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Die Eibinger Feier NN. Bingen. 17. September. Bingen, Riideshetm, Eibingen im Flaggenfchmuck. hoher geiertag am Rhein. Die Tra,aklschisse, die stinken kleinen Motorboote, die Schlepper, die vor Anker liegen, sie haben bunte Wimpel aufgesetzt, Tannengirlanden bekränzen die Schisse Es riecht nach Weihnachten; bei jedem Windstoß rieseln trockene Tannennadeln. Die kleinen Rheinkadetten, die natürlich schul frei haben, erfreuen sich des prachtvollen Commerwetters und unterhalten sich sachverständig über Schiffahrt und verstärkten Nachverkehr. Heute früh haben sie in der Basilika in Bingen das Amt des Meßdieners versehen, und wenn ein Fremder (Hierzuland nennt man ihn „Hcrgctrossener") verwundert nach der Ursache des Flaggenschmuckes fragt, so wissen sie genau die Lcbensgeschichte der Heiligen z» erzählen, die natürlich zu Bin gen gehöre und „nur" in Eibingen begraben sei. (Wohingegen die Bingerbrücker den „historischen Nachweis" erbringen, daß St. Hildegard in Bingerbrück gelebt hat!) Schon zeitig fährt man hinüber nach Riidcsheim, um sich einen Platz zu sichern in der Eibinger Pfarrkirche, die heute ihren Festtag begeht. Aber andere waren »och zeitiger, so ist dann fast eine Stunde vor Beginn des Pontifikalamtes die kleine Kirche bis auf de» engsten Winkel ausgenutzt. Und draußen brennt heiße Septembersonne! Böllerschüsse krachen, der Bischof von Mainz wird eingeholt, man muß ihm einen Weg bahnen, damit er, umgeben von der Geistlichkeit, in die Kirche einziehn kann. Sofort schließt sich die enge Gasse wieder, das Pontifikalamt beginnt, Abt Laurentius Zeller (St. Matthias-Trier) zele briert, ihm assistieren Domkapitular M e r ck e l - Limburg, der Pfarrer von Winckel und die Eibinger Pfarrgeistlichkeit. Der Bischof von Mainz hält die Festvredigt, spricht von der großen Seherin, deren Reliquien in goldenem Schrein aus dem neugeweihten Hildegardisaltar ruhen. St. Hildegard hat die katholische Kirche verglichen mit einem blühende» Zweig, der aus der heiligen Eucharastie wächst, innere Gesichte zeigten ihr die künftigen Leiden und Verfolgungen der Kirche, sie sah aber auch die menschlichen Armseligkeiten des kirchlichen Lebens. Sie verzehrte sich in Eifer, um die Kirche, deren Eckstein Jesus Christus ist. Was die Aebtissin von ihr sagt, hat seine Gültig keit nicht verloren für den heutigen Menschen, der mehr denn je >"ch dem Ucbernatürlichen sich sehnt. In zwei Heerlagern in - Menschheit gespalten: in Kinder der Welt und Kinder der "rche. Allenthalben tobt der Kampf gegen sie. Schwere V>'> > l-ie werden erhoben; in politische Konflikte, in irgend- welu,e Streitfragen, soll die Kirche eingreifen. Dabei wird übersehen, daß ihre Aufgaben anderer Art sind. Sie soll einzig Zuflucht für die Unruhe der Seele sein. Für uns ergibt sich die Pflicht, treu zur Kirche zu stehen, wir sollen - mit Mut und Freude uns zu ihr bekennen. Unglaube macht den Menschen arm. der Glaube festigt und gibt Widerstandskraft. Hildegard, die erleuchtete Tochter der Kirche, weist uns den Weg zur inneren Ruhe und Vollkommenheit. Der Kirchenchor, dessen gutes Stimmaterial angenehm aufsällt, singt die Messe von Dönser mit Orgel und Violin- bcgleitung. Andächtig harrt die Menge aus; zu den Haupt- tcilcn der heiligen Messe krachen die Böllerschüsse über den Rhein. Unter Glockengeläut, Schellengeklingel und Böllerschüssen wird der Segen erteilt. In heiliger Begeisterung erklingt das Hildegardislied. Dann begleitet die Prozession die Geistlichkeit zurück. Vorauf die kleine Mädchen mit dem weißen Rosenkranz, die „Engelchen". Anderthalb Stunden haben sie mustergültig brav am Altar gestanden. Langsam nur leert sich die Kirckie. vor dem Hildegardis altar verweilt man noch, am letzten Sonntag empfing er durch den Bischof von Mainz seine Weihe. „St. Hildegard!« prophetissa" mit dem Buche seivias in der Rechten und der brennenden Lampe in der Linken ist ganz aus buntem Mosaik stein ausgeführt. Ein Kunstwerk ist dieser schlichte Altar, eine vollendete Harmonie in seiner Umkleidung von weißgeädertem roten Marmor, den eigenartigen Bclcuchtungsschalen und dem kostbaren Reliqnienschrein, der zu Füßen des Bildes steht. Er ist in Kupfer getrieben und vergoldet, trägt auf Vorder- und Rückseite acht getriebene Relieffiguren, die Heiligen darstellend, die St. Hildegard am nächsten standen. Er ist, wie alle Stücke des Altares (auch die Leuchter) von Bruder Radbot aus Maria-Laach entworfen. Der Katholische Frauenbund stiftete die sechs Leuchter und das prachtvolle Kreuz. Der Hildegardisaltar konnte errichtet werden aus Snenden der Diözelankollekte (Eibingen allein brachte. 200 M. aus) mit einem bedeutenden Zuschuß ves «gchoss von Llmvurg. Die Venediktinerabtei Maria-Üaach hat alle Entwürfe und den Ausschmuck des Schreins um Gotteslohn her gestellt. Die Reliquien der Heiligen sind durch Goldgitter und Glas sichtbar. Haupt, Herz und Zunge werden hier aus bewahrt. Auf der Höhe die Abtei St. Hildegard liegt im Mittagssonnenschein, am frühen Morgen war ein Pontifikal amt in der Klosterkirche, von deren Türme Fahnen wehen. Festlich geschmückt ist die Abtei, die ganz für sich den Tag ihrer größten Aebtissin begeht. Sie steht so hoch erhaben über aller Menschlichkeit. Droben ist eine eigene Welt. Sobald man eintrat durch die Psorte und das bunte, quälende Wirrsal, das sich Leben nennt, zurückließ, sand man Ruhe in Gott, und was da draußen an Kämpfen und Ringen um irdische Dinge sich abspielt, dringt nicht einmal mehr als schwacher Widerhall an diese Burg des Friedens. Ein Teil der kunstvollen Meßgewän der. die unter fleißigen Händen der Lhorfrauen entstanden, die herrlichen Spitzen, sie stehen zur Schau in der sehr feinen Iubiläums-Ausstellung in der Baugewerkschule in Bingen. Die kostbarsten Meßgewänder Helsen den äußeren Glanz dieses Tages erhöhen. ' ' Ueber den Rhein von Bingen kommt, reichgeschmückt das Drorelsionsschiff mit den Vinaer Gläubiaen. die den Smrem Kelsl dem Verein für das Deutsch- lum im Ausland und ihr daß deutsche Binder deutsch erzogen werden. des hl. Rupertus vurch Sonnengiur unv staubige Bergwege zur Eibinger Kirche tragen. Helle Stimmen singen das Lied des hl. Rupertus. Der weite Eibinger Kirchplatz ist dichtgedrängt mit Menschen, draußen hat man einen Altar errichtet, die Pfarrkirche konnte diese Menschenmenge nicht fassen. Dom kapitular M e r ck e l - Limburg hält die Predigt. Weithin schallt seine Stimme, so daß auch die alten Frauchen in den Fenstern des Hospitals seine Worte von der hl. Hildegard ver stehen und sich freuen, als der Glaubenseiser der Eibinger Ge meinde von der Kanzel aus verkündet wird. Dann setzt sich — nach kurzer Segonsandacht — die Prozession in Bewegung, durch die Straßen und Gassen von Eibingen. Die Mütter heben ihre kleinen Kinder empor, die Glocken läuten und des Freudenschießens ist kein Ende. Aus dem Prozessionsschisf fahren die Binger wieder zurück. Anläßlich des Jubiläums wurde die Binger Pfarrkirche, die am kommenden Sonntag ihren 1500jährigen Gedenktag feiert, vom Heiligen Vater zur Basilika erhoben. Eine Ehrung, auf die der ganze Nheingau stolz ist. Allabendlich findet eine Fest andacht mit Predigt des Paters Prior Hammer siede- Maria-Laach statt. Am Donnerstag wird der Katho lische Deutsche Frauenbund in Prozession zur Ver ehrung der Heiligen nach Eibingen ziehen. Mit dem löOOjähr. Gedenktag der Binger Pfarrei (Sonntag, 22. September) schließt die Iubiläumsoktan. 33« Jahre Annenschule Ein geschichtlicher Rückblick Dresden, 20. September. Dresdens drittälteste Schule feiert vom 21. bis 23. September das Fest ihres 3 5 0jährige» BestebcnS. Ihre Anfänge lic- gen nicht, wie die der Kreuz- und Dreikömgsschule, im ungewissen Dunkel des Mittelalters: vielmehr siel ihre Gründung schon in eine papierene Zeit und hinterlicß Spuren in den Akten der Stadtrcgic- rung, so daß ihre (beschichte von Anfang an ziemlich klar zu über sehen ist. Die Annenschule ist im Jahre 1563 gegründet, das heißt sie ist eigentlich noch ebvas älter als 350 Jahre. Vis vor kurzem fehle man ihr« Gründung ln das Jahr 1570, und danach wird ihr 260jähriges und ihr MOjähriges Jubiläum in de,, Jahren 1779 und 1879 gefeiert. So ist es berechtigt, wenn die Schule noch einmal von der alten Datierung ausgeht und erst seht, 50 Jahre »ach dem letzten Jubiläum, wiederum ibre Schüler und Freund« um sich sammelt, um sich ihrer langen, wechsclvollen Vergangenheit bewußt zu werden und der Oefscntlichkcit ein Bild von ihrer gegenwärtigen Leistung und Arbeit zu geben. Von 1503 bis 1618 mar sie eine „deutsche Schule". Viel mein- als Lesen, Schreib«,, und Singen wird hier kaum gelehrt worden sein. Eine Hanpiausgabe des Schulmeisters und seiner Schüler >var es, die Toten der Vorstadt und einiger Dorier nach der damaligen Sitie mit Gesang z» Grabe zu geleite»; di« Gebühren hierfür bilde ten eine,, großen Teil des Einkommcns. Als endlich der kleine Kirchhof des Bartl,olomäushospitals unv di« Kirche für di? ivach- scndc Gemeinde nicht mehr ansrcichien. erhielt di« Gemeinde 1578 vom Kurfürsten August ei» Grundstück, auf dem ein neuer Kirchhof angelegt und die zu Ehren der Knrfürstin benannte Anncnkirche gebaut wurde. Einig« Jahre später siedelte auch die Schule, nunmehr Annenschule genannt, auf das neue Grustdstück über. Das Schulbaus war südwestlich an die Kirche «»gebaut und stand ans dem Platze, den heute das Denkmal der Knrfürstin Anna schmückt. — 1618 wnrde die Annenschule in eine Lateinschule venvandclt. Sie stand iintrr dein Patronat des Rates: die Erhaltung des Ge bäudes ,,„d der Unterhalt der beiden Leister war jedoch säst ganz der Gemeinde anserlegt. Beide Lehrer tvarcn Akademiker: der obere, anfangs Llidimoderator, dann Rektor genannt, war gewöhnlich ein promovierier Magister, der zweite nmr der Kantor, welcher den Ele mentarunterricht erteilte und de» Ebor leitete. Tie Geschichte der Annenschule in den nächsten 200 Jahre» ist recht eigenartig. Es ist in Deutschland ein seltener Fall, daß eine außerhalb der Festnngs- wällc liegende und allen Kricgsnöten preisgegebcne Vorstadt eine Lateinschule besitz!. Die Annenschule bitte diesen Eharakier nnmiU lclbar im Beginne des verheerenden Dreißigjährigen Krieges er« lwliei, und bekam die Nachteile ihrer Lage alsbald zu spüre». Dis Teuerung der Kipper- und Wipperjahre, Pestkatastropben, die ver« zweifelt« Armut der Vorstadt, deren Einwohner znm Teil flohen, das alles ließ sie nicht recht zum Gedeihen kommen. Dazu war si« anfangs unter den drei Lalcinschuten. deren Paironai der Rat besaß, das Stiefkind; der Rat tat für sie fast nichts. Tie Schülepzahl. di« ansangs etwa 120 gewesen war, schmolz zeitweise auf 30. ja auf 14 zusammen. Abgesehen von diesen Schwierigkeiten nwr cs für ein« nur mit zwei Lehrern bestellte Schule eine fast iiuinögliche Ausgabe, ibre Schüler vom Abc bis zur Ilniversilälsrciie zu bringen. Dennoch erkämpfte sich die Annenschule gegen das Ende des 17. Jahrhundert- unter tüchtigen Rektoren allmählich die Gleichstellung ivenigsten- mit der Allcndresdner Laieinstbule tlienie Dreikönigsschule). und i« der Zeit August des Starke» begann für sie sogar eine ausgespro chene Glanzzeit. Dann aber folgte im Siebenjährigen Kriege ein Rückschlag, von dem sie sich, wenigstens als Lateinschule, nie wieder erholt bat. Während der Belaocriing Dresdens durch Friedrich den Großen im Juli 17M wurde sie von preußischen Feldjäger,, j„ Brand gesteckt, wogegen die hinter sicheren FestnngSwäl'e» liegende Krcnz'chnlc un versehrt blieb. Die Annenkirche nng ein großer Teil der Vorstadt brannte cb>'m'alls nieder. Die Annenschule wurde in das an, Ra« bcnstei» kjetzt Sliitsptzii.O, das beißt an, änßcrsten Rande der Vov« stadt liegende Armenbans verlegt und „nißic sich diese Unterbrin gung über dreißig Fahre gefallen lauem Fhr Ansehen als Oielehr- tcnichnle ging verloren, nur durch den Ebor wnrde sie noch am Lebe,, gehalten Alz die verarmte Annenciemeiiide. welche ,»nächst die Kircbe wieder ansgebant „nd sich dadurch in schwere Schulden gestürzt hatte, im Fahre 1790 endlich ein neues Schulbaus „eben der Kirche iertigstcllte. war cs schon zu svät. Die kleinen Lateinschulen hatte» sich überlebt, die Begännt'"? des anistrebenden Bürgern«"» des verlangte» nach neuen Schnlsormen. Doch wurde die Unnming- lnng der Annenschule in eine Bürgerschule durch die Wirre» der napoleoni'che,, Zeit „nd ibre Folgen noch lange binansgcschoben. Fn, Fahre 1821 wurde sie in eine niedere Bürgerschule t>erwandcli. und 1828 erhielt sie den Eharakier einer höhere» Bürgerschule, den die Nenstädter Stadtschule schon seit G03 hatte. Die höheren Bürgerschule» ersetzten die in 'Sachsen noch feh lenden Realschulen. Fm Fahre 1851 wnrde sie in e-ne höhere Bürger- und Realschule mit sechs Nealschul- „nd zu'«! Elementar- klasleu »„'gewandelt „nd erhielt den Namen A n nenregl' b n l e. Unfreiwilliger Kumor Gesammelt von N. Hill mann. Man sagt der „guten alten Zeit" nach, daß sie mehr Humor gehabt habe, als die unsrigr mit ihrem Hasten und Jagen, Ringen und Kämpfen Mag fein! Humor verlangt zu seinem Gedeil>en eine gewisse Ruhe und Beschaulichkeit, und davon liaben wir nicht allzuviel auszuweisen. Wir sind ge hetzter als unsere Großeltern und infolgedessen gereizter. Der Humor springt darum bei uns nur zu leicht aufs Satirische über. Und doch ist eine Art des Humors auch heute noch häufig zu finden- Der unfreiwillige Humor. Sein Schöpfer weiß nicht, ahnt nicht, daß er erheiternd wirkt durch Wort oder Tat, und in der Verschiedenheit der ernsten Slbsicht und de, erheiternden Wirkung, die er auslöst. liegt das Groteske, das zum Lachen reizt. Dazu ein Beispiel: „Professor Dr. L.. dirigierender Arzt in einem großen Krankenhause, schiebt seine» etivas umfangreichen Korpus in die völlig besetzte Straßenlxih» hinein. Ein schlichter Mann aus dem Volke erhebt sich und macht ihm ehreibietigst Platz mit de» Worien: „Darf ick bitten, Herr Icheimrat . . ." Von ö viel Popularität eiixrut, läßt sich die Leuchte der Wissen- <l>aft, als bald darauf der Unbekannte sich wieder neben ihn ehe,, kann, jovial in ein Gespräch mit ihm ein. „Darf ich raz-en. woher Sie mich kennen?" — „Na. doch aus kn Kran, lenhaus. Herr Professor, wo ick sckgvere lag Alle Assistenten v-ußte» nicht, üb ick durchkommen würde: da kam die frohe Visite, ollen voran Herr Iehsimrat, und da hoben Sie bloß een -üor! jesaqt und det zog." — Der große Mann schmunzelt und wird aufinerksam. „So, das freut mich. Und wie hieß das eine Wort? Es interessiert mich." — Der Gefragte ringt mit feinem Gedächtnis. „Et ivar 'n Fachausdrnck. uff lateinisch, 'n vogenblick, et schwebt mir uff de Zunge. Iott. ich l>ab'd doch eben jewußt!" Das Gesicht des großen Medizinmannes nimmt äußerste Spannung an. Da endlich löst sich dem Erixitieiilett die Zunge: „Ick hab's. Herr Medizinal! Moribundus (— Sterbender) haben Sie bloß jcsagt, und danach wurde mir besser!" Nun, das Gesicht dieser medizinischen Kapazität möchte ich nach dieser Episode gesehen haben. Es war mindestens ebenso geistreich, wie das des Richterkollegiums in einem Schönheits wettbewerb >m Bade Coxpde an der belgischen Küste, von dem eine Zeitungsmeldung berichtet: , „Die Preisrichter hatten fast den ganzen Tag damit zu tun. die Allerschönst« auz der Un.zohl der schönen Mädchen auszuivählen. Schließlich gelangten sie zu einem Urteil, und die Menge ivar von ihrer Wahl begeistert. Die Königin wurde mit stürmischem Jubel empfangen, gekrönt und von den Rich tern und den Behörden der Stadt umarmt und geküßt. Es folgte ein Tanz, und die Königin ivar die Sensation und der Erfolg des Abends, die jungen Herren prügelten sich beinahe um die Ehre, mit ihr tanzen zu dürfen. Während des letzten Tanzes cntivand sich die Königin den Armen ihres. Tänzers, sprang ans einen Tisch und gebot Schivcigen. Als alles ihrer Rede lauschen wollte, riß sie sich die Perücke vom Kopf, wischte die Schminke von ihrem Gesicht und stand vor der staunendcn Menge als — ein junger Herr aus Brüssel." Wer auf die Jagd nach unfreiwilligem Humor geht, dem empfehlen wir die ..Heiratsanzeigen" größerer Tages zeitungen. wo der Ulk. ohne es zu ohne», manchmal die tollsten Purzelbäume schlägt. Dazu ein Muster aus der „Deutschen Zeitung": Heirat. Welche feinfühlende, womöglich blonde sunge Dame germ. Abstammung hat lieber Tonkunst als Tango, lieber Poesie als Paris. Kinder als Kino. Rechnen als Rauchen, Gebirgslust als Großstadtgewimmel, Wodan als WeUbäder, Leoniüas als Locarno. „Dreizehnlinden" als Dawespakt, Jacht als Äsung, plan, kurz, will «ine vernünftige und natürliche Deutsche se'n wie früher üblich? Dies fragt ein höherer Staatsbeamter a. D., gesund und lebensfrisch." Zur Gruppe des unfreiwilligen Humors Kanu man auch die unbeabsichtigten Scherze aus „Kindermund" und die „Schutz arekdolcn" rechnen. So sind sicher die beiden folgenden Schi,- leraussntze von den kleinen Verfassern bitter ernst gemeint ge wesen, »nd doch liegt darin ein satter unfreiwilliger Humor: Die alte Waschfrau. Es war cininal eine alte Frau, die stand am Waschtrog und hieß deskclb Waschfrau. Sie hatte ei» graues Haar. Sie hat in ihrem Leben viel Kummer getrabt, aber sie har auch gute Tage erlebt. In ihrer Jugend, als sie 26 Jahre alt war. hak sie geliebt gehofft und sich vermählt. Als ihr 3 Kinder ge boren wurden, ha, sie ihren Mann in? Grab gelegt und dal>ei hat sie den Glauben, die Hoffnung und die Liebe nicht ver loren. Die Kinder entließ sie mit ihrem Segen und dann hatte sie nur mehr einen Wunsch, sich ein schönes Hemd zu verschlossen. Das nähte sie aus der eigenen Hand mit der Schere. Das Hemd nannte sic ihr Sterbehemd. Jeden Sonntag zog sie cs an. Dann zog sie's aus »nd hing es in den Schrank. Der Dichter sagt: Ich wollte ich hätte im Leben mich am Kelche so gelob! wie diese Frau und könnte an meinem Ende an meinem Hemde so viel Freude haben wie diese Frau. D«r Holländer. Wenn ein Fremder nach Holland kommt, so bleibt er vo> Verwunderung stehen. Wenn er in das Haus des Holländers tritt, so kommt er zunächst in einen Garten. Dort sitzt der Hol. ländcr aus einem Beete, dos mit bunten Sleinchen eingefaßt ist. Der Holländer ist nämlich sehr reinlich: denn er hat sein Land aus dem Schmutz herausgezogen. Die wahren Eigenschaf ten des Holländers erkennt mau aber erst dann, wenn er aus der Maslspitze seines Schiffes sitzt. Dort zeigt er Mut. Kühn heit, Freiheilssinn, Vaterlandsliebe, Blumeupflege und Farben- sinn. Darum hat auch der Holländer so viel« Maler geboren. Wenn der Holländer nicht so retch wäre, wävr er schon längst tzü««m Ländchen «rtrunLe^.