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Nummer 227 — 2S. Jahrgang Erscheint «mal tvSchll. mtl wustr. TrattSvetlagen.Heimat un» Welt' »nd der Kinderbeilage .Frohmut', sowie den Textbetlagen .Et. Benno-Blatt', .Unterhaltnng und Wissen'. »Die Welt der Frau', .verzlUchcr Raigeber'. .Da» gute Buch'. .Flimrund» schau'. Monatlicher lvezug-pret» 3 elnschl. Bestellgeld. Slnzelnummer 1t» 4, Sonnadend. u. Sonntagnummer SV Hauptlchrtstleiteri Dr. G. DrSezhk, Dresden. Mi Nur och, den 1. Oktober IS3Ü VerlagSorti Dresden Slnzetgenpreis«: Die lgesualtenr petitzeile »0 Z. Familien» anzeigen ».Stellengesuche SV Z. Die pelitreklamezeile. SS mm breil. 1 Für Anzeigen auszerhalb de« Verbreitungsgebietes 4V diepeliiretlamezetle I .ltv^r. Brtesgebl1«»4- Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung aus Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigen - Aufträgen u. Leistung v. Schadenersatz. Geschäftlicher Teil: Frau» Bungartz, Dresden. Geschäftsstelle, Drall ».Bering! Germania. A^G. für «erlag und Druckerei. Filiale Dresden, Dresden.«. 1. Poliersirahel?. FernrusSWIS. Vostscheckkonto Dresden 770Z. Bmikkonto Ttadtbank Dresden Nr "I71S Für chrisNiche Politik und Kultur DreSden-AUfiadl r. Polierslrajze >1 und tiviL " Hsrnrin eMIl Das Sanierunasvrogramm Beginn -er Beratungen Berlin, 30. September. > Bon unterrichteter Seite wird nunmehr bestätigt, bah der Reichskanzler die Besprechungen über die Durchführung des Sanicrungsprogramms bereits im Lause des heutigen Vormit- tags aufnimmt. Der Reichspräsident kehrt vormittags von der Schorfheide nach Berlin zurück und wird den Kanzler um 1e12 Uhr empfangen. Im Anschluß daran wird der preuhische Mi» nisterpräsident Braun, der ebenfalls wieder in Berlin ist, den Kanzler besuchen. Die Besprechungen spielen sich also nicht, wie- von einige» Morgenblättern angenommen wurde, in der Schorf. Heide ab. Die Veröffentlichung des Programms wird, wie vor gesehen, heute abend erfolgen. Srhima -es Relchsrvahlausscbuskes Unter Borfitz des Neichswahlleiters Geheimrat Wage» mann fand am Montngmittag eine Sitzung des Reichs- wahlausschusses statt, um das endgültige Ergebnis der Reichstagswahlcn festzustcllen. Als Beisitzer waren u. a. an wesend die Abgeordneten Dittmann (Soz.), Torgler (Komm.) und Laverrenz (Dtn.). Nachdem aus den Wahl kreisen die amtlichen Ergebnisse vorlicgen, besteht die Ausgabe des Reichswnhlausschusses lediglich noch darin die Verrechnung der Rest stimmen für die Reichsliste vorzunehmen. Die Ver rechnung, deren Ergebnis schon bekannt ist, wurde vom Reichs- tvahlausschuh genehmigt. ° Im übrigen bleibt aus dem amtlichen Ergebnis noch festzu stellen, das; die Wahlbeteiligung 82 vom Hundert betragen hat. Insgesamt sind 34 956 723 gültige Stimmen ab gegeben worden, ferner 267 741 ungültige. Der neue Reichstag besteht bekanntlich aus 577 Abgeordneten. Die Abgeord neten Lavarrenz und Dittmann wandten sich gegen die Art der Verteilung der Reststimmen bei dem gemeinsamen Neichswahl- vorschlag der Konservativen, des Landvolks und der Hanno veraner. Dieses Vorgehen entspreche nicht dein Sinn und Deist des Wahlgesetzes, das verlange, das; Mandate aus die Reichs!iste erst entfallen, wenn in einem Wahlkreisvcrband ein Mandat er hielt worden ist. Präsident Wagemann stellte fest, das; es sich Hier um eine Lücke im Wahlgesetz handele, das kein direktes Verbot eines solchen Zusammengehens enthalte. Ferner bemän gelte Abgeordneter Laverrenz, das; in einigen Wahlkreisen fremdsprachige Wahlvorschläge zugclnsssn worden sind. So ein Wahlvorschlag der Polen und ein Wahlvorschlag der Lau sitzer Sorben. Hierzu wurde darauf hingewicscn, daß in Oberschlesien die polnische Sprache als Landessprache zugelassen sei, und daß der Reichswahlausschufz keinen Einflug auf die Zu lassung der Reichswahlvorschlüge habe. Auch der Ueberwachunqsausschntz lag? Berlin, 29. September. Der Rcichstagsausschusz zur Wah rung der Rechte der Volksvertretung, der sogenannte Ueber- w a ch u n g s a u s s ch u sz, ist für Dienstag 16 Uhr zu einer Sitzung einberufen worden. Auf der Tagesordnung steht die von der Negierung vorgeschlagene Verbilligung von Frischfleisch an Stelle des zollfreien Gefrierfleisches. Frankreichs AutzenpoMik Sicherhett — Schiedsgerichksbarkett — Abrüttunq Ä Paris, 28. September. Ministerpräsident Tardieu hielt gestern nachmittag in Ale»(,-on, war eine Landwirtschaftliche Wanze des Departe ments Orne stattgefunden hat, eine politische Rede. Er be schäftigte sich eingehend mit dem, was seine Negierung getan :t, um auf wirtschastlichem und landwirtschaftlichem Gebiete die ckwendigcn Reformen dnrchzufiihren. Nach seiner Ansicht ist, diese Reformen fruchtbringend zu gestalten, notwendig, das; !r Frst.de im Innern und außerhalb Frankreichs herrscht. Der mere Friede, so erklärte er, tritt nicht nur durch die Ordnung und Freiheit der Straße in die Erscheinung, sondern er erfor dert auch Methode und Harmonie in den Geschäften des Landes. Wir in der Regierung, so fuhr Tardieu fort, sinddieErben des wunderbaren Werkes von Poin care, das wir fortsetzen und festigen wollen. Das einmütige Frankreich will den Frieden und arbeitet daran, ihn politisch und wirtschaftlich in der ganezn Welt, beson ders aber in Europa zu organisieren. Diese Arbeit will Frank reich fortsetzen; es glaubt heute wie gestern, die Grundlage für diese Organisation in der Formel gesunden zu haben: Sicher heit, Schiedsgerichtsbarkeit und Abrüstung. Aber heute wie gestern lehnt es ab, daß diese Ordnung umge stoßen wird, und in Erwartung des vertraglichen Fortschrittes der Garantien und Sanktionen vollzieht es Maßnahmen, die leine Souveränität erlauben und die sein Schutz erfordert. Muß man übrigen» daran erinnern, daß kein Land seit zehn Jahren sein« Abrüstung zu Wasser, zu Land« und in der Luft so gewissenhaft durchgefiihrt hat wie Frankreich, und daß kein Land mehr als Frankreich durch seine Handlungen seinen Willen nach moralischer Entspannung und Aussöhnung kund ig getan hat? Wenn man den Siiüiruck hat, nicht immer aus o Gegenliebe gestoßen zu sein, hat man das zur Kenntnis ge- ^ nommen und daraus seine Lehr, gezogen. Ohne Bedauern und ohne Befürchtung wird Frankreich sein« Kaltblütigkeit bewahren und angesichts aller verblendeten, un vernünftigen und alarmierenden Kommentare ruhig, entschlossen und wachsam bleiben. Unser« Regierung hat di« Ueberzeugung, daß sie nichts Erforderliche, vernachlässigt hat. Sie i st die treue Verteidigerin der Verträge, die die G/undlage für den Frieden bilden. Die Regie, rong, al« Dolmetsch de« Willen» des Landes, erklärt, daß es ein« Unklugheit, ein Fehler wäre, dem Auslande durch leiden- schaftlkcho Kontroversen da» wahre Gesicht des friedfertigen Frankreich, da- seiner Kraft und seine» Rechtes sicher ist, zu ver bergen. So kehr» ich denn zu meiner bekannten Schlußfolgerung guvück und erkläre, daß bei der augenblicklichen Lage in der Welt di« Franzosen sich darüber klar sein müssen, daß Frankreich noch titstWk,wichtig« Problem« zu lösen hat, di« allen gemeinsam am Maltesen sollten. Deuttchland nicht vsrankworllich? Das deutsche Plaidoycr vor der gemischten Kommission im Haag. Haag, 27. September. In seinem Schluszplaidoyer vor dcr deutsch-amerikanischen gemischten Kommission beschäftigte sich der deutsche Staatsver- trcter, Generalkonsul Dr. von Lewinski, mit dem sogenann ten Geständnis des amerikanische» Kronzeugen Hermann in der Kingsland-Angelcgenheit. Die deutsche Auffassung sei, daß die Aussage Hermanns auf freier Erfindung beruhe und in unlös barem Widerspruch nicht nur mit de» Bekundungen der von ihm beschuldigten Personen, sondern auch mit den Angaben stehen, chie er selbst im früheren Verlauf des Verfahrens ge macht habe. Der deutsche Vertreter schloß mit der Erklärung, daß die deutsche Regierung in diesem ganzen Verfahren alles getan habe, um den wahren Sachverhalt zu klären, und daß sie auf Grund ihrer eigenen Beweiserhebung nach sorgfältiger Prü fung des der Regierung vorliegende» Veweismaterials zu der Ueberzeugung gelangt sei, daß deutsche Agenten für die Zerstörung der beiden in Frage kommenden Anlagen nicht verantwortlich seien. KabinerrsbU-unq in Sfterreich Neuwahlen am 16. November. Wien, 30. September. Dr. Seipel hat. wie die „Rcichspost" meldet, die Ein ladung des Vizekanzlers Vaugoin, in die zu bildende Re gierung als Außenminister einzutreten, angenommen. Das Ministerium für Heerwesen will Vaugoin persönlich wei terführen. Die Helmatschutzverbände würden in dem Ministe- rlum durch eine oder mehrere Persönlichkeiten vertreten sein, doch sei es nicht unwahrscheinlich, daß Fürst Starhemberg selbst in die Regierung berufen werde. Jedenfalls sei heute der Ab schluß der Regierungsbildung zu erwarten. Die neue Regie rung werde sofort die baldige Durchführung der Neuwahlen einleiten, für die als letzter Termin der 18. November ln Be- tracht käme. Demgegenüber veröffentlicht die nationalsozialistische Deutschösterreichische Zeitung eine Kundgebung Starhembergs, in der dieser erklärt, das; der schärfste Kampf gegen den Mar xismus nur wirksam werden könne auf einer tragsühigen anti- marxistischen Grundlage. Die Heimwehrführung mahnte in letz ter Stunde zur Einigkeit. Sollte dieser Ruf »»gehört verhalle», so sähe sie sich vor neue Entschlüsse gestellt, ausgehend von dem Grundsatz: Volksinteresse vor Parteiinteresse. Jetzt: Kandeln! (Von unserer Berliner Schrtttleltungs u. s. Das Reichskabinett hat seine Beratungen am Sonnabend abgeschlossen. Am Dienstag sollen die Be schlüsse, nachdem sie ihre schriftliche Formulierung erhalten haben, der Oeffentlichkeit übergeben werden. Da» ist der Augenblick, wo die allgemeine poli tische Auseinandersetzung beginnt. E»ist falsch, dcr Regierung, wie das von einigen Seiten ge schehen ist, vorzuwerfen, sie hätte eher handeln und nicht so lange beraten sollen. Handeln, ohne gleichzeitige Kund machung der notwendigen sachlichen Maßnahmen? Mit Halbheit? Mit einer Geste oder nur mit Worten? Und noch eine andere Frage: Hat denn die Regierung nicht gehandelt? Sie hat nach dem 14. September die Zügel der Führung fest in der Hand behalten. Sie ist geblieben. Weil weder die Rechte noch die Linke für sich selbst die Mehrheit erobert hat, und weil ein Zusammenschluß der gesamten Opposition zur Uebernahme der Verantwortung infolge ihrer Wesensverschiedenheit nicht möglich ist. Dis Negierung Brüning hat durch diese von vielen Seiten an- gefcindete Entschlossenheit, nicht abzudanken, sondern die politische Entscheidung dem 13. Oktober zuzumeisen, zu nächst einmal das Chaos verhindert, in das wir nach dem Ausgang der Wahlen mit tödlicher Sicherheit uns ohne Regierung hineingekriselt hätten. Dann ist die Regierung sofort» n die praktische Arbeit hcrangcgan- gen. Sie legt jetzt die Maßnahmen vor, auf Grund deren das Parlament gefragt werden soll, ob es in seiner Mehr heit bereit ist, mit der Zustimmung zu ihnen auch dis Fortführung einer vom Parlament getragenen geordneten Politik zu garantieren. Zn Deutschland meint man aller dings. wenn nicht in den Morgen- und Abendzeitungen, also zweimal am Tage, lange Spalten über die vermut lichen internen Pläne der Negierung stehen und wenn nicht alle Tage die Oeffentlichkeit durch falsche und kom binierte Nachrichten beunruhigt wird, daß dann nichts ge schieht. So sehr haben wir uns bereits in Sensations lust und Kombinationslust hineingelebt und hinein- gewöhnt, daß man das Verständnis für eine sorgfältige Vorarbeit der Verantwortlichen verloren zu haben scheint. Am 13. Oktober tritt der neue Reichstag zum ersten Kämpfe beginnen, steht an erster Stelle der Satz: In Deutschland muß Ordnung bleiben. Unter allen Umstünden. Daß die Regierung sich dessen bewußt ist, lzat sie gezeigt. Ob die Parteien sich dessen bewußt sind, werden sie zu zeigen haben. Es ist oft in der letzten Zeit der zutreffende Gedanke ausgesprochen worden, daß es jetzt um das Ganze ge h t. Wenn dem so ist — und wer zweifelte daran — dann müßte man erwarten, daß die kommenden Tage bestimmt werden von Erwä gungen, die wirklich dieses Ganze sehen und das Einzelne, d. h. das Parteiinteresse diesem Ganzen unterordnen. Das deutsche Poll hat am 11. September eine eigenartige Wahl getätigt. Man kann das deutsche Volk in seinem jetzigen Zustand mit einem Kranken vergleichen. Dieser Kranke, der vom Fieber hin- und hergeschüttelt wird, geht nicht zum Arzt — er geht zum Kurpfuscher, der ihm die erste beste Medizin verschreibt. Radikalkur. Vis der Kranke feststellt, daß die Kur nicht hilft, sondern daß sie auch noch andere Organe angreift und in Mitleidenschaft zieht, die bisher gesund gewesen sind. Der Patient, der letzt erst merkt, was er selber angerichtet hat und der dis Hoffnung noch nicht aufgibt, sucht nach dem letzten Aus. weg: Er nimmt den Rat eines tüchtigen Arztes an. Das deutsche Volk muß wissen, daß die politischen Radikalkuren der Hitler, Hilgenberg und Thälmann ebenso schädlich sind wie medizinische. Der politische Radikalismus, der sich an schickt, auf die Eroberung dcr politischen Macht zu mar. schieren, wird nur dann in die Ufer seines ihm zugewie- senen Bächleins zurücktreten und zurückfließen, wenn eine wirkliche politische Führung vor handen ist, wenn das Parteigezän k auf. hört, und wenn wir uns darauf besin nen, daß das Reich nicht so sehr mit äußeren Mitteln, sondern von innen heraus, von der politischen Moral und der politischen Sauberkeit aus, aufgebaut und erneuert wird. Dazu brauchen wir keine Radikalkuren. Dazu brauchen w>' —>r die entschiedenen Männer der politischen Vernunft und oes starken Willens, die sehen, woran wir leiden, und die den Mut haben, sich durchzusetzen. Viele verfallen jetzt in einen Fehler — und das ist eine neue Gefahr, die neben den vielen anderen Gefahren droht, in denen wir »ns schon befinden. Viele Schwärmer schicken sich unter dem Eindruck des 11. September an. den Nationaliozialisntus irr idealisieren, d. b. sie sehen ibn