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Nummer 268 — 23. Jahrgang «mal wöchtl- Bezugspreis: f. Novbr. 2 R.-M. auS'chl. Besteltgcld. Berechnung der Anzeigen »ach Rent.-Mark. Preise: Tie einge,paltei,e Petitzeile 30 f. Familien» n. Vereiusanz., Gesuche 20 H. Tie Pet>t-Reklamezeil« 8g min breit, 1 .H. Ofsertengebühr für Selbstabholer 20 -H, bei Ueberseudung d. d. Bast außerdem Porto» zuschlag. Preis s. 0. Einzelnunimer 10 Renten-Pscimig. Leichäktlicher Teil: Joses Fohmann, Dresden. Mittwoch, 19. November 1924 Im Falle höherer Gewalt erlischt lebe Verpflichtung auf Lieferung loivte Erfüllung v. Bnz.-Aiifträgen «. Leistung v. Sclmoenersav Für undeutlich u d. Fernivr, übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine Per» antwortung. Unverlangt etngesandte u. mit RückportiZ nicht versehene Manuskripte werden nicht aufbewahet. Sprechstunde der Redaktion k bls 6 Uhr nachmittags Hauptschristletter: Dr.Ioies«ldekt.Lr«Sden. Tageszeitung für christliche Politik und Kultur ' MkWlIW Illlll BW « Ak Bei! Skl M » ZV «M Mil Ni«dak«lou der Ssa,sis»en woikSt»>«„i!s! DreSde» - A. >6 .cioibencjlrakeis ßeciin» L07-2 imd MSM ReiHMrlnzlEv MKZkL ßlÄMWzEU! in SntU Berlin, 18. November. Reichskanzler Marx hat sich bereit erklärt, die Spitzenkandidat««: der drei Wahlkreisvorschläge der Deutschen Zentrumspartei iin Wahlkreisverbande Xv. (Sachsen) zu übernehmen. Dieser Entschluß des Reichskanzlers gibt der Säch sischen Zentrumspartei für den Wahlkampf eine ganz klare Parole. Der Name des Reichskanzlers ist am besten geeignet, all die Zweifel zu zerstreuen, die durch eine wenig wahrheitsliebende Propaganda gegnerischer Parteien etwa hinsichtlich der Gültigkeit der säch sischen Zentrumsstimmen entstehen können. Erst in den letzten Tagen sind Meldungen durch die Presse gegangen, nach denen das Zentrum als „Splitterpartei" gar keine Aussicht ans Wahlerfolg in Sachsen habe, jede für das Zentrum in Sachsen abgegebene Stimme sei also ver loren. Das ist eine glatte Unwahrheit. Jede in Sachsen abgegebene Zentrumsstimme kommt der Neichsliste der Deutschen Zentrumspartei zugute. Der Name des Reichskanzlers aber ist das beste Werbemittel für die politische Diaspora, die das sächsische Gebiet für die Zentrumspartei darstellt. Jede Stimme, die am 7. Dezember für Nr 8 des Einheitsstimmzettels (Zentrumspartei) abgegeben wird, ist ein persönliches Vertrauensvotum für den Mann, der in den letzten Monaten den deutschen Staat verantwortlich geleitet hat. Das Beispiel, das Sachsen bei der Abstimmung am 7. Dezember geben wird, wird nicht ohne Wirkung sein für die übrige oft- und mitteldeutsche Diaspora, in der das Zentrum unter dem neuen Wahlrecht erst schrittweise Fuß fassen konnte. Die Aufstellung des Reichskanzlers in Sachsen ist zugleich die beste Gelegenheit, um bet der öffentlichen Meinung Sach sens das Vorurteil zu zerstören, daß die Zentrumspartei lediglich eine unbeträchtliche Gruppe sei. Das Zentrum ist, ivie die N u mm e r 3 auf dem Wahlzettel beweist, die drittstürkste deutsche Partei, das Zentrum ist die Partei, die in allen Krisen der letzten Jahre den Kanzler des Deutschen Reiches gestellt hat. Die Politik der Mitte, um deren Beibehaltung es am 7. Dezember geht, ist die Politik des Zentrums. Jeder, der die Fortführung dieser Politik nach dem 7. Dezember will, muß an diesem Tage stimmen für Nr. 3 des Einheitsstimmzettels (Zentrum)! für den Reichskanzler Marx! Wel Wl rie MWMW av Wien, 18. November. Der Bundeskanzler Seipel Hit Nestern abend an den Präsidenten des Nntionalrates NiklaS, der gleickzcitig Obmann des Hanptausschnsses ist, ein Schreiben ge richtet, in dein es ». a. heißt: Ans meinen Besprechungen habe ich die Nebrrzengung ge wonnen, daß alle von mir n»d meinen Mitarbeitern für die ranke. Veendignng des Sanirrnngswerkes als notwendig er achteten Einzelmaßnahmeii, die den Erfordeenissear des Ang.'a-- blick.. entsprechende Förderung durch alle für die ossentlichsn Angelegenheiten verantwortlichen Faktoren ohne Unterschied oer Partei finden werden. Die Erwägung, daß das große Ziel sicher erreicht werden wird, wenn die Führung der StaaiSgefchäste seht an eine andere Persönlichkeit übergeht, veranlaßt mich, die Betrauung mit der Neubildung der Neuerung in die Hände de-" Hanptausschnsses znrnclznlegcn. Dabei keilet mich auch aie Rücksicht auf meine seit der Verwundung geminderte persönliche Leistungsfähigkeit. Wien, 18. Nvvcmber. Wie die Politische Korrespondenz mitteilt, ist der von Dr. Seipel als Nachfolger empfohlen^ Minister Dr. Rudolf Rnmek bereits von der christlichnationalen Partei mit den Vorarbeiten für die Regierungsbildung betraut worden. Die bisherigen Minister wurden von Dr. Seipel er> sucht, einer etwaigen Wlederbernfung Folge zu leiste». Der Finanzminister Kienböck wird jedoch dem neuen Kabinett nicht angehöre». Seipel wirb sofort seine Obliegenheiten als Obmann der christUchuationalen Partei wieder übernehmen. Die wlrsschafMchen Folge« Wien, 18. November. Vom 1. Dezember 1SL4 ab tritt ln Oesterreich eine teiweise durchschnittlich Lvprozcntige Erhöhung der Gebühren bei Post, Telegraph und Telphon ein. Wien, 18. November. Die bürgerliche Presse drückt ihr tiefes Bedauern über den endgültigen Rücktritt Dr. Seipels aus. Die Erörterungen der Blätter über Ursache und Me MMMMM siik SMll Dresden, 18. November Der Kreiswahlvorschlag der Zentrnmspartei im Wahlkreise 28 (Dresden-Bautzen) kantet: 1. Reichskanzler Dr. Wilhelm Marx. Berlin; S. Vorwerkspächter Michael Nobel, Kamen;; 8. Fräulein Barbara Ponath, Dresden; 4. Geiverkschastssekretär Paul Nowak. Leipzig. Die Wahlvorschläge für die Wahlkreise 29 (Leipzig) und 30 (C h e i» n i tz - Z w i ck a n) führen die gleichen Namen aus, nur stellt Grwerkschaftssc'rretär Nowak an zweiter und BorwerkspLchter Nobel an vierter Stelle. Der Lmrdesvorsland der Sächsischen Jenirumspariei beschäftigte sich in seiner leisten Sitzung eingehend mit der be vorstehenden Reichsingsivahl. Der Landesvorsitzende, Regic- rungsrat a. D. Dr. A. Fliigler, Dresden gab einen Bericht über den Reichsparteilag in Berlin. Stadtrat P. Bruger, Bautzen, gab zu diesem Bericht Ergänzungen und betonte, er, der zum ersten Riale einem Re ich-pack! Mg veigewohnt habe, sei erstaunt gewesen über die Geschlossenheit der Partei, die in Berlin zum Ausdruck kam. Beide Berichterstatter betonte», cs sei töricht von einem linken und rechten Flügel in der Partei zu rede». Selbst Personen, die von gegnerischer Seite gern als „Antipoden" bezeichnet würden, wie W i r i h und L a m m ers, stimmte» in allen grundsätzlichen Fra«.o. völlig überein. Bei der Besprechung der politischen Lage in Sachsen wurde betont, daß es vom Ergebnis der Reichstagswahl am 7. Dezember nicht zuletzt abhängen würde, ob das Zentrum bei Landtagswahlen mit Aussicht ans Erfolg würde auftreten können. Der Landesvorsland war einmütig der Ansicht, daß alle Schwierigkeiten, die sich der Vorbereitung dieser Wahl entgogeiistellen. mit Rücksicht darauf, daß für die Sächsische Zentrumspartei diesmal mehr als je zu gewinnen ist, unter allen Umständen überwunden werden müssen. Ein festes Programm für die Versammlungen und die übrige Propaganda wurde entworfen. Der Landcsvorstand beschäftigte sich noch kurz mit dem Wohnnngs- und S i e d l u n g s p r o b l e m und der Auf wertungsfrage. Der Landesvorsitzende gab eine Uebersicht darüber, welche Vorschläge zur Zelt auf dem Gebiete des Sied- lnngswesens gemacht werden und wies darauf hi», daß die Schwierigkeit auch auf diesem Gebiet das Problem der Kapital beschaffung sei. Eine größere Geldflüssigkeit, wie sic als Folge der Dawes-Anleihe z» erhoffen sei, könnte die Lösung der Woh nungsfrage ein gutes Stück vorwärts bringen. Zur Anf- wertungsfrage wurde darauf hingewiesen, daß ein Mit glied des Hypothekengläubiger- und Sparerverbandes ans der Reichsliste der Zentrumsparlei steht und daß dieser Verband die Stimmabgabe für das Zentrum direkt empfiehlt. Der Landcsvorstand sprach dem Lcmdesvorsitzen.den Dr. Flügier und dem Generalsekretär der Sächsischen Zentrums partei, Dr. Desezyk, Dresden, einsiimmig das B ertrauen aus. Wirkung dieses nach ihrer Ansicht für die weitere Entwickelung Oesterreichs einschneidenden Ereignisses gipfeln in der Feststel lung. daß Seipel schließlich das Opfer des Gegensatzes zwischen Bund und Ländern in der eigenen Partei geworben sei. Die voraussichtlich neue christlich-soziale Regierung werde in iiincn- uiid außenpolitischer Beziehung einen sehr schweren Stand haben. Seipel werde aber in seiner Eigenschaft als Obmann der ch r i st l i ch s o z i a l e n Partei glücklicherweise auch weiter hin ausschlaggebenden Einfluß auf die Politik behalten. — Die Arbeiterzeitung sieht den Ausgangspunkt für Seipels Sturz, wie sie seinen Rücktritt bezeichnet, in der von Seipel in Gens angenommenen Beschränkung des Budgets auf 4Üö Millionen Krönen Die dadurch nötig gewordenen einschneidenden finan ziellen Maßnahmen hätten den Widerstand der hart betroffenen Länder hervorgerusen. Ueberflüssige Steuern Auch die Oktoberübersicht über die Einnahmen des Reiches zeigt einen erheblichen Ueberschuß der Einnahmen über die Aus gaben. Es sind allein an Besitz- und Verkehrsstencrn nicht weniger als 73 Goldmillioneii vereinnahmt worden, und dazu kommen »och aus dem Ertrag des Lohnabzuges etwa 8 Gold- »lillionen. Aus einmaligen Steuern wurden gegenüber einem Septembereingaiig von 4 Millionen im Obtober 18 Millionen, also nicht weniger als 14 Goldmillioneii Ueberschuß erzielt, und auch die Zölle und Verbrauchsabgaben erzielten einen Ueber- schuß von etiva 4 st! Millionen. Nach Abzug verschiedener Ueber- weisungen sind im Monat Oktober gegenüber dem Monat Sep- tember nicht weniger als etwa 7ü Goldmillione» mehr an Steuern erzielt worden. Das zeigt, daß wir noch viel zu viel Steuern haben. Es zeigt aber auch weiterhin, daß der durch die letzten Kabinetts- beschlüsse in Angriff genommene Abbau der überflüssi gen Steuern noch lange nicht ausreichend ist. Die Steuern sind auch heute noch viel zu hoch und viel zu reichlich und mit der dringend notwendigen Reform unseres gesamten Steuer- ivesens muß entschlossen eingesetzt werden. Das Problem der BeKMtenbMmN Von Eisenbahiuiispektor Theodor Klein, Münster i W. Es wird nachgerade die allerhöchste Zeit, daß die deutsche Beamtenschaft sich van der veralteten Auffassung sreimacht, als ob die theoretische Entwicklung des Beamten eigenilich mit seiner Vorbildung abgeschlossen sei und se'nc Weilerbil dung dann nur noch durch praktische Betätigung erfolgen, könne. Es muß der Beamte vielmehr heutzutage das ernste Bedenken haben, an die theoretische Vorbildung unbedingt mich eine theoretische Weiterbildung anknüpsen zu lassen. Gerade in der Gegenwart hat das Beamtenbiioui'.gsproblem eine Bedeu tung. die noch weit über dasjenige hinausgeht, was früher van ihm zu erwarien gewesen wäre. Denn bekanntlich ist das Be dürfnis der Umwelt umso größer, je stärker auch die Wand lungen der Umwelt sind. Soll die Beamtenschaft nicht Himer ihnen znrückblsibcn, so muß sie von ihnen in nicht blaß spie lerisch oberfiächlicher, sondern cnisthaft-eindringUcher Weise Kenntnis erhallen, um ihre dienstliche Belästigung in eine,» in neren Gleichgewicht mit der Wirklichkeit der sie nmgebc.iden Erscheinungen zu halten. Nur wenn jeder einzelne Beamte das für seine Sicklung erforderliche Wissen voll beherrscht, kann er auf seinem Pagen für die Allgemeinheit Vollwertiges leisten, nur dann wird es möglich sein, die in der Zeit unserer heniigcn Fincrnzmisere mit einem verhältnismäßig stark verminderten Personalappara! zu bemäliigeiidcn Ausgabe» befriedigend zu lösen und ohne Schaden für das Ganze durchzusühren. Dieses »ölige Wissen kann zu nächst nur erworben werden durch enlsorechende gründliche Vor bildung: cs muß aber dann im Anschluß an die gerade in unserer Zeit mit Riejengeschwindigkeit sich ningestaltcnden und stets neu- formenden Lebensverhällmsse und Forschungsergebnisse ständig erweitert werden durch regelmäßige Fortbildung. Der Beamte — und zwar nicht nur der höhere, sondern gerade auch der mitt lere Beamte, der nach der bisher ückichen Art seiner Tätigkeit der Gefahr der Verknöcherung und Mechanisierung viel leichter ausgcsetzt ist als jener —, der diesen Bildimgssordernngen nicht genügt, erfüllt die Anforderungen seines Amtes heute nicht mehr. Die Beaintcnbiloungssrage ist früher viel zu eng nur als eine Frage der Ausbildung behandelt worden. Zur Erhaltung und Verliefnng der erworbenen Kennlnisse waren rbenso wie für die Fortbildung in neu entstandenen Wissensgebieten — wenn überhaupt — nur mangelhafte Vorkehrungen getroffen. Es ist in dieser Hinsicht in der leisten Zeit zivar manches besser geworden, insbesondere auch durch die Einrichtung besonderer Bttdungsdezernate bei den einzelnen Verwaltungen. Topisch ist allerdings, daß diese Dezernate bei der Reichsbahn, bei der ihre Existenz mit Rücksicht aus die inzwischen erfolgte Umstellung des Ressorts und die dadurch bedingte anders geartete Struktur des Unternehmens eine geradezu zwingende Notwendigkeit wäre, inzwischen wieder abgebaut wurden. Es muß gerade in unserer Zeit der Um- und Neubildungen für befähigte initiiere Beamte ein regulärer Bildungsweg — auch zum Aufstieg in die höheren Stellen — ermöglicht werden. Eine neue Staatsform, die der Beamte nicht nur mit seinem Wollen besahen, deren staatsrecht liche Konstruktion er vielmehr bis ins einzelne hinein auch genau kennen und verstehen muß, eine völlige Um wertung des gesamten Wirtschaftslebens und seiner Lehren, eine dementsprechende Neugestaltung fast der gesamten Verwa'ckngs- nud Steuergesetzgebung, die Reform unseres Gerichtswesens — alles das sind Dinge, mit denen auch ein durchschnittlich Gut- befähigter sich nicht nur nebenbei, aus Grund ihm zufällig in die Hand kommender Materialien, ausreichend vertrant macken kann, für die er vielmehr eine regelrechte wissenschaftlich» Ein- sührnng nötig hat, die ihn ein tieferes Eindringen und die da mit für sein Amt erforderliche Beherrschung des neuen Stoffes ermöglicht. Man kann sicherlich berechtigte Zweifel hegen, ob das Uebermaß von Gesetzen. Verfügungen. Verordnungen. An weisungen und sonstigen Erzeugnissen der Gesetzgebung-'!!unst. mit denen unser Volk und unser Zeitalter gesegnet ist. gerecht fertigt und gut ist. Aber es ist min einmal da, und schon die An'gäbe, sich in diesem ungeheuren Stoff zurecht zu sinden. erheischt eine geistige Schulung, die wiederum nur durch das Zurückgehen aus die theoretischen Grundlagen gewährleistet wird. Und wenn der deutscip: Staatsbürger l>eute gezwungen ist, weit häufiger als früher sich an den Beamten z» wende», sich seinen Anordnungen zu unterwerfen, seiner Leistung anzuvertrauen, so wird das Verhältnis zwisciren Bürger und Beamten nur dann ein gutes sein können, ive-nn erstcrer weiß, daß letzterer seinen Umgaben auch im Wechsel der Boraussetzungen stets geivachsen bleckt. Somit muß auch die Dollisgesamtheit l>eutziitage ein prominentes Fisteresse cm der Befriedigung jenes urgesunden Bildungsstrebens in der deutschen Beamtenschast haben. Es soll nicht verbannt werden, daß durch di« Gründung von Vcrwaltuugsakademieii in verschiedenen Provinzstädten schon vieles zur Förderung der Beamtenforcktldung geschehen untz' manches erreicht ist. Das meiste bleckt aber noch zu tim übrig. Das ist naturgemäß ck erster Ante Ausgabe der Beamten leckst^