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und V^1886N ^skrxsnx 1928 Aus -em Zrchatt. Margaret« Maraffe: Knnstgewerbe der Azteken, -rotes Georg Oberkofler: Lied der Heimat. Auni Tremel-Eggert: Am Ziel. Walter v. Rummel: Der Kontrebandewagen. M M. Vos: Das Fest des Mondes. KE Krack: Vorläufer der Zeitungsanzeigen. Franz Tingie: Abenidgang. Kunstgewerbe der Azteken Die Mutter aller nützlichen Künste ist die Not. Sie zwingt zu Erfindungen, die bei sämtlichen primitiven Völ kern den gleichen Stempel tragen. Der Dreifuß, der roh gebrannte Kochtopf, der Wasserkrug, das Steinbeil, Jagd gerät und Nohrflöte, Tongefäße in Form von Tierfiguren, sie alle weisen bei den verschiedenen Raffen der bewohnten Erde die gleichen Elemente auf. Anders steht es mit der Bekleidung des menschlichen Körpers. Hier heißt es, mit dem Klima zu rechnen, mit den Störungen, welche die unerbittliche Natur verursacht. Der Eskimo trägt Fellhosen und Schneeschuhe, die Be wohner der Tropen ärmellose Hemden aus Baumwolle oder Agavefasern. Die Nackten kleiden, lautet ein biblisches Gebot. Dieses Gebot, fest gewurzelt bei allen Kultur völkern. entwickelt das Formgefühl und schafft Umhüllun gen, welche folgerichtig die Färbung des Bodens, auf dem sie entstehen, annehmen. Die künstlerische Phantasie bei der Herstellung der Textilien kam sehr früh zum Ausdruck. Die Naturvölker probierten, bis sie Hohes erreichten, und was sie Schöneres hervorzubringen gewußt, wirkt fort von Jahrhundert zu Jahrhundert. Die Azteken, dieses alte Kulturvolk auf dem Hochtal Mexikos, verstanden es vortrefflich, zu weben, und in die Baumwolle eigenartige Muster einzufärben. Als Farbstoff diente ihnen unter anderen das leuchtende Karmoisin aus der Kochenille dieser kostbaren Kaktusschild laus, die aus Mexiko m Europa eingeführt wurde. Der Historiker Prescott berichtet, daß die Eingeborenen im stande waren, Baumwollstoffe mit dem feinen Haar der Kaninchen und anderer Tiere zu durchweben, woraus ein warmes, schönes Tuch entstand, das dann durch reiche Sticke reien von Bögeln, Blumen, seltsamen Motiven verziert wurde. Derselben Quelle entstammt die Beschreibung vom Prunkmantel Montezumas, mit welchem unglücklichen Herr scher die Königsreihe der Azteken geschloffen wurde. Er trug einen weiten viereckigen Mantel, der ihm an den ge stickten, in einen Knoten geschürzten Zipfeln um den Hals hing, und der ebenso wie die Halbschuhe mit Perlen und kostbaren Steinen besetzt war. Sein Haupt zierte nur der königlich grüne Federbusch. In die „Herren"-Mäntel wurde auch ein Mosaik von Federn eingeknüpft, doch wurden diese nur den Männern des Beamten- und Kriegsadels zuge billigt. Die arbeitenden Weiber begnügten sich mit weißen sackleinenartigen Röcken und Hemden, während sich die vor nehme Frau mit reichverzierten Gewändern, Halsketten und Harrgeschmeide schmücken durfte. eDrartige im Codex Mendoza festgehaltenen Frauengestalten, sowie weibliche Regief-Figuren auf alten Steinen, dienen nicht nur als Quelle des historischen Studiums, sondern sie beweisen auch den hohen Stand des Kunstgewerbcs in Mittelamerika Es handelt sich hier natürlich oft um Eötterdarstellungen, diese aber tragen mit Notwendigkeit den Charakter der Wahrheit. Die Götter erscheinen immer menschlich, ihr Ge bühren gibt ein Spiegelbild der Wirklichkeit. In vielen Gegenden Mexikos findet der Forschungs reisende noch heute die gleiche Tracht, wie sie in den alten Bilderschriften veranschaulicht wird. Die Kleidung der Frauen dieser konservativen Raffe besteht aus drei Stücken: Aus einem Hemd mit einem Loch zum Durch stecken des Kopfes und Löchern für die Arme, die häufig nackt sind, aus dem Hüfttuch, das oft bis zu den Knöcheln herunterreicht, auch zuweilen an den Seiten zusammen genäht ist, so daß ein wirklicher Rock entsteht, und einer Binde, einem Gürtel, der das Ganze zusammenhält. Die Kunst der Aztekenfrau in der Technik der Weberei, Spinnerei und Stickerei mußten die Spanier, die als rück sichtslose Eroberer der alten Kultur ein Ende bereiteten, ohne weiteres anerkennen. Montezumas Frauen, deren er Lied der Heimat Sie singen das Lied nicht der Heimat, Die vielen, die ihr Spiel schlagen. Wisset, dies ist das Lied der Berge: Treu meinen Vätern, der Scholle treu, Treu meinem Weibe und Gott. Schön ist di« Wiese, ein Tummelplatz Den Arbeiten freudiger Menschen. Gott läßt dazu Die Wnide Waldhörner blasen Und schickt seine Wolken, Die hurtigen Segler, Durch das Gebirge her, An unseren Höfen zu landen Die Wolle flockigen Schnees, Die Fracht prasselnden Hagels Oder des Regens strömende Fülle. Immerzu tragen Sonne und Mond Die goldenen Eimer, Ueberquellend von Licht, Und schütten fie aus Hinab in den uralten Bronnen Der unergründlichen Seele. Unserer Höfe Gemarkung Und des Weibes Umfriedung Schlingt einen ewigen Ring um uns, Leuchtend vom Spiel der Kinder. Laßt uns singen das Lied der Heimat, Ihr Rufer der Berge und Ebenen: Treu meiner Väter, der Scholle treu, Treu meinem Weibe und Gott!*) lJosrph Drorg Olxrloll», „Triumph dir Heimat" Josef Kijsrl L friedlich Pustet.) ungezählte besaß, beschäftigten sich in ihrem Harem äußerst geschickt mit der Herstellung zierlicher Federarbeiten, zu denen ihnen die königlichen Vogelhäuser reiches Material lieferten. „Diese Begabung ihrer Ahnmütrer ist auf die jungen Indianerinnen bis heute vererbt worden", sagt eine bekannte Forscherin und Mitarbeiterin ihres Gatten, „denn sie sind in allen weiblichen Handarbeiten sehr ge wandt und geschickt". Diese Begabung betätigten sie auch nach Einführung des Christentums und ihrer Ausbildung in den Klosterjchulen. Sie stickten die Gewänder der Heili gen, Altardecken, Meßgewänder, nach. Die alten Muster, zu denen es keine Vorlage gab, traten in den Hintergrund, doch wiederholte man sie nach dem Gedächtnis auf Tüchern, Binden und um den Halsausschnitt, man gestaltete sie um und erfand sie frei aufs Neue. Die oben zitierte Samm lerin wandte sich zur Kritik einiger Stücke ihrer Sammlung an einen Fachmann des Kunstgewerbes, aus dessen Urteil ich hier einige Sätze wiedergebe: „Die einzelnen Arbeiten scheinen nach gewissen Motiven hergestellt, wie sie in Deutschland, Italien und Spanien das ganze Mittelalter hindurch infolge großer Einfuhr orientalischer Seiden gewebe bei Arbeiten der Stickerei wirksam blieben. Hierzu gehören Vögel, meist Adler, Flügelpferde und Löwen in Wappenstellung zu beiden Seiten des sogenannten Lebens baums. Aehnliche Motive kommen auf den sogenannten Abruzzendecken vor. Von den Sachen der Indianer ist besonders interessant eine Arbeit mit breitem Bruststück in Blau und Rot. Der Halsausschnitt hier ist umgeben vom Körper eines großen Adlers, dessen Kopf und Hals für den Kopf und Hals der Trägerin ausgefallen ist. Diese großen Adler kommen be sonders auf spanischen Geweben des 12. und 13 Jahr hunderts vor. Die kleinen, gegenübergestellten Adler und Tiere unter den Flügeln und die Flügelpferde aus den unteren Streifen sind bereits völlig nach eigenem Gut dünken stilisiert. Sehr charakteristisch für die eigene Auf fassung scheinen auf einem der Tücher die in Reihen ange ordneten Tiere. Sie zeigen gewisse, in unserer Auffassung humorvolle Gestaltungen, die in dieser Art in Spanien sicher nicht vorkamen." Aus Vorstehendem geht hervor, daß ein Können wohl zu sinken, nicht aber zu sterben vermag, und daß, da nun einmal schon alles dagewesen auf diesem Erdenrund, eine Anlehnung in kunstgewerblichen Dingen oft Schönes, Neu geborenes hervorbringt. Die Kunst herrscht eigenmächtig, großzügig im weitesten Gebiet, das Handwerk w'rd gelernt und durch Beschränkung erworben. blsrgarsle diarns«« Froben-Ausstellung in Basel. — Zur cFier des 100. Todes tages des Johannes Froben ist im Gewerbe-Museum zu Basel eine Ausstellung der Werke des bcrühnrtcn Renaissancedruckers veranstaltet worden. Froben, zu Hammelburg in Franken 1160 geboren, wurde 1190 Baseler Bürger und gründete 1191 eine eigene Druckerei, deren erster Druck eine lateinische Bibel war. Er arbeitete mit Auerbach zusammen, war mit Erasmus be freundet und entdeckte Hans Holbein als Buchkünstler. Die Aus stellung umfaßt 70 Bände aus dem Besitz der Basler Universitäts bibliothek und zahlreiche Blätter aus dem dortigen Kupferstich kabinett. Am Ziel Die Geschichte einer Mutte,. Von Kunt Tremel-Eggert. (Schluß.) Und siehe, da blühte neues Hoffen aus Trümmern. Der Junge aber schritt über die Wiese zum Wald und sah den Baum, der den Vater erschlagen, und als er nach Stunden heimkam, legte er dem treuen Toten einen Feldblumenstrautz auf di« Brust, der leuchtete in der stillen Kammer als der letzte Trutz des vertrauten Weges. Die Augen aber dessen, der ihn brachte, waren tief und voll Willens. Stille Wochen folgten, in denen Wunden anftngen zu ver narben, dann sah wieder einer über den Büchern und lernte und lernte und staunt« oft, wie die Zeit verrann. In seinen Briefen erzählte er seiner Mutier von seiner Arbeit und von den Menschen, mit denen er zufammenkain. Da war ein Bub, ein lieber «der leichtsinniger Schlingel, dem muhte er Nachhilfestunden geben. Der hatte ein« Schwester, di« sah aus wie Frau Eva in alter Zeit, krause, braune Haare und lustig«, lachende Augen hatte sie. Mit der sprach er oft von ihr, seiner Mutter. Als Frau Eva da» las, saß sie lange still, und ihre zerarbeiteten Hände ruhten in ihrem Cchoß. Wieder rannen die Wochen — für ihn so schnell — so lang sam für di« einsame Frau, di« sich müde fühlt«. Wie lang war so ein Arbeitstag und länger — länger noch die Nacht, die ihm folgte. O, in diesen Nächten erkannte sie alles. Sie war fertig. Drr Baum, der den Vater erschlug, traf auch sie, ihre Krone war zersplittert, da innen war etwas entzwei, das heilt« nimmer. Und dann das ander«. Zunge, frisch« Weiber waren Im Dorf, di« rissen sich um die Arbeit und schwangen lachend «nd mit kräftigen Armen dt« Hacken. Sie aber keucht« hinter ihnen drein, und mit Müh« nur be hauptete sie sich und hielt sich auifrecht. Und wie st« wieder einmal bi» auf die Haut durchnäht heimkam, da jagte in der gleichen Nacht noch dos Fieber durch ihr Blut. Ein paar Tage lag sie allein, dann fanden sie sie und holten den Doktor trotz ihrem Widerstreben. Lungenentzündung war's. Wie sie aber davon sprachen, datz sie dem Ferdinand schreiben wollen, da bat und bettelte sie so. bis sie davon üblichen. Und in ihren Fieberanfällen sprach st« »och davon, sie sollten dock) gescheit sein und ihren Buben, der kurz vor dem Examen stand, nicht unglücklich machen. Ob sie es nicht mühte, daß es nur noch Wochen dauert, Wochen. Ein altes Weiblein mit einem barm herzigen Herzen sah «in paarmal nach ihr.- Sonst lag sie allein. Die Leut hatten jetzt in der Ernte keine Zeit zum Krank sein und kein« für Kranke. Hie und da brachte ihr jemand etwas zu essen — das war alles. Aber als seien stählerne Kräfte in ihr, so ritz es sie wieder auf. Sie ging in ihrer Stube hin und her und ging ins Dorf. Nur an die Arbeit ging fie nicht — st« konnte nicht. Sie dachte — nur noch «in paar Wochen und las sich das halbreife Obst auf, das von den Bäumen fiel. Das ah sie gekocht und roh, und es war nebst einigen Stückchen Brot ihr« ganze Nahrung. Sie war zufrieden damit. Was braucht« sie mehr, diese paar Wochen gingen gar vorbei. Der Ferdinand schrieb selten — er stand dicht vor dem Examen. An dem Tage, an dem es stattfand, lag sie wieder ganz. Ihre Beine trugen sie nicht. Ihre Hände waren feucht vor Aufregung und auf einmal fiel es ihr ein, daß er ja auch nicht bestehen könnt«. Sie wehrte den furchtbaren Gedanken, der ein neues Jahr zwischen Heute und Morgen schob. Noch ein Jahr? Sie konnte auf einmal nicht mehr weiterdenken und weint« plötzlich heftig und laut. Weinte lang«, weil sie gar so elend war. Das beruhigt« sie, dann schlief sie ein. Wie lange sie so lag. Sie wuht« es nicht. Waren's Stunde, waren's Tage. Es sang in ihren Ohren und alles ringsum war sonderbar weit weg. Als di« Nachbarin sich über fie beugt«, kam fie zu sich, und dann trank fie die kühl« Milch mit heiher Gier. Da» tat gut — aber schon nach einer kleinen Weil« «rbrack st« sich. Matt lag sie in den Kissen. Dann kam der alt« Lehrer, der schuld war, daß der Ferdi nand studierte. Wie er die Frau sah, erschrak er bis ins Herz, sprach endlich vorsichtig davon, daß der Ferdinand bald kommen müsse, das Examen sei ja vorbei. Da trat ein goldener Glanz in ihre Augen, und wie der Lehrer fragte, ob er ihm schreiben solle, da nickte sie und sagie leise: „Bald, sehr bald, morgen schon." Dann lag sie mil ge schlossenen Augen und wartete auf ihren Sohn. Sie brachten ihr Milch und Suppe — sie ah sic und erbrach. Aber sie haue keine Schmerzen, sic war nur müde. Wie aber am Nachmittag des anderen Tages ein langer junger Mensch mit schmalem Gesicht übr die Schwelle in die kleine Kammer schritt,'da schrie sie auf mit letzter Kraft: „Fer dinand, mein Ferdinand" und schlang die mageren Arme um ihn. Vor ihrem Bett brach er nieder und grub das Gesicht in die Hände. Ihre abgezehrte Hand fuhr liebkosend Uber sein Haar ihre Lippen aber lächelten. Sie fragte nicht, hast du bestanden — sie muhte es — sie waren am Ziel. Und wie man sie eine Woche später neben dem Vater bcneie, da ging einer hinter der Bahre, der ging hoch erhobenen Hauptes, wie sie es gewünscht. Seine Augen waren weit geöffnet, seine Lippen lagen eng aufeinander. Er hatte ihr es geschworen nicht zu verzweifeln, da sic sonst keinen Frieden finden würde unter der Erde. Und so drückte er die Stimmen nieder, die ihm zu flüstern wollten, woran seine Mutter starb. Ach. er hätte es ja hinausbrüllen mögen in den Hellen Tag, daß sie sic verhungern liehen, die da mitgingen auf ihrem letzten Gang. Doch zu was sollte er reden, gab es doch kein Gesetz für sie. und seine Mutter war tot; er aber hatte kein« Heimat mehr. Heute noch ging er — und den kleinen Hausrat nahm er mit Ach, sie würden sie schnell vergessen, die so lange Jahre mit ihnen gelebt und für sie gearbeitet. Er aber würde fremden Kindern — seinen Schulkindern von seiner Mutter erzählen, würde Ihnen sage», was ein« Mutter vermag — nur eine Mutier. In ihren jungen Herzen würde er der Fra» ein Denkmal setzen, die sic heute in dem kleinen Dörfleln der Erd« übergaben Das hatte er sich und ihr gelobt in ihrer letzten Stunde »nd — daß er es hält, darum brauchen mir uns nickt ,u folgen