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Dienstag, den 4. Januar 1927 Ar. 2; Seite 2 Li 1 > 5! i! entgegen war. Allen preußischen Monarchen kam es nur auf Preußen an, d. h. auf Machtenfaltung des Hauses Ho henzollern. Nun könnte man sagen, auf Seiten derHabsbur - ger stand es nicht besser. Vergessen darf man dabei nicht, daß das eigentliche deutsche Nationalgesicht seit dem 30' jährigen Krieg erheblich an Kraft verloren hatte und daß auch die Religionsspaltung das ihrige dazu beitrug. Aber trotzdem muß zugegeben werden, daß der ganz spezifische Dynastismus, der das deutsche Reich der Stände und Schichten mit ihren gut abgegrenzten Volksgewalten in Länder mit brutal regierender absoluter Fürstengewalt umwandelte, mit dem großen Kurfürsten anhub und durch Friedrich ll. zur Reinzucht gebracht wurde. Der kleine Mann war in den Staaten der Brandenburger rnd Preu ßen ein Nichts, Bürger und Bauer eine Folie des Abso lutismus. lediglich der Adel wurde zum Schutze des preu ßischen Absolutismus zu einer Garde der Prätorianer ousgebildet, ihm wurden Privilegien auf Kosten des Vol kes massenhaft zugewiesen und so der Grund zu jenem Militarismus gelegt, der Europa zwang, sich allmählich in ein Heerlager zu verwandeln. In dem Maße als Preu ßen wuchs, trat der deutsche Reichsgedanks zurück. Ma ria Theresia, die große Gegnerin des zweiten Friedrich, war in ihrem persönlichen Tun und Handeln eine Deut sche geblieben. Während der Preußenkönig französisch parlierte, französische Gottesleugner an seinem Hof sich mästeten, französische und> italienische Theaterkunst ge pflegt, deutsche Literatur und deutsche Kunst verachtet wurden, fühlte sich Marin Theresia als deutsche Frau und Christin. Man muß nur ihre Briese lesen, die sie ihrer Tochter Maria Antoniette nach Paris schrieb, in denen sie immer wieder mahnte, Glaube und Sittenstrenge nicht zu vergessen und immer zu bedenken, daß sie auch aus französischem Throne ihr Deutschtum bewahren müsse. D a s a l t e P r e u ß e n h a t n i ch t s f ü r D e u t s ch- land getan; es hat lediglich für sich selbst gearbeitet. Die östlichen Erwerbungen haben diese Tendenzen unter stützt. Hier hätte Preußen einen wahrhaft deutschen Beruf erfüllen können, wenn es versucht hätte, diese Ge bietsteile der deutschen Kultur inniger anzuschließen; aber es begnügte sich damit, preußisch zu sein. Die preußische politische Gestaltung in ihrer geistigen Essenz entwichelte sich immer mehr hinweg vom deutschen Wesen, wie es von einer viele Jahrhundert alten Kultur festgelegt wurde. War das politische deutsche Gemein wesen von .Hause aus auf Freiheit und Demokratie ge stellt — eine Wesensrichtung, die selbst noch in der stän dischen Gliederung der späteren deutschen Gesellschaft die Unterlage bildete — so wurde das preußische Staats wesen immer mehr aufs militaristisch-bureaukratische zugespitzt mit der Dominante des absoluten Regiments. Der preußische Eroberungsgeist, die preußische Machtpoti- tik, brauchten das Absolutistische und Militaristische als ge staltendes Werkzeug. Es entstand die tiefe gesellschaftliche Kluft zwischen Oben und Unten, zwischen den Schichten, die wohl überall vorhanden ist, nirgends aber eine so extreme Zuspitzung erzeugt hat. wie in Preußen. Der so oft, so viel und mit Recht beklagte preußische Kastengeist ist das natürliche Resultat einer Staats- und Gesellschastsauffas- fung, die aus dem auf Eroberertum und Militarismus ge stellten Staat erwachsen ist, wie ihn die Hohenzollern, im Gegensatz zu den Tendenzen deutscher Entwicklung ge baut haben. Diese borussische Mentalität herrscht bis auf den heutigen Tag in den ehemals „führenden Schielen", denen sich die Großburgeoisie und aus einem künstlich ge zeugten Knechtsinn heraus auch Kreise des Bürgertums angeschlossen hcitwn. Sie, diese preußische Sinnesart, wie der herrschend zu machen, ist das Thema der Realfti m. P reußen e i n z u d e u t s ch e n ist die 'Aufgabe zu künftiger Entwicklung. Es ist unter diesem deuts-ö ch-ht das „rassische" zu verstehen; deutsch ist ein gewordener Kultur- und Gesellschaftsbegriff, zu dessen Struktur die verschiedenartigsten und mannigfaltigsten Elemente brige- tragen haben, was heute nicht näher zu erörtern ist. Das Volk rechts der Elbe ist genau so wertvoll, wie das im ivestlichen Deutschland; es ist fleißig, treu, bescheiden, ar beitswillig und intelligent; es muß von ihm nur die see lische Last der borussischen Militärdiktatur genommen werden, die die Brandenburger Hohenzollern von dem sog. großen Kurfürsten an über alle folgenden Dynaster hin weg zum Hauptthema ihrer Staats- und Gesellschaft^- Politik gemacht habe». Preußen muß am deut sch e n We s e n g e n e s e n , dies kann am . esieu bewirkt werden durch einen gesunden Föderalismus, der allen Partikularismus und alle Kleinstaaterei übe> vl ).t und das Reich in seine natürlichen Bestaubten'' derartig glie dert, daß Oesterreich und andere Deutschtümer ohne Schaden an ihrer geschichtlichen Besonderheit zu nehmen, sich anschließen können. Eine traurige Bilanz Berlin. 3. Januar. Die Nacht zwischen dem alten und neuen Jahre iwt auch diesmal Opfer gefordert. In Berlin wurden bei Straßen unfällen 6 Personen verletzt, 9 verübten Selbstmord. 535 Per sonen mußten verhaftet werden, auf den Rettungswachen wurden 495 Fälle behandelt. In Köpenick geriet ein junger Mann bei der Heimkehr von der Silvesterfeier in Streit, wobei er seine Braut über die Dammbrücke in die Spree warf. Die Leiche konnte bisher noch nicht geborgen werden. Ans der Rückfahrt von Radeberg nach Dresden sprang in der Silvesternacht der 29 Jahre alte Rangierarbeiter Dittrich aus Dresden vor den Augen seiner Geliebten aus dem Zuge, als dieser die Station Langebrück passierte. Er brach dabei das Genick und war aut der Stelle tot. In Hamburg erschlug in der Silvesternacht der 44jährige Seemaschinist Valentin v. Skotnicki, wahrscheinlich im Verlaus eines Streites, seine Frau mit einem Briefbeschwerer. Er leitete dann von der Küche her einen Schlauch von der Easvorrichtung nach dein Schlafzimmer seiner beiden Kinder und ließ das Gas ausströmen. Ais er seine Familie tot wußte, schrieb er noch Briefe und traf letztwillige Verfügungen. Tann jagte er sich eine Kugel durch den Kopf. Das Motiv der furchtbaren Taten war Eifersucht. — InBleibach im Allgäu spielte in der Ncu- jahrsnacht der Händler Schönberger mit einem Revolver und legte dabei auf sich und seine Braut an. Plötzlich entlud sich die Waffe, und die Braut brach schwerverletzt zusammen. Sie ver starb nach wenigen Minuten. Schönberger wurde ins Gefäng nis eingeliefert. Der Skisport, der wahrend der Feiertage van Tausen den ansgeübt wurde, hat in den Alpen verschiedene Opfer ge fordert. Wie die „Bergwacht" mitteilt, hat sie in 25, meist schweren Fällen, eingreifen müssen. LawinenungMekr am Arlberg Bregenz, 2. Januar. Am Neujahrslag um die Mittags zeit ging am Arlberg vom Trittkopf eine Staublawine nieder, die eine Gruppe von 10 Skifahrern, 5 Herren und 2 Damen aus England und zwei Berliner Herren, sowie einen einheimische» Skisührer mit sich riß. Drei Sekunden später begrub eine zweite Staublawine die ganze Gruppe. Ei» Herr aus Berlin/ Ober regierungsrat Dr. Lehr und eine Dame aus England konnten gerettet werden. Die anderen acht Personen sind tot. Ihr» Leichen sind teilweise geborgen. Die gerettete Dame erlitt Link Gehirnerschütterung. Grotzseuer bei Memmingen Riemmingen, 3. Januar. In Schloß Eiscnburg bei Mein» mingen (Schwaben) brach am Silvesterabend ein großer Brand aus. Kurz nach 8 Uhr abends stand der ganze Dachstuhl in Flammen. Die Rettungsarbeiten waren durch Wassermangel sehr erschwert. In dem Schloß, dessen Dachstuhl und oberstes Stockwerk ausbrannte, wurden reiche Kunst- und kunstgewerb liche Schütze vernichtet oder stark beschädigt. Erdbeben in Südamerika Neuyork, 3. Januar. In Süüost-Kalifornien, hau an der Grenze znnschen Mexiko und Kalifornien, hat ein schweres Erd beben. das sich aus Uber 100 Einzclstößen zusammensetzte, schwere Verwüstungen verursacht. Besonders schwerer Schaden wird aus Calexico und den anderen Städten des Imperial-Valley ge meldet. wo zahlreiche Hotels, Geschäfts- und Negierungsgebüude zerstört wurden. Der erste Erdstoß, der drei Minuten währte, trieb die Menschen ans den Lokalen und Häusern auf die Straße, wo sie verzweifelte Zeugen dieser Sylvester-Katastrophe wurden. Im mexikanischen Teile des Erdbebengebietes wurde der Be lagerungszustand verhängt. Auch aus Arizona wird Erdbeben gemeldet. Zahlreicl)« Brände sind ausgebrochen. Vom Golf von Kalifornien und von der pazifischen Küste liegen Meldungen über heftige Seebeben vor. — In allen Meldungen wird bis zur Stunde von Toten noch nicht gesprochen. Der Umfang der Verluste und des ange richteten Schadens läßt sich jedoch noch kaum übersehen. Kochwasfer in -er Lausitz Bautzen, 3. Januar. Eine erneute Hochmasserkaiastrophe sucht als Folge des in diesen Tagen eingetretenen Tauwetters wieder die Niederungen nördlich von Bautzen heim. Im Laufs von 24 Stunden stieg das Wasser der Scharzen Elster um 8V Zentimeter. Aus dem Flüßchen wurde ei» reißender Strom. Die ganze Gegend um Hoyerswerda ist ein einziger See. Der Wasserstand erreicht beinahe den Stand der großen Ueüerschwem- mung vom Juni 1926. Die entscheidenden Beratungen Berlin, 3. Januar. Das geschästsführende Reichskabinett wird voraussichtlich! Mitte dieser Woche seine Sitzungen wieder aufnehmen. Die ent scheidenden Besprechungen beim Reichspräsidenten dürften am 9. oder 10. Januar stattsinden. Englische Neujahrswünsche London, 1. Januar. Baldivi» hat sich mit folgender Neujahrsbotschaft an das Land gewandt: „Hinter uns liegt ein Jahr unglücklicher Miß verständnisse und industrieller Depression. Wir wollen uns für das Jahr 1927 vornehmen, den angerichteten Schaden wieder gutzumachen und unsere nationale Prosperität im Geiste der Kameradschaft und des guten Wittens wiederherstellen." In der Botschaft Macüonalüs heißt es: „Die meisten werden froh sein, das Jahr 1926 hinter sich zu hoben. Wir alle hoffen, daß es in Zukunst mehr gesunden Verstand und etwas mehr geschäftstüchtigen Genius für den denjenigen bringt, der mit der Führung der Geschäfte dieses Landes betraut ist." Ter lebende Leichnam Dresden, 3. Januar. Eine rasiinlerte Betrügerin und Diebin, die sich selbst für tot erklärte, um ihrer Festnahme und Bestrafung zu entgehen, beschäftigt seit über Jahresfrist verschiedene Staatsamvattschas- ten und Krt'ininalbehörden. Es handelt sich um die 1902 zu Köpp- rich, Kreis Neuroüe, geborene Kontoristin Elsriede Henke, die Mitte Januar vorigen Jahres im Martaheim zu Chemnitz die Bekanntschaft einer gewissen Maria Joseph« Bauer, gcb. am 4. März 1004 zu Weitung in Bayern, gemacht, dann unter deren Namen herumgezogen ist, und Diebereien sowie Betrügereien verübt«. So wird die Henke vom Amtsgericht Großschönau wegen Unterschlagung, von der Staatsanwaltschaft Bautzen wegen Diebstahls gesucht. Die Straftaten verübte sie gleichfalls unter dem Namen Bauer und brachte die »nrkliche Trägerin dieses Namens in die größte Verlegenheit, die wegen der von ihr garnicht begangenen Diebstähle und Betrügereien in Teggen» darf in Bayern sogar vorübergehend sestgenommen wurde. An fang Oktober 1926 hatte die Henke im katholischen Knaöenstist in Bautzen übernachtet und dabei einen goldenen Keich sowie die Ausweise zweier dort tätiger Schwestern gestohlen. Den toll sten Streich verübte sie in Wieso und Kamenz. Bei einer Frau in Wiesa wohnhaft, entwendete sie dieser einen Grlabctrag, bezog aus deren Namen verschieden« Ware» und prellte einen Schneidermeister in Kamenz um wertvolle Kleidungsstücke, um hierauf von der Bildsläche zu verschwinden. Hinterher erhielten die geschädigten Personen Postkarten zuge-siellt mit der Mittei lung, sie befinde sich in einem Bauhner Krankenhaus. Um nicht weiter verfolgt zu werden, l>atte die Betrügerin im „Kamenzer Tageblatt" in der Nummer 242 vom 16. Oktober 1926 eine regel rechte große Todesanzeige veröffentlichen lassen, in der sie ihren „Tod" mitteilte. Dieses niederträchtige Betrugsmanö ver konnte bald ansgeklärt und in den letzten Wochen auch der wirkliche Name fsstgesiellt werden. Nach der Henke wird jetzt lebhaft gefahndet. Dresdner Schlachlviehmarkr Dresden, den 3. Januar. Auftrieb: 90 Ochsen, 141 Bullen. 236 Kühe. 25 Färsen, 252 Kälber, 566 Schafe, 1810 Schweine. Von dem Auftrieb sind 30 Rinder und 10 Kälber ausländischer Herkunft, fieber st a n d : 2 Kühe, 5 Schafe. Geschäftsgang: Schafe lang sam, Rinder, Kälber und Schweine mittel. — Preise: Och sen: a) 1. 57-80 (106). 2. 50—53 (99), b) 1. 44—48 (92). 2. 33 bis 40 (81), c) 30—34 (71), L) Bullen:«) 60—62 (105), b) 64-57 (101). c) 42—45 (94). Kühe:«) 54-56 (100), b) 45 bis 50 (91), c) 36-49 (89). d) 27—32 (87). Färsen:«) 60 bis 64 (107), b) 50—58 (104,. Kälber: a) —, b) 79-83 (13t). c) 72—76 (123), d) 60—68 (116), c) —. S cha f e : a) 1. —. 2. 54—58 (112), b) 47—52 (105), c) 46-45 (100), d) 32—35 (79). Schweine: o) 79—81 (160). b) 76—77 (99). c) 74—75 (99). d) 72—73 (99). e) 69—72 (99). s) —. g) 63—78 (87). Ausnahm«, preise über Notiz. Witterungsaussichten: Vorwiegend stark bewölkt. Zeit- iveise etwas Regen. Flachland Wärmegrade, erst von mittleren Lagen des Gebirges zeitweise leichter Frost; möglichcnveise Schneesall. Ziemlich lebhafte Winde aus westlicher Richtung. Rvmolla Lin Re„ai,sanee-Roma» von George Eliot. Frei nach dem Englischen von H. Riesch. (Perlag Joseph Habbel, Regensburg) 1. Kapitel. Der Fremd« Di« Loggia de' Cerchi befindet »ich im Herzen des allen Florenz inmitten eines Labyrinths enger Straßen; heut« verirrt »ich »eltcn ein Fremder dorthin, es sei denn, er »»che das einfache Türschild, das die Inschrift trägt: „Oui nacque il divino poeta"") Zu Dantes Zeit klangen in diesen Straßen der Schlacht ruf nild das Waffengeklirr feindlicher Geschlechter, aber im I fünfzehnten Jahrhundert erscholl hier nur noch der Lärm »' der unhistori'chen Streitigkeiten und groben Späße der WollrciHer der Tnchmachervicrtel San Martina und Garbo. Am frühen Morgen des 9. April 1492, anwelchem ünsere Geschichte anhebt, stand unter dieser Loggia ein ungleiches Paar: ein grauhaariger, breitschultriger Mann, desien Aeußeres den Händler verriet, und ein Jüngling von kaum 23 Jahrei, in feinen, aber offenbar vom Weiter arg mitgenommenen Kleidern. Der letztere hatte in der Loggia geschlafen — ein hartes Bett! — und war, vom Schritt des Händlers geweckt, rasch aufgesprungen. „Junger Mann", begann der letztere, auf einen R:ng an der Hand des Fremden, deutend, „wenn der Flaum, der Euch umS Kinn »proßt, znin Bart geworden, ist, werdet Ihr Klügeres zu tun wiften, als in einer Straßenecke einzuschlummern mit einem lolchen Ring am Finger. Wenn Euch nun ein an derer als ich gesehen hätte! Aber Bratti ist nicht der Mann, »ich fremdes Gut anzueignen, und nimmt kein Geld, das *) Hier wurde der göttliche Dichter geboren. nicht Entgelt ist. Doch sagt mir, »vir '«»nnt Ihr dazu, aus einem Steinbett zu schlafen?" „Ich bin fremd in Florenz", erwiderte der A»ge redete, „und als ich gestern abend mit wunden Füßen hier ankam, zog ich es vor, mich in einem Winkel dieser gast lichen Säulenhalle niedcrzulegeu, statt ua-b einer Herberge zu suchen." „Wahrhaftig ein Fremder! Eure Sprache verrät es. Aber aus Genua seid Ihr nicht, wahrscheinlich aus Venedig, nach dem Schnitt Eurer Kleider zu schließen." „Augenblicklich ist es weniger von Belang, woher ich komme, als wohin ich mich wenden soll, um einen Bissen zu essen," meinte der junge Mann lächelnd, „^nre Vater stadt »icht hier wenig wirtlich aus, wollt Ihr mir den Weg in eine belebtere Straße zeigen?" „Gewiß", erklärte Bratti bereitwillig. „Es ist Euer Glück, daß ich heute zufällig hier vorbeikam. Das ist Euer Glück, läge ich, nun wollen wir sehen, was es dabei für mich zu profilieren gibt. Umsonst ilst der Tod! Wenn ich Euch den Weg zum Mercato Vecchio (alter Markt) zeigen »oll, müßt Ihr mir bei Eurem heiligen Patron schwören, daß ich Euer altes Gewand erstehen darf, wenn Ihr Euch ein neues kaust, was Ihr zweifellos tun werdet." „Einverstanden, bei Sau Niccolo! Aber ,"»ir »vollen uirS nun »»gleich auf den Weg machen!" Trotz aller Bemühungen gelang es Bratti bei der gemein»amen kurzen Wanderung nicht, Näheres über die Persönlichkeit des Fremden herauszulocken, dieser wußte allen Fragen geschickt auszuweichen. Der Msreato Vecchio war »eit undenklichen Zeiten der Hauptvcrkehrsort für Lebensmittel und andere Waren in Florenz. Hier hatte die stolze Metzgerzunft ihre Stände, ebenso die Gemüsegärtncr, die Fabrikanten von Käse und Makkaroni, die Töpfer, Geldwechfter und Kleiderhändler. An dem Morgen des eben erwähnten Apriltages bot der Markt jedoch einen ganz ungewohnten Anblick. Wohl waren in den Buden die Waren zum Teil hergerichtet, auch fehlte es nicht an Kauflustigen, aber irgend «in besonder« Ereignis schien, als Bratti und der Fremde die Piazza (Platz- betraten, alle so lebhaft zu beschäftigen, daß Käufer und Verkäufer ihre Geschäfte vergaßen. Die meisten Händ ler wendeten ihren Waren den Rücken und gesellten sich den Scharen eifrig Plaudernder zu, welche hier und dort ans dem Markte beisammenstanden. Die Neugier wirkte offenbar »innvcrwirrend: ein Kleiderverkäufer legte sich «in paar alte Beinkleider, die er eben aufzuhängen im Begriffe »var, um den Hals und schloß sich, als er die allgemeine Aufregung bemerkte, eilends der nächsten Gruppe an. „Dinvvlo!" (zum Teufel», ries Bratti, „auf dem Mer cato geht'-S toll zu, ich muß wissen, was das bedeutet. Habt keine Sorge, junger Mann, ich vergesse Euer nicht, habt nur eine Weile Geduld." Mit diesen Worten trennte er sich von seinem Schütz ling, um sich geschickt in den Kreis eifrig Schwatzender einzudrängen. „Drei Nächte lang schossen Lichtstrahlen über San Lorenzo hin." „Es donnerte bei klarem Himmel." „Die Laterne des Domes zerschmetterte." „Er starb wie der beste Christ." „Gott wird ihm gnädig sein." „Sein Votlvbild siel in der Nunziata (Florentiner Kirche) im gleichen Augen blick zu Boden." Gleich stnrmgejagtc» Hagelkörnern schwirr ten diese Worte durcheinander. „Hallo, Netto", rief Bratti einem Manne in »einer Nähe zu, der zum Abzeichen seines Berufes ein Rasier messer im Gürtel trug, „es scheint, der Lorenzo d' Medici ist gestorben, Friede »einer Seele." „Just, wie du »agst", lautete die Antwort. „ES heißt, »ein Wachsbild in der Nunziata stürzte zu Boden, als er verichied. O, «in großer Mann, ein großer Politiker, ein größerer Dichter als Dante!" (Fortsetzung folgt.)