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Nummer 291 — 25. Jahrgang ömal wöch. Bezugspreis für Dezdr. 3.00 rinschl. Bestellgelo Anzeigenpreise: Die Igelp. Pelitzeile 80^. Stellengesuche 20 Die Petitreklamezeile. 89 Milli, meler breit, 1 Lksertengebühren für Selbstabholer 20 L. bei Uebersenöung öurch Sie Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10 L. Sonntags-Nr. 15 Geschäft!. Teil: Friedrich Nieser in Dresden. SÄckllsclie Freitag, 24. Dezemtier 1926 Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieserung sowie Erküllung o Anzeigenaulträgeg u. Leistung v Schadenersatz. Für unöeutl u. d Fernz ruf übcrmitt. Anzeigen übernehmen wir keine Be« antwortung. Unverlangt eingesandte u. m Rückportg nicht versehene Manuskripte werü nicht ausbewahrh Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittag- Hauptschriftleit.: Dr. Joseph Albert. Dresden, kü. «kvlliiul Ursger 8tr. 34 »snilieliului Slkümple «irsvilsNin » Schokoladen » » Konsitüren » - Kaffee/Tee » »«cschcnkartikel» Franz Steiner Breeden II. Alaunstraße 43 und 45 Geschäftsstelle, Druck NN» Verlag! Saronia. Biichdruckeret ÄmbH.. Dresden A. I, Policrslwtze 17. Fernruf 21!»S. Postscheckkonto Dresden I47S7. BanNonto: Dresdner Bank, Dresden. Für christliche Politik und Kultur Uiedaktt»» der Sächsische» Volks,ettnng Dresden-Altstadt 1. Polie.stratze 17. Fernruf LM1I und ri»l2. p. rc«Lve L co. Ilsttilee. Hi/si»«nt«su»»tr»av 10, gigmübu tletln IlSiiz Annahme -es Reichshaushaltplanes für 1927 im Reichsrak — Gleichgewicht im Kaushalt mit 8,3 Milliarden — 528 Millionen Anleihebedarf — Die wachsende Reparationslast Die litauische Revolution (Von einem gelegentlichen Mitarbeiter) Danzig, 20. Dezember 1926. Lim 13. Dezember wurde ein Herr Glowakis, der sich für einen Oberstleutnant ausgab, und ultraradikale Rechtskreise gegen den Staatspräsidenten Grinius und das Kabinett Slezevizius aufhetzte, verhaftet, weil er ein Betrüger sei, dem es bloß ans Erlangung einer ihm nicht gebührenden Offizierspension ankomme. Die Kownower Blätter machten Witze über den „verhinderten Mussolini" von Litauen. Bier Tage später war Herr Glowakis Stadtkommandant von Kowno. Wenn er noch nicht Ge neral ist, wird die neue Regierung 2 metona ihn bald dazu ernennen, und eine fette Pension ist ihm sicher. Es gibt einen französischen Spruch: „Ote-toi gue je m'y mette" — „Steh' auf und laß mich sitzen" — nämlich sit zen am gutgedeckten Tisch, an dessen Genüssen sich auch mal andere laben wollen. Das ist ein menschliches Grund motiv aller Militärrevolutionen und hat sicherlich im Falle Litauen eine Rolle gespielt. Selbstverständlich tre- spi-if" sondern immer in ge sellschaftsfähiger Kleidung auf, die sie unschwer in den großen Basaren des Patriotismus, Nationalismus und der Rettung der Gesellschaft finden. Die Regierung Slezevizius war eine Links regierung. aber keine sehr radikale oder gar kommu nistische. So wenig als irgend eine andere litauische Ne gierung hatte sie oder Hütte sie jemals ans Wilna ver zichtet, das die Polen den Litauern gegen alles Recht und sogar unter der ausgesprochenen Mißbilligung des Völ kerbundes entrissen haben. Auch Slezevizius hat keinen Friedensvertrag mit Palen geschlossen, aber er verzichtete auf nutzloses Säbelgerassel und ließ in Genf litauische und polnische Vertreter zur Ordnung gewisser tatsächlicher Verhältnisse lAnstausch von Flüchtlingen) unterhandeln. Zugleich schloß er mit der Sowsetregierung einen Ver trag. der den Russen keinen Einfluß auf die inneren Zu stände Litauens gewährt, dem Lande aber doch einen Schutz gegen polnische Angriffe garantiert. Das genügte aber den Militärs, das Gerücht zu verbreiten. Slezevizius babe Litauen „den Bolschewik!" verkauft und nächstens werde der Kommunismus in Kowno eingeführt werden. Der Militärputsch vollzog sich glatt und prompt und, wie es scheint, ohne allzuviel Blutvergießen. Tie Nachrichten über Pogrome gegen die Deutschen und gegen die Juden, die im Osten eine Schicksalsgemeinschaft bil den, stammen mis Palen und sind mit großer Vorsicht auf zunehmen. Es ist ganz glaubhaft, daß die Ruhe in den Straßen Kownos nickt gestört worden ist. denn es ist der handeltreibenden Bevölkerung dieser Stadt im Grun de sehr gleichgültig, ob der Herr Smetona oder der Herr Slezevizius im Ministerrat sitzt. Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob die litau ischen Mlitürputschisten die Sache etwa für Rechnung und im Auftruge einer auswärtigen Macht gedreht haben? Solche Fragen sind beim gegenwärtigen Zustand der Welt leider nie obne weiteres van der Hand zu weisen. Ta sich aber in solchen Dingen nichts bewei sen läßt, so muß man dem Grundsatz folgen, daß Treu und Glauben solange zu vermuten sind als man keine Be weise für ihr Gegenteil beibringen kann. Die polnische Presse war sofort bei der Hand, von „deutschen Ein flüssen" zu sprechen, was entschieden böswilliger Unsinn ist, schon deshalb unmöglich und unglaublich, iveil er den noiorisch guten Beziehungen widerspricht, die zwischen den deutschen und den russischen Wehrkräften unbestritten bestehen. — Aber England? Litauen als Glied der großen antiboischewistischen Front, in deren Aufbau die konservative englische Regierung ein Lebensinteresse er blickt? Man kann nicht bestreiten, daß eine solche Hypo these manches für sich hat. Man kann in der Tmetona- cevolution einen britischen Rückschlag gegen den Vertrag zwischen Litauen und den Sowjets sehen und und Schlüs se nach der alten Regel ziehen, daß hinter einem Unter nehmen der steckt, der den Vorteil daraus hat. Falls die Regierung Smetona das Abkommen mit den Sowjets widerrufen sollte, wäre die Sache klar. Aber das wird sie doch kaum tun. denn das hieße, sich dem polnischen Nachbarn allzu willfährig zeigen, eine Gebärde, die keine litauische Regierung machen will. Aber wenn England Berlin, 23. Dezember. Der Reichsral hat gestern den Haushaliplan für 1 9 27 önrchderateii. Diese Beratungen erlauben zum ersten Ma! einen Ueberblick über den voraussichtlichen Stand der Reichsfinonzen im kommenden Jahre. Der Reichshaushalt für 1927 hält nach dem Berichte des Referenten Ministerialdirektor Sachs mit 8,5 Milliarde» Einnahmen und Ausgaben das Gleichgewicht. 7.9 Milliarden Reichsmark an Einnahmen und Ausgaben entfallen aus den ordentlichen Haushalt. Ter außeroroentliche Haushalt weist einen Ausgabe bedarf von 509,5 Millionen Reichsmack auf, von denen 8,1 MiUronsn durch eigene Einnahmen ge deckt werden sollen, während 501,3 Millionen Reichsmark auf Anleihe verwiesen sind. Wenn der Entwurf mit 8,5 Milliarden !m wesentlichen in Ser gleichen Höhe abschließt, wie der Reichs- hauehaitsplan für 1926, der einschließlich des Nachtragsetats auf 8,6 Milliarden kommt, so zeigt dies, oa im Rechnungsjahre 1626 die Reparationszahlungen aus dem .Haushalt um 318.5 Millio nen Reichsmark steigen, daß an anderer Steile Ersparnisse ge macht worden sind. Der ordentliche Haushalt zeigt einen Ausgabebedarf von 7.9 Milliarden Reichsmark, davon 7,5 Milliarden in fortdauerndem und 115,1 Millionen Reichs mark an einmaligen Ausgaben. Dem Gesamtbedars von 7,9 Milliarden Reichsmark stehen Einnahmen in gleicher Höhe gegenüber. Veranschlag! sind an Einnahmen auf Besitz- und Bcrkehrssteuern 5025 Millionen Reichsmark (521 Millionen Reichsmark mehr als im Vorjahre), aus Zöllen und Verbrauchs steuern 2130 Millionen Reichsmark (380 Millionen Reichsmark mehr als 1926). Die Einkommensteuer soll 2.1 Milliarden Reichs mark (ein Plus von 300 Millionen), die Körpersciiaftssteuer 350 Millionen (ein Plus von 100 Millionen), die Vermögenssteuer 170 Millionen (ein Pins von 70 Millionen), die Erbschans.teuer 100 Millionen (ein Plus von 10 Millionen), die Umsa^steuer stcucr 900 Millionen (ein Minus von 71 Millionen, das auf die Sieuerseukung zurückzuführen ist) erbringen. An Einnahmen aus Zöllen sind veranschlagt 875 Mil lionen (plus 205 Millionen), aus der Biersteuer 3:35 Millionen (plus 100 Millionen). Die Ueberweisungen an Länoer und Ge meinden belaufen sich auf 2,6 Milliarden Reichsmark (plus 216,9 Millicnen). Mehreinnahmen stehen ferner zur 'Verfügung durch eine Steigerung der Lerwaltungseinnahmcn um 11,3 Millionen, aus Dividenden der Vorzugsaktien der Reichsbahn 51 Millionen, aus der Beteiligung an industriellen und kaufmännischen Unter nehmungen 1,8 Millionen Reicksmark (die Einnahme betrug im Vorjahre 5.1 und ist auf 7,2 Millionen gestiegen), die Deutsche Reichs post soll zu den allgemeinen Reichsausgaben einen Betrag von 70 Millionen Reichsmark wie im Vorjahre beisteuern, die R'w.sdruckerei einen Betrag von 1,3 Millionen R 'ichsmack splus l^ogoo Reichsmark). An Mün'gewinn ist eingestellt der Betrag von 180 Millionen Reichsmark (gegen 291,2 'Millionen im Veizahr). Bon den fortdauernden Ausgaben des ordentlichen Hanshalts entfalle» aus Personalausgaben 659.7 Millionen Reichsmark, auf Versorgungsgebübrnisse 1467.6 Millionen RM., auf sachlich« Ausgaben 1710,8 Millionen Reichsmark. Dazu kom men 115 2 Millionen einmalige Ausgaben: davon entfallen 200 Millionen auf die unterstützende Erwcrbslosenfüriorge. 50 Mil lionen au' die produktive Erwcrbslosensürsorge, 199,8 Millionen aus Invalidenrenten. Ter außerordentlicl)« Haushalt weist einen Ansgabenbedarf van 509 5 Millionen aus. von oen nach Abzug von 8.1 Millionen 501.3 Millionen durch Anleihe ge deckt werden sollen. Es Lars gleich hier erwähnt werden, daß während der Beratung ein 'Mehrbedarf von 8,3 Millionen ein- auch nicht als Anstifter hinter dem Putsch steht, so ist es doch möglich, daß es jetzt, nachdem die Lache geschehen ist. mit den litauischen Generälen und den Zivilisten der Smetonaschen Militärregierung in nahe Fühlung tritt. Dann ist es wohl möglich, daß die berühmte „Kaval lerie des Heiligen Georg", wie man Englands Geld in Anspielung auf die alten Eeorgstaler mit dem gestellt worden ist. davon 8 Millionen für die Kanalisierung der Weser, sür die Fortführung der Arbeiten am Mitleilanokanal 17,7 Millionen und sür die am Ihle—Plauer Kanal 1,1 Milli onen. Ter Anleihebcdaf steigt dadurch aus 528,4 Millionen. Die Reichssinanzverwaltung verfügt bereits für das Rechnungsjahr 1826 über einen Anleihekredit von rund einer Milliarde, zu dem noch ein Anleihekredit von 100 Millionen aus dem Rechnungs jahre 1925 hinzutritt. Bon den Ausgaben des außerordentlichen .Haushalts sind hervorzuheben 130 Millionen zur Beschaffung von Arbeits gelegenheit sür Erwerbslose. 50 Millionen zur Förde rung des lanüirurtschastttchen Sredlungswerkes und 81,2 Mil lionen für den Ausbau von Binnenwasserstraßen. Ter Haushalt für Kriegslasten 'chließt ab mir einem Ausgcibebedarf von 177,2 Millionen. In das Rechnungsjahr 1927 fallen fünf Monate des 3. und siebe» Moncne des 1, R e p a r a t i o n s j a h r es. Zn leisten sind in beiden Jahren je 290 Millionen ans der Reichsbeiorde- rungsstener (138,5 und 109,1 Millionen). Aus dem ReichS- haushalr sind fünf Zwölftel von 110 Millionen 15,3 M.llionen für das 3. und sieben Zwölftel von 50!) Millionen --- 221,6 Millionen für das 4. Rsparationssahr zu leisten. Tie Gc'-amtbelasiung mir Reparationsleistungen für 1927 beläuft sich auf 1778,77 Millionen. <168,5 Millionen mehr als für 1926.) Zur Fort etzuug der Hilfsm a ßnah m e n für die b e drohten Grenzgebiete har die Reichsrcgiernng 15 M'.llionen eingeletzt, die von den Ausschüssen nur 20 Mil lionen erhöht werden sind. Insgesamt war für eine Mehr ausgabe von 112.5 M.ll.onen Deckung zu finden. Das 'oll wach den Pockchlägsn der Ausschüsse durch E nnalnneer- höhungen bei Steuern und Zöllen ge-chehen. 'An 'Ausgabe- Verringerungen wurde ein Ge amrberrag von 18,5 Millionen vorackchlagcn, so daß sich insgesamt die Deckung von 112,5 Msilionen für die Mehrausgaben ergeben würde. Im Nahmen des Reichsfinanzmi nisters erklirre 'IN ni- sterialdireklor Tr. Lorholz. die Reichsregierung micke der durch d:e 'Ans chüsse beschlos'enen Erhöhung der 'Aus gaben vom Standpunkt ihrer Veranrwortung aus entgegsn- treren, da d e Steuerguellen eine weitere Belastung nicht er trügen. — Der bayri'che Gemndre v. Preg er beantragte, den^Fonds für die gefährdeten Grenzgebiete au? 30 Millio nen zu erhöben, damit das batzri'che Grenzgebiet mir 3 M'.lliouen ausgestaltet werden könne. Zur Tagung könnten die Boran'chläge sür d:e Beförderung-neuer ent'vrechend erböhr werden. Trotz dem Wwerwruch des 'Vertreters de- Reichssinanzministcriums wurde die er Antrag angenommen; doch ioll d:e Deckung ans Antrag Preußens durch Ecipac- niise erfolgen. » Mil dem Hausbalivlan in der vom Oie ich-rat verab- 'chwderen Form wird 'ich nach den A:i!,nach:sferien der Re-.chsrag zu br'chäsligen haben. D e Zahlen des Hausbali- vlrnes zeigen, daß un sre finanzielle Lage auch im neuen Jahre keine rosige lein wird. Wenn man bedenk.', 8 aß die Höhe der bestehenden Besteuerung 'ch mehr und mehr als untragbar für die dem che W.rr'cha'r erweck, und daß ans der anderen Seite d:e Revararionelanen von Jahr zu Jahr steigen, dann wird man mir ernster Sorge der Entwick lung der Rerchs'inanzen in Sen nächsten Jahren enuzegsn- 'eheu. In dicker Lage ergeben >:ch zwei Forderungen: Zunächst ist stärkster A bban ' der ordentlichen Ausgaben not wendig, wobei auch endlich eine grnnd Ltzliche Bereinigung der Frage des Itnanzansgle chs erfolgen müßte. In wei terem Felde aber muß vcr'uch: werden, aus dem durch da-S Londoner Abkommen geborenen Wege e ne Revi'ion der K r i e g s l a st e nä tz e zu erreichen. drachenlötenden Ritter nennt, durck Litauens Fluren rei tet. Vom Militär der Kleinstaaten wird ein pewisier Condottieregeist immer unzertrennbar sein. Herr Glo- wakis, gestern im Gefängnis, heute Stadtkommandant von Kowno. wäre wahrscheinlich am besten in der Lage, die Geschichte der jüngsten litauischen Revolution zu schreiben. Aber er wird es nicht im.