo Perost künstlerisch und erhebend vorgetragen. KIM «MN X Die Kirchenverhältnisse Bayerns. Gestern nachmittag wurde» die zwischen dem bayrischen Staate uns der evangelisch- lutherischen Landeskirche rechts des Rheins und der vereinig ten prote stan tisch -evangelisch- chri stlich en Kirche der Pfalz verein barten Verträge über die Regelung der kirchlichen Verhältnisse durch den vom Ministerrat bevollmächtigten Kultusminister Dr. Matt und durch die Präsidenten der beiden Landeskirchen vorbehaltlich der Genehmigung des Landtags einerseits und der Synoden der beteiligten evangelischen Kir- chengesellschasien andererseits im Kultusministerium unter zeichnet. Di« beiden Abkommen werden nunmehr gleichzei tig mit dem zwischen dem bayrischen Staat und der Kurie ver einbarten und bereits am 24. März Unterzeichneten Konkordat über das Verhältnis der katholischen Kirche in Bayern in den nächsten Tagen dem Landtage zugehen. X Der neue Erzbischof von Belgrad. Der apostolische Administrator für das Banat, P. Raphael Nodic, erhielt zu gleich mit der Mitteilung seiner Ernennung zum Erzbischof von Belgrad vom dortigen apostolischen Nuntius ein Schreiben, in dem auf die schwere Aufgabe des neuen Oberhirten verwiesen und der Hoffnung des HI. Vaters Ausdruck gegeben wird, datz die Diözese, die heute keine katholische Anstalt besitzt, reich werde an Kirchen, Klerus, Volk und Tugenden. „Es gibt keine Kathedrale und es wurde auch deren Bau noch nicht begonnen; die Priester sind sehr spärlich: die Katholiken sind verstreut in die abgelegensten Gebiete; es gibt keine Institute religiöser Orden, weder männlicher noch weiblicher; keine katholischen Schulen; die Armut ist sehr groß. Alles das wird ohne alle Hilfe von der Bevölkerung eingerichtet werden müssen. Und doch ist es notwendig, die schwere Aufgabe mit grobem Ver traue» in Angriff zu nehmen. Gott, und das Wohlwollen des Hl. Vaters wird Dich unterstützen, mein Werk wird Dir nach Kräften behilflich sein Auch gute Seelen werden sich finden, die sich freiwillig an Deine Seite stellen." Erzbischof P. Rodle, der weiterhin die frühere Funktion als apostolischer Admini strator des Banates ausüben wird, ist in Slawonien geboren, hat in Wien stdiert, wo er auch Guardian des Franziskaner- Konvents war, kam dann nach Agram und Warasdin, war auch Visitator der Franziskauerprovinzen in Ungarn, Tirol, Galizien und Bosnien. Von 1912 bis 1918 war er Ordensprovinzial. Am 30. März 1923 wurde er zum apostolischen Administralor für das Banat ernannt, wo er sich die Sympathien der gesam ten Bevölkerung erwarb. Die Dattkanifche MWorisairsskellmrg jko»> tmfrreui Sonderberichterstatter Sin erster Besuch Nom, den 12. November 1924. linier der kundigen Führung des Delegiert«, Deutschlands, P. Su'pmstnr S. D. S. (München), ehemaliger Apostolischer Mission," Assam, habe ich heute einen Rundgang durch die in den muck-,uischen Gärten angelegt« Missionsausstellung an- getreien Aus dem Munde meines Begleiters vernahm ich. datz auf besonderen Wunsch des Papstes auch diejeniaen deutschen, missionierenden Ovden ausstellen, die durch den Krieg ihr bis herig» Arbeitsfeld verloren haben. Zweck der Ansstellung ist, den jetzige» Siand der katholischen Kirche in den Missionslän- dern vor Augen zu führen. Im Organisationskomitee nehmen die Deuischen eine hervorragende Stelle ein. so ist: P. Wilh. Schmidt S. B, D. aus Mödling bei Wien. Vorsitzender der ethno graphischen Abteilung. P. Sink». Streit O. M. I ans Hünfeld, Leiterder statistischen Kouunilsion, P. Consalvus Ata Aber O. Cap. aus Ersähet,». Leiter des Saales VI, P. Kilger aus St. Ottilien sowie P. Lemmens O. F. Al. sind in der historischen Kommission. Pros. Aufhon.ser aus München ist Leiter des Saales „Eingebore ner Klerus", Prof. Pieper ans Münster, Mitglied der wissenschaft lichen Kommission, Prof. Her. Dürck. Letter der dentscken Ab teilung für Tropenhygiene, P. Friedrich S. V. D., Mitglied der Soitderabteilung für Asien. Beim Eintritt in den Cortile della Pigna sind wir über rascht. umgeben von hohen Palmöäuuie» und sonstigen Tropen pflanzungen, ein« Reihe von Gctönlichkeiten zu erblicken, deren Architektur harmonisch mit der des mittelalterlichen Haies iiber- einstimmt. Die aus unverbrennbarem Etern-nittaleln seine Art Zement) hergestellten Pavillons sind alle von der Seite und von oben belichtet, die Innenhöhe betrügt bis zum Beginn der Fen- ster 6 Meter, bis zur Declre über 9 Meter. Der Fußboden be steht aus Holzbrettern. Im ersten, von den Franziskanern be treuten Saale werden wir nach Palästina hinversctzt; auf einer Niesenreliefkarte des Gelobten Landes erblicken wir jedes uns aus der Sännst her bekannte Dörfchen uird Bächelchen, jeden Berg und Hügel plastisch dargestellt. Eben erst ausgepackte kegelförmige Lehmhütten sollen an der Peripherie der noch auf- zubonenden Gebnrtsftadt des Heilands Aufstellung finden. An den Wänden der Pavillons ist mit Kreide angegeben, wo Land- und Seekarten, Gemälde, Bilder von Ortschaften usw. angebracht rverden sollen. Im folgenden Saale wird die Missionsgeschichte ihre Zolle ausschlauen und hier zieren bereits die Wände Bil der, die uns eine Vorstellung von den Uranfänoen und von der Entwicklung der Missionen geben. Mit starken Nerven muh schon der Beschauer des dritten Saales ausgerüstet sein, worin ihm die Geschichte des Martyriums der Missionare aus allen Orden in wahrheitsgetreuen Darstellungen, ja selbst die betr. Marter werkzeuge in natura gezeigt werden. Grauenvoll ist die P'ählung zweier FranziskanerMtres anzusehen, nicht minder ergreifend ist die Ermordung des Missionars Schäffler durch Anamiten in Tonki-n im Jahre 1851. Im ethnologischen Saal« sollen Mbildungen von Tempeln verschiedener nichtchristlicher Religionen ausgestellt werden. Hier sind bunt durcheinander eine Unmenge deutscher Kisten ausge stapelt, die den warnenden Vermerk tragen: „Nicht stürmen! Gipsstguren! Vor Nässe zu schützen!" Vom Sammelort Mün chen sind bis jetzt vier Waggons mit Kisten im Gewicht von 12 000 Kilo eingetroffen; weitere zwei Waggons stehen zur Abfahrt bereis. Im folgenden 17 ss Meter langen Saale wird di« Sta tistik der Missionen vor Angen geführt; in anderen Abteilungen soll dem Descliaurr ein Bild gegeben werden von den Unter- stützungsinsiituten der Missionen, so vom Franz-Xcwerius-Ver- ein. vom Kindheit-Iesu-Verein, von der Bayrischen Ludwigs- Missionsgesellschaft, von der O»>ela Sonett Peiri sür den einge borene» Klerus usw. Ein großer, rechteckiger Saal dient n!s Bibliothek, sie aus Eisenkonstruktion nach den neuesten Errungenschajieu der Tecl). mH eingerichtet ist; in einem Siebenraum werden Misnanszeit- schriften aufgelegt. In den Sälen sür Slattsttk. worin P Slr.it das Szepter führt, finden sich die Geschick»-» der Missionen und die Mitarbeit der Eingeborenen. Die Aüieittmgeii !> btt- 12 stad für Amerika reserviert: hier letten sich Iesuttcn. K'.mizuur. Franziskaner, Lazaristen, Salwatorianer. Salesianer und Ajjuüiv- tionisten in die Arbeit. Im ethnographischen Tel! i - Aueflelln.'g wird u. a. das Ergebnis der systematischen und »:»e » wttch.m Beobachtungen zur Schau gestellt werden: hierhin p In strumente, welche von den Eingeborenen p-wr '' - - » um die Hi-mmelserlchrinungen zu l 'eaockien, duno B . - o.-. ' >- zen, Holzarbeiien. Tier", seile,'- Vögel. A - , ' ' ' linge: ferner ckorakttrü'siche üu»'' - : lingen, Wohnungen. Inc-nsrie, A>!:erbe.;: I.. -v » ckt wird der Krieg durch Au von Wo, sin i- ser Sieg durch Mu.s'ck und Ti. stimmic» Teil finden N'l bezug auf äp istüche R christliche Tronungeu, c-up.en. acr >mi 1 -ichnn.''. Räch, Le!" 'raphi NN..Ü. , lcr - :e :i'i > . ' --e t ^ ' -ck ' ' H') e i er 1 ZU V'Uü An. ag gen: ..Die Pest. .ttl-ruiui- Lc: i- um-tt n. .tte.pttel sür jel-e 5! ' n Platte» über die Sprachen der Ein em '.'»al n » van christlichen Zeremonien. Nun führte mich P. Sieg Steineichenallee zum Carltte d n ten der Pavillon für Tropenin n Arbeiten seine Pforten öffnet. Prost» stvn Kräfte der ganzen Wett, um bei dieser Deuischen Würdiges zur Darstellung Diircks wurde den Deutschen übertraget»: heit, Chagaskrcmkheit, Kala-Agar, Ankylosiomie und Bilharziosts." Präparate, Diapositive, Kulturen usw. ausgestellt Die Legenden zu jedem Ausstellungsobjekt sind in fünf Sprachen ge Hai um Ein ganzes Lager von Kisten und Kasten ist hier auckttur nr die die wertvollsten Präparate vom Reichsgesundbettsam! Benin, vom Hamburger tropenhygienischen Institut und von. ruderen großen deutschen Firmen enthalten. Sechs wettere Pavillons sind sür die Ausnahme von Missionsgegenständ-'» aus Asien. Attika und Australien bestimmt. Neben dem plastisch dargenelllen heil».» Berg von Schaniun prangt ein riesenhosier, vca mldeler. chine sischer Götze: Franziskanerinnen sind damit beschattigr. einen aus Hunderten von Figuren bestehenden Hochreitszug aus dein Reiche der ausgehenden Sonn« ausznstellen. An der Psorie hall ein greulich anzusehender Drache (dos Wappeittier Chinas) acircue Wacht; cm ihm vorbei gelangen wir in eine Uebergangsholle. von der aus man eine entzückende Aussicht ans die nahe Pettrskuppel und die vatikanischen Gärten einerseits, wie ans den Manie Mario und das Balle d'Inserno anderseits geniest!. Der hübsch« Raum wird zu einer japanischen Teestube einaerickle! Den größten Teil des Pavillons Nr. 17 ha! oie Herz Jesu« Mission von Hiltrup beschlagnahmt. Schlangen, Löweiiseile» Celefcmtenzähne zeigen uns im letzten Saale an. dost wir ans afrikanischem Boden stehen; im Wettcrgehen icsen wir. dast dort die Missionen Marian Hill, St. Ottilien heimisch sind. Aul strikt« Anordnung des HI. Vaters soll die Ausstellung am 2t. Dezem ber eröffnet wevden: er selbst besichtigt jeden Sonittag ihre Räume, um sich von dem Fortschritt der Arbeiten zu überr-ugen, und er versäumt nicht, dem Er-bischof Marcheili, Sekretär der Kongregation der Propaganda Fide und Präsident des Ganzen, ans Herz zu legen, alles aufzubieien, daß die Ausstcllnna mög lichst komplett am Tl>omastage fertig dastehe. Ans höheren Be fehl bleiben von morgen ab die vatikanischen Gärten und die Ausstellungsräume für alle Nichtbeieillgten geschlossen X Vom Missionsfeld der Oblatenpatrss. Nausen berichtet, daß die tiefste Temperatur, welche seine Expedition Im ewigen Eis verlebt hat, 44 Grad unter Null war Von Sibirien wur den schon 65 Grad unter Null gemeldet. Den tiefsten Thermo meterstand hat man gemessen auf der Missionsstation Fort Raeam Großen Sklavensec (Kanada). Seit 1870 fiel die Tem peratur bereits viermal bis aus 71 Grad unter Null. Oblaten- pater Roure hat mit seinen Indianern diese grausame Kälte ertragen, ohne je viel Aufhebens davon zu machen. Wäre die Missionsstation nicht zugleich auch ein meteorologischer Beobach- tvungspunkt der kanadischen Regierung, kein Mensch hätte ge ahnt, was der Missionar hier aushalten mußie. Aber die Kälte hat sein Leben keineswegs abgekürzt. P. Roure starb 1922 im Alter von 79 Jahren. — Eine sonderbare Tatsache ist es, daß ein anderer Oblatenpater Delpech zur selben Zeit auf der Insel Ceylon (Vorderindien) die größte Hitze erlebte, welche bisher in der Sonne gemessen wurde. Es war im Jahre 1901. Da mals stieg das Thermometer aus nicht weniger als sid,2 Grad Celsius — eine Hitze, die bei jedem ein tropisches Kümo nicht gewöhnten Menschen einen sofortigen Ohnmachtsanfall erzeugen dürfte. — Wissenschaftlich stände also fest, daß in den Missionen der Oblaten von der Unbestellten Jungfrau Maria sowohl die größte Hitze, wie auch die bitterste Kälte gemessen wurde. XßSmmr Xskßes Ls« Srsk- unel XÜ8iNkSN«>«> Vsrrsnel sseriwprecker 22<.>2st AS MlMW MW «on Dr. Karl Möhlig. Nachstehenden Abschnitt entnehmen wir dem in Kürze Bergland-Berlag, Elberfelo, erscheinen den Rerie: itädtebilder und Sultnrprobleme aus Italien", das ' .» bekannte« Dante-Forscher Dr. Karl Möhlig um Verfasser hat. Das Buch wird angesichts des „Hei ligen Jahre-" als Italien-Führer eigener und wert!'.'!,-' - Art besondere Beachtung finden. Der nach Italien fahrende Nordländer ist naturgcw spannt auf den Ort, der ihm die ersten charakteristischen Eine, italienischer Kultur vermittelt. Aber Italien beginnt nicht uni «inennnale. Politisch zwar betreten wir es am Brsnncr, au o Landesgrenze. Einig« Gendarmen, di« In ihrer malerischen Trau'. mit Dreimaster, Frackrock und kunstvoll drapiertem Mantel an Marsckälle des großen Napoleon erinnern, sind die erste,, Jiell- rner, die man zu Gesicht bekommt. Ein kleiner Trupp fefdg, ua- Soldaten, einige Faschisten in ihren charakteristischen Schwa est'w- ben, mehrere Zoll- und Eisenbahnbeamte, deren nüchterne Uni form sin schreienden Gegensätze zu jener der Karabinier, st ütz vervollständigen das Bild. Man hört die ersten italienischen Laute, die aber das ungeübte Ohr bei der schnellen und vielleicht auch mangelhaften Aussprache «icht versteht. Dort unten liegt also Italien, feit Jahrtausenden das Land der Sehnsucht sür alle Menschen diesseits v«r Alpen. Vielleicht hat man sich in naiver Werse vorgestellt, man könne von hier aus das geliebte Land überblicken, sähe schon seine blühenden Flur«», seine kup- pelgekrönten Städte und sein« umrahmendem Meere tief unten im Tale sich ausdehnen. Doch nichts von alledem». Die Paßhöhe ist winterlich kühl. Der Blick nach Süden durch Wolken und Nebel verhüllt. Paß- und Zollkontrolle sind ein kleines Fegefeuer Aber man beachtet e» wenig, mau hofft, daß nun bald der italienische Himmel folgen werde. Doch der läßt noch eine Weile auf sich warten. Italienisch« Kultur und Zivilisation treten unS zunächst nur in den Reklame« bildern entgegen, die für di« Jndustrie-Erzeugnisse des Landes Propaganda machen, oder die, wie e» in diesem Frühjahr der Fall war, ein« großzügige Wahlvropaganda der politischen Parteien darstellen. Deutsche Wagen fahren uns weiterhin. Rur das Person«! wechselt. Alles ander« ändert sich kaum. Das Alpengebiet hat nichts speziell Italienisches an sich. Ls bildet ein kulturelles Ganzes für sich. Die Bevölkerung mit ihren Sitten und Gebräuchen, der Baustil und auch dl« Bebau- ungsweise des Landes sind an den Südabhänge» der Alpen nicht wesentlich von denen auf den Nardabhäi,g?n verschiede». Auch die Sprache ist deutsch, uno deutsche Gesichter, deutsches Weien begegnen uns noch weit hinab auf der Südseite der Alpen. Frei lich. die deutschen Ortsnamen hat man vor einigen Jahren ourch italienische ersetzt. Der Brenner wurde zum Brenniro, Bozen z» Bolzano usw. Aber die Städte Bozen, Meran und Briren s stlbst tragen durchaus deutsches Gepräge. Erst bei Trient tritt KaS italienische Element schärfer hervor. Fremdartig wirke,» , hier die Weingebänge der Landschaft, di« Villen der Ortschaften s und in der Stadt selbst der Dom im Basilikenstil mit seinen ! kuppeln, dem geräumigen Domplatze und dem herrlichen Neptun- l vcuiinen. Doch nur bas Kleid ist südländisch geworben, daS Wesen noch , in mancher Hinsicht nordisch geblieben, trotz der italienischem i sturache, die hier allgemein gesprochen wird, und trotz des Dante- Testimals, welches ein Wahrzeichen dafür ist, daß man sich einer neuen Knltnrgcmeinschaft genährt hat und in dieselbe ein- getretcn ist. Nordisch-deutsch ist aber nicht bloß der Adler, das Wappen tier von Trient, s andern auch bas Wesen seiner Bewohner, denen »och nicht jene südliche Lebhaftigkeit eigen ist. Man begegnet meist noch kräftigen, großen Gestalten mit dunkelblondem Haar, blauen und braunen Augen, so datz man Landsleute zu sehen glaubt. Gewiß finden sich auch schon hier ab und zu südliche Typen, kleine, schwarz gelockte Gestalten mit klassischem Profil und Neknen Händen. Aber sie bilde,, noch »icht den bodenständigen Schlag der Bevölkerung. Sie sind zugewandert und passen nicht in die Umgebung hinein. vis zum Fuße des Alpenvorlandes, bis ast die Tor« von Verona reicht der Wellenschlag norcllsch-germanischer Kultur. Aber hier wird er aufgesangen von dem sich in umgekehrter Richtung nordwärts schiebenden italienisch-romanischen Kultnrstrome. In Verona begegnen sich beide. Jl»e gegenseitige Durchdringung schuf jenes eigenartige Knlturgcbilde germanisch-romanischen Gei stes: Das romantische Verona. Hier tritt eine andere Kultur vor uns, aber in einer Form, die uns geistesverwandt ist und die. uns deshalb so sympathisch berührt. Kämen wir zuerst nach Neapel, wir wären befremdet, vielleicht von vielem sbgestoßcn, was dort so ganz anders ist. als bei uns, und wofür uns :n- nächst jegliches Verständnis fehlte. Anders in Verona. Hier finde» wir manche Züge nn'ere, . nordischen Kultur wieder. Aber der Süden hat sich ihrer !>'- mächtigt, sie mit seinem Geiste durchdrungen und sie „gestattet und umgeschaffen. Schon an dem gotischen Stile tritt dies eigen- artig hervor. Die uns so vertrauten Spitzbogen, die in der Gotik des Nordens Träger eines Systems sind, werden, hier »ir Ornamentik, zu reizend dekorativer Form, der aber der ur sprüngliche Sinn des Stils fremd ist. ES berührt uns etwa so, wie wenn man eine knorrige Eiche sieht, die mit oeloea- tivem Rankenwerk durchzogen ist und die sich mit demselben zu einem neue», eigenartigen Gebilde verschmolzen hat. V-.-rona ist Mittlerin zweier Kulturen, aber nicht mttider zweier Völlar. Hier vollzog sich die Mischung nordisch-südlichen Blutes und nordisch-südlichen StaatSwesens. Freilich »icht so reibungslos und hcmmuilgStos wie das der Baustile. Verona war Zen-ze mancher Explosion, welche durch die Mischung südlicher nutz nördlicher Elemente oernrsacht wurde. So wurde Verona zum Schauplätze großer Aktionen, di« Stabt großer geschichtlicher Vergangenheit, lieber das meiste ist heute der Teppich des Vergessens aus geh reitet. Nur die Sage Kat so manches im phantastiscken Gewände erhalten. Gleich halb« verschütteten Tempeln, aus denen hier und da eine Säule hei a ragt, tauchen in ihr einzelne Gestalten aus dem dunkeln Mirr- war hervor. Uebcr alle erhebt sich die Rec'engcstalt DiedrichS von Bern. Zwar weiß die Sage nicht mehr genau, ui» waS es sich handelt, Nur eins steht vor ihren Angen: DaS Bewnstt'ein dev Kämpfe vom Norde» gegen den Süd«». Das Weshalb und das Wodurch ist ihr nicht mehr bewußt. Sic verzichtet deshalb auf Aufklärung. ES wäre auch nicht leicht, jenes Dunkel des ge schichtlichen Geschehens zu lichten, da dazu nicht nur vsycko- logische Ursachen, sondern darüber binauS vielleicht auch kos« mische Gesetzlichkeiten geltend gemacht werden müßten, sür die wir jedoch noch keine Unterlagen beschissen könne,,. Die Saae hat also recht, darüber zu schweigen, und alles Geschehe» meuich- lich-poctisch mnzudeuten. So entstand das romantllche Verona, da? Bern der Sage, da§ von jenem magi'chen Dämmerlicht umwehe» ist, daS unü',« Kindheit bestrickte und ans ,,»S auch Heine noch tiefen Eiiidcnch macht.