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Nummer 65 — 27. Jahrgang Grichfini »m»> wSckeiui. «t» den tllullr. »rat>»»«Ua,en .Dt» >,»- »nd ,güe um«« klemen Leu»»' «o»i» de« Leubetlagen ! nmo-Matt'. .Unlerdeltung und vlslen' ,D«e N>e» der grnu' .«»rillicher Ratgeber' .Da» «ule Buch' .gllmr,,»». ilbau'. Manaillcher Bezugsvret» S MI. eliilid». ^»Itellgeld. »mzelmanmer N» 4 Sonnabend. u. Sonnlagnnmmei 4. Hau» chr >UeUer- De <S. D«»e»tzk. Dkeddeu.' SüchMe Sonnabend, den 17. März 182L «e»Ia«»»r», Dredden A»»et,»«»»-t»«> Dt« igemaiien» ventjeue »«» 4.zamlNea« anteige» und S«elleiig«>u<»>e itv Die BeuileklamezeU«. 8« Millimeter breit. I Vffer engeblibr Stt -1 Im Hall« »»derer »eivalt eriilcht ,ede Servil,ch'ung a»k Ltet'rnn« >o»t« »driülliiiii v Ai,<eiqen-ilii>ir»aeii ii. Leiitang v Schadenernitz« »«lt-Stiluyer L»U Ariur Lenz, Dresden. . 1 llolfsseuuna wei-daNSNell«. LraO « Verlag: c»eema,na «.<». liir «erlag undDn»terei,^ilialeDrr»de». DreSde».«.». > Palierllrage>7. ff»rnn»v>0»2. Powidelkionlo Dresden Santtonto «««»»»»"' Dre»t>,n 1>, am« Für christliche Politik und Kultur Dresden Redakt«»» »er Saidsls»«» «alkSzeltun- «den-Sllltadi l Polle,ilrai,e i/. Zernnn Mlt »,,t> ,in VilsudsNs Varlameurarlsmus (Von unserem Vertreter.) l>. I. Warschau. <2. März. Di« polnische Volksvertretung hat ihre Zusammen stellung gefunden Sejm und Senat sind gebildet und di« innerpolitische Kräfteverteilung ist zu bestimmtem Ausdruck gelangt. Noch lastet aber über dieser jungen parlamen- tarisäzen Neugruppierung die peinliche Ungewißheit der Möglichkeiten ihre Kräfte spielen, sich auswirken und zur Leitung komme,» zu lassen. Die jüngste Vergangenheit des polnischen Parlaments war trübe und hart genug, um naive Hoffnungen auf eine grundsätzliche Aenderung im kärglichen Daseinskämpfe des polnischen Parlamentswesens zicht zu hoch steigen zu lassen. Immerhin ist vorläufig ein wichtiger Posten gewonnen. Pilsudski hat sich -- wenn auch aus seine gewohnte eigenartige, etwas ursprüngliche Weise - eine Art Volksvertretung doch wieder zurechtgehauen. Noch vor einem halben Jahre schien es, als ob der Marschall noch Ablauf der Parlamentskadenz die lästigen Restornamente einer parlamentarischen Verfassung durch ein einfaches Nichtzulassen der Neuwahlen endgültig be seitigen werde, um die suggestive Ironie seiner erfindunas- reichen demokratisch-diktatorischen Regierungsiormen nicht frühzeitig abzunützen. Allein die Tastache also, daß Pil sudski Nculvahlen gestattete, bürgt gewissermaßen für den Willen des Marschalls, mit einem neuen Sejm manövrieren zu wollen, und zwar, wenn nicht alle Anzeichen trügen, nicht in der alten Aufmachung sublimer Verachtung, sondern in einer Neuinszenierung, die vielleicht sogar formell normalen demokratisch-parlamentarischen Prinzipien recht nahe kommen dürfte. Pilsudski hat gewiß seit jeher besser verstanden, den Säbel zu führen, den ihm das Erbe seiner Legionen in di« Faust gedrückt hatte, als die zerbrechlichen Schachfiguren der Innenpolitik zu setzen, die ihm sein Jndividualregim« ausgestellt hatte. Es läßt sich aber nicht leugnen, daß er nach langem Schütteln und Sieben heute in das Kaleido skop der innerpolitischen Kräfteverteilung in Polen ein« »ehr geschickte Farbenharmonie gebracht hat. Eine Farben- Zusammenstellung, deren vielfältige Nuancierung ihm die Möglichkeit der Kontrolle läßt, deren Extreme sich in seinem Lager berühren und mit Hilf« dieses Lagers jeweils zur Geltung gebracht werden können. Der Block Pilsudskis ist ein Konglomerat der ver- ghiedenartigsten Elemente von den katholischen und konser vativen über die militärischen zu den liberalen und radi kalen Kreisen, immerhin aber ein Gefüge, das durch den zähen Kitt der überragenden Position PilMskis selbst Bin dung erhält. Ta der Regierungsblock voraussichtlich im neuen Parlament sowieso nicht die Möglichkeit hat, stets geschlossen aufzutreten, sondern sehr bald in ein« lockere, fallweise Trennung der einzelnen Gruppen sich verteilen dürfte, kann Pilsudski kraft des Einflusses innerhalb seiner Partei jeweils der Linken oder Rechten das erforderliche Übergewicht aus der Schar seiner Getreuen verschaffen. Wenn auch die starke Verschiebung des gesamten pol nischen Parteiwesens nach links gewissermaßen eine ein heitliche Radikalisierung versinnbildlicht, so sind die Gegen sätze innerhalb der einzelnen Parteien resp. Parteiblocks, so- wohl untereinander als gegenüber der Regierung, doch so bedeutend geblieben, daß Koalitionen nicht zu erwarten sind. Andererseits scheint aber die vorwiegend radikale Einstel lung des Regierungsblockes selbst eine zeitweise Anleh nung an die Partei der Sozialisten und „Wyzwolenie" zu ermöglichen. Man kann demnach im neuen Sejm mit einer dem polnischen Parlament unter Pilsudski — wo es nur um Cich-llnterwerfen oder Brechen ging — unbekannten ge legentlichen Kompromißtaktik rechnen. Weit gefehlt wäre es iedoch, aus dem starken Links- Übergewicht des Wahlergebnisses und dem Verluste der Rechten auf eine absolute Radikalisirung auch der polni schen Innenpolitik selbst zu schließen. Obwohl die Rechte nur mehr verschwindende Kräfte auf die Eegenschale zu wersen hat, so gibt es doch ein Moment, das vollkommen genügt, das Gleichgewicht nicht nur zu halten, sondern auch jeweils zu verlegen. Pilsudski, dessen erbittertster und zähester Gegner die nationale Rechte blieb, ist nämlich seit dem Maiumsturz zunehmend konservativ geworden. Es scheint eine Modekrankheit der Diktatoren zu sein, daß sie ihren Ausgang aus dem Lager der Linken nehmen, um auf dem Gipfel der Macht gründlich die Farben zu wech seln. Pilsudski hat seine ehemaligen sozialistischen Partei genossen fast berechnend enttäuscht und im Kampfe gegen die Rechte selbst den konser»ativen Gedanken neu aufge baut und stch angeeignet. einen Begriff, der sich ja zwangs läufig nach jeder dauernden innerpolitischen Umwälzung verschiebt und neu geboren werden muß. Von einigen überraschenden Ausfällen abgesehen, war Pilsudski seit Be- stehen seines Regime» bestrebt, die konsorvativen Kreis« kine Me Wim llil WM Deutschland bricht die NZirtschaftsverhandlungerr ab — Abreise sümtticher deutschen Ingenieure und Techniker aus Ruhland? Di« heutig« Nummer enthält da, S« Venn». Blatt, -onntagsblat« kür die Diözese «ritzen. Berlin, 16. März. Das Reichskabineti hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit der Lage beschäftigt, die durch die Verhaftung der deutschen Ingenieure und Techniker iin Donez- Gebiet entstanden ist. Der deutsche Botschafter in Moskau ist beauftragt worden, die Sowjetregierung um sofortige uno genaue Aufklärung darüber zu bitten, welche konkreten Beschul digungen im einzelnen gegen die Verhafteten erhoben werden und ivelcl-e Beweise für diese Beschuldigungen oorliegen. Zu- gleich wird in Moskau aus Grund der bestehenden Vertrags bestimmungen die Forderung gestellt werde», das; dem zustän digen deutschen Generalkonsul m Charkow gestattet wird, die verhafteten Reichsangehörigen zu besuclzen. Ferner hat der Reichsautzeiiminister den hiesigen Sowjet- dotschafter auf die Erregung hingewiescn, die der Zwischenfall in der deutschen Oessentlichkeit, namentlich in den am Wirt schaftsverkehr mit Rußland beteiligten Kreisen, hervorgerusen hat. Er hat dem Botschafter mltgeteilt. daß es insolg« der durch den Zwischenfall geschossenen Sachlage an einer der wesentlich sten Voraussetzungen für «ln geöeihliches Ergebnis der zurzeit im Gange befindlichen Wirtschastsbesprechungen sehle und daß di« Reichsreg erung es deshalb silr geboten halte, diese Be sprechungen bis auf weiteres auszusetzen. Die Regierung hoffe jedoch, daß durch schnelle Beilegung des Zwischenfalles eine Grundlage für die baldige Wiederaufnahme der Vesvrechunaen geschaffen werde. Der Reiclfsaußenminister Dr. Stresemaim hat heute nach mittag im Auswärtigen Amte eine Besprechung mit dem hie sigen russischen Botschafter Krestinski gehabt, in der er diesen von den erwähnten Beschlüssen des Reichskabinetts in Kennt nis setzte. Die Unterredung fand ohne Hinzuziehung anderer amtllä)«r Persönlichkelten stall. Der Außenminister infor mierte den russischen Botschafter über die Auffassung des Reichskabinetts und teilte ihm mit, die deutsche Regierung müsse verlangen, daß di« Verhafteten nicht abgeschlossen oleiben, sondern das es ermöglicht werde, mit ihnen in Ver bindung zu treten. Weiter ül>«rmittelte er dem Botschafter die Forderung, daß über die von den russischen Stellen erho benen Anklagen ins einzelne gehende Aufklärung gegeben werde. Endlich erklärte Dr. Stresemann. es sei unbedingt not wendig, über die angeblichen Unterlagen, di« zur Verhaftung deutscher Techniker geführt haben. Aufschluß zu erteile». Wie dem „B. T." aus Moskau berichtet wird, ist das von der amtlichen Smvjetagentur übermittelte Telegramm, das die Fortsetzung des Verfahrens gegen die verhafteten deutschen Ingenieure airkündigt, als Ausdruck des Regierungs standpunktes airzusehsn und ivirft die Tür vor der letzlen »och vorhandenen Möglichkeit zu. -ie Angeklagte» vor Untersuchung zu sichern und die deutsch-russischen Beziehungen vor einer ernsten Belastungsprobe zu bewahren. Es wäre »c.a-t- sinnig und ein Beweis falscher Einstellung zu den russischen Verhältnissen, »venu etwa in Deutschland nicht mit voller Be stimmtheit auf die Erhebung der Anklage jetzt schon gerechnet würde. Die verhasieten Ingenieure befinden sich im Gefäng nis in Rostow am Don. Die Bemühungen der Vertreter der AEG., die von dem einwandfreien Verhalten ihrer Ingenieure ebenso überzeugt sind, wie die gesamte deutsche Oessentlichkeit, sich mit den Verhafteten in Verbindung zu setzen, blieben bis her erfolglos. Diese Sachlage dürste nach dem üblichen Ver fahren der Gerichtsbehörden bis zum Abschluß der Unter suchung bestehen bleiben. Diese Vorgänge haben in den Kreisen der deutschen In- dustneoertreter allergrößte Beunruhigung hervorgerusen. Es ist zu erwarten, dak nun nament'ich unter dem Eindruck des Abbruchs der deutsch-russischen Wirtschastsbesprechungen. d>« deutsche» Industrievertreter fast sämtlich Rußland verlassen werden, da «ie bei der Verschärfung der deutsch-russischen Be ziehungen naturgemäß stündlich befürchten müssen, ähnliches zu erleben, wie ihre in Untersuchungshast aenommenen Kollegen. Klagen -er russischen Presse Kowno, 15. März. Wie aus Moskau gemeldet wird, befaßt sich die heutige „Prawda" mit dem Bürokratismus innerhalb der somjctisti- schen Staatsordnung, den sie auch für die letzten Ereignisse im Kohlenrevier Schachly verantwortlich macht. Der Bürokra tismus, ein Ucberbleibsel aus der Zarenzeit, habe es bisher dem Bolschewismus unmöglich gemacht, einen vollen Sieg zu erringen. Gerade diesen Umstand nützten die gegenrevolutio- närcn Kräfte aus. um das sozialistische Gebäude init einem Schlag« zu zerstören. Der Ansang sei bereits im Süden der Sowjetunion, im Kohlenrevier Schach ly, gemacht worden. Ein weiterer Grund für die letzten Ereignisse liege darin, daß zu wenig kommunistisch gesinnte Spezia listen vorhanden seien und die Sowjclregicrung deshalb beiin Ausbau der Industrie aus die alten, im bürgerlichen Geist er zogenen Ingenieure angewiesen sei. Dazu komme noch, daß der Bürokratismus die Kontrolle der alten Spezialisten durch die arbeitend« Klasse verhindere. Diese Fehler könnten nur be hoben werden, »venu das allgemeine Bildungsniveau gchoben würde. seines Landes zu fesseln und zur Mitarbeit heranzuziehen. Letzten Endes verdankt er dieser Taktik auch die Krönung seines Wahlerfolges Die Chancen der dem neuen Sejm zur Abwicklung be reits vorliegenden Hauptfragen heute schon abzusehen, ist undankbar. Bereits die drei von Pilsudski angestrebten Verfassungsänderungen erfordern, sollen sie nicht neuerlich -u einer Brüskierung des Sejm führen, Kompromisse. Es handelt sich bekanntlich um die Erweiterung der Reckte des Staatsprastdenren, die Emichraniung der wuniiterverant- wortlichkeit (nur mehr vor dem Staatspräsidenten) und die Wahl des Staatspräsidenten direkt durch das Volk. Die ersten zwei Punkte können auch gegen teilweisen Widerstand der Linken mit Hilfe der starken Zentrumskräste des Re gierungslagers und mit teilweise» Kompromissen erledigt werden. Die Wahl des Präsidenten durch das Volk stößt natürlich nach wie vor auf den gleich harten Widerstand der Rechten, während sie von der Linken und den Minori täten lebhaft propagiert werden. Der Widerstand der Rechten ist verständlich, wenn man bedenkt, daß infolge ihrer so sehr geschwächten Position bei einer Präsidenten wahl durch das Volk stets den 30 Prozent starken Minori täten der Ausschlag Vorbehalten bleiben muß. Einen steten Gegensatz zwischen Pilsudski und der Rechten wird weiter hin seine Außenpolitik bilden, die, sofern sie in den gleichen gemäßigten Bahnen sich bewegen soll, niemals der nationalen und nationalistischen Recken genügen wird. Hingegen wird Pilsudski bei Erledigung von kulturellen Fragen infolge seiner konservativen Taktik stets mit dem Widerstand der Linken rechnen müssen. Vor allem kommt hier in Frage die Erledigung der ausstehenden Entschädi- gung für das von Rußland enteignet« Kirchengut im Werte von 3 Milliarden Zloto 18 24 des Konkordats). Es ist feststehend, daß hierbei Pilsudski nach Möglichkeit der Kirche entgegenkommen wird, um die frisch gewonnenen katholischen Kreise nicht frühzeitig abzustoßen. Ebenso wird Pilsudski auch gegen die Linke weiterhin bestrebt bleiben, die Agrarreform so gut als möglich auszujchalten oder doch nur äußerst bedingt Anwendung finden zu lassen, um sein Verhältnis zum konservativen Großgrundbesitz, dessen Füh rer ja an erster Stelle in seinem Lager stehen, nicht in Defabr zu bringen. Was die Stellung der Minoritäten im neuen Sejm »etrifft, so ist hier vorerst eine greifbare Wandlung kaum »nzunehmen. Wenn auch die gestärkte Linke eine Belebung )er bisher recht mäßigen Unterstützung der Oslminoritäten ron sozialistischer Seite vielleicht erhoffen läßt, so ist vorerst veiterhin mit ihrer absoluten und unbedingten O p p o s i t i o n zu rechnen. Die deutsche Minderheit sieht ich durch ihre erhöhte Mandatszahl gestärkt, jedoch ist auch hier nach den bisherigen Erfahrungen wenig zu erhoffen. Oie Behauptung, daß die Deutschen Polens, wenn über haupt, so nur mit einer Pilsudski-Regierung arbeiten sonnen, hat gewiß ihre Berechtigung, bleibt aber ein illuso rischer Begriff, solange das Regime Pilsudski an über lieferten Härten, wie beispielsweise Erazynski in Obcr- chlesien, festhält. Gerade hier aber eine Aenderung zu er warten. wäre mehr als verfrüht, da Wojewode Gra ynski xr Regierung durch seinen Erfolg gegenüber Korsanly wertvoll geworden zu sein scheint. Die erste unmittelbare Probe wird die Elastizität des neuen Sejms jedenfalls bei der Behandlung der vorliegen den restlichen Dekrete abzulegen haben Es sei nur an di« scharfen Pressedekrete erinnert, deren Erledigung mit Rück licht auf die starke Linke ohne erhebliche Kompromisse so wohl von Reaierunas- als auch von sozialistischer Seite un- i