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LMNwocy, ven 18. Oktober 132V Nr. 233; Seite b Niemand vergesse in dieser Woche Die Wählerlisten einzuseherr! Der Mordprozeh Böhme Fortgang der Zeugenvernehmung — Der Lokaltermin in Grohröhrsdorf Sonst läusl er Gefahr» seines Wahlrechles verlustig zu gehen! Kleine sächsische Nachrichten In Meerane wurde am Freitag eine Bote des Bau meisters Salzbrenner, der Lohngelder nach der Ziegelei Seiseritz tragen tollte, von einem von seinem Fahrrad ab- gestiegcnen m.t einer Maske versehenen Burschen überfallen und ihm ein Beutel mit 585 Mark Lohngeldern ge waltsam entrissen. Der Räuber, der nach der Tat die Flucht ergriff, wurde als der früher in der Ziegelei tätige Arbeiter O, Schwarzenberg ermittelt und durch die Gendprmerie in Moser sestgenommen. Der grötzte Teil des Geldes wurde bei ihm vorgesunden. Auf dem Schacht Vcreinsgilück in Oelsnitz i. E. wurde einem Schlosser der Brustkorb eingedrückt. Nach der Einlie ferung in das Bezirkskrankcnhaus ist er seinen Verletzungen erlegen. Er hinterlätzt Frau und zwei Kinder. In Mittelbach geriet das Anivcsen eines Handels agenten in Brand. Das Gebäude wurde vollständcg einge äschert. Die Wohnungseinrichtungen von fünf Familien konnten nur teilweise gerettet werden. Der Schaden ist sehr groß, da fast nichts versichert war. InRofenthal (Sachs. Schweiz) wurde der 55jährige Zoll beamte Kramer, der zwei ihm verdächtig erfckseinende Per sonen anhalten wollte, von einer derselben durch einen Schutz in den Hals schwer verletzt. Di« Verbreck>er entkamen uner kannt, begünstigt durch die herrschende Dunkelheit. Kramer wurde nach dem Pirnaer Stadtkrankenhause überführt. Es hat sich herausgcstellt, datz die beiden Personen im Orte zivei Ein brüche verübt hatten. Man nimmt an, datz die Räuber einer tschechoslowakischen Diebesbande angehören. » Bei einem Brunnenbau in Pobershau ivar ein 38 Jahre alter Angestellter einer Zmickauer Brunnenbaugesellschaft in den 13 Meter tiefen Brunnen hinabgestiegen, um sich von dem Stande der Arbeiten zu überzeugen. Infolge der kurz vorher erfolgten Sprengung hatte sich das Erdreich gelockert und auch die Schutz vorrichtungen hielten nicht stand, so datz der Bedauernswerte vollständig verschüttet wurde. Nach angestrengter Arbeit gelang es, die Leiche zu bergen. Radio und Esperanto. Jeden Mittwoch, 7,15 Uhr abends, sendet Wien Vorträge über „Oesterreich. Land und Leute" als Fortsetzung der Uebung für die Teilnehmer des vorjährigen Estu- ranto-Kursus. y. Ein Frauenmörder zum Tode verurteilt. Das Schwur- M'richt der alten Bergstadt Kuttenbcrg l>at nach 3tägiger Bcrliandlung den Frauenmörder Bazant, der aus einer vor nehmen und geachteten Familie stammt, wegen Ermordung seiner Geliebten Pavelka und Sasarik zum Tode durch den Strang verurteilt. Bazant hatte die Mädchen in der Slovakei umge bracht und die Leichen vergraben. Der Mordversuch an einem dritten Mädchen missglückte. Die Verhandlung mutzte schon ein mal unterbrochen werden, da Bazant Geisteskrankheit simulierte. Die Untersuchung ergab aber, datz er geistig normal ist. Wäh rend der ganzen Verhandlung hat Bazant. der körperlich aller dings ganz herabgekomme» ist, nicht ein einziges Wort geredet. Der Prozetz fand unter ungeheurer Teilnahme der Bevölkerung statt. Dresden, 12. Oktober. Aus den Verhandlungen vom Sonnabend ist noch folgen des zu ergänzen. Die Witwe des verstorbenen Iustizrates Dr. Hermann Böhme, Frau Elisabeth geb. Gebier, die Schwester der ersten Frau und Schwägerin des Angeklagten sagte als Zeugin betreffs der dritten Frau, sie habe einmal einen ehe lichen Streit mit erlebt, wobei der Sanitätsrat geäutzert! „So kann es nicht mehr weiter gehen." Andererseits bestätigt Zeugin aus Vorhalte, datz die Erschossene wiederholt gesagt: „Robert, last mich wieder frei, ich schenke dir die 50 050 Mark bezw. das Haus". Vors.: Hat Ihr verstorbener Gatte zu dem angeblichen Iagd » nfall Ihnen gegenüber Aeuherungen getan? Zeugin: Mein Mann sagte im Gespräch darüber hierzu: „Hätte er sich doch lieber gleich selbst mit erschossen". (!) Staatsanwalt: Kann uns die Zeugin etwas über ein Vor kommnis mit einer Tasse Kaffee berichten, wo die Ver storbene geglaubt haben soll, es könnte Gift darin sein? Zeugin: Meine Schwägerin war einmal beim Kafseetrinken für einige Zeit weg, als sie zurückkehrte, schüttete sie die Tasse Kaffee wieder aus und gotz sich anderen Kaffee selbst ein, sie vermutete, es könne ihr inzwischen Gift Hinei «getan worden sein. Der dritte Verhandlungstag am Montag lietz eine schwächere Beteiligung des Publikums erkennen. Negierungsrat Biebrach gab im Namen der Geschworenen eine sensationelle Erklärung ab. Danach haben die Geschworenen eine grotze Anzahl, zum Teil anonymer Briefe erhalten, worin diese aus bestimmte Vorgänge aufmerksam gemacht werden, die in die Prozetzsührung bezw. in die Beweisführung mit eingesügt werden möchten. Darauf erklärten der Staatsanwalt, der Vorsitzende und auch der Verteidiger, ebenfalls Briefe, zum Teil anonymen Inhaltes, erhalten zu haben, aus denen zu entnehmen sei, datz verschie dene Personen von diesen oder jenen Vorgängen Kenntnis zu hoben glauben, sich aber nur durch anonyme Zuschriften an die Oeffentlichkeit hervorivagen. Das Gericht trat hieraus in die weitere Zeugenvernehmung ein. Zeuge Max Hülse, Vcrwaltungsinspektor in Schweid nitz, soll Auskunft geben über die erschossene Frau Böhme, die er von früher her kennt. Kurz vor Verheiratung mit Sanitäts- rat Böhme suchte sie mich auf und erbat meinen Rat. Sie glaubte, die Heirat solle nur des Geldes wegen ersolgen, weil Böhme Einblick ins Depot haben wollte. Ich riet zur Vorsicht, hörte dann aber längere Zeit nichts mehr davon und zog schliesslich Erkundigungen bei der Polizei ein. Ich erfuhr von dem längst crsolgten Tode der Frau Böhme, was mich sehr überraschte. Ich bekam später aus dem Felde eine Nachricht vom Angeklagten, worin mir mitgeteilt wurde, datz die Frau a» einer Lungenentzündung (!) verstorben sei. Zwei weitere Zeugen vermögen nichts Wesentliches auszu sagen. Zeuge Oberkriminalinspektor Geipel, Dresden, wird über de» Eindruck, den der Angeklagte auf ihn gemacht habe, verhört und erklärt: Der Angeklagte wurde sestgenommen und nach dem Polizeipräsidium gebracht. Er sprach durchaus klar. Stellte ich Fragen, die ihm verfänglich erschienen, dann sann er darüber »ach, ivas für eine Antwort er geben solle. Was er nicht hören wollte, hörte er nicht und be tonte ein Gehörleiden zu haben. Der allgemeine Ein druck war, datz der Angeklagte i» Beantwortung aller vorgeleg ten Fragen sehr vorsichtig ivar. Der Angeklagte stellte auch viele Gegenfragen. Zeugin Frieda Anna Schilling, Hausmädchen, ivar im September 1916 ivenige Wochen im Haushalte Dr. Böhmes in Stellung. Sie bekundete:: Frau Böhme wünschte eine Tren nung. Sie schlotz den Mann einmal auch ein. bis er unter schrieben habe. Herr Böhme sloh da zur» Fenster hinaus. Es kam damals ost zu Streit wegen Kleinigkeiten. Frau Böhme ivar öfters wechselnd im Charakter, war aber immer sofort wieder gut. Vom Felsen am Rabenstein erzählte mir Frau Böhme, sie wäre beinahe abgestürzt. Vors.: Was können Sie Uber das Vorkommnis vom 2 2. Se p t e in b e r 1916 sagen? Zeugin: Früh kützte er seine Frau, was diese ganz verwunderte, da es sonst nie oorgekom- men sei. Nach dem Tode der Frau kam der Sanitätsrat ganz aufgeregt heim. Nevierförster Winter war dabei. Sie atzen zusammen Mittag und tranken einige Flaschen Wein. Vors.: Ist Ihnen damals an den Schnürschuhen etwas aus gefallen? War eine Oese herausgerissen? Zeugin: An des Schuhen war mir nichts ausgefallen. Zeugin Helene Schweitzer geb. Behnisch. Ingcnieurs- ehefrau, jetzt in Sömmerda i. Thür., wohnte früher im Hause aus der Wartburgstrahe und war dadurch mit Frau Sanitätsrat Dr. Böhm« bekannt. Sie soll über die ehelichen Verhältnisse berichten. Zeugin sagt, Frau Böhme habe es unendlich be reut, das Jawort gegeben zu haben. Zeugin schildert dann eine Reihe kleinerer Begebenheiten und Erzählungen der er schossenen Frau Böhme, woraus zu entnehmen war, datz di» Ehe von Anfang an un stimmig gewesen sein mutzte. Vors.: Kann sich die Zeugin erinnern, datz Frau Böhme befürchtete, keines natürlichen Todes zu sterben? Zeugin: Ja, das hat mir Frau Böhme gesagt.. Zeuge Bertram, Eduard Heinrich, Gartenbauingenieur in Dahlem, seit längerer Zeit mit dem Angeklagten bekannt, traut ihm diese Tat nicht zu. Er hatte den Eindruck, datz der Angeklagte ein bescheidenes Leben führte Er war etwas knickrig, er hielt das Geld eher zusammen. Damit schließt die Beweiserhebung des dritten Verhanb lungstoges im Gerichtsgcbäude. worauf dann die Fahrt zum Lokaltermin nach Grohröhrsdorl im Kraftwage» angetreten wurde. Der Lokaltermin Aus Grotzröhrsdorfer Flur hatten sich außer dem Gerichts hof drei Tatzeugen eingefunden. Hunderte von Menschen hatten sich angesammelt, die durch Polizeibeamte zurückgehal- ten wurden. Nach dem der Tatort genau ermittelt worden ivar, wurden die Vorgänge durch Aufstellung von Polizeibeam ten zu rekonstruieren versucht. Dabei wurde festgestellt, datz hinsichtlich des Zeugen Holsert, der damals 18 Jahre alt war und 170 Meter weit entfernt mit Erntearbeiten beschäftigt war, eine Täuschung vorliegen kann. Holsert glaubt, datz Frau Böhme rechts von ihrem Manne gegangen sei, während der Schuh tatsächlich von links gefallen ist. Während Holsert aus sagt«, datz nach dem Sturz Böhme mit dem Kopf in Richtung auf seine Frau zu gefallen sei, behauptete der Förster Winter, daß di« beiden Ehegatten mit den Fühen gegeneinan der lagen. Das Gericht begab sich dann an den damaligen Standort der Zeugin Schaffrath, die ebensalls mit Erntearbeiten beschäftigt und von dem Tatort etwa 140 Meter entfernt war. Uebcrraschenderweise schilderte hier die Zeugin den Vorgang wesentlich anders, als bei der ersten Aussage. Nachdem der Vorgang wieder durch Polizeibeamte dargestellt worden war, bemerkte der Verteidiger, daß die Zeugin gar nicht die eigentliclfe Tat gesehen habe und komme als Tatzcugin nicht mehr in Betracht. Das Gericht begab sich sodann nach dem etwa 14 Stunde entscrnten Raben stein, wo angeblich der Angeklagte ein- mal versucht haben soll, seine Frau in den Mgrund zu stürzen. Der Angeklagte bestritt entschieden, den fraglichen Felsen zu kennen. Da hier kein Wild gewesen sei, habe er immer auf der anderen Seite gejagt. Die Teilnehmer an dem Termin kehrten daraus nach Dresden zurück. Am Mittwoch sind die Plaidoyers zu erwarten. GemewSe- uns Veretnsrveken 8 Katholischer Deutscher Frauenbund Dresden-Zschachwitz. Der Bund ladet Mitglieder und liebe Gäste ein zu seinem Sonn tag den 17. Oktober im Kurhaus Zschachwitz nachmittags 5 Uhr stattsindenden Wohltiitigkeitsseste. Künstlerische Darbietungen, Theater und Tanz versprechen frohe Stunden. Eintritt 50 Psg. Archipresbyterat Zwickau. Donnerstag. 14. Ok tober, )i!3 Uhr nachmittags, Konferenz in Oelsnitz (Erzgeb.). Haupttchrtfltkttunai vr. IoI « ph >il 1 b « r I. Vera,uworMch Mr Pott»! und Kultur: vr. Iolevh «llbert: lür Wirnchap Sozialpolittl und UtchMche Angelegenheiten: l)r. Max Dom , chle: lür Feuilleton Kirchliches. Sport und den übrigen allgcmetneu rextlett: l)r. Gerhard LcSzchs Uir Anzeigen: I. Hi l > ebi r »d >!imilich in Dresden. eingreifen. Dann folgte jede Orchesternummer in vollem Umfange. Auf dies,: Weise leidet ein Werk selbstredend an Zerstückelung. Und es fragt sich, ob es nicht zweckmäßiger wäre, erst die Handlung in ganzem Umfange, möglichst kurz und prägnant zu geben, dann die Einführung in dtze Motive und Stimmungen orchestral vvrzunchmen und endlich die Musik im ganzen Zusammenhänge zu vermitteln. Doch das nur nebenbei. Sicherlich dürfte der Bcckevsche Vortrag gewinndringend gewirkt haben. Die Philharmoniker, Dr. Handrick wies in einleitenden Worten darauf hin, daß das philharmonische Orchester der städitrschcn Subvention zufolge für zehn derartige Veranstaltungen gewonnen ist — brachten mit bekannter Hochkünstler:scher Qualität das Griegsche Werk eindrucksstark hevaus. Hierbei hatte man auch Gelegenheit, Florenz Werner — der schon unter Lmdncr das Orchester leitete — als feinfühligen, umsich tigen und sich in die Materie liebevoll vertiefenden Kapell meister wieder begrüßen zu können. Den Philharmonikern ist in diesem gediegenen Musicker eine wertvolle künstlerische straft zurückgcwvnnen worden. Reicher Beifall dankte allen Ausführenden für diese wirkungsvolle Morgenfeier. Der Saal war bis zum letzten Platze gefüllt. -Ist- Franziskus un- -ie moderne Zeit Dorkrag bei -er Franziskusseier in Dresden von Dr. Christian Schreiber, Bischos von Meisten (Schluß.) Der Geist des Heiligen von Assisi weicht in vielen Punkten von dem anderer Heiligen ab. Die Zeitgenossen des heiligen Franziskus sehen in ihm gleichsam eine Erscheinung aus der anderen Welt. Eharakteristisch ist seine seraphische Liebe, seine tiefe Demut, sein Entsagungsgeist, ganz besonders aber seine enthusiastische Liebe zur Armut und zu den Armen. Die begeisterte Uebung dieser Tugend ivar der Haupthebel, mit dem er weite Lebenskreise in eine andre Richtung brachte. Diese Armut umfaßt nach seiner Auffassung nicht nur freiwilliges äuße res Verlassen und innere Entsagung der irdischen Güter, sondern auch die Entäußerung von allem dem, was nicht Gott ist. Sie wird erzeugt und getragen von der Liebe zum Gekreuzigten, der zuerst sich selbst aller Dinge entäuhert hat (Phil. 2,7). Diese Armut ist es. die das Herz leer macht von der Kreatur, aber voll von Gott,- sie ist es, die das Herz der Welt kreuzigt, aber umgcstoltet in Christus. Ergreifend ist sein Gebet um Erlangung der Armut. In diesem Gebete leiert er die Armut als eine Königin, die olles unter den Füßen Hai. die. von der ganzen Welt verstoßen, von Christus, als er berabltiea vom Simmel, zur Gemahlin genommen wurde, -ie ihm als treue Gefährtin von der Krippe bis zum Kreuze begleitete, die mit ihm das Kreuz bestieg, so das; er in ihrer Umarmung den Geistaufgab, die selbst nach dem Tode ihn nicht verließ, indem sie ihn in ein fremdes Grab bettete: die bei der Auferstehung und Himmelfahrt alles, was von der Well ist, dem Wettiichen zurück ließ. Dem Dienste dieser Königin Armut, seiner Herrin, seiner Braut, weihte sich Franziskus mit wahrhaft ritterlicher Hin gabe. Inständig beschwört er den ärmsten Jesus, die Armut als einzigen Schatz und als höchste Auszeichnung ihm zu gewähren, „ans daß es wir und den Meinigen-in Ewigkeit eigen sei, nichts unter dem Himmel besitzen zu können und von fremdem Eigen- tume mit armem, eingeschränktem Gebrauche das Leben zu fri ste», solange das Fleisch lebt aüf Erden. Diesem Geiste entsprechend übte er mit seinen ersten Jüngern auch innerlich die allerstrengste Armut. Ie mehr in Kleidung, Nahrung und Wohnung und allem die Armut hervor trat, desto mehr freute er sich. Mit heiligem Neid betrachtete er den ärmeren Bettler und teilte ihm gewöhnlich das mit, worin er weniger arm als jener zu sein schien. Demnach liebte er be sonders kleine undarme Klöster und wollte durchaus, daß alle Wohnungen der Brüder bestimmt erkannt würden als das Eigentum anderer. Durch diese Gesinnung und Hebung der Armut hat Fran ziskus eine universelle Mission für die Gesamtkirche nud für die Menschheit erfüllt. Das ist sowohl von Zeitgenossen wie auch von späteren Schriftstellern ausgesprochen worden, unter anderem , on Dante und Macchiavelli. Franziskus will erneuern durch die Predigt der Armut. Ihm ist die Liebe und die werk tätige Darstellung der Armut, die Hauptpredigt, die der Orden der Welt schuldet. Das Wort der Buße, die Lehre soll sich gleich sam als Kommentar anschließen. Dies« erneuernde Predigt der Armut hat Franziskus beson ders auch seinen Zeitgenossen mit Erfolg gehalten. Unter Inno zenz III. war der Reichtum, die soziale wie politische Macht der Kirche ans ihrem Gipfelpunkt. Von diesem Reichtum und dieser Macht der Kirche ungezogen waren viele Unberufene in den Klerus eingedrungen. Selbst in hohen Würdenträgern hatte zur Zeit des heiligen Franziskus die Pracht der Welt den inneren Geist Christi erstickt oder lahm gelegt. Die Folge war, daß zahl lose Ketzereien den Besitz der Kirche an sich als Absall von Christi, verschrien und im Sclsafspelze falscher Armut und falscher Inner lichkeit die ganze äußere Kirche mit ihren Sakramenten ver warfen. Franziskus stellte ihnen dos Beispiel wahrer Armut und Innerlichkeit, verbunden mit der demütigen Unterwürfig keit unter die sichtbare Autorität der Kirche, entgegen. Das ver. söhnende Element, welches das Christentum den klaffenden Gegensätzen des Reichtums und der Armut bietet, ist in diesem Helden der Armut und Liebe in einziger Weise verkörpert. Franziskus hat die Armut nicht als Spielerei oder Schau stellung geübt; als echter Christusnachfolger Hot er vielmehr eine abgrundtiefe Demut zur Seite gestellt. Im Geiste der Demut gab er seinem Lebenswerk, dem Franziskanerordc», den Titel: Orden der minderen Brüder. Er selbst hielt sich für unwürdig des Priesterstandes und ist deshalb nicht Prie ster geworden. Er weigerte sich, die Leitung des von ihm ans der Taufe gehobenen und großgezogencn Ordens zu übernehmen und unterstellte sich der Leitung seiner Schüler. Wie not lyt es der modernen Zeit, den Geist dieser Denn» zu erstreben! Statt dessen sind wir umgeben von einer Ueber- hebung des eigenen Ichs, wie sie radikaler und allsciliger in der Menschheitsgeschichte kaum ansgetreten ist. Oder hat cs je so viele Millionen Menschen gegeben, die in der Apotheose der eige nen Persönlichkeit so weit gingen, daß sie einen Höheren Herrn und Gesetzgeber, einen Gott über uns rundweg leugneten, über Gottes Gebote und Satzungen sich mit solcher Selbstherrlichkeit hinwegsctzten. Vielen von ihnen mag cs nicht zum Bewußtsein kommen, daß sie sich hier einem maßlosen Stolz überantwortet haben. Aber es ist so. Möchte ein Strahl der Demut desPovc« rello von Assisi in ihren Verstand und Willen hineinleuch- ten und ihre Seele zur Demut des Gottesglaubens und der Gottcsliebc umgestaltcn. Worin' der moderne Mensch am meisten von Franziskus lernen möchte, das ist die G o t t e s - und die Menschenliebe. Gar sehr ist der modernen Zeit die echte, selbstlose Liebe verloren ge gangen. Der tiefste Grund hierfür liegt in dem Abfall vcm Gottesglauben: denn auf ihm erwächst das graße Gesetz der Gottes- und Nächstenliebe und die Richtschnur der zehn Gebote. Franziskus übte tiefergrcifenden und nachhattigen Ein- fluß auf Mit- und Nachwelt, er inspirierte für Jahr hunderte große Künstler, Dichter und Schriftsteller; er lat dies alles nicht durch äußere, natürliche Gaben und Mittel, sander» durch die Fülle der Gnade, durch die Mach! des Geistes, durch sein übernatürliches Leben. Aus die Frage des Bruders Massäus, woher es ihm gekommen, daß die ganze Welt ihm »achiause, ihm. der weder schön, noch reich, noch) gelehrt sei, gab Franziskus die Antwort: „Willst du missen, woher mir das? Das ist mir ge kommen aus den allcrheiligsten Augen des allmächtigen Gottes, die ebenso klar Gute wie Böse durchschauen. Denn dies: aller- heiligsten Augen Gottes sahen keinen größeren Sünder auf Erden als mich, unter den Menschen keinen ttnoerständigeren', unter den Kreaturen keine armseligere; deshalb hat er mich als ein Werkzeug angenommen und vor den übrigen erwählt, um ein wunderbares Werk auf Erden onzufangcn und zu vollenden." Der heilige Franziskus ist im Grunde nur ein N c s l e der erhabenen göttlichen Ideen, die in der Kirche lebendig sind, die durch die Gnade Christi, durch die Heilseinrichtmigcn der Kirche in die Menjchenhcrzen hineinslicßen. Durum ist ein Lob des heiligen Franziskus im Grunde immer ein Lob der gött lichen Kräfte, die in seinem Leben und Werke zum Ausdruck ge- kommen sind. Daher mutz ganz naturgemäß, wenn wir der Wahrheit die Ehre heben wollen, alles Lob. das wir dem Armen von Assisi zollen, Hinfinten zum Throne Christi, und dort aus- klingen in dem Lobe des Allerböcktten. dem allein die Lbre gebührt