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Für eine produktive Agrarhllfe Dresden, 5, Juni. Am Mittwoch fand im «rosten Saale des Künstlerhauses die Hauptversammlung der Kreiedirektion Dresden der Landwirts chastskammer statt. Oekono- wicrat Weide- Oberhäslich als Vorsistender begrüßte die Er schienenen und vor allem die Ehrengäste, unter denen Kreis hauptmann Buck, die Amtshauptleute Uhlig-Freiberg und Echmidt-Mcisten und Oberbürgermeister Dr. Bliiher zu bemer ken waren. Er führte dann aus, dast die deutsche Agrarpolitik durch die Ernennung Dr. Schieles zum Reichsernührungs- miuister eine entscheidende Wendung genommen habe. Durch die rückläufige Konjunktur sei die Industrie zu einer Leidensgefährtin der Landwirtschaft geworden. Die Verzweiflung in der Landwirtsäiast sei heute so grost, dast die Radikalisierung auch auf dem Lande immer weitere Kreise ziehe. — Oberlandwirtschostsrat Dr. Lehnhard sprach sodann über das Thema „Was kann die deutsche Landwirtsäiast von der deutschen Agrarhilfe erwarten?" Zurzeit befinde sich die deutsche Landwirtschaft in einer gewaltigen Krise. Es sei Auf gabe aller Stellen, Rohertrag und Betriebsaufwanü mitein ander in Einklang zu bringen. Es komme darauf an. durch Verbesserung, Vereinheitlichung und Verbilligung, sowie durch Selbsthilfe die landwirtschaftliche Produktion zu heben. Voll ständige geistige Umstellung des Landwirts zum Genossenschafts gedanken müsse damit Hand in Hand gehen. Den Schlust der Tagung bildete eine Besichtigung des landwirtschaftlichen Mustergutes aus der Inter nationalen Hygiene-Ausstellung. Tödlich überfahren Radebeul. S. Juni. Aus der Luisenstraste wurde heute nacht ein Mann tot aufgcsunden, der als ein 27 Jahre alter Ingenieur aus Radebeul scstgestellt wurde. Er war offenbar von einem Kraftfahrzeug überfahren worden, dessen Führer noch unbekannt ist. Anscheinend sind dem Verunglückten die Räder eines schweren Wagens über die Brust gegangen, so dast der Tod augenblicklich eingetreten sein must. Mordprozetz Kennig Freiberg. 5. Juni. Die Mitlwochvormittag-Vcrhandlung wurde im wesentlichen ausgefüllt mit der Erstattung des Gut achtens des Psychiaters Oberregierungsmedizinalrats Dr. W e i ck s e l - Waldheim. Hennig befand sich vom 10. Februar bis 24. März zur Beobachtung seines Geisteszustandes in Wald helm. — Schon mit acht Jahren wurde Hennig. wie aus den Akten hervorgeht, kriminell. Er war bei seinem Nachbar einge stiegen, um Christbaumkanfekt zu stehlen. Dann hatte er die Sparbüchse seiner Mutter erbrochen und beraubt. Mit zehn Jahren kam er nach Bräunsdorf. In einem Anstaltsbericht heistt es, dast er verschiedene Male wegen Stehlens und Roheit be straft worden sei. Er sei ohne Reue. „Er wird nicht zu ändern sein, sondern im Gefängnis enden." Zu- snmmenfassend sagte der Sachverständige: Hennig stammt von einem trunksüchtigen Vater s!) ab. hat einen starken Hang zur Lügenhaftigkeit, ist starrköpfig. Der Sachverständige kam zum Schlust zu dem Ergebnis, dast für den Angeklagten Keisteskrankheit oder Geistesstörung, die die Zubilligung des 8 51 rechtfertigen würden, nicht in Frage kommen könne. Wei ter erstreckte sich das Gutachten auf die Frage, ob mit der Straftat das Verbrechen des Lustmordes verbunden sein könne. Die Frage, ob Sexualmord oder Raubmord vorliege, könne überhaupt nicht entschieden werden. Es könne sich auch um die Vortäuschung eines Sexualmordes handeln, um die eigentlichen Spuren der Tat zu verwischen. — Nach der Erstattung des Sach verständigengutachtens wurde wieder die Zeugenvernehmung ausgenommen. Die Landwirtsehefrau Henke- Kleinschirma machte Angaben darüber, welche Gegenstände Hennig bei seinem Antritt mitbrachte. s. Sächsische Wohlfahrtslottcrie». Vom Deutschen Hygiene- Museum in Dresden wird soeben bekannt, dast ihm vom Säch sischen Ministerium des Innern für die Zwecke der Innenein richtung des Museums und zur Schaffung van Schausamm lungen eine Geldlotterie mit 800 000 Losen zu 1 Mark bewilligt worden ist. Die Ausgabe der Lose wird noch im Lause des Juni durch die mit der Durchführung betrauten „Sächsischen Wohlfahrtslotterien". Dresden-A 1. über das ganze Deutsche Reich erfolgen. — Bereits nächste Woche wird die 21. Sächsische Landcswohlfahrtsgeldlottcrie gezogen, die 80 000 Mark Gesamt gewinne ausspielt. Das Mozart-Molio Don Michel Becher. ' Die Donau lag unter der Sonne. Roter Herbst schmüäte die Hügel zum Oktober, als der Meister des Wohllautes zwischen Wald und Wiese stand, die köstliche Stadl Wien im Niiclen, fern das Getriebe. Vor einer Stunde hatte er im Dom gestandce», unerkannt in dem dunklen Mantel, den er umschlug, wenn er die Eriche satt war. damit sic ihn überschütteten. Dann ging er durch schmale Gassen der Not, sah einem Bettle: in die Angst äugen, schickte eine Dirne fort und tat die Schritte schneller an einander. Jetzt schlug der Abend sein Tor weit auf. Die Buchen brannten rot wie winterliche Kaminfcncr, Herbstzeit losen gaben dem Gras einen violettencn Glanz, irgendwo sang auch ein Vogel. Jbolfgang Amadäus nahm mit der ihm eigenen Gemessenheit ein Notenblatt aus der Rocktasche, tat einen Atem lang die Augen zu . . . dann schrieb er das Motiv und summte es vor sich her. Es war Dur mit einem Schatten von Moll, schwergewichtiger als sonst die Heiterkeit, die man ihm nachsagte. Flucht. Dom. Not und heilende Natur . . . jener Mozart tieferer Deutung. Ein kleines Motiv seines Lebens, erst nach viel dunklem Wechsel wurde es in ein Werk verwoben. O, du lächelnder Tonsester des Hart- Wirklichen. Mann mit dem sckwrfen Gesicht und der weichen Feder tönender Osscnbarung, Wolsgang Amadäus. Wien, und ganz vereinzelt auch nord deutsche Tiefebene, du aufschluchzenden Baches freudvoller Ve- lauscl>er und der Mcerwciten-Bewegthcit seinhöriger Künder... Mozart! Gräben des Grauens. Hingehocktsein in mühsam gebuddelte Löcher, übcrrauscht von singenden Geschossen, grausig angelacht vom Mann mit der ewigen Sense, Stumpfheit und Angst, die Beine gespreizt zwischen hüben und drüben, die Augen versonnen im Gestern der Heimat, Kinderlieber im Ohr, Gräben der Zwie spalt. Hannes Kramer war Schullehrer gewesen drüben in einem Rheindorf. Vor ihm stand ein langes Geschlecht Lehr meister, versonnen und immer ein wenig lächelnd. Ihn hatten sie von den Kindern geholt in den roten Reigen. Mit nebligem Sinnen tat er das Handwerk, es war ihm. als hätte Gott alles Wissen um Lichtes in ihm ansgelöscht. Er schost und vergrub Zerschossene, er ast trockenes Brot und dünne Suppen, fuhr in Urlaub und kam wieder zurück. Er bandelte wie einer, der den Vom sächsischen Wahlkamps Mahraun in Dresden Dresden. 8. Juni. Die Volksnationale Neichsvereinigung begann ihren Wohl- Kamps in Sachsen am Mittwochabend mit einer grasten Werbe veranstaltung, bei der der Reichssührer der Vereinigung, Arthur Mahraun, in grasten Zügen die Ziele der Bewegung auseinan dersetzte In einem einleitenden Vortrag führte zunächst der Landessührer der Voihsnattonalen Reichsvereinigung und Spitzenkandidat, Lasse, kurz aus. dast die Volksnationale Reichsvereinigung eine politische Cammelbewegung darstelle. Sie das Monopol der alten Parteien in der Politik brechen wolle. Sie ivolle keine Unterstützung von Interessengruppen, sie wolle di« Volksgemeinschaft. Ihr Kampf gelte dem Klasscn- und Parteistaat und der Herrschaft des Geldes, und der Kaste in der Politik. Mit lebhaftem Beifall begrüstt nahm sodann Arthur Mah- raun das Wort, um zunächst die Gründe darzulegen, die die Neichsverciiiigunst veranlasst hätten, in den politischen Kampf einzugreise». Die früher cnisgcgcbene Parole der Wahlenthal- lung genüge heute nicht mehr. Der Bolschewismus in jeder Form erhebe heule sein .Haupt. Die Verzweiflung treibe ihm seine Anhänger zu. Der Radikalismus, der aus nationalistischer Uekertreibung und aus inierualionalistischcr Verwirrung be stehe. könne Deutschland nicht retten. Er, Mahraun, wende sich an alles, was zwischen Marxismus und Radikalismus stehe. AKIivismus. der nicht mit Maulaufrcisten vcnvechselt werden dürfe, sei erforderlich. Die alten Parteien hüllen in der Be kämpfung des Radikalismus versagt. Die Volksnationale Neichsvereinigung nehme daher diese Aufgabe auf. Die Volksnalionale Neichsvereinigung fordere die neue Einheit des Deutschen Reiches, die allerdings nicht durch ei» Zusammenschweistcn der einzelnen Parteien entstehen könne. Zum Ausbau des neuen Reiches brauche man den Mythos, den Glauben an die Nation. Politik sei nicht Kunst. Politik sei Eharaklcr. Die Volksnationale Neichsvereinigung werde den Kampf gegen die internationale Hochfinanz mit oller Kraft aui- nehmen. Der nationale Gedanke sei zurzeit in Deutschland säst erstorben. Die Volksnalionale Neichsvereinigung sei nicht national im jetzigen Parieisinne. Ein schivarz-weist-roler Aus beuter sei für sie nicht national. Der liberale Siaatsgedanke des Bürgertums habe abgewirtschaftet. Sein Nachfolger dürfe aber Hein neuer Klassonstaal. der Aickeilerstaat sein, sondern die Volksgemeinschaft, die Nation, die Gemeinde. Den Vorwurf, die Volksnnlionalen trieben zu wenig Tagespolilili. weise mnn mit dem Gegenvorwurf zurück, die anderen trieben zu wenig nationale Staatspolitik. Das Geschrei nach dem Diktator und nach der Diktatur In Deutschland sei unsinnig. Deutschland könne nicht durch einen Diktator regiert werden. Es müsse zur Volksgemein schaft kommen. Die Volksnationale Neichsvereinigung griffe die allen Parteien an. da sic nur Vertrelnnaen materialistischer Inicressengrupt>cn seien. Aber sie griffe keine einzelne Partei und auch keinen Einzelnen an. Sic walle nicht in Schnldfragen wühlen. Ihr Blick sei in die Zukunft gerichtet. Sie werde auch in die Tagespolitik cingreiien müssen, aber sie werde das vom Standpunkt des grasten Zieles der Volksgemeinschaft tun. Eie wolle die Säuberung des politischen Kampfes, sie wolle sachliche Auseinandersetzung der Meinungen, aber keine per« sönlichen Gehässigkeiten. Ein Paktieren mit den alten Parteien komme für sie nicht in Frage. Die Rede Mahrauns. der zwar miederhott von Zwischen, rufcrn unterbrochen wurde, im übrigen aber seine Rede un gestört vollenden konnte, wurde von der stark besuchten Ver sammlung mit lebhaftem Beifall ausgenommen. » Wir haben in unseren Spalten wiederholt zu den Ideen Mahrauns Stellung genommen. Viele seiner Forderungen sin- ausgezeichncl, vor allem der Nus nach der Volksgemeinschaft. Das Zentrum kämpft seit Jahren um diese Volksgemeinschaft. Ob aber Niahraun einen bessere» Weg zu zeigen vermag? Erkenntnisse der Dolksparlei Die Nationalsozialisten führen ihren Wahlkampf bekanntlich in erster Linie gegen die Deutsche Volks« Partei. Das zwingt auch die Volkspartei, einen deutlichen Trennungsstrich zu ziehen. Die scharfen Worte, die der Abge ordnete Dieckmann in der letzten Landlagssitzung gegen die Nationalsozialisten gesunden hat, sind bekannt. In einer Wahl versammlung in Dresden hat nun Dieckmann diese Ausführun gen noch ergänzt und u. a. erklärt: „Tie naive Rechnung, dast 48 marxistischen Abgeordneten 81 nichtmarxistische Abgeordnete gegenüberständen, ist sG'-'' Die Nationalsozialisten denken nicht daran, bürgerlich zu sein. Sie sind im Laufe der Zeit durchaus sozialistisch geworden, wie es auch i» ihrem Kampflied mit den Worle» „Hebt hoch die roten Fahnen" zum Ausdruck kämmt. Weite Kreise nehmen das Sozialistische im Lager der Nationalsoziali sten nicht ernst, obwahl Gregor Strasser in dem offiziellen Programm die Frage: „Was heistt nationalsozialistisch?" damit beantwortete, dast es sozialistisch handeln hieste. Ganz klar und scharf hat er festgestellt, dast sie sdie Nationalsozialisten) konse« guenle Sozialisten seien. Die politischen »nd wirlb-Nan'ichen Grundsätze der Nationalsozialisten zeigen nickt nur nickt immer stärkere marxistische, sondern mehr schon bolschewistische Züge, und die offene Propaganda für ein Bündnis mit Rußland ist ja bestaunt. Wie die Nattoncilsazialisten das Nationale anffassen, geht unter anderem daraus hervor, dast Hnckenburgs erschüt ternder Mahnruf an das deulscke Volk van Tr Goebbels ..die niederträchtige Mahnung eines Mannes, der in der allen Armee nichts aelernt hat." genannt wurde, lind der „nationale" Herr von Killinger hat sich im Landlag diele Ungeheuerlichkeit mit dem Zuruf ..Sehr richtig!" zu eigen gemgcht." Diese Aussgssuugen sind recht interessant. Man dnrs ab- warteu. welche praktischen politischen Folgerungen die Deutsche Volksparlei im neuen Landtag aus diesen beinerkeiwwcrlcn Erkennlnisse» über den wahren Eharaklcr der Nalionalsaziali sten ziehen wird. „Kampf dem Kunqerdiklal" Unter dieser Ueberschrist schreibt der „Sächsische Beobachter" sFolge 85) über die geplanten Sparinastnahmcn der Regierung: „Diese amtliche Meldung ist das erste zaghafte Eingeständ nis der von uns gestern gemcldelen Mastnahnicn zur Ansbür dung der Pounglaste». Ties amlliche Eingeständnis bleib! aber hinter den wahren Absichlen noch weit zurück, vermutlich nach dein Grundsatz, der deutschen Ocsscnllichkcit die ganze Wahrheit nur stückweise bekanntzngeben. In diesem Stadium wundert mnn sich über die völlige Gleichgültigkeit der Gewerkschaften gegenüber diesem drohen den Hungerdiktat, durch das die Lebenshaftung der breiten Massen noch weiter herabgedriickt werden soll. Wir Nattanalsozialisten rnlen demgegenüber das deutsche Volk, rufen alle Lohn- und Gchallsempsänger. Beamte und Arbeiter auf. sich mit allen Kräften der Durchführung dieses Hungerdiklatcs zugunsten der internationalen Hochfinanz zu widcrsetzon. unter der Parole: Generalstreik gegen V o u n ga u sb e u l u n g! Durch Sozialismus zur Freiheit!" Die Unternehmer, die dem Nationalsozialismus mit iinan- zicll betonier Sympathie gegenüberstehen. werden diese Zeilen mit gemischten Gefühlen lesen. Vielleicht denken sie: „So schreibt man vor den Wahlen". Aber mir glauben, die Herren werde» sich täuschen. Stile, die den Nationalsozialismus mohl- wollend direkt oder indirekt gefördert haben, werden nach ihr l Wunder an ihm erleben . . . l-eiprig und Umgebung Die Ipa im Lichtbild Im Kino, der Ipa läuft während der ganzen Ausstellung ei» mit großer Blühe aus allen Teilen der Welt zusammengelra- gener Film, den stein Besucher der Iva versäumen sollte. Der Film zeigt zunächst die wirtschaftliche Bedeutung der P e l z g e iv i n n u n g für die grasten Pelzerzeuguiigsländer der Erde, er zeigt die Verteilung des Vorkommens der namhnstestcn Pelztiere über die ganze Erde und weiter viele dieser uns nur als Pelzkragen bischer bekannt gewordenen Tiere in freier Wild- bahn. ikre Lebensbcdiugungen und die Art ihres Fanges zur Verwertung in der Pelzindnslrie. Der Film führt über Nord- und Südamerika nach Sibirien: wir scben den Biber, den Nerz und den Zobel, den Büren und den L n ch s : vor allein auch die Menschen, die in entbehrungsreicher Euisamkeit ihr Leben hinbringen, um für bargen Lohn Pelze und immer wieder Pelze zu sammeln. Schließlich führt der Film durch den ganzen Gang der Pelzveredeliing, namentlich auch in den ein schlägigen Fabriken um Leipzig, er zeigt die Lagerung der fer tigen Pelze, ihre Verarbciluiig zu Kleidungsstücken und krönt diese ganzen Darstellungen dadurch, daß er lehrt, wie ein bast- barer Pelz getragen werden must. Sinn des Lebens verlor. Er liest sich nichts zuschulden kommen, aber er tat auch nichts Großes, kein überragend Heldisches. Nur einmal — in einem französischen Dorf, das heiß umkäinpst wurde — stand er mit seiner Kompagnie in einer zerschossenen Kirche. Verwüstung grinste zwischen dem dachlosen Gcsäul, da wuchs Hannes Kramer hoch über sich hinaus oder vielleicht auch nur wieder zu sich selbst. Er stellte sein Gewehr hin, lappte trauin- dunkel auf die Empore, nmbrüllt vom Lärmlied und nngcsprun- cn von feindlichem Eisen und Blei . . . setzte sich aui die Orcicl- aur, zog alle Negytcr uuv lpcelie . . . Mozart. Unten in cne Not tropfte das wie ein soiniuerlickcr Abendregen. Den rauhen Soldaten fiel die Müdigkeit ans dem Herze», und ein Erkennen ging ihnen auf, um was sie litten. Als die Abwehr geschehen war, trugen sie den Spieler zersetzt die schnicile Stiege hinunter. Im Abend zitterte die Tonfolgc des Mottos. O. du Tröster Wolfgaug Amadäus, wissender Lächler. In dem wcitbogigen Raum des Lichtspielhguscs tut das künstliche Dunkel sich langsam breit, einen Augenblick noch glichen oben am Gewölbe wie Sterne, die langsam von Wolken zi'gedcckt werden, die kitschig gesagten Lampen. Jünglinge suchen tastend der Mädchen Hände, kühnere packen den Ring der Hüsten. Bürger, die ordnungshalber und aus hohler Pflicht ihre Frauen begleiten, schließen zufrieden die Augen und ver gessen ihr kleines Geschäft, indem sie den Schlaf über sich Herr werden lassen. Von großen, bunten Plakaten angelockte Arbeiterinnen flüstern erregt und lesen halblaut — ein wenig buchstabierend — die Lettern auf der weißen Spiclwand. Hier ist ihnen die Offenbarung einer Welt, die sie nachts schlaflos ahnen, und die ihrer Armut versperrt ist. Hier begegnen sie dem großen Leben und werden belehrt, wie sie sich bewegen und an tun sollen . . . Der Mädchcnhandler von Philadelphia" . . . Klingende Namen erscheinen auf der Leinwand, verbindlich lächelnde Gesichter, angestrichene Frauen, Männer mit erstaun lich gradgezogenen Scheitel und vorbildlichen Krawatten. Die Mädchen suhlen schöne Wünsche oufkeimen. drücken die Hände der Liebhaber und denken an die anderen, Spiclbälle in der Hand des Lebens, gebogene Halme im Wind der Sinne. Das Orchester im Einheitspreis-Theater Ist dünn besetzt wie in Dorstadt-Kaffee häusern. eine schluchzende Geige, ein schmachtendes Ecllo, ein verhämmertes Wirtshausklavier. Der Bildstreifen rollt. An Gartenzäunen einer Kolonie lockt ein Mann durstige Mädchen. Der Mond steht rund über den Dächern. Wald blaut in der Lern«. Die MuiU letU rin ... das Motiv- O, du uiwersiaiidciier Wolsgang Ainadäus, stiller Ahner dcs Allziliiiciijchlicheii! Eitel bcfiaclle Kellner stürze» Sekt in hohe Gläser Es schäumt auf bis zu dem zierlichen Rand, aber sie Einsap> !cr sind gewandt uiio wisse» das Maß, daß kein Tropft'» über springt. Sic baben Vcrwandlcs mit den Frincn um den llcincn Tischen, den Frauen, die sich anprciftm »nd nie unlcrbictcn lassen. Weiche Schritte sallcu aus den Teppichen. Die Wände dcs Raumes sind rot wie die gesäidien Lippen. Ein Kcm- serenzicr sagt geißelnde Zweidenttgkcilen, die Dninine be lachen. Lin Spießer schreibt sie eifrig in sein grnnledcrnes Notizbuch, daß er sie aubringen kann, wenn er warnen Ge sellschaft gibt, lieber den weißen Froclbcmdcubrüsicn bangen viele verbrauchte Gesichter, gewittert Gier, »nd nur znmcilen begegnet man einer Einsali. die noch nicht weiß, wie iie sich gebe» soll. Ein paar Erstlinge tragen ihre ganze itt sicher- beit zur Schau und stecken den Blick der Frauen verlegen ein. Ein Man» aus der Böbne spricht erkünstelt mo.iolon und zeigt eine Tänzerin an, preist die Unbekannte wie ein Wuu der. Er nennt sie den Glanzpunkt des Abends »ick die Seele des Tanzes. Ein Spierling tritt aus, non Masseuse» gucttvoll verarbeitet und cnlsrant. Die verbeugt sich zierlich, wirst ^S hal um Schal ab, bis der Leib unter einem letzten dünnen Fetzen Gaze sich abzeichnct. Ein Schlagzeug hebt an, ein leises Saxophon .... das Motiv. O, du schmachvoll mißbrauchter Wolfgang Amadäus, kannst du noch lächeln? Im Pfarrgarten des Dorfes hängt der dicke Dust de» Hollunders. Der weißhaarige Hausherr stellt drei Noten ständer in den leise knarrenden Kies der Laube, und drei grüne Nheinwcingläser auf den Holzttscb. Dieses Tun ist von guter lächelnder Bedächtigkeit, linier blauen Aklendcckcli, niit schön beschriebenen Schildchen warten die Nalcn Eine Amsel schaut zu und wippt zuweilen mit dem scharf geschnittenen, schwarzen Schwanz. Im Haiisgnng rollt der Stiindeiischlaci acht silberne Kugeln ans der alten Ilbr, und die bangende Schelle wird püukllich gezogen. Jeden Sonntag bangt das Trio ein Amen schiichicr Musit an der Pfarrer nttl dem Ecllo, der Lehrer mit der ersten und das Mädchen Neiiatc mit der »weiten Geige. Dann sieben die Bauern in den Gärten und riucbeii die Pscisen, die Frauen falten die Hände über dem Bauch, die Liebespaare lauern um-