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. Or-ssLsri LiLlLdidlio- Nummer 177 — 28. Jahrgang Lvchetnt « mal wüchentl. mit de» tllultr. GcattSbrUagen .DI« veil* und der Kinderbeilage .Frohmut*, «»wie den Lekibeilagen ,Gi. Benno-BIail*. .Unlerhallung und Millen*. .Die Weit der Frau*. Aerzlltcher Ratgeber*. Da» gute Buch*. .Ftlmrund« Mau*. Monatliiher Bezugspreis S Mi. einlchk. Bestellgeld. Htnzelnnmmer 1V 4 Sonnabend, u. Soniitagnummer »« 4- Hauptlchristleiter! Tr. w. TeSeztik. Dresden. SüchMe Freitag» den 2. August 1S29 BerlagSor«, Dresden Auzeigeupretle, Die lgespaltene Petttzeile SO 4 Familien» anzeigen ».Stellengesuche 204. DiePetitreilamezeile. Nimm breit. I 2k. Für Anzeigen auherhalb des Verbreitungsgebiete» 4U4 diePeIitreNamezetI«1.tt«2k. Briesgeb.ttN^. Im Fall! HSHerer Gewalt erlischt >ede VervNichtung ans Liesennig lowl« Erfüllung v. Anzeigen.AultrSgen u. Leistung n. Schadenersatz «elchüstlicher Dell: Slrtur Lenz, Dresden. volrssettuns welchiiftSftell«, Tru« ».Verlag: Germania. «>». für Verlag und Dnnkeret. Filiale Dresden, DreSden-A.1. ipolterstratzel?. F«rnrus2l0>2. Poliicherklonto Dresden 270Z. Bankkonto Stadtbank TreSden Rr. «171" Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen ValkSzritnug DreSden-AUsladl i. Polterstras>e II. Fernruf Mli und riuiL. »»» Die Kammer hat Brian- freie Kan- für -ie Kaager Konferenz gegeben Schwache Opposition Paris, 1. Anglist. In der gestrigen Sitzung der ausserordentlichen Kammec- tagung wurde nach Verlesung der Regierungserklärung und der Stellungnahme der Parteien die Tagesordnung Sibille, die die Regierungserklärung anninimt und Ministerpräsident Briand das Vertrauen ausspricht, mit 325 gegen 138 Stimmen angenommen. 148 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Die Tagesordnung hat folgenden Wortlaut: Die Kam mer billigt die Erklärung der Regierung. Sie hat zu ihr Ver trauen. lehnt jeden weiteren Zusatz ab und geht zur Tagesord nung Über. Der Stimme enthalten haben sich die Radikalsozia- listen, die zuerst gewillt waren, gegen die Regierung zu stimmen. Der Beschlich. Stimmenthaltung zu üben, ist aus den Einfluss Hernals zurückzuführen. * Die Regierungserklärung Briands war ganz kurz und begann mit einer Huldigung für Paincarä. „Durch die finan zielle Wiedcrausrichtung >m Innern, so fuhr Briand dann fort, durch die Ausbalancierung des Budgets, durch die Stabilisierung des Francs und die Regelung der auswärtigen Schulden haben die beiden vorherigen Kabinette die Konferenz möglich gemacht, die in einigen Tagen Zusammentritt, und deren Ergeb nisse vor der nationalen Meinung dem Werke die Weihe geben sollen, das für die Sicherheit Frankreichs und Europas und ebenso für die Verteidigung seiner höchsten materiellen und moralischen Interessen in der Welt unternommen worden ist. Es scheint uns, dass angesichts einer solchen Möglichkeit eine Einigung unter uns möglich sein sollte. Wir möchten hoffen, dass selbst diejenigen, die auf Grund ihrer freien Entscheidung zu unserem grossen Bedauern unser Angebot aus eine Teilnahme an der Regierung ablehnen zu müssen geglaubt haben, wenig stens durch ihr Votum unsere internationale Aufgabe erleichtern werden. Die Stunde ist auf jeden Fall ernst genug, um für unsere Ausscnpolitik das Opfer jeder anderen Erwägung zu ^echtsertigcn. Es erscheint uns als keine übertriebene Forderung, "zAnter den gegenwärtigen Umständen eine» Wasfenstill- ^ an d r> o n d r e i M ö n a t c n zu verlangen. — Die Konferenz bIn Haag wird ein wichtiges Glied in der Kette der Friedens- organisaiion sein. Die Verteidigung der Rechte und Interessen Frankreichs bei dieser grossen internationalen Debatte stellt den eigentlichen Grund für unsere Existenz dar. Sie ist unser Pro gramm: wir könnien in dem gegenwärtigen Augenblick sogar sagen, sie ist unser einziges Programm, Um es dnrchzusühren, Kim im Namen des Landes mit der notwendigen Autorität zu spreche», brauchen wir Ihr Vertrauen, Ihr ganzes durch Ihre Stimme klar bestätigtes Vertrauen". In der A u s s p rache erklärte der Sozialist Frossard, seine Partei müsse einer Regierung das Ver'ranen -verweigern, die sich auf eine reaktionäre Mehrheit stütze. Der Kommunist Coch in behauptete, wenn man das Rheinland räume, so ge- scl>«he das nur, um Deulschland für den Autisowjctblock zu ge winnen. — Der sozialrepublikanische Abg. Planche vertrat >den Standpunkt, Briand könne Friedenspolitik nicht machen mit einer Mehrheit, die den Frieden nicht wolle, Ministerpräsident Briand ging in der Aussprache noch mals auf die Vorgeschichte seines Kabinetts ein und bedauerte, dass ihm die radikaie Partei ein« Absage erteilt habe. Da es ihm unmöglich gewesen sei. die Krise länger andauern zu lassen, habe er die jetzige Negierung gebildet, nicht für lang«, sondern nur für die Erfüllung einer genau begrenzten Ausgabe. Briand ging alsdann des näheren auf das ein. was die zurückgetretene Regierung Poincarö geleistet habe. Wenn die Konferenz vom Haag beendet sei und zu einem bestimmten Ergebnis geführt habe, werde das Parlament zusammenberufen werden, um die notwendige Ratifizierung zu vollziehen. Von diesem Augen blick an werde die Innenpolitik wieder zu ihrem Reckte gelan- gen. Wenn die grosse Mehrheit der Nalion hinter ihm stehe, dann werden seine Bemühungen gestärkt und man müsse im Haag denken, dass er das gesamte französische Volk vertrete. Infolge des Sechsinächteprotoliolls (Loearno-Vertra) sei es not wendig, dass eine Regelung erfolge, die es endlich Frankreich gestatte, nicht mehr zu den ungefälligen Gesten eines unerbitt lichen Gläubigers zu greisen. Solange diese Möglichkeit bestehe, sei Kerne Annäherung zwischen Deutschland »nd Frankreich möglich. — Heute, so schloss Briand, handelt es sich für das französische Parlament nicht darum, Politik zu treiben, sondern es handelt sich darum, dass sich jedermann sagen muss: Morgen wird im Haag die Sdche Frankreichs verteidigt. Die Umstande bringen es mit sich, dass ich, Briand, der Advokat sein werde. Ich werde um so deutlicher sprechen können, mein Wort wird um so weiter schallen, wenn ich das Vertrauen der Kammer besitze. Mein Wunsch ist, dass die gesamte Kammer es mir gewährt. Nachdem noch die Abgeordnete» Frossard (Soz.) und Walter (Elsässer) Kritik an dem neuen Kabinett geübt hatten, verlas der Vorsitzende der radikalen Partei, Da lä dier die Erklärung, dass seine islartei sich der Stimme ent halten werde, da sie wohl Vertrauen zu Briand hake, aber nicht zu den andern Ministern. — Die Abstimmung ergab dann die Annahme des Verlrauensvotums für die Regierung. Weiter wurde ein Gesetz angenommen, das Steuerermässiguugen von insgesamt 520 Millionen Frank vorsieht. . Der Senat billigte gleichfalls die Regierungserklärung und nahm auch die Steuererleichterungen einstimmig an, Kammer und Senat haben am Schlüsse ihrer Sitzungen die ansserordeniliche Tagung des lstarlamenls, die nur zur Ent gegennahme der Regierungserklärung bestimmt mar. für be endet erklärt und sind in die Ferien gegangen. Auf -em Wege nach Amerika Die Fahr! des Zeppelins Friedrichshasen, 1. August. IDaS Luftschiff „Graf Zeppelin" ist heute früh 3-29 Uhr mit Passagieren an Bord unter Führung Dr. EckenerS zur Fahrt b .Amerika aufgestiegen. Der Aufstieg ging glatt vonstatteu. ,«nt"Z-55 Uhr wurde Konstanz, um 4 Uhr S ch af f h a u sc u, «lw A-15 Uhr Waldshut, um 5 35 Uhr Säckingen und „in sisiv Uhr Basel überflogen. Gegen 7-45 Uhr soll das Luft schiff sich in der Gegend von Belfort befunden haben. Es wurde zwar infolge regnerischen Wetters und starker Woltcnbildnng nicht gesehen, man will aber daS Surren seiner Motoren gehört haben. Der „Gras Zeppelin" l«t wieder eine» blinde» Passagier. ES soll ein erst kürzlich entlassener Arbeiter sein, der sich mrmiticl- lbar vor vcr Absahrt vom Hallendach an einem kurzen Strick herab- liess und dann auf die Hülle des Luftschiffes sprang. Bei einer Durchsuchung des Luftschiffes, die sofort vorgcnommen wurde, konnte per blinde Passagier aufgesundcn werden, Um keine Zeit zu verlieren, wurde die Absahrt augetreten, obne daß eine Entfernung des blinde» Passagiers vorher möglich war. « Welchen Kurs das Luftschiff weiterhin eiuhält, wird davon abistiugeu, wie wcil das über Irland lagernde Ties inzwischen nach Süden vardringl. Ersolgi dieses Vordringen rasch, dann wiro der Kurs nicht, wie üblich, über de» Golf von Biskalw, sondern hie Rhone abwärts und über Gibraltar «cnonuiiL»» werden, Ankunft -er „Bremen" in Plymouth London, 1. August. Die „Bremen" ist gestern abend, von Neuhork kommend, nach einer Rekordsahrt von 4 Tagen 1t Stunden und 30 Mmull-» in Plhmouth eiugclrofsen. Die DurehschniitSgeschwindigkeit vom Am- brosekanal-Lcucbilnrm bis Eddvstoue, eine Entfernung von 3034 Meilen, betrug 27,9 Knote». Dem Llohddampfer wurde in Plvmouih ei» herzlicher Emp-- sirng bereitet. Der Bürgermeister von Plvmouih, Andrews, und der Präsident her Handelskammer, Priggs, begaben sich auf dos Schiff und begrüsslcn die Leiter dre Fahrt herzlich. In den bei dieser Gelegenheit gehaltenen Ansprachen wurde die vor bildliche Leistung der „Bremen", die mit ihrer Nekordfahrt das „Blaue Bano des Ozeans" "eroberl hat. betont, Schweres Grubenunglück! in Frankreich Paris, 1. August. Wie ans Lens gemeldet wird, ereignete sich gestern abend in einem Sämcht des Bcrgiverkcö von Esc« »pelle bei Cour- rcllcö-les-Lkns ein G r u b e n u »lg l ü «k. Um 20.10 Uhr braä-cn in einem Schacht schlagende Mtter los. An den gefährdeten Stelle» befanden sich lüg Bergarbeiter. Bis 23 Uhr find S Tote ge borgen worden. Vor -er Wahl in Baden Karlsruhe, 30. Juli. Am 27. Oktober dieses Jahres wählt das Land Vadeii zum ersten Male nach dem neuen Landtagswahlgesetz vom 1. Juli 1927. Während bisher nach dem Gesetz vom 29. Juli 1920 das Land in sieben Wahlkreise eingcteilt war, sind es jetzt deren 22. Damit ist in weitem Umfang einem Wunsche der Wählerschaft Rechnung getragen und die verlangte engere Fühlung zwischen Wühlern und Gewählten ermöglicht. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem alten und neuen Gesetz besteht auch darin, dass die sogen. „L a n d e s w a h l o o li sch läge" in Wegfall gekommen sind. Bei den letzten Wahlen vom 25. Oktober 1925 waren auf den Landesvorschlag gewählt vom Zentrum 3, von der Sozialdemokratie 4, von den Demo kraten 3 und den Deutschnationalen 5, von der Deutschen Volks partei 4, von den Kommunisten 2 und von der Wirtschaftlichen Vereinigung des Badischen Mittelstandes 2 Abgeordnete- Ins gesamt entfielen also von den 72 Mandaten 23 oder 32,85 Pro zent auf die Landeswahlvorschläge. Die Betrachtung zeigt, dass diese vor allem den kleinen Parteien zugute kamen, die nur in einzelnen Wahlkreisen so viel Stimmen aufbringen konnten, dass es zu einem Mandat ausreichte. So hatten die Demokraten nur in 3 Wahlkreisen je 1 Mandat gewonnen, der badische Rechtsblock (Deutschnationale und Landbund) nur in 2 Wahl kreisen je 2, die Deutsche Volkspartei nur in 2 Wahlkreisen 2 und 1, die Kommunisten nur in einem Wahlkreis 1 Mandat. Es ist bei dieser Sachlage begreiflich, dass diese kleinen Parteien sich mit aller Kraft gegen die Abschaffung der Landeslifte ge wehrt haben. Indes können sie von einer Benachteiligung nicht reden, denn nach dem neuen Gesetz werden die Stimmen übei das ganze Land hin zusammengezählt und so verrechnet, daß auf je 10 000 ein Mandat kommt, bzw. auf einen Schlussrest von mehr als 7500 Stimmen. Leider ermöglicht auch das neue badische Wahlgesetz einen wirksamen Kampf gegen die Splitterparteien nicht. Die im Gesetz vom 1. Juli 1927 enthaltene Bestimmung, dass di« Kreis« wahlvorschlüge von mindestens 2 v. H. der bei der vorher gehenden Landtagswahl im Wahlkreis Wahlberechtigten unter zeichnet sein müssen, wenn nicht bei der vorhergegangenen Wahl im ganzen Lande mindestens 30 000 Stimmen aufgebracht waren, muhte auf Grund der Entscheidung des Staatsgerichts« Hofes dahin abgeändert werden, dass die Kreiswahlvorschlttg« von mindestens 50 Wählern des Wahlkreises unterzeichnet sein müssen. Da die Stimmen jeder Partei über das ganze Land hin zusammengezählt werden, wird es den Splitterparteien möglich sein, mit einem oder zwei Mandaten in den Landtag einzuzichen, wenn sie nur 10 000 bzw. 17 501 Stimmen im ganzen Land aufgebracht haben. Nach den Ergebnissen der Reichslagswahl vom 28. Mai 1928 hatte beispielsweise di» Christliche Dauern- und Landvolkspartei in ganz Baden 13 973 Stimmen aufgebracht. Die höchste Stimmziffer erreichte sie mti 3014 Stimmen im 4. Wahlkreise Säckinge»-.Waldshut, wohin nach dem Gesetz das Mandat fallen würde. Die Vvlksrcchts- Partei hatte bei der Reichstagswahl im ganzen Land 15162 Stimmen aufgebracht. Sie würde unter gleichen Verhältnissen das Mandat im Bezirk Pforzheim erhalten, wo für sie 2801 Stimmen abgegeben worden sind. Nun wird niemand behaup ten wollen, dass bei dieser Mandatszuteilung die Meinung der betr. Wahlkreise zum Ausdruck kommt und di« auf diese Art in den Landtag einziehenden Abgeordneten als die politischen Ver trauensleute einer grösseren Wählergruppe allzusprechen sind. In neuester Zeit sind übrigens Zweifel aufgetaucht, ob das bisher bei den Landtagswahlen angewandte Verfahren der Stimmenverrechnung und die dahin gehenden Bestim mungen des neuen Landtagswahlgesetzes überhaupt verfassungs- gemäss sind. In einer Abhandlung im „Badischer Beob achter" wurde das bestritten und die Behauptung aufgestellt, der in Frage kommende 8 2ö der badischen Verfassung sei dahin auszulegen, dass bei der Verrechnung der Reststimmcn nur jen« Parteien Berücksichtigung finden könnten, di« in mindestens einem Wahlkreis 10000 Stimmen und damit ein Mandat ge wonnen hätten. In dem aus sachkundiger Feder stammenden Artikel wird angeregt, dass der neue Landtag bei Prüfung der Vollmacht seiner Mitglieder diesen Zweifel klären soll«. Würde er nach der dort vertretenen Auffassung entscheiden, so wäre ja denen, di« sich dadurch geschädigt glauben, die Möglichkeit der Anrufung des Staatsgerichtshoses gegeben. Bei einer solchen Auslegung des 8 25 der Verfassung, wie sie im „Beobachter" vertreten wird, bekämen unter Zugrundelegung der Ergebnisse bei der Reichstagswahl die folgenden Parteien überhaupt kein Mandat: Deutschnationale (Gestrmtstimmenzahl 74 012), Demokraten (Gesamtstimmenzahl 63 688), Linke Kommu- nisten (4886), Wirtschaftlich« Vereinigung des badischen Mittel standes (30 875). Nationalsozialisten (26 330), Deutsche Banern- oartei (5446). Völkischer Block (3588). Christlich« National»