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Wogende Saar fehlende Mahd Zum Welt- und Missionssonntag am 7. Dezember 1830. Seit 2000 Jahren wir- in -er Welt -er Same -es Glau- bcns gesät. Wenn -ie Arme einer Generation von Glaubens bolen im Tode erschlafften, ivsnn -!e nervige Faust eines opfer bereiten Sämanns von -en Keulen der Christenversolger zer schlagen wurde, traten neue Scharen an die Stelle -er H!n- oeopserten. schon 50—60 Generationen lang, ohne Unterbrechung. Es gab reichen Fruchtsegen, aber auch Missernten, -ie blühende Aecksr wieder in Oedlän-er verwaiBslten. Nie aber ist eine solche Ernte gesät worden, so systematisch, so intensiv, so wcltumsassen- wie im Zeitalter der beiden letzten Missionspäpste. Hinter den nioternen Verkehrsmitteln, die zu Wasser, zu Lande, in der Lust immerwährend in einst verschlossene Gebiete eindringen, folgen heute -ie Glaubensbotcn. Sie -ringen ein in das Reich de« Polarwinters, in -ie Steppen Innerasiens. in -ie Urwälder des tropisckzen Afrika, auf -ie winzigsten Koralleninseln -er Südsee. Und Gott -er .Herr hat menschliche Intelligenz ein wunderbares Mittel sinden lassen, um die Arme der Sälcute des Klanbenssamens um Hunderte und tausende von Kilometern zu verlängern. Der knisternde Funke des Radiosenders kann das Wort Gottes hinauslragen bis in die einsamsten Ge genden. Und nie war auch der Boden aufnahmefähiger für die Saat. Aber während -ie Saat allerorten reist, sät -er böse Feind mit niegesehenem Aufwand an Kräften in letzter Stunde bösen Samen, um die Ernte zu vernichten. Ans tausenden neuer Zei- tungsdruckereien wandert eine nichtchristliche Ideenwelt Immer tiefer in die kulturarmen Länder. Und den hunderttausend Scl-ä-Iingcn die wie ein Heuschrechonschwarm die Ernte Gottes bedrohen, stehen nur 13 000 Priester und etliche Zehntausende von SchivesMrn und Laienaposteln gegenüber. Wer hilft die Ernte retten? Ihr dreihundert Millionen katholischer Laien, von Gatt durch heilige Pflicht zur Ernte mit- bcrufen, wollt ihr euch nicht einreihen in die Schnitterschar der Laienwelt, die die Kirche heute im Päpstlichen Werk der Glau bensverbreitung sFranxiskus Taverius Missionsvereins organi siert, um eine der grössten Ernten -er Weltgeschichte einzu- heimscn? Am heutigen Weltmissionssonntag geht der göttliche Sämann bittend durch die katholischen Lande und ruft nach Arbeitern für die Ernte, ruft nach Menschen, die durch Gebet un- Opfer die müden Arme jener stützen, die ihre letzte Lebens kraft im Erntedienst Gottes rrcrzchren. Wogende Saat auf den Feldern -er Weltkirche! Mer fehlende Mahd, soweit das Auge über die schimmernde Ernte blickt Bedenke es: „Das grösste und heiliaste aller katholischen Werke ist das Werk der Mis sionen" sPius XI' Jos, Peters. NoMsei George Grosz, der nun zum fünften Male wegen seine? Bildes „Mau! halten und weiter dienen" lChristus mit Stahl helm und Gasmaske, am Kreuz) vor den Richtern gestanden hat. ist wiederum freigefprochen worden. Grosz ist Kommunist, er will mit dem fraglickien Bilde nur zum Ausdruck gebracht haben, dass Christentum und Krieg unvereinbar seien. Die Vernehmung -er Sachverständigen zeigte, welche Wirrnis der Meinungen heute hinsichtlich der Grenzen der Kunst in Deutschland herrscht. Professor Wagner (Breslau), der als katholischer Sachver ständiger von seiten des Gerichts zu dem Prozess hinzugezogen worden war, gab wohl der Meinung aller Katholiken Ausdruck, wenn er erklärte: „Das Cbnstusbil- mit der Gasmaske ist eine Blasphemie, wenn man die Worte „Maul halten un- weiter- dienen" Christus sprechen lässt. Und so hätte auch er selbst die Unterschrift gedeutet. Schweres Aergernis bedeute es, wenn das Christussnmbol degradiert würde zu eiiwm Propaganda- mittel für den Pazifismus Gatt und Christus u ^ eins. Darum bedeutet das Bild und die Unterschrift für das ligiöse Gefühl sedes gläubigen Katholiken eine schwere Gotteslästerung, Pro fessor Wagner kann sich nicht denken, dass der Künstler sich einer solchen Wirkung nicht bewusst war." — Die gleiche Aiisckiaiiung Regierung un- Beamtenschaft Ministerpräsident Schieck vor den höheren Beamten Sachsens Dresden, 6. Dezember. Ministerpräsident Schieck und Minister des Innern Richter empfingen am Mittwoch eine Abordnung des Landes verbandes der höheren Beamten. Hierbei legten die Beamten vertreter dar, dass die Beamtenschaft schwer beunruhigt sei, weil ihre Lage in der Oeffentlichkeit vielfach verkannt werde und sie deshalb gesetzgeberische Massnahmen befürchte, die für sie un erträglich seien. Demgegenüber wiesen der Ministerpräsident und der Innenminister darauf hin. dass die sächsische Regierung schon im Sommer dieses Jahres nicht ohne Erfolg bestrebt gewesen ist, der Ll^prozentigcn Reichs Hilfe der Beamten den Charakter einer einseitigen Sonderbelastung der Beamtenschaft zu nehmen. Hierbei wie bei der neuerlichen Kürzung um 6 v. H. habe die Regierung den Gedanken abgelehnt, dass die Gehaltserhöhung von 1027 über das gebotene Blass hinausgegangen wäre. Da mals sei die Beamtenschaft, insbesondere auch die höheren Be amten, im allgemeinen richtig in die wirtschaftlich Lage einge- glicdert worden. Der neuerlichen Kürzung der Beamtengchälter um 0 v. H. hat sich aber die sächsische Regierung um deswillen nicht grundsätzlich verschlossen, weil diese Kürzung deutlich in den Rahmen einer umfassenden Aktion zur Senkung des allgemeinen Lohn- und. Preisniveaus in Deutschland gestellt ist. Die Regierung erwartet von der Beamtenschaft Verständnis dafür, dass sie in erster Linie an Ord nung in den Finanzen des Reichs, des Landes und der Gemein den Interessiert ist. Lebhaft bedauert es die sächsische Regierung, dass die Be amtenschaft die Kürzung bereits vom 1. Februar ab über sich ergehen lassen mutz, während zunächst der 1. April vorgesehen war. Sie hat diesen Standpunkt dadurch zum Ausdruck ge bracht, dass sie sich im Reichsrate bei der Schlussabstimmung der Stimme enthielt. Die Minister schlossen hieran den Wunsch an, dass die Beamtenschaft nunmehr vor weiteren Beunruhigungen verschont werde, nicht nur um ihretwillen, sondern auch deshalb, weil die ausserordentlich grossen Aufgaben, die an den Staat und an die Gemeinden tn dieser Zeit herantreten, nur mir einer dienstfreudigen und von überzeugter Hingabe an den Staat er füllten Beamtenschaft geleistet werden können. Die Ocffentlich- keit möchte sich, das ist der Wunsch der sächsischen Regierung, bei der Behandlung von Beamtenfragen immer dessen bewusst blei ben, dass ein unabhängiges, wirtschaftlich gesichertes und dlenft- freudlges Berufsbcamtentum auch für den Volksstaat, und für ihn besonders, eine unbedingte-Notwendigkeit ist vertrat von protestantischer Seite Pfarrer Schreiner-Spandau. Dagegen trat ein Vertreter der Quäkersekte. Dr. Albricht, für Grosz ein, ebenso -er protestantische Pfarrer Bloier. Ebenso bezeichnet«: der Reichskunstwart Dr. Redslob Grosz als einen innerlich frommen Menschen, -er -en Missbrauch christlicher Ein richtungen habe gcisseln wollen. Da es psychologisch undenkbar sei, dass ein Künstler ein Werk von sich falsch interpretiere, müsse man die Erklärung des Angeklagten Grosz über das Ziel, das er mit seinen Zeichnungen angestrcbt habe, glauben. — Diesen Be- urtcilern gegenüber betonte der bekannte Strafrechtslehrer Prof. Dr Kahl. Nt. d. R., die Beschimpfung Christi läge in -er Unterschrift: „Ma»l halten und weiterdienen". Er halte es für ausgeschlossen, dass jemand beim Betrachten des Bildes die Worte als zu Christus und nicht von ihm gesprochen, deuten könnt«. Trotzdem hat das Gericht für Grosz entschieden. In -er Urteilsbegründung wird gesagt: „Auch bei dem Bild des „Chri stus mit der Gasmaske" wird der aufmerksame Beschauer nur das herauslesen, was der Künstler wollte. Und da? Ist etiva folgendes: Auch Christus wäre von der Kriegsmacht erfasst worden. Man hätte Ihn so anaezogen, mit Stiefeln und mit einer Gasmaske. Wenn er von Liehe gepredigt hätte, so hätte man ihm zugerufen: „Maul Hallen und weiter dienen!" Aller dings kann dies Bild verkannt werden. Wenn in ihm gesagt wäre, dass Christus selber nichts anderes zu sagen gehabt hätte als: „Maul halten und weiter dienen!" — dann wäre es eine Gotteslästerung gewesen. Ein Christ kann allerdings von der Zeichnung abgestosscn sein." Diese Urteilsbegründung kann sie angesichts der verschie denartigen Stellungnahme der Sachverständigen aus den alten guten Rechtssatz „In dubio pro reo" (In Zweifelsfällcn zugunsten des Beklagten.) stützen. Dass aber ein Tackestand dieser Art überhaupt zweifelhaft sein kann, ist die für unsere Zeit und das Christentum unserer Zeit keineswegs schmeichelhafte Lehre dieses Prozesses. Das House os Commons, die Mutter der Parlamente, ist immer noch -er beste Lehrmeister für die Erziehung zu parla mentarischer Gesittung. Im Dailn Telegraph lesen wir einen Bericht über einen Zwischenfall, der sich vor einigen Tagen im Unterhaus ereignet hat. Der Labourabgeordnete Simmon Hatto sich darüber geärgert, dass -er konservative Lord Winterton ü neu Parteifreund auf der Ministcrbauk, Philipp Snowdcn. Mit der allerdings wenig schmeichelhaften Bezeichnung „an insulting dog" (Das entspricht fast wörtlich dem sächsischen Kosewort: „Streitiger Hundt") l>elegt hatte. In seiner Er- regung war er wahrend einer Abstimmung an den Lord heran, getreten und hatte Ihm mit der Tagesordnung einen leichten „papierenen" Schlag ins Gesicht versetzt, einen Schlag, von dem später der Betroffene selbst erklärte, er würde überhaupt nicht, davon gemerkt haben, wenn ihn nicht jemand darauf ausmerk, sam gemacht hätte. Trotzdem war es für die Würde des .Hause, ein schwerer Schlag. Der Speaker, der von dem Borfall uichis bemerkt hatte, wurde von mehreren Konservativen, darunter von Chamberlain und Baldwin, feierlich interpelliert, was er zu tun gedenke. Er regte schliesslich eine Erklärung und eventuelle Entschuldigung durch -en Missetäter an. Daraus erhob sich dieser prompt un entschuldigt« sich in aller Form, womit der Zwischenfall «Ine allseitig befriedigende Beilegung gefunden hatte. So wird's im englischen Parlament gemacht. Der Präsident des amerikanischen Gewerkschaftsvcrbandc», Green, erklärte, die Zahl der Arbeitslosen in den Vereinigten Staaten betrage augenblicklich 4860 000. werde aber bis zum Februar nächsten Jahres auf über sieben Millionen steigen. — Diese Ziffern zeigen deutlich, wie ausser ordentlich schwer und tiefgehend -ie Krise auch in den Bereinig, ten Staaten ist, un- -aß man sie nicht als einen bloßen Schön, heitsfchler in dem Bilde der amerikanischen Prosperität betrach ten darf. Amerika tritt in dos Stadium de» europäischen Kapi« tolismus ein. in dem sich die Reibungsschwierigkeiten, die Di» Harmonien zwischen Produktion und Massenkaufkrvft qu«m. titativ und qualitativ immer mehr vergrößern. Solch« Kris«« sind nicht von heut« auf morgen zu beseitigen. Sie sind k«tn« Zufälle und keine einmaligen Geschehnisse. Bei alledem muss man sich darüber klar sein, daß die oben« siedenden Ziffern, die nur ein notdürftiger Ersatz für die feh lende amtliche Arbeltslosenstolistik sind, nach oller bisherigen Erfahrung noch erheblich unter -en Tatsachen liegen. Es handelt sich nur um «ine Schätzung, und zwar um «In« Schätzung, -ie entsprechend der grundsätzlichen Einstellung der amerikanischen Gewerkschaften die Lage -er Arbeiterschaft de- schönigt. Zahlreiche Wissenschaftler schätzen -!e Ziffern der amerikanischen Arbeitslosigkeit schon heute auf die Zahl von etwa sieben Mistionen, die Mr. Gren für den kommenden Februar annimmt. HMH Nachkrieg Bücher über Revolution und Gegenrevolution. Der Bedarf an Kriegsliteratur scheint allmählich gedeckt zu sein. Wohl erscheinen noch einzelne Nachzügler des grossen Auf marsches, der seil Remarques „Im Westen nichts Neues" in so unerhörter Breite angeschwollen war. Aber das sind Langschlä fer, die zu spät erwacht sind und nun hinter der Konjunktur her- lnufeu. Die feinen Nasen, die Witterung für den Geschmack des Publikums haben, sind längst zu Entdecker» eines neuen, gleich dankbaren Stoffgebietes geworden. Renn hat seinem „Krieg" einen Band „Nachkrieg" folgen lassen, Gläser seinem Kricgs- romcm der noch nicht waffenfähigen Jugend „Jahrgang 1002" einen Revolutionsroman „Frieden". — Man könnte ja fragen, ob die Ereignisse der Revolution wirklich schon so weit hinter uns liegen, dass sie als künstlerischer Stoff ernstlich in Frage kämen. Die Autoren, die dieses neue Stoffgebiet behandeln, kom men doch in erster Linie dem Augenblicksgeschmack entgegen, der durch den Ersqlg des Radikalismus am 14. September be stimmt ist. Ie nach der politischen Stellung des Autors wachsen Zeitfreiwillige und Freischärler oder Rotgardisten und Revolu tionäre zu legendärer Grösse empor. Das wird besonders deutlich in Arnold Bronn eus „Rossbach" (Ernst Rowohlt Aeriag, Berlin: Kart. 3 Mark). Der bekannte Freischarönführer wird hier zum Symbol der deut schen Jugend des Ostens, wird als heiterer Recke gezeichnet, der die Nachkriegswirren stolz übersieht und alle anderen um Haup teslänge überragt. Nicht nur die Minister des nachreoolutionä- ren Deutschlands, sondern auch Leute wie Hitler, für die Bron nen doch zweifellos Sympathie empfindet. „Bereitschaft, Bereit stellung" will dieses Buch sein, der „totalen Mobilmachung" der Seelen dienen: Bronnen hat also den Ehrgeiz, der Tyriäus des „Dritten Reiches" zu werden. — Wesentlich bescheidener gibt sich der wegen seiner Beteiligung am Rathenau-Mord seinerzeit verurteilte Ernst von Salomou in seinem Buche „Die Geächteten" (ebenfalls: Rowohlt: geh. 5 Mark). Salomou berichtet genau, sehr ausführlich über seine Erlebnisse als Balti kum Soldat und Oberschlesicii Kämpfer, über seine Tätigkeit in der von dem späteren Rathenau Mörder Kern aufgezogenen illegalen Organisation und über die fünf Jahre Zuchthaushaft, die er nach seiner Verurteilung verbüßt hat. Das Buch ist ein erschütterndes menschliches Dokument, vielleicht eines der weni gen. die von der jetzt anschwellenden Reoolutionsliteratur dem Historiker spätererZeitcn als wichtig und menschlich wahr erschei nen werden. — Sehr interessant ist es, mit den Berichten Solo mons den Roman „Sprengstoff" zu vergleichen, den Fried rick) Wilhelm Heinz, gleichfalls eine Zeitlang Mitarbeiter Kerns, aus den gleichen Erlebnissen gestaltet hat. (Frundsberg- Beriag. Berlin: Ganzleinen 4,80 Mark.) Heinz greift mit feiner Darstellung weiter bis zum Hitler Putsch 1023, deu übrigens auch Bronnen schildert. Sehr interessant ist es, die Szenen, die in allen drei Büchern enthalten sind, zu vergleichen. Ein Beispiel wie verschieden verschiedene Menschen das gleiche Erlebnis aus nehmen! Durch die Bücher von Salomou und Heinz klingt ei» starker Untertan von Resignation, während sich Bronnen voller Zukunstshoffnung gibt. „Regiment Reichstag" nennt sich ein Roman, in dem Kurt Lamprecht die Geschichte jener Truppe aus den Rcvo- lutionstagen schildert, die den Spartakusaufstand niedergekämpft und das Berliner Zeitungsviertel gesäubert hat. (Der Roman ist erschienen im Fockelreiter-Derlag. Hamburg-Bcrgedorf: Lein- band 6 Mark.) Dos Regiment Reichstag bestand bekanntlich aus Soldaten, die sich zur Mehrheitssozialdemokratie oder Demokra tie bekannten. Lamprecht gibt ein sehr anschauliches Bild jener Tage, des Durcheinanders von Not, Verzweiflung, Schiebertum und gequälter Lust. Die Typen, die er zeichnet, sind lebensecht. Nur haftet seinem Buch (ebenso wie dem von Heinz die Schwäche an, dass man nie entscheiden kan», wo die Tatsachenschilderung aufhört und die Dichtung beginnt. — Ernst Glaeser gibt in seinem Roman „Frieden" eine Art Fortsetzung zu seinem ersten Roman „Jahrgang 1902". Das Thema könnte man so formulieren: Was erlebt der Jahrgang 1002 im Revolutionsjahr 1018/18? Nicht sehr erfreuliche Dinge. Die Bilder sind hier die gleichen wie in den eben genannten Büchern — aber meist blas ser, weniger erlebt. Revolutionäre Ereignisse in einer deutschen Londeshauptstadt (man könnte vermuten: Darmstadt) werden geschildert. Einige Szenen sind von packender Wucht Der Aus- iitang ist pessimistisch: die Wett, wie sie vor 1014, die Welt der Eltern, die der Jahrgang 1902 so sehr gefasst hat, ist nach der Niederschlagung der Revolution wieder „völlig kample»". (Glac- sers Roman wird verlegt von Gustav Kiopenhauer. Berlin: brosch. 4 Mark.) — Ein Herr Walter Müller. SPD Funk tionär in Breslau, schildert in einer „realpolitischen Utopie" „Wenn wir 1918..." (Malik Verlag, Berlin: Kart. 3,50 M i, wie alles gekommen wäre, wenn eben 1018 nicht die National versammlung gekommen wäre, sondern Deutschland den Aist schluss an die Sowjet Union erklärt hätte. Dann wären nach An sicht des Herrn Müller zunächst einmal die Entente Heere in Deutschland einmarschiert (darin stimmen wir Ihm zu) und dann in den Entente Ländern die Revolution ausgcbrochen (und darin stimmen wir dem Optimismus des Herrn Müller nicht zu). Aber nicht genug damit: Die Sowjet-Republik Europa hätte die ganze Welt, zuletzt Amerika revolutioniert. „Umarmt Euch Brüder, die Welt ist unser!" schließt das Buch. In einer Utopie kann inon ja so etwas sagen. Herr Müller aber wird nach dieser schrift stellerischen Leistung wohl bald von der SPD. zur KPD über gehen müssen. Sehr viel dankbarer als diese mehr oder minder blutrün stigen Gemälde aus dem dunkelsten Kapitel der Zeitgeschichte er scheint uns der Stoff, den Bruno Nelisscn Haken sich gewählt hat: „Der Fall Vunthund, ein Arbettslosen- roman" (Verlag Eugen Diedcrichs. Jena: Kart. 3,80 M,). Als erster Versuch, ein bedeutsames Stoffgebiet zu meistern, verdient der Rvman Beachtung. Haken schildert die Not der Arbeitslosen tauch die Not des arbeitslosen Akademikers) und auf der ande ren Seite die Stumpfheit der wirtschaftlich Bessergcstcllten und die Mechanik der sozialen Aemter. Letztere offenbar besonder- lebenswahr: denn das Arbeitsamt Hamburg, bei dem er beschäf tigt war, hat ihn auf Grund dieses Romans fristlos entlassen lMan soll niemals seine Vorgesetzten porträtieren, es sei denn sehr schmeichelhaft,) Pessimistisch, mit dem Selbstmord des arbeitslosen Schouermanns Bunthund, klingt das Buch aus. Eine positive Lösung konnte Haken nicht finden, denn seinem Werke fehlt das ethische Element der christlichen Liebe. — Flach erscheint neben einem solchen, immerhin grvssangelcgtcn Werke der Beri such von Peter Mendelssohn in einem Roman ,.F ertig ni i t Berli n?" zu zeigen, wie Jugend sich heute mit den mate riellen Sorgen und seelischen Problemen der Großstadt aus-