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Ausbruch -er Arbetterschask Neues Leben in -er Arbeiterjugend Frankreichs Der rattose „Vorwärts" Die neue sozialdemokratische Reichstags fraktion wird in den nächsten Tagen zu ihrer ersten Sitzung zusammentreten. Es fragt sich, ob sie in dem gleichen Fraktionsgeist beharren wird, den in der vergan genen Woche die Fraktion der Wirtschaftspartei und der Volkspartei vor aller Öffentlichkeit bekundet haben, oder ob sie den Mut haben wird, aus dem Wahlergebnis die Konsequenzen zu ziehen. Insofern ist bemerkenswert, was der „Vorwärt s" in einem „Harte Schule. Auch Demo kratie will erst gelernt sein" überschriebenen Leitartikel (Nr. 45b) zur politischen Lage zu bemerken weih. Es wird in dem Artikel sehr viel über die sozialdemokratische Partei und ihre Erfolge gesprochen. Ueber Staat und Regierung und deren Zukunft aber wird nur das Folgende gesagt: Die Regierung Brüning sitzt, wie der Alchimist im Turm, von der Welt abgeschlossen, und arbeitet Entwürfe aus. Ihr nahestehende Zeitungen sprechen sogar schon von einem „Fünf- iahrplan" — dabei weih die Regierung nicht wie sie auch nur über die ersten fünf Tage nach dem 13. Oktober hinwegkommeir soll. Hofft sie wirklich auf Rettung durch die Sozialdemokratie? Das ist nach ihrer ganzen Geschichte wenig wahrscheinlich. Es ist wenig wahrscheinlich auch angesichts der Tatsache, datz ihre Entwürfe, soviel über sie bekannt ist, ohne jede Rücksicht auf all bekannte Auffassungen der Sozialdemokratie und der Gewerk schaften angefertigt werden. Regierungspolitik — gibt es das überhaupt noch? Die Minderheit, die zur Regierung Brüning gehört, und das Ka binett selbst ist innerlich gespalten. Die einen hoffen auf eine Verständigung mit der Sozialdemokratie, ohne für sie etwas zu tun; inzwischen sind die anderen um so eifriger am Werke, sie zu Hintertreiben. Die einen ziehen nach rechts, die anderen nach links. Auf das Zentrum wird der stärkste Druck ausaeübt. damit cs einer varlamentarischen Hitler-Regierung auf die Beine helfe. Aber die parlamentarische Hitler-Negierung ist ebenso unwahrschein lich wie die Regierung der Großen Koalition oder die von den Sozialdemokraten tolerierte Brüning-Regierung. Scheitert jeder Versuch einer parlamentarischen Lösung — wasdann? Ist dann der Tag da, an dem es heisst: Ende der deutschen Demokratie? Wird dann der Name Deutschlands von der Tafel gestrichen, auf der England, Frankreich, die skandinavi schen Staaten stehen, um auf einer anderen zu erscheinen neben Italien, Polen, Litauen? Was dann? Der „Vorwärts" hilft sich mit einer Folge von Fragezeichen. Die klaren Antworten sind ihm offenbar sehr unangenehm. Gleichwohl weist er auch, was es heißt, die „parlamentarischen Lösungen" als erschöpft zu bezeichnen. Ja er weist offenbar noch viel mehr, ohne es zu sagen, datz nämlich jetzt die Hauptverantwortung für eine parlamentarische Lösung bei der Sozialdemokratie als der stärksten demokratischen Partei liegt. Statt dessen bemüht sich der „Vorwärts" den Fall einer Diktatur — wessen? — zu diskutieren, um lakonisch festzustellen, daß die sozial demokratische Partei bei einer solchen Ilmstellung nach bis herigen Erfahrungen nicht schlecht fahren werde, denn: ,Sat so die Sozialdemokratie einst alles getan, um Ihre eigene Diktatur (1918/19) so rasch wie möglich überflüssig zu machen, so ist damit auch ihr Handeln gegenüber jeder Diktatur eines anderen klar vorgezeichnet. Kampf für die sozialen Rechte des schaffenden Volkes. Kampf für die Rückkehr zur Demokratie bleibt ihre Aufgabe. Niemand vermag lm einzelnen zu sagen, was aus dem Wirrwarr dieser Tage hervorgehcn wird. Und der Staat, das Volkswohl, die suprvmn Isx? Sind das für den „Vorwärts" auch bereits gescheiterte Lösungen? „Niemand vermag zu sagen ..." Hilfloser und rat loser haben wir den „Vorwärts" in seiner langen Geschichte wohl noch niemals gesehen. ^ Eröffnung -er Kaditzer Drücke Dresden, 30. September. Die siebente Dresdner Elbbrücke, derem Entstehen die Dresdner Bevölkerung mit großem Interesse gefolgt ist, ist fer- tiggestellt. Sie wird am Mittwoch, den 1. Oktober, 10 Uhr im Rahmen einer schlichten Feier dem öffentlichen Verkehr über geben. Die Eröffnungsanspraäze wird Herr Stadtbaurat Dr.-Ing. Leske halten. Dann erfolgt die Ucbergabe der Brücke an den öffentlichen Verkehr durch Oberbürgermeister Dr. Blüher. : L.e lö schen Unfälle. Am Montagnachmittag gegen Uhr wurde aus dem Wiener Platz ein etwa 20 Jahre altes Mädchen beim Ueberschreiten der Fahrbahn von einem Personenauto umgefahrcn. Die Verunglückte wurde mit mehr- O. ?. Paris, 20. September. Die soziale Bewegung des Katholizismus geht durch Frankreich, mit Begeisterung und Aufatmen von allen franziskanisch Gesinnten begrüßt, von der geistigen Elite als ein verspäteter Frühling gefeiert, an hoher kirchlicher Stelle in Paris angeregt und gestützt und in der Ernennung des jugend lichen Kardinals von Lille mit dem deutlichsten Siegel päpst lichen Willens bestätigt. Aber das wichtigste: die Arbeiterschaft hat mit beiden Händen und offenem Geiste den Arm ergriffen, den der Katholizismus ihr entgegenstreckt. Eine viel beachtete, wenngleich von der radikalen, liberalen Presse wenig besprochene Kundgebung stellt die „Studien woche der I. O. C.", der jeunes8s ouvrlörs cbrötienne, dar, die sich zwischen dem 19. und 22. September in Paris abspielte. Die Bewegung und ihre Organisation ist erst zwei Jahre alt und hielt ihren zweiten Nationalkongreß ab. Seit der Ent stehung haben sich 13 regionale Vereinigungen mit 13 900 ein geschriebenen Mitgliedern gebildet. Das Organ des Bundes, die „Oeunesss knivriere", eine vierzehntägig erscheinende Zeit schrift, hat eine Auflage von 85 000 Exemplaren und der monat liche Zuwachs an Mitgliedern ist im Durchschnitt 100. Die er werbstätige Jugend von 11 Jahren aufwärts findet sich in dieser christlichen Organisation zusammen. Im Gegensatz zu den früheren, ihrem Wesen nach charitativen und vom Klerus geleiteten Einrichtungen, entsteht hier eine selbst verwaltete Organisation, eine Arbeiterjugcndorganisation, die im eigenen Namen alle Interessen sozialer, hygienischer Art in der Fabrik und Arbeitsstätte wahrnimmt, sich um den eigenen moralischen Schuh bekümmert und in jeder Hinsicht ein Betäti gungsfeld in der Art der entsprechenden, schon bestehenden katholischen Iugendvereinigungen in Deutschland oder Belgien schafft. Unter den Problemen, an deren Lösung die I. O. C. Mitwirken will, wird genannt: Problem der Sicherheit für sich und die Seinen. Problem des Woblbefindens. moralisch« Pro fachen Verletzungen ins Friedrichstüdter Krankenhaus überge- sührt. Der Unfall scheint darauf zurückzuführen sein, das; das Mädchen beim Ueberschreiten der Straße unsicher wurde und in das Auto hineinlief. — Kurz nach 7 Uhr wollte auf der Freiber ger Straße ein Personenkraftwagen einem Schnellastwagen ausw eichen, bei diesem Versuch geriet der Wagen auf den Fußsteig und fuhr in das Schaufenster eines Fleischermeisters, wobei ein 23jähriges Mädchen, das vor dem Fenster stand, ver letzt wurde. — Auf einem Neubau auf der Fabrikstraße brach ein 51 Jahre alter Bauarbeiter durch ein 1,5 Meter hohes Ge rüst. Mit schweren inneren Verletzungen wurde der Verun glückte ins Krankenhaus gebracht. „Mahnruf der Kriegsopfer." Im Lichtspieltheater „Schau burg" in Dresden-Neustadt fand am Sonntagvormittag die Ur aufführung des vom Reichsbund der Kriegsbeschädigten, Kriegs teilnehmer und Kriegerhinterbliebenen geschaffenen Films „Mahnruf der Kriegsopfer" statt. Es wohnten ihr u. a Vertre ter der Reichs- und Staatsregierung bei. Wie der Vorsitzende des Gaues Freistaat Sachsen in seiner Begrüßungsansprache mitteilte, soll der Film in den nächsten Wochen in ganz Sachsen aufgeführt werden, um die Oeffentlichkeit darauf hinzuweisen, daß eine starke Organisation vorhanden ist, die die Belange der Kriegsopfer mit Nachdruck vertritt. Ob dieser Film das geeig netste Mittel hierzu bildet, muß fraglich erscheinen. Wer ihn einmal gesehen hat, wird ihn kaum Wiedersehen wollen. Er wirkt trotz seiner Kürze ermüdend. Der Anfang ist vielverspre chend, eine wirkungsvolle Propaganda für die verständliche Lo sung der Kriegsopfer: „Nie wieder Krieg!" Wäre dieser Ge danke weiter ausgebaut worden, so wäre vielleicht ein guter, wenn auch tendenziöser Film geworden. Er sollte aber auch die Forderung der Kriegsopfer propagieren: „Wir wollen nicht Dank, sondern Recht!" Hier versagt die Filmkunst bis auf wenige Bilder von der großen Mainzer Bundestagung und den Kriegersiedlungen. Die Titelblätter der Bundcsschriften, den Wortlaut der Bundessatzungen, die Arbeit in den Bundesbüros und die Vorstandsmitglieder in ihren Rednerposen zu zeigen, ist im Film fehl am Ort. Wer soll sich die Zahlen und Daten mer ken, die flüchtig am Auge vorbeihuschcn! Da war allerdings das Flugblatt „Der Krieg in Zahlen", das man auf der Straße in die Hand gedrückt bekam, von nachhaltigerer Wirkung. bleme, Problem der Gerechtigkeit, Problem der menschlichen Würde. Die geistlichen Anregungen tragen den Charakter der Beratung und sind nur in den grundsätzlichen Fragen der Doktrin autoritärer Natur. „Die Doktrin ist diejenige der katholischen Kirche." Diese Lehr« ist eine sichere, eine Lehre der Autori tät, die weder diejenige einer Klasse, noch eine solch« des Alters ist. Ihr folgend, dient die I. O. C. den Organisationen der älteren Arbeiter, dient sie der Welt und der Kirche, deren begeisterte und gehorsame Tochter sie sein will." Von den drei Tagen der Studien„woche" war der erste den Fragen der beruflichen Arbeit, der Vorbereitung der Arbeit und der Arbeitsstätten gewidmet. Am näcWcn Tage kamen die Probleme der Freizeit, das Leben außerhalb der Fabrik zur Sprache. Der abschließende Sonntag wurde zu einem zusam menfassenden Referat üver die Lehren des vergangenen Jahres und die Zielsetzung für die Zukunft verwandt. Den feierlichen Abschluß der Tagung bildet die Kundgebung im Trocadero, an der sich 5000 Jugendliche beteiligten. Neben den ver schiedenen Führern aus der Arbeiterjugend ragt besonders die Gestalt des jugendlichen Generalsekretärs der Bereinigung, des Abbe Guerin, hervor. Es war auch nicht ohne Interesse, daß prominente Zeitungen der ausgesprochen militant-nationalistisch gesinnten Katholiken nur spärlich diese Kundgebung erwähnen. Man steht ja teil weise den ständischen, sozialen Bestrebungen, die für das katho lische Frankreich noch sehr jungen Datums sind, noch mißtrauisch gegenüber. Manch einer würde auch gerne ein inquiütoriscl>es Auge auf die christlich-soziale Seite werfen und dort nach den verurteilten Ansichten Marc Sangniers und des „Sillons aus dem Jahre 1910 stöbern. Aber die Einstellung der kirchlichen Autorität würde ein solches Beginnen ziemlich hofsnungslos erscheinen lassen. Befreiung jugendlicher Reichsausländer von der Berufs schule. Das sächsische Volksbildungsministerium hat zugelassen, daß im berufsschulpflichtigen Alter stehende jugendliche Reichs ausländer, die ihren regelmäßigen Aufenthaltsort außerhalb Sachsens haben und durch Vermittlung eines sächsischen Arbeits amts nur vorübergehende Zeit als landwirtschaftliche Arbeiter innerhalb Sachsens Beschäftigung finden, nicht zur Teilnahme am Unterricht der Berufsschule herangezogen werden sollen, wenn durch Bescheinigung des Arbeitsamts nachgewiesen wird, daß die Beschäftigung laut Vertrag nicht länger als bis zur Be endigung der Herbsterntearbeiten und längstens bis 15. De zember dauert. Jugendliche dieser Art sind an sich jedoch zur Schule anzumelden. Die Erlaubnis zum Wegbleiben vom Unter richt verfügt auf Gesuch hin der Schulleiter für die Dauer des durch die Bescheinigung nachgewiesenen Arbeitsvertrags. Ver bleibt der Jugendliche nach Ablauf des Vertrages in Sachsen, ist er ungesäumt zum Besuch der Berufsschule heranzuziehen. Fahr! in das sächsische Weingebie! Ins sächsische Hauptweingebiet, nach Meißen, führte am Sonnabend eine Pressesahrt, an der auf Einladung des Meiß ner Verkehrsoereins zahlreiche Vertreter sächsischer u»o äußer- sächsischer Zeitungen leilnahmen. Das tausendjährige Meißen ist erst in den letzten Jahren wieder zu einem Ruf auch als Stadt des Weins gekommen, nachdem in den achtziger Jahren die Reblaus den seit 900 Jahren blühenden Meißner Weinbau vollständig vernichtet hatte Heute, wenige Jahre nach der Neu- anpilanzung und der Sicherung gegen die Reblaus durch Amen- kanerreben, ist die Stadt Meißen bereits wieder der größte Weingutsbesitzer in Sachsen, denn sie hat nicht weniger als 110 000 Stöcke, also doppelt so viel, wie das zweit größte sächsische Weingut, die Weinbauversuchsanstalt in Hof jößnitz. Tic diesjährige Ernte ist die beste. die bisher zu verzeichnen war. und sie dürfte den Ruf des sächsischen Weins, dessen Freundeszahl sich immer mehr vergrößert, befestigen. Der Stadt, die sich bekanntlich in argen finanziellen Nöten befindet, wäre ein solcher Aufschwung sehr zu wünschen, zumal bekannt lich auch ihre Industrie sehr zurückgeht und sie daher einen Ersatz sehr gut brauchen kann. Vor allem sollte man diese schöne tausendjährige Stadt recht oft besuchen, nicht zuletzt wegen seiner einzigartigen landschaftlichen Lage. Damaskus Von Beirut führt ein« sich In Schlangenwindungen empor- tziehcnde, tadellos gehaltene Autostraße über den Libanon und Tlntilibanon nach Damaskus. Sie ist den größten Teil der Streck« mit Asphalt übergossen, wird instandgehalten, wi« di« Lest« europäische Kunststraße: man fährt auf ihr fast staublos — ein viel bewundertes Kulturwcrk der Mandatsregierung. Unser gewandter Dragomann, der einer der vornehmsten arabischen Familien entstammt und sein tadelloses Deutsch in Berlin er lernte, mietet in der Nähe des in „Place des Martyrs" umge tauften Kanonenplatzes «in elegantes offenes Auto — «ine amerikanische Marke. Der Chauffeur — «in Syrer mit rotem Turban — streichelt es liebevoll wie ein Rassepferd und schwört bei Allah — es sei der beste Wagen im ganzen Libanonstaat, der die gewaltigen Paßhöhen spielend überwind«. Schon aber vor den Toren der Vorstadt wendet er sich zu uns und fragt mit sanfter Höflichkeit, ober er Betriebsstoff «innehmen könne, er sei auf die weite Fahrt nicht vorbereitet gewesen. Noch ahnen wir kein Unheil. Während wir tanken, bedient man uns aus der arabischen Wirtschaft mit eigentümlichem, innen hohelm, wohlschmeckendem Gebäck, in das man uns als Würze Sesam streut. Ein Zu- fchauerkreis sammelt sich. Hier ist noch alles volkstümlich. Die Leute tragen weit« gelbe, weiße, rot« oder blau« Mäntel, und der Turban des frommen Muslim hat noch nicht der europäischen Kleidung weichen müssen. Di« kühn ansteigende Straß«, die wir jetzt emporfahren, di« wi« die meisten Wege in Syrien eine ge waltige Leistung von der Maschine verlangt, führt im Flug« an zu eleganten Sommerfrischen gewordenen Ortschaften mit üppig von lila Bougainvillien und feuerrotem Hydiscus umranktcn, schneeweißen Luxushotels vorüber. In märchenhafter Füll« blühen di« Gärten. Acrmlich nehmen sich daneben die besten falls nur aus einer viereckigen Mauer — zum Schutz gegen Sonne und Regen mit einer Plane überspannten Häuser der arabischen Landlcute aus. Der Fellache arbeitet hier, in Pa lästina und Aegypten, wo die syrischen Großgrundbesitzer meist ausgedehnte Ländereien besitzen — um einen Hungerlohn für den Effendi. Aleppo mit 300 000 Einwohnern, Damaskus mit heute etwa 350 000; Beirut mit 250 000 — das syrisch« Tripolis — und Antiochia mit 10-000, Homs mit 65 000 und Hama mit 15 0R) Einwohnern bieten ihm angenehmere Aufenthaltsort«, Von dort aus, besonders von den KUstenstädtcn zieht der sprach gewandte syrische Kaufmann, der Händler — «in Erbe altphöni- zischen Handelsgeistes — in der ganzen Welt umher, sogar bis in die abgelegensten Urwälder Boliviens und Brasiliens — am Rio Madeira und am oberen Amazonasstrom. Syriens Haupt ausfuhrartikel: Wolle, Baumwolle, Pistazien, Ziegen- und Schaffelle, Seid« und Seidenkokons, Oliven, Früchte, besonders aber di« schönen Damaskusarbeiten aus Kupfer und Holz, sowie die kostbaren Gewebe finden aber auch als Ausfuhrartikel sonst ihre Liebhaber auf den Weltmärkten. Unser wohlorientierter Dragoman weiß von großen, im europäischen Stil eingerichteten Seidenspinnereien und dem Bau zweier bedeutender Zement« sabriken zu berichten — die eine für den Staat Syrien, in Damaskus, die zweite für die Republik Libanon in Tripolis. Seiden und Vaumwollindustrie blühen in Aleppo. Wenn trotzdem die Handelsbilanz der syrischen Länder, die auch im letzten Jahr ein« ausgezeichnete Ernte zu verzeichnen hatten, noch passiv blieb, so wurde diese einerseits durch starke Geld sendungen aus den Kreisen der Auswanderer, andererseits durch die Gewinne aus der ägyptischen Landwirtschaft aufgehoben. * Unser Weg führt an mühsam aber gut bestellten, schon erntereifen Feldern vorbei. Kamelkarawanen, die zur Küste wollen, ziehen vorüber. Wir erreichen AraijL. wo das ehemalige Sommerhaus der deutschen Kaiserswerth er Diakonissen auf Grund des Artikels 138 des Versailler Vertrags ebenfalls durch Zwangsoerkauf in fremd« Hände ge langte. Allmählich erklimmen wir vor Zahle in grosiartiger ve- gationsloser Felseneinöde den Kamm des Libanon und erreichen die Grcnzpsähle des Staates Syrien — da versagt unsere Maschine. Mehrfach helfen vorllberfahrcnde mitleidige Ein heimische — einer hilft bei den schwierig«! Verhältnissen dort stets dem anderen — sie in Bewegung zu bringen. Sie rollt noch ohne Antrieb die steilen Kehre» ins jenseitige Tal herab. In der fruchtbaren, aber völlig lmumloscn Hochebene Eöle- syriens, in der die französische Flicgcrstation den einzigen Blickpunkt am Fuße der Felsenklippen bietet, bleibt sie aber end gültig trotz des geduldig-freundlichen Einredens unsres Drago- mans auf den Schauffeur, mitten in der einsamen Landschaft stehen. Ein« vorübersahrcnde Karrete, in dem ein zweifelhaft aussehcndes, unsauber gekleidetes Publikum auf Koffern, Schachteln und Säcken sitzt, bemerkt unsre Not. Es sind Schiiten Man nimmt uns auf den Zuruf unsres Dragoman, daß ich eine Deutsche sei, gern auf. Die Leut« rücken zusammen und fragen wie Kinder: Nach dem großen deutschen Schiff — der Monte Olivia, dem größten, das seit Jahren am neuen Quai von Beirut liege — es müßten wie früher — mehr solche Schiffe mit Deutschen kommen — wie es in Deutschland gehe, usw. Es gelingt, in dem von gewaltigen Tempclruincn von Heliopolis überragten Baalbcck vom Wirt einen anderen Wagen zu bekommen — und begleitet von einem der berüchtigten Heuschreckcnschwärme, gegen die weder Gasgifte noch Feuer fackeln und Scheiterhaufen Abhilfe brachten, überwinden wir nun auch die öden, grotesk geformten Schluchten des kahlen, an einigen Stellen noch Schnecfelder aufweisenden Antilibanon, um plötzlich in der grünen Oa'e vor Damaskus von einer Anhöhe das stolze Stadtbild mit seinen vielen Minaretts und einigen christlichen Kirchcnkuppeln vor uns sehen. Einen nach Mekka wandernden Pilgcrzug haben wir noch überholt. Glühende trockne Hitze. Die Leute sehen unserm schnell dahin eilenden Gefährt sehnsüchtig nach. Vinn begreift es, wenn Damaskus nach solch tagelangcn, mit großem Gleichmut er tragenen Reifen über schlechte Wege durch wüstenähnlichc Stevoe