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Nsn nick* erkaiun yave. Er gelte die Floimue übernatür lichen Lebens wieder zu psl««en, sonst gebe er keinen Ausweg ruS dem Mrrsal. Alle Darbietungen wurden von der Versammlung mit dank barem Bciiall ausgenommen. Auch der Kirch:ncl>or zeigte seine de- »chllichc Leistungsiohigkeit. Oberstleutnant a. D. Maier sprach als Mitglied des Kirchenvorstandes Herr» Dr. Hering und Fmu Dank der Gemeinde dasür aus. dost sie bis beute in ihrem Hause -ine Kapelle eingerichtet uns regelmäßige» Gottesdienst ermöglicht habe». Eine Tombola warf freigebig ihre Ge winne an-' lind am spälcn Abend kam der Frohsinn mir einem beite'ca Tpici «Herr Tiltmon», Frl. Hain. Herr Reinisch» zu seinem Re r,l War es doch eine Frcudcnseicr, die die Gemeinde an diesem klbens zvsannncngcsnhrt lM. » Bliebe noch Einiges über di« neue Kapelle selbst zu sagen. Diese Golleswohnung in einem Landhause ist ein Aus druck der Diaspora, aber doch ein Kleinod ihrer Art. Durch Cntsernung mehrerer Sck)eidewäiide hat man «inen langgestreck ten kapcllcnranm von schönster Tiefenwirkung erhalten. Durch zahlreiche nach Südwesten gehende Fenster mit gotischen An tillen Glasmalereien, flutet gedämpft das Licht. Kunstmaler Donadini (Radebeul) hat es verstanden, durch die Decken malerei dem Raume auch eine vortreffliche Höhenperspektive zu geben. Unter Verwendung verschiedener vorhandener Barock- siguren hat der Künstler einen stilvollen Schmuckraum gesof fen. der viel Warme und Andacht ausströmt. Diese restaurierten Kunstschätze, die hier zu einer neuen Einheit verbunden worden sind, stammen zum Teil aus alten Sckätzen der Dresdner Hof kirche. zum Teil, aus dem Besitz des Hauses Wettin in Moritz burg. und vor allem aus der berühmten Schloßkirche zu W och se Iburg. Nach hinten gibt dem Raume ein großes Oel- gemälde (ein unbekannter Meister) einen wirkungsvollen Ab schluß. Das wertvollste Kleinod der Christ-Königs-Kopelle ist der alte gotische Flügelallar, der gleichsam in einem geräumigen Chorraum ausgestellt ist. Der Altar stammt aus dem 14.—15. Jahr hundert, also aus alter katholischer Zeit. Die Inschrist besagt: „Dieser Aitarschrein befand sich bis zum Jahre 1860 in der Kirche zu Toura im Gebrauch, wurde hieraus von der dasigcn Kirchgemeinde der Erlauchten Patronatsherrsciiast überlassen und nach erfolgter Renovation im Jahre 1862 hier ausgestellt." Unter dem „hier" ist das Schloß Wechselburg zu verstehen. Lange Jahre stand der Altar einsam aber treu behütet im Museum der berühmten Schloßkirck)« von Wechselkurs,. Der mittlere Teil des Altarcs zeigt die Hl. Anna, auf dein rechten Arme das Jesuskind, auf ihrem linken Arm seine jungfräuliche Mutter tragend. In ihren Zügen liest man erhabenes Mutter- psück und selige Freude an dem Mysterium der Erlösung wesent lichen Anteil zu haben und zugleich ahnungsvolles Leid über das Schwert des Schmerzes, das ihr Kind einmal durchdringen wird. Zivei namhafte Fraucngestalten stehen ihr zur Seile: die hl. Katharina, Jungfrau und Märtyrerin (gestorben im Jahre 807) und unsere liebe deutsche Heilige Elisabeth. Zu Füßen der Hl. Katharina liegt ein zerbrockienes Rad, das gräßliche Symbol ihres Martyriums. Aus ihrem Lebe» wirb folgendes berichtet: die Heilige war an vier Rädern gebunden, die ringsum mit sinken Nägeln beschlagen waren. Schon waren die Schergen im Begriff, die Räder zu treiben, als plötzlich ein Engel dieselben zertrümmerte. — Anklingend an das liebliche Nosenwunder ist St. Elisabeth dargestellt mit Brot und Liebcseaben in der Hand, ihr zur Seite ein Waisenkind, kniend eine Gabe he-schcnd. Der linke Seitenflügel stellt den HI. Wolsgang. Bischof zu Regensburg (gestorben 994) dar. Er trägt in der Hand das Evangelienbuch, das er in jungen Jahren mit heiligem Eifer studiert und ansgelegt hat. Der rechte Flügel ze gt den Hl. Sebastian, Märtyrer, (gestorben 20. Januar 882) an einen Baum gebunden und von Pfeilen durchbohrt. Mit ehrfurchtsvollem Staunen betrachtet nian die er greifende künstlerische Darstellung, die einen Widerschein von der kindlichen Frömmigkeit unserer Vorfahren aus dem Mittel- alter gibt. Wie oft werden nun die Blicke unserer betenden Gemeinde sich zu diesen Heiligen erheben! Wieviele Gene rationen mögen schon vor diesem Altar gekniet, wieviele Priester vor dieser heiligen Stätte das heilige Opfer dargcbracht haben? lind welche Ströme von göttlichem Segen und Erbarmen mögen diese Heiligen durch ihre Fürb'tte bei Gott auf ihre frommen Ve'cr herabgeileht haben? Nach 400sähriger Vereinsamung wurde am 4 März zum ersten Male wieder an diesem Altar das hl. Meßopfer dargebracht und die Ewige Lampe, die in den Tagen der Reformation verlöscht war. wurde neu entfacht. Der Tabernakel, aus dem vor Jahrhunderten der Heiland aus- teures Geld erstanden, aßen wir es mit Bedacht und fanden tat sächlich. daß es ganz anders schmeckte. Wenn der Vater zuhause war, gingen wir gern früh schlafen, weil er uns ins Bett brachte und dann Geschichten erzählte, Lieder sang und Rätsel aufgab. Der Vater ivar unser großer und bester Spielkamerad. Das Schlafengehen war lustig wie eine Kirmes. Ich sehe uns noch heraufsteigen, alle im Nacht hemd. Ein ganzer Schwarm Kinder. Vater hintenan, die Kerze in der Hand und mich auf dem Rücken. O, die Geschichten! Sie waren gar nicht neu. Die üblichen Räubererzählungen aus Tausend und einer Nacht, von Genoveva, Däumling und den vier Heimonskindcrn. Aber sie waren ausgemalt von einer spontanen Phantasie. Ganz langsam sprach er abends, um uns schläfrig zu machen. Aber wir schlürften seine Wort« wie süß« Milch und fragten immer noch mehr. Manchmal dauerte «s über die Zeit, bis wir «infchliefcn und er wieder hinunterstieg. Trotzdem wurd« er nie ungehalten. Er überwand uns mit seiner Geduld. Viel erzählte er in der Ichform. Der Kaufmann, der cin- schlies und von den Assen bestohlen wurde, das war er. Wir glaubten es ganz sicher. Am liebsten hört« ich ihn vom Jesuskind und allem, was dazu gehörte, sprcck^n. Maria wohnte dann in einem Häuschen, das ich kannte, drüben beim Kiefernwald. Sie stopfte SttÜmpfe und las in ihrem Gebetbuch, als ein Engel vom Himmel kam, weiße Blumen streute und dir Botschaft verkündigte. Ich kannte das Hckuschcn und hatte im Sommer, als di« Türe ofsenstand, dos billigr Kupfer blinken und di« Teller auf dem Ofensim» stehen sehen. Als ich endlick lesen konnte, enttäuscht« mich di« heilige Ge schichte. Ich fand die Beschreibung dürr. Mein« kindliche Neu gierde wurde nichi befriedigt. Es war zu wenig Farbe darin. Mit der eigenen Phantasie mußte ich die Geschichte verdichten und voranbringen. Glücklicherweise war sie so kräftig, daß sie aicht am Einzelbild hängen blieb, und darüber das Geschehen vergaß. Und wenn meine Einbildung versagte, kroch ich auf Vaters Knie, kraute seinen ergrauten Schnurrbart und erzählt« ihm. Und er tat dann die Fülle, Farbe und Duft der Heimat hinzu. (Au,: >NI m>In R»>» iselka», «rfchieiKN k«i P, A. van Kämpen t- S«b». Un>It»rt>am.i Dresdner Sta-weror-nerensitzung Dresden, S. Marz. Unter den Eingängen der gestrigen Stadlverord- netensitzung war eine kurze Anfrage bemerkenswert, aus der hervorging, daß ->e Grundrenten- und Hypotheken- onstalt der Stadt Dresden und die Städtische Sparkasse in Aufwertungsstreitigkeiten, in denen die Gegenparteien An gehörige der tichecho-slonxrkischen Republik sind, sich eines in Dresden wohnhaften böhmischen Rechtsanwaltes bedient haben. Dieses Vorgehen hat in den Kreisen der Dresdner Rechts anwälte Verwunderung hervorgerusen. Stadtv. Berthold (Dnat.) hatte aus diesem Anlaß an den Rat eine Anfrage gerichtet, die dahingehend beantwortet wurde, daß es sich in der fraglichen Angelegenheit ausschließlich um außer gerichtliche Vergleichsverhondluugen mit in der Tschecho slowakei wohnenden persönlichen Auffvertungsschuldnern der beiden Anstalten, also nicht um Verfolgung von dinglick)en An sprüchen gegen die m Dresden gelegenen Grundstücke nnd nicht um Verfolgung im Rechtsweg« handelt. Eine Schädigung der Dresdner Rechtsanwälie sei weder beabsichtigt gewesen noch eingetreten. — In den Ausschuß zur Auswahl der Ersatzbilder für die Wandelhalle des Rathauses wurden gewählt: Die Stadto. Walther. Freund. Vorsteher Dölitz (Soz.), Stadtv. Wegner (Dn.), Vizevorsteher Holst (D. Vp.), Stadiv. Dr. Helm (Komm.), Stadtv. Kuntzsch (Handw.), Stadtv. Hirschfeld (Dem.) und Stadto. Biebrach (ASP.). Angenommen wurde ei» Gutachien des Rechts ausschusses über eine neue polizeiliche Platznutzungs- o r d n u n g und eine Polizeiverordnung über die Beförderung größerer Lasten durch das Stadtgebiet, ferner zwei Nachträge zur Gcmeindesteuerordnung (Wertzuwachssteuer). Die neuen Bestimmungen über die Verwendung der Festräume m, Neuen Rathaus wurden endgültig verabschiedet. Ein Antrag Dr. Hartwig <D. Dp.) seht sich für »euc Ab. fahr weg« zur Verhinderung weiterer Verkehrsuvfälle ein. Gewünscht wird in erster Linie eine Ostwestverbinoung vo,i Alttolkewitz bis zum Stübelplatz und vom Freiberger Platz bis zur Kesselsdorser Straße. Die Bestimmungen der Verkehrs, ordiiung über den Radfahrverkehr müßten tatkräftiger durch- geführt werden. Magdeburg habe bereits 36 mal soviel Rad fahrwege wie Dresden. Der Antrag geht an den Verwaltung«, ausschuh. Ein Antrag Dr. Hartwig (D. Vp.) setzt sich sür neue Rad. schlagszahlungan die Beamten in Höhe von 80 Pro zent aus die ihnen voraussichtlich Anstehenden Gehaltssätze nach der neuen Besoldungsordnung, da die Besoldungsreform durch den Besoldungsousschiiß »och nicht hat verabschiedet werden könne». Der Stadtv. Böttger (D. Vp.) stellt eine» Zusatz, antrag, sofort nach Beschlußfassung im Besoldungsausschuß und Verabschiedung der Vorlage iin Gesamlrate. die nötigenfalls in einer außerordentlichen Gesamtrotssitzung zu erfolgen Hütte, di« neu festgesetzten Gehaltssätze mit Wirkung vom 1. Oktober 1927 an vor Verabschiedung der Vorlage durch die Stadtverordneten zur Auszahlung zu bringen. Stadl». Schrapel (Komin.) will die Auszahlung nur bis zur Besoldungs gruppe 9. Stadtv. Rösch (Soz.), der sich sehr ausführlich zu dieser Frage äußert, übt scharfe Kritik an dem Gehalt der Bürgermeister und Stadträte. Schließlich wurde der Antrag Böttger mit 36 gegen 35 Stimmen angenommen. Eine Anzahl weiterer Anträge wurden den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Schluß der Sitzung 11.15 Uhr. gewandert ist, und dessen Türen durch die Länge der Zeit ab handen gekommen sind, wird ihm von neuem eine bleibende Stätte gewähren. Herzlicher Tank gebührt dem edlen Besitzer dieses Kunst werkes, dem Grasen Joachim von Schönburg In Wechsel burg, der dieses Meistenverk mittelalierlicher Holzschneiderei dem Pfarrer Dr. Just leihweise auf dessen Lebenszeit überlassen hat. Außer diesem Altar schenkte Graf v. Schünburg dem Pfarrer noch eine wundervolle Kopie, ein Relief von der Kanzel aus der Wechselburger Kirche, Christus König mit dem Evange lienbuch, umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten. Desgleichen hat derselbe Besitzer noch zwei alte wertvolle bunte Fenster überlassen, die der Kapelle eine äußerst weihevolle Stim mung verleihen. Neben der geräumige» Kapelle bietet das Haus Raum für mehrere Amtszimmer, ein schönes Vercinszimmer im 1. Stock und für die Pfarrwohnling. Für den Küster ist in einem Seiten gebäude eine Wohnung vorgesehen. Das Grundstück erstreckt sich nach Süden sanft abfallend von der Borstraßc die Ziller- stroße entlaus bis zur Meißener Straße. Es wird der Gemeinde ein wertvoller Mittelpunkt ihrer Arbeit sein. Mögen nun die Katholiken der Gemeinde Kötzschenbroda, die im neuen Gotteshaus das alte Credo beten, auch den ties- inncrlichen frommen Geist unserer mittelalterlichen Generation aufnehmen und den eindringlichen Worten des Hochw. Herrn Erzpriester Bodenburg folgend dieses neue GotteÄzaus ausgiebig ausniitzen, zur Ehre Christus des Königs und zum Heile ihrer unsterblichen Seele. 0r«5«Irn und Umgebung : Geschäftsverkehr mit der Sächsischen Staatsbank. Die Bekanntmachung des Gesomtministeriums vom 15. Januar 1925 über den Geschäftsverkehr mit der Sächsischen Staatsbank in der Fassung der Gesamtministerialverordnung vom 22. Oktober 1927 wird, laut Gemeinsamen Ministerialblattes Nr. 5 vom 7. März 1928, in folgendem Punkte abgeändert: „Mt Wirkung vom 15. Februar 1928 an stellt sich der Zinssatz unter I 3 der Bekanntmachung des Gesomtministeriums vom 15. Januar 19N bei täglicher Verfügung aus 4)4 v. H. a u f s Ja h r. Der Zins satz für die Anlage von Geldern bei 14tägiger bis einmonatiger Kündigung oder Bindung bleibt unverändert (6 v. H. jährlich)." — Das Gemeinsame Ministerialblatt enthält weiter Mittei lungen Uber die Wohnuiigsvermittlung für Beamte und Lehrer und Uber die behördliche Förderung von Propagandamerke» der Industrie usw.. ferner über das Beamtenerholungsheim der Goßweiler-Stistung in Bad Elster. : Zu der Wahl der Versicherungsvertreter als Beisitzer des Versicherungsamts der Stadt Dresden ist sowohl für die Gruppe der Arbeitgeber als auch für die Gruppe der Versicherten nur je eine Vorschlagsliste zugelassen worden. Deshalb gelten die darin gültig Benannten in der Reihenfolge, in der sie in den Listen ausgeführt sind, als gewählt. Di« Wahl- berechtigten — die Ausschußmitglieder der beteiligten Kran, kenkassen und die Vertreter der Ersatzkossen, die ihre Beteili. gung an der Wahl rechtswirksam angemeldet haben, — iverden hierdurch benachrichtigt, daß keine Wahl mit Stimmenabgabe nach ZA 18 ff. der Wahlordnung kür die Wahl der Versicherungs vertreter als Beisitzer der Vcrsicherungsämter stattfindet <8 17 der Wahlordnung). Das Wahlergebnis wird veröffentlicht werden, sobald feststeht, daß die Gewählten die Wahl angenom men haben. : Sächsische Landeskulturrentenscheine. Die Sächsüche Landcs- kulturrentrnbank hat bekanntlich aus der zur Auswertung der Lan deskulturrentenscheine alter Währung gebildeten Teilungsmasse den Gläubigern zunächst 25 v. H. ihrer Goldmarkforderung in neue» 5- prozentigen Laiideskulturrentenscheiiien Reihe 3 gewährt. Dem nächst wird ein Teil der neuen Scheine ausgelost werden. Au der Auslosung können nur die tatsächlich ausgegebenen Scheine icil- nehmen. Wer sein« neuen Scheine »och nicht abgeholt oder seinen Aiifwerlungsaiispriich überhaupt noch nicht angemeldet bol, tut gut, dies schleunigst »ächz»holen. Die Sächsischen Landeskullurrenic» scheine alter Währung sind mit der vorgeschricbcncn Anmeldung bei der Landes-kulturrcntenbank in Dr«sden-N. 6, Asterstraße 3, oder bei der Sächsischen Staatsbank in Dresden, Leipzig, Chemnitz, Zwik. kau und Aue (Erzgcb.) einzureichen. : Ein fahrlässiger Autoführer. Am 5. Januar d, I. war der Kraftwagenführer M. aus der durch den Plauenschen Grund führenden Straße unweit des alten Bahnhofs Plauen mit seinem Personenkraftwagen in eine Gruppe Arbeiterinnen gefahren, wodurch vier Arbeiterinnen zum Teil erheblich verletzt wurden. Eine der verletzten Personen wurde bei dem Zusammcnproll in dos Flußbett der Weißeritz geschleudert. Das Gemeinsame Schöffengericht verurteilte M beule nach ausführlicher Be weiserhebung wegen fahrlässiger Kör-perverletzung und Vcr. gehens gegen das Krastfahrgesetz zu 6 Wochen Gefängnis. „Musik" Erstnuff!',spring im Dresdner Schauspielhaus. Wedekiiws „Sille,igemälde" mit dem ziemlich tendenziös klin genden Titel ist in Dresden öfters ausgesührt worden. Reinhardts Künstler haben damit gastiert, das Albertlhcater führte es in seinem Spielplan. Das »vor in der Zeit, wo wieder einmal besonders heftig gegen den 8 218 des Rcichsstrafgc'ctzbuches angckümpst wurd«. Aber Wedekind nimmt durchaus nicht Stellung gegen diesen Para graphen. Ganz entgegen der künstlerischen Absicht wurde also das Stück zum Tendcnzdrama gestempelt. „Musik" gebärt zu den schwächsten Stücken Wcdckiiids. Zum Gedächtnis des 10. Todes tages des Dichters war allerdings die Wahl nicht leicht. Immer hin ist Wertvolleres von Wedckind im Schauspielhaus bisher noch unausgeführt geblieben. Ilebrigcns: Wedekind war, man mag noch so sehr durch die moderne Brille schauen, nichts mehr und nichts we niger als eine Zeiterscheinung. Ein Helfer am Heimbrcchen der .Moderne, ei» Schüler Strindbcrgs. Ich führte erst vor kurzem aus, daß man ihn gctvallig überschätzt, wenn man ihn zum Dichtcrgenius erheben will. Sein Name steht Jüngeren und Besseren bereits wieder im Wege, weil die „Führer" bas so wollen. Mo» rechnet „Musik" zu den moralischen Stücken Webekinds. Und cs ist bezeichnend sür diesen Dichter, daß er sich viel ernster nahm als das sogar seine Anhci iger zu tun pflegen. Ja er verglich sich sogar einmal mit Christus, dem Tcmpclreiniger, und seine Feinde (unter ihnen an erster Stelle die Staatsanwälte) mit dem Volke der Juden, das den Heiland auch der Gotteslästerung geziehen habe. (!) Wenn man dem Dichter wirklich zugestehcn würde, durch seine hart näckige Bekämpfung der „bürgerlichen Unmoral" dos Urteil der Welt in gewissen Dingen günstig beeinflußt oder wenigstens zu einer solche» Beeinflussung beigetragcn zu habe», so würde das noch nicht die künstlerische Notwendigkeit, seine schwächere» Stücke heute wieder auszugrabcii, hcrausfordcrn. Wie es um dir künstlerische Seite der „Musik" bestellt ist. in der ein Einzelschicksal konstruiert wird, habe» wir schon früher dargeta». Interessant ist das groteske Zerrbild des Moralisten Lindekuh, mit dem sich Wedekind in Shawscher Manier leibst ei» Denkmal setze» wollte. Dieser Unglückselige tut immer das Verkehrte. Sein Mitleid wird dein Fluch der Lächerlichkeit preiSgc- gcbe», durch seine Mitwirkung geht der schuldige Teil, der Pro fessor Rechner, nicht als Schurke, sondern als moralisch einwand freier Wohltäter aus seinen Untaten hervor. Mag sein, daß der Moralist Wedekind die Frage an die Welt richten wollte: Wie stellst du dich zu meinem Problem? Aber die Welt hat kaum genügendes Interesse mehr sür dies« Frage. Heute nicht mehr. Die wenigen Leute, die cs z» haben glauben, Liberalen und ihr Kreis, sind nicht die Welt, Und die balladeskc Form mit Aktübcrschristcn nach Art der Altbcrliner Posse der Pohl und Kalisch, die Mischung der Per sonen aus Drahlpuppc» und sentimentalen Cl>aroktcren in wabrlick, nicht mehr zeitgemäß, könnt« cs auch nur dann bleibe», wenn ein wertvoller Kern drin steckte. Freilich gibt es nicht nur eine Welt anschauung. Lewer. Dem steht nun nicht entgegen, daß eine bedeutende Ausfüh rung nicht manches uinwertcn und dem Dichter zu Hilfe komme» tonn, genau wie die moderne, dämonische Regie Gutes ins Gegen teil verkehren kann. (Man vergl. so manchen „neu" gesehene» .Klassiker.) Joses Gielen ist ein Beherrscher dieser Kunst, ei: Regie-Virtuose. Er unterstreicht allenthalben bas Menschewchlcksai der Klara Hühncnvodel, stellt ihre Gegenspieler, wie er's braucht, unter Licht oder Schatten und läßt durch seinen Helfer Mahnte Perspektiven malen, die von mancker.papierenen Weisheit ablenkcii. Diese Aufführung verdient größte Anerkennung, sie ist nicht nur ori ginell, sondern auch ungewöhnlich tief erfaßt. Jenny Schaf fer hat Töne sür Menschcnleid, die ans Herz greisen und spiel! die Katastrophe erschütternd. Der Rechner K l e i n o sch e g g S, der bemerkenswert zurückhielt, war ein gefährlicher Verführer. Stella David schuf in der einen, für sie richtigen Szene des 1. Bildes die Stimmung des ganzen Abends mit starken Strichen. P o ir t o als Liitdckuh hätte spontanen Szene »bei soll haben müssen. Er huldigt dem Dichter, dessen Physiognomie er andeutel, am elndringlickste». In den kleineren Rollen machten sich aber ebenfalls einig« Profile bemerkbar. So vor ollem der Arzt Koltenkamps, eine der beste» Figuren des Abends, die mit sadistischer Begabung auSge- slattcte GefängniSaufsehcrin von Lotte CrusiuS, die gütige Mül ler der Salb ach. Die glänzende Darstellcrkunst schuf am Schluß sogar feuchte Augen im Auditorium. Zck. Konzerte. Im Künstlerhaus Neue Musik — Paui Aron und im Palmengorten Severin Eisenberger. Da hieß es wieder Arbeitsteilung. Also zunächst bei Paul Aron. Eine Sonate für Flöte und Klavier von Darius Mtlhaud. Der atonale Stil wohl nur angedeutet. Mehr Debussy. Mer weniger geistreich und persönlich als dieser. Die blendende Farbigkeit dieses Komponisten fehlt Milhaud. Es bleibt viel Trockenheit als Rest. Sehr verdünnter Most. Paul Arons pianistische Virtuosität und Arno Bräunlings treffliche Flö tentechnik standen im Mittelpunkte des Interesses. Auch Ernst Kreneks op. 48 (3 Gedichte von Rainer Maria Rilke) für Gesang und Klavier konnten nur äußerlich durch ihre gesuchte Technik fesseln. Das sind exzentrische Gesangs-Kunststücke, die mit der Ausdrucksmöglichkeit der Menschenstimme so gut wie gar keine Rücksicht nehmen. Solche Sprünge sind wohl für Streich instrumente Kleinigkeiten, sür die menschliche Kehle gehen sie jedoch weit über die Grenzen der Leistungsfähigkeit. Auch in bezug auf die Höhe. Mag Krenek auch hier nach einem neuen Stil suchen, diesmal sclpntert er an den Grenzen, di« der Ge sangsstimme gezogen sind. Zudem kümmert ihn der seelisch» Gehalt der Rilkesck>en Dichtungen in keiner Weise. Er kompo niert genau in der Weise daran vorbei, als gälte es eine» neuen