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Das neue Tharan-ker Rathaus Tharandt, 3. Dezember. Di« Stadtgcmeiude Tharandt hatte dar von Geh. Sanitätsrat Dr. Haupt un-d Dr. Hans Haupt be triebene Sanatorium, das an den Parkanlagen beim Erblehngericht und dem Deutschen Hause liegt, käuflich erworben und ltz>t es für Miro- und Wohnräume umgebaut. Im Erdgeschoß befinden sich die Raume der Stadtkaffe und Sparkasse wie die der Polizei. Im ersten Obergeschoß sind die Räume für den Bürgermeister, die Ttadtbank, die Steuerkaff«, das Standesamt, die Verwaltung, das Meldeamt und der Wartcrauin vorgesehen. Außcudem befinden sich hier der §tad!vcrordne:ensihungssaal, ein Ausschußzimmcr und Räume für die Archive. Im Erdgeschoß und im zweiten und dritten Obergeschoß sind acht schöne Wohnungen eingerichtet worden. Ter vor dem Ge-- bände befindliche Eiarten ist in einen Vorplatz mit Anfahrt um gewandelt worden. Das bisherige, an der Wilsdruffer Straße ge legene Rathaus hat diesem Zwecke 60 Jahre gedient; es wiro sür Wohnzwecke umgebaut und aufgestockt. d. Wahlersolg in Meißen. Zum ersten Male hat dir katholische St. Bennogemeinde in Schmied Wilhelm Spill mann einen Vertreter ins Stadffiarlaincnt entsendet. Epill- mann ist dort Hein Fremder, roeil er vor 1927 schon einmal die Gewerkschaften vertreten hatte. Die Wahl wäre sür die Bür gerlichen siegreicher verlaufen, wenn die Demokraten nicht ihre ,nvei Sitze verloren, oder wenn sie mit der bürgerlichen Ein heitsliste wenigstens Listenverbindung gesucht hätten. Die Entscheidung hat jetzt der eine Kommunist. Die Linke hat trotz der Eingemeindung von Meifatal und Lercha gegen 1260 Stimmen verloren, die Rechte gegen 100» Stimmen zugenom- ii'cn. Den Sieg der Roten haben die 5 306 Nichtwähler ver schuldet. Die St. Benno-Gemeinde, die aus zirka 2000 Katho liken unter 46 000 Einwohnern besteht, freut sich sehr über ihren Erfolg. l.riprig un<I Umgebung Um -en Sonnlagsverkauf vor Weihnachten Leipzig, 3. Dezember. Beim Rat der Stadt Leipzig sowie bei der Amtshauptmannschast Leipzig setzte sich die Gewerbe kammer Leipzig dafür ein, daß das Ossenhalten der Läden und der Warenverkauf auch am 6. Dezember (dem sogenannten Kupfernen Sonntag) gestattet wird. Diese Maßnahme erstrebt sie für den seßhaften Einzel- bezw. Kleinhandel, wie auch für die festen Verkaufsstünde des ambulanten Gewerbes. Eine solche Regelung erweist sich namentlich deshalb als notwendig, wei! der Handel durch die mehrfachen, auf Wochentage fallen den Feiertage während der letzten Zeit in seinem Umsatz er heblich beeinträchtigt worden ist. — Gegen die beabsichtigte Beseitigung einer Verordnung, wonach im Photographenhand werk ai: den vier Sonntagen vor Weihnachten bis zu zehn Stunden gearbeitet werden darf, erhob die Kammer bei der Kreishauptmannschaft Leipzig Einspruch, da gerade diese Tage sür den Geschäftsgang jenes Gewerbes von ausschlaggebender Bedeutung sind. * Alljährlich vor Weihnachten häufen sich beim Dezirks- schulamt und bei den Schulleitungen die Gesuche, in denen Ar beitgeber unter Hinweis auf den lebhafteren Geschäftsgang um Befreiung ihrer Lehrlinge und Angestellten vom Berufsschul- unterncht nachsuchen. Trotz größten Verständnisses sür die Bedürfnisse des Wirtschaftslebens war es nicht immer möglich, eilen diesen Gesuchen in jedem gewünschten Umfange zu ent- ffttchen. weil für die Befreiung vom Schulbesuch in erster Lire schulische und pädagogische Gesichtspunkte maßgebend sein müssen. Um den dringenden und berechtigten Wünschen aus Wirtschaftskreisen soweit Rechnung zu tragen, als es ohne Ver letzung schulischer Interessen möglich ist, hat das Bezirksschul- amt Leipzig 1B mit Genehmigung des Volksbildungs-Ministe riums beschlossen, die Werhnachtsserien in djesem Jahre — abweichend von den vom Ministerium festgesetzten allgemei nen Ferien — aus die Zeit vom 17. bis 31. Dezember vorzuver- legcn. ) Aus dem Reichsgericht. Ter Ministerialrat im preußi schen Justizministerium Hartung ist als Reichsgerichtsrat in den 3. Strafsenat des Reichsgerichts berufen morden, dessen Vor sitzender bekanntlich der Reichsgerichtspräsideiit ist. ) Milch-Wrrbevcranstaltuiig. Dos Gesundheitsamt Leipzig veranstaltet, wie schon gemeldet, ans Anregung des Reichsmilch-- aiisschnsses sowie unter Mitwirkung des sächsische» LandeLwilch- oüsschuffes am 5. d. M. im städtischen Kaust,aussaal eine» großen Mlchwcrbetag. Der Universilätsproscssor Dr. Golf wird über Milch als Volksnohningsmitiel sprechen. Dem Vortrage folgt die Vorführung interessanter Milchfilme. Der Beamte in -er Republik Eine Rede Grzesinskis Magdburg 1. Dezember. Der preußische Minister des Innern, Erzesinski, hielt heute auf dem vom Allgemeinen Deutschen Beamtenbund hier veranstalteten Mitteldeutschen Bcamtentag, zu dem u. a. auch der Oberprästdent der Provinz Sachsen, Professor Dr. Waentig, und der Regierungspräsident von Magdeburg, Pohlmann, er schienen waren, einen Vortrag über das Thema „Beamter und Republik", den er mit der Feststellung einleitete, daß er über die rechtliche Stellung des Beamtentums nicht sprechen wolle, da das Aufgabe anderer Stellen oder Personen sei. lieber die politische Seite des Themas führte er u. a. aus: Es wird immer wieder vergessen — oft absichtlich und gerade von politisch dem heutigen Staat unfreundlich gesinnten Teilen der Beamtenschaft —, daß erst die Republik den Beamten die Ausübung formell schon bestehender Rechte gestattete und ihnen neue politische Rechte gab, die ihnen der alte Obrigkeitsstant absichtlich stets oorenthalten hatte. Der Beamte von heute hat wirklich das Koalitionsrecht. Der Beamte kann sich wie jeder Staatsbürger durch seine wirtschaft lichen Organisationen, durch die Abgeordneten im Parlament, für seine Interessen einsetzen. Das alles hat vor dem November 1918 in Preußen nicht existiert. Weh« dem Beamten, der es wagte, Ansichten zu vertreten, die dem System nicht genehm waren und sich gar dagegen richteten. Trotz formeller Sicherun gen durch die Gesetzesbestimmungen mußte dieser Beamte jeder zeit damit rechnen, daß er seiner Stellung verlustig ging. Die Demokratie und die Republik haben sich zum Be rn fsbeamtentum bekannt, weil auch für den mo dernen Volksstaat das vorgebildete Vcrufsbamtentum unent behrlich ist. Allerdings ist in der demokratischen Republik von 1918 die Stellung des Beamten zum Sinai nicht so primitiv, wie im Deutschland der Vorkriegszeit. Der Beamte ist heute, wie auch die Verfassung ausdrücklich betont, Diener der Ge samtheit, nicht einer Obrigkeit oder gar einer Partei. Infolge dessen ist, wie jedem Staatsbürger, auch jedem Beamten srei- gestcllt, sich wirtschaftlich und politisch zu betätigen, wo und wie es seiner Ueberzeugung entspricht. Allerdings mit einer Ein- chränkung auch im Volksstaat, der wie jeder Staat von einer Beamtenschaft verlangen muß, daß seine politische Betäti gung sich nicht gegen die Erundsesten des Staates und gegen die Gesetze richtet. Der Beamte ist als Organ des neuen Staates Organ de, ganzen Volkes. Das Volk hat stch diesen Staat ge« schassen, und es kann von seinen Beamten verlangein daß st« sich im Amt und im Privatleben nicht aeaen diesen Staat be tätigen. Diese für mich selbstverständliche Beschränkung der politischen Rechte ist es, gegen die merkwürdigerweise von den Rechtsparteien Sturm gelausen wird, die im alten Staat« unter anderem Namen die Unmündigkeit der Beamten als selbst verständlich ansahen. Der Minister behandelte dann die Vorgänge an läßlich des Volksbegehrens. Was sei va nicht über den angeblichen Terror, über unerhörte Versaffungsverletzunaen durch die Regierung geschrieben worden. Und doch muffe jeder vernünftige Mensch bei ruhiger Betrachtung zugeben, daß der demokratische Staat sich selbst aufgeben würde, wenn er zu lassen würde, daß seine Beamten an einem Kampf gegen die Grundlagen dieses Staates teilnehmen. Es ist so. sührte der Minister aus, daß ein Teil unserer Beamtenschaft noch vielfach in Ueberzeugungen besangen ist. die aus der Vorkriegszeit stammen. Von diesen Beamten kann und will der Volksstaat nichts anderes fordern, als daß sie stch positiv zur heutigen Staatssorm einstellen und alles in ihrem Handeln unterlassen, was gegen den Sinn und Geist des heutigen Staates verstoßen würde. Der Minister erklärte dann, daß die Regierung bisher Toleranz geübt und der Beamtenschaft Zeit gelassen habe, sich mit der Staatsumwälzung nicht nur abzusinoen, sondern auch sich auf die neuen Nerhäitnisje und Ideen umzustellen. Aber diese Zeit der Toleranz müsse nun auch einmal vorüber sein. Die Republik könne und müsse von ihren Beamten verlangen, daß sie Republikaner sind. Eine dem neuen Preußen besonocrs schlimm angekreidete Maßnahme auf dem Gebiete der Personalpolitik, erklärte der Minister weiter, ist die Her anziehung von Außenseitern für die Staatsverwaltung. Dabei ist dies nicht einmal neu und gcsckprh auch im alten Staate, aber es wird heute deshalb so verpönt, weil jetzt die Außen seiter Demokraten und Republikaner sind. In sehe in der Her anziehung von sogenannten Außenseitern sür den Ver waltungsdienst aber keinen Fehler, nicht einmal auch nur einen Notbehelf für die Uebergangszcit. Kein Staat, am wenigsten der Volksstaat, sollte sich der Möglichkeit begeben, jederzeit jeden sür ihn brauchbaren Staatsbürger zur unmittelbaren Mitarbeit hcraiiziehcn zu können. Es wirv auch in künftigen Zeiten einer organisch ganz anders gegliederten und gewach senen Beamtenschaft eine Zufuhr frffchen Blutes aus Nicht- berussbeamten nicht nur nichts schaden, sondern nur nützen. ) Zum Uebersall bei Borna. Wie die Ermittlungen der Kriminalpolizei ergeben haben, kommt der wegen des Ueber- salls auf den Genöarmeriehauptivachtmeister bei Borna ver haftete Grubenarbeiter Schott weder für das Verbrechen in Boalsöorf, noch für den Raubmord an dem Kraftdroschken führer Müding in Betracht. Dagegen ist er überführt, den Uebersall ans den Gendarmcrichauplwachtmeister Psützner verübt zu haben. Schott leugnet hartnäckig. ) Das Geständnis der Paschold. In Verbindung mit der weiteren Aussagen der Klara 'skrschuld besteht nunmehr auch der Verdacht, daß Werner im Jahre 1919 in Leipzig ein schweres Verbrechen verübt habe. Es handelt sich um die Er schießung eines jungen Arbeiters, der ivährend des General streiks einem Freiwilligenkommando angchörte. Dieser junge Arbeiter hatte auf der Torgauer Straße einen, einen Hand wagen ziehenden Mann ungehalten, auf dessen Wage» mehrere Säcke lagen, an denen Mutspuren zu bemerken waren. Er hatte den Wagenzieher mit nach der Wache nehmen wollen. Kurz vor dem Wachlokal zog dieser sedoch einen Revolver und gab einen Schuß auf seinen Begleiter ab, der ihn in die Hals schlagader traf und den sofortigen Tod des jungen Mannes Hevbeisührte. Der Täter flüchtete und entkam uneikamit. Nach den Andeutungen der Paschold erscheint es nicht aus geschlossen, daß Werner derjenige war, der den tödlichen Schuß abgegeben hat. Die Rache des Enterbten. Unter diesem Stichwort erzählte die sozialistische Zeitung in Köln, daß ein Kommunist BUIer, der bei der letzten Stadtver- ordnetenivoyl follengeloffen wurde, bei der Kriminalpolizei die Anzeige erstattete, daß er vor längerer Zeit seine Straßcnbahn- freikarte, die er als Stadtverordneter erhalten hatte, verloren habe. Die Kontrolle au? den Straßenbahnen ergab, daß auf die Karte ein kommunistischer Parteisekretär Sommer zu fahren pflegte. Er hatte durch Radieren den ursprünglichen Namen entfernt und seinen auf die Karte geschrieben. Nach der Dar stellung des sozialistischen Blattes hätte Biiscr, da er als Ctraßenbahnangestcllter die Berechtigung zur Freifahrt besaß, die „verlorene" Karte mit Absicht dem Parteifreund zugcschoben «nd seine Anzeige sei als ein Racheakt zu beurteilen, nachdem die Partei ihn als Stadtverordneten fatlenqclassen hatte. Es ikt nun inte icffant. was das Kommunistenblatt in Köln, die „Sozialistische Republik", zu dem Verhalten des Parteisekretärs zu sagen hat. Das Blatt schreibt: „Wir erklären, daß der Genosse Sommer eine solche Karte benutzt hat. Er ließ sich von der Auffassung leiten, daß eine solche Handlung der Parteiorganisation Gcid erspare. Die Partei ist keine Ctaatspartei und keine Sklarckpartei, Ihre Mittel sind äußerst gering. Die Fahrtkosten belasten den mäßigen Etat der Partei außerordentlich. Aus diesen Gründen heraus hat Genosse Sommer entsprechend gehandelt. Die Partei würdigt diese Motive, muß aber die Handlung selbst verurteilen, Nicht, weil sie ehrenrührig ist und gegen die Interessen der proletarischen Klasse verstoßt, sondern weil damit dem Gegner billigerweise Material geliefert wird, das er in seinem Sinre ausschlachtet und als Waffe gegen die Partei benutzt," Also der Betrug ist nicht zu verurteilen, sondern nur der Hereinsall. Echt bolschewistisch! Ein „Wortblinder" vor Gericht. - Ein Frankfurter Schöffengericht hat stch dieser Tage mit einem eigenartigen Fall beschäftigen müssen Angcklagt war ein Arbeiter wegen eines schweren Sittlichkeits-Verbrechens. Der Mann stand wegen ähnlicher Delikte schon mehrmals vor Ge richt und es war ihm jedesmal der Paragraph 61 (Unzurech nungsfähigkeit) zugebilligt worden. Dabei mar ausschlaggebend gewesen, daß der Mann nicht über dis unterste Klaffe der Volks schule hinausgekommen und trotz Schulbesuches Analphabet ge blieben war. In einem Gutachten der Städtischen Heilanstalt, das darüber entscheiden sollte, ob der Angeklagte lebenslänglich in einem Jrrenhause interniert werden soll oder ob er für leine strafbaren Handlungen verantwortlich ist, haben die ärztlick>en Sachverständigen überraschenderweise die Notwendigkeit dau ernder Internierung verneint, Das Analphabetentum des An geklagten sei auf eine der ärztlichen Wissenschaft erst seit weni gen Jahren bekanntgewordene sogenannte „Lcseschwäche" zuruck- zuführen, die vollkommen unabhängig von der sonstigen Intelli genz des Betroffenen ist. In der Literatur sei der Fall eines englischen Industriellen bekannt, der als der Leiter eines großen Konzerns weder lesen noch schreiben kann und auf Vortrag und Diktat angewiesen ist. Unter Leseschwäche oder ,,Wortblindheit" ist die Unfähigkeit zu verstehen, die einzelnen Buchstaben, die gekannt und unterschieden werden, ini Zusammenhang als Wort zu erkennen, — Der Angeklagte wurde auf Grund de; Gut achtens zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Brülle China! Erstaufführung im Schauspielhaus Leipzig. Das überaus rührige Schauspielhaus brachte als Neuheit für Leipzig heraus dos Schauspiel in sieben Bildern von S. Tretiakow: „Brülle China" — „Frei bearbei te!" von Leo Lama. — Der Inhalt des Stückes ist entnommen einer ivahren Begebenheit, die sich im Sommer des Jahres 1926 in der Stadt Won-Siian zugetragen hat. Der Direktor einer amerikanischen Exportgesellschaft drückt den .Hundelahn der Kulis, ivährend er selbst im Begriff steht, glänzende Pelz- geschafte zu machen, um 60 Prozent und iveist die Berziveisel- tcn mit ihren Bitten und berechtigten Forderungen schroff ab. Bei einer Bootsfahrt vom englischen Kriegsschiff aus unterliegt er im Handgemenge mit dem chinesische» Schiffer, stürzt ins Wasser und ertrinkt. An Stelle des geflüchteten Bootsmannes müssen zivei sich freiwillig stellende Chinesen ihr Leben lassen. Die Arbeitergenossenscii-aft bestimmt die Wahl des Zweiten durch das Los. Es trifft einen jungen Faniilienvater. Die Szenen kurz vor der Hinrichtung sind gräßlich. Der über alle Begriffe grausame Kapitän erfährt die ganze Gefährlichkeit seiner Lage, als er der bis ins tiefste aufgeregten Menge das Angebot stellt, ihn mit einem Schifserboot aufs Schiff zurück zu bringen. Auch das verlockende Angebot eines unerwartet hohen Fahr geldes übt aus keinen der hungernden Männer eine Wirkung aus. Im Gegenteil, sie zertrümmern in ohnmächtiger Wut ihre Ruder, vor den Angen des entmenschten Weißen. Die Hin richtung erfolgt. Und die bis zum Wahnsinn aufgestachclte Menge brüllt 3tache den verfluchten Weißen. Wer könnte sie nicht die asiatisck>e Frage, die drohende „Gelbe Gefahr"? Diese Gefahr wird nie wieder verschwinden, dank der mehr als eigenartigen Zivilisation« Methoden der weißen Geschäftsmann«!:. Der Chinese Tang-Leang-Li nennt die Ursachen beim rechten Namen: „Die Revolte richtet sich gegen die politische Vorherrschaft des iveißen Mannes, gegen das Aufzwingen seiner Kultur und gegen die hochmütige Voraussetzung seiner sozialen Ueberlegeiihcit." — Bis hierher stehen die Sympathien des unzxirtciisch eingestell ten Zuhörers auf Seite der unmenschlich Unterdrückten. Der Name des Verfassers führt bezeichnenderweise einen russischen Klang. Daher ist das ganze Bühilengeschehnis eiugetauchl in abgrundtiefem Haß gegen das Christentum. Das, was uns Christen das Heiligste ist, gibt dieser Bolschewist vom reinsten Wasser dem vergiftenden Gelachter preis. Unter der großen Zahl der Auftretenden findet sich aber auch nicht e i n Vertreter der europäischen Zivilisotion, der die Sympathie des Zuschauers gewinnen könnte. Das Gau.ze ist parteipolitisch gehalten, daher künstlerisch verzeichnet. Gewiß, der russische Verfasser läßt heidnische Chinesen auch religiös gemeinte Säße sagen. Aber er weiß diese inneren Aufblicke in aufreizenden Gegensatz zu bringen mit der christlichen Lehre in dem offen sichtlichen Bestreben, das Christentum als entbehrlich, als men- schenveriierend hinzustelle». Es bleibt für uns alle, denen das Christentum eine tiesst- innere Sache des Geistes und des Willens geworden ist. und dank einer christlichen Erziehung von jeher ivar, auf das schmerzlichste zu beklagen, daß man das Christentum mit dem Geschäft in verhängnisvolle Verbindung seit länger als zivei Jahrhunderten gebracht hat. Nicht ohne zulaugendem Grund schreibt der genannte chinesiscl-e Gewährsmann: „'Niemals wurde China vom europäisch» Imperialismus angegriffen, ohne daß ihn die Vertreter des Christentums unterstützt hätten". Der Kenner der Geschichte der Christianisierung Chinas und Japans aber weiß, in welch weitem geistigen und sittlichen Abstand von solchem Christentum mit Oelflccken die Märtyrerstraßen der kathoiffh» Missionare sich IMen und geholten haben, um dem ärmsten aller Großvölker die innere Befreiung und damit die äußere zu bringen. Es gibt noch ein anderes China. Aber davon erfährt der Zuschauer kein Wort. Wir würden dagegen nichts ^inzuwenden haben, wenn der Autor mit diesem Stück nicht einen iv e I i a n s ch a u - liehen Angriff beabsichtigte. Aber auch vom rein ivissen- sctzaftlicheii psychologischen Staudpuukt aus erheben wir Ein spruch dagegen, daß der Autor und sei» Bcariwiter »ersuchen, alte. längst widerlegte Irrtiimer (hier die Wahnidee eines Rousseau von der Unverderbthcit der Menschennalurj auszu- ivärmen Wie Verhetzung zu wirken pflegt, konnte man am Schluß der Aufführung beobachten. Aus dem Beifallsklatschen ent wickelte sich im Handumdrehen ein Beiiallsgebrüll zum große» Teil jugendlicher Zuschauer, daß der ruhige Beobachter keinen Augenblick, im Zweifel war, wessen Geschäfte diesmal die sonst künstlerisch neutrale Bühne des Schauspielhauses besorgte. » Tr. Hugo Löömaun, Bruno Walter zum Gewandhaus Dirigenten gewählt. Das Leipziger Gewandhaus hat wieder einen Kapellmeister. Gewählt wurde, wie schon gestern kurz gemeldet, der hierorts durch sein Eastdirigiereu gut bekannte und als Künstler hoch geschätzte erstklassige Dirigent: Bruno Walter. Bisher in Berlin an hervorragender Stelle iäiig. Durch den Weggang Furtwänglcrs war die Konzeridirekiio» in die schwierige Lage einer 'Neuwahl geraten. Nur der Eingeweihte Kanu wissen, wieviele anderweitigen Umstände gerade bei dieser Wahl be rücksichtigt sein wollen. Einesteils gestaltete sich die sich not wendig machende Einrichtung von (.'Gastdirigenten zwar insofern interessant, als der Musitzsreund Gelegenheit erhielt, das Maß des Könnens von seiten der einzelnen Persönlichkeiten gegen einander abzuwngen. Andererseits aber litt zweiseilos das Orchester offensichtlich darunter, daß es genötigt war, sich wo möglich aller Wochen an einen anderen Dirigenten gewöhnen zu müssen. Alx'r auch sür den jeweiligen Kapellmeister blieb cs eine heikle Sache, mit einem ihm bis dahin fremden Orchester künstlerisch, das will zum großen Teil heißen, see lisch sich zu verständigen. — Diesen mißlichen und zum Teil peinlichen 'Verhältnissen ist nunmehr ein Ende bereitet Zur stille» Genugiuuug der beteiligten Kreise. In einer Zuschrift au eines der führende» Leipziger Tagesblälter legt der nun mehrige Gewandhaus-Kapellmeister seine Grundsätze dar. über seine künftige» künstlerischen Auß>aben. Danach gilt seine Hanplarbeil der Pflege den „zeitlosen" Werken der Tonkunst. „Eine Art „Ausstellung" zeitgenössischer Produktion köunie ei» solches Institut wie das Gewandhaus nie werden, ohne die Pflege des Zeitlosen (aus Ouantilütsgründen) zu vernachlässi gen. „Damit sind die Gewandliansöcsuchcr geschlitzt vor der Aufdringlichkeit jener Musik, deren Autor es sich zur ersten Auf gabe gesetzt hat, uw jeden Preis anders zu schreiben, als sich das irgend ein anderer, und sei er auch ein anertzauuter Mei ster. denkt oder gedacht hat. 'Nie ward cs dein werdendem Komponisten leichter geinacht als heutzutage, sein Nicht. Können für seine „Eigenart auSziigelx'ii, als in unseren Tagen. — Der in Leipzig bereits hoch und ansrichtig gefeierte neue Genmndhaus-Kapellmeistcr hofft, Leipzig in verstärktem Maße, mehr als cs bisher geschehen ist, als Musikstadt wieder zu Ehren zu düngen. Er besitz! schon heute eine große, sür ihn begeisterte Gemeinde. Die weiteste» Musikkreise der Stadt begfüßeu sein Kommen aus das aufrichtigste. —b— ^