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keinen Einspruch dagegen zu erheben, daß zwei der Pariser 'Diözese angehörendc gute Katholiken, Felix Nobin und Redakteur Martinct, dem Präfekten Lepiue die dein Ver- sammlungsgesetz entsprcä)ende Anmeldung überreichen, tvelche die Ausübung des Gottesdienstes iu allen Pariser Kirchen für das Jahr 1907 verbürgt. Lepinc nahm die An meldung entgegen. Im allgemeinen wird es sich darum lxm- dcln, ob man es für nötig erachtet, durch willkürlicl>e Stö rungen der kirchlichen Persammlungen deren Auflösung von Fall zu Fall zu verfügen, oder ob man die Weihe des Ortes respektiert und vermeiden will, gewisse Dersammlungs- gepflogenhciten in das Gotteshaus zu verpflanzen. Di'. Negierung wünscht, daß solche überflüssigen Störungen unterbleiben. — Ms jetzt sind in Frankreich 1060 Kultuspercini- gungrn gebildet worden, und zwar 80 katholisch, 902 protestantische und 78 jüdische. Vertreter der übrigen Bc- tenntnisse haben angekündigt, daß sie demnächst die vor- geschriebenen Formalitäten erfüllen werden. Die Vor bereitungen zu dem Auszug des Kardinals Richard ans dem crzbischflichen Palais dauern fort. Voraussichtlich wird der 87jäbrige Kardinal Richard, der ans Bett ge fesselt ist, auf das Anerbieten des Papstes, in die Nuntiatur zu uhrsredeln, verzichten und nach dem ihm vom Depu tierten Denis Eochin zur Verfügung gestellten Gebäude überfiedeln. Stnstlan». — Der Ministerrat beriet über den Vorschag des Ministers des Innern, betr. die sofortige Einrichtung von Sarnstwos in den neun westlichen Provinzen und sprach sich dahrn aus, daß diese Frage auf dem normalen legislativen Wege gelöst tverden müsse in Verbindung mit der geplanten Revision der für das ganze Reich geltenden allgemeinen Bestimmungen über die Semstwos. — Tie Ncformkounnisfion des Rigaer Gouvernements beschloß, die Aufhebung der Privilegien der Großgrund besitzer bezüglich des Branntweinbrennens, des Vier- brauens und der Jagd auf bäuerlichem Grund und Boden obnc Entschädigung der Besitzer zu beantragen. Marokko. — Muhamcd El Torres übersandte dein Doyen de? diplomatischen Korps eine Note, worin er die bevorstehende Ankunft der kaiserlichen Truppen anzeigt, deren Aufgabe cs sei, die Ordnung in Tanger herzustellen und jede Ur sache zur Klage zu beseitigen, so daß die europäischen Ver treter und Staatsangehörigen der fremden Mächte in Ruhe und Frieden leben könnten. Die nach Tanger entsandten 2000 Mann stehen unter dem Kommando des Kriegsmini sters Sid Molxuned Gübdad, der mehrere Jahre in Eng land gelebt hat und die englische Sprache beherrscht. Zu diesen Truppen sollen noch 8000 Mann des Mahalla und t-on Kaid Abdel am Maramnee stoßen. — Nach Meldung der Exchange Telegraph Company aus Tanger ist -Hanpt- uiann von Tschudi zum Chefingenieur des Sultans von Marokko ernannt worden. — Die verschiedensten Gerüchte sind im Umlauf über die Haltung, die Naisnli einnehmen lverde, wenn die scherifische Mahalla das Gebiet betritt, das seiner Denvaltung untersteht. Er hat auf den Marktplätzen bekannt machen lassen, daß er in kurzem die gesunden und gut bewaffneten Männer werde um sich sammeln müssen, und daß er die Unabhängigkeit des marokkanischen Volkes gegen jeden, der sie anzutasten versuchen würde, verteidigen werde. El Mansur ist von Raisnli in sein Amt als Kalif in Tanger wieder eingesetzt worden; er hat Weisungen er kalten, sehr energisch anszutreten. Aus Stadt und Land. Dresden, den 14. Dezember 1906. Tageskalender für den 15. Dezember 1905. Kampf bei Kidenduri in Dcutsch-Oslafcika. — 1810 * Ludwig Tessoir zu Posen, bedeutender Schauspieler. — 1805. Vertrag von Schön brun. — 1804. * Ernst Rietschel zu Pulsnitz in Sachsen, bedeutender Bildhauer. — 1784 s- Ludwig Devricnl zu Berlin, bedeulender Schauspieler. — 1715. Sieg Friedrichs des Großen bei Kesseldorf. —* Wetterprognoie des Koutgl. DSchs. meteoro logischen Instituts zu Dresden stlr den 15 Dez mber: Wind und Bewölkung: mäßige westliche Winde, meist trübe. Niederschlag und Temperatur: Niederschläge, wärmer. —* Se. Majestät der König nahm heute mittag militärische Meldungen entgegen und empfing die Dparte- mcntSchefS der König!. Hofstaaten zum Vortrag. —* Am Donnerstag nachmittag fand eine Besich tigung des neuen Stadthauses durch die Vertreter der Presse statt, die Führung hatte der Geheime Baurat Wallot persönlich übernommen. Es handelte sich im wesent lichen darum, die Einrichtungen für die Journalistentribüne an Ort und Stelle zu besichtigen. Einige Abänderungen und Verbesserungen sind noch zugesagt worden. —* Im Aufträge von 171 deutschen Städten, welche Eingangsabgaben auf Nahrungsmittel erhoben halten, wird durchdaSstädtischestatistischeAmt inDresden eineDenkschrift ausgearbeitet, welche den Reichstag und die Reichsregierung ersuchen soll, das Verbot der Erhebung von kommunalen Eingangsabgaben im Zollgcsetz von 1902 bis 1907 zu ver- schieben. Die Denkschrift wird in den nächsten Tagen ans- gegeben. —* Der Etat für das sächsische Militärkontin gent weist an ordentlichen Einnahmen 342995 Mk. auf. die fortdauernden Ausgaben des ordentlichen Etats belaufen sich auf 45896429 Mk. (-s-320047 Mk). die einmaligen Ausgaben auf 10596687 Mk. (-j-2211263 Mk). Bet den letzteren findet sich unter anderen eine Forderung von 640000 Mk. für Feldartilleriematerial nebst Munition für leichte Munitionskolonnen und von 67000 Mk. für die ent sprechenden Unterbringungsräume. Für Personenkraftwagen für die Armeekorps werden als erste Rate 20000 Mk. ge- fordert. —* Unsere heutige Nummer enthält eine Beilage der Firma I. Juraske, Dresden. Freibergerplah 24. (Siehe Weihnachtsschau.) —* In der letzten Stadtverordneten- sitzung wurde die Reform der städtischen Fürsorge für Wöchnerinnen durch Annahme folgender Anträge in die Wege geleitet: Die Enkbindungsabtcilung im Sladt- krankenhanse Fricdrichstadt soll vom 1. Januar 1907 an, so weit Platz vorhanden ist, auch anderen hier wohnhaften Frauen zur Benutzung geöffnet werden. Wegen der zu er wartenden stärkeren Belegung wird die Bcttenzahl auf 30 erhöht und ein Jsolierzimmer eingerichtet. Die Pslegkostcn für hier wohnl)afte Frauen sollen nur nach Höhe des soge nannten Armenkassensatzes berechnet, auswärtige dagegen, die ausnahmslveise wegen Dringlichkeit Aufnahmen ge funden haben, wie ansu>ärts wohnl)afte Kranke behandelt lverden. Für Säuglinge, die nicht von der Mutter genährt werden, sollen die jeweilig festgesetzten Pflegkosten berech net werden. X M ä d ch c n g y m n a s i a l k u r s e wird nun auch Dresden vom nächsten Jahre ab cinführen, und damit dein weiblichen Geschlechte den Zugang zu den akademischen Be rufen eröffnen. An den beiden städtischen höheren Töchter schulen der Stadt Dresden werden vom April 1907 ab Kurse abgchalten werden, welche den Mädchen nach Absol vierung für die Untersekunda des Reform- oder Realgym nasiums die Reife verteilen. X Angriffe gegen die Dresdner Feuer wehr. Das hiesige sozialdemokratische Organ, die „Sachs. Arbeiterzeitg.", erhebt heftige Angriffe gegen die Leitung der Dresdner städtischen Feuerwehr. Das Blatt behauptet, es herrsche eine allzu strenge Disziplin, das Strassystem ser ebenfalls zu streng, cs würden Strafgelder bis zur Höhe eines Monatsgehaltes erhoben, ferner würden die Mann- scl)aften nicht nur im Dienst überanstrengt, sondern auch ausgiebig zu Bnrschendiensten bei den Offizieren herange zogen, und endlich würden zur Weihnachtszeit Mannschaften zum Dienst in große Geschäfte abkomniandiert, wofür sie Pro Stunde 50 Pfennig erhielten, hiervon aber zöge die Stadt 15 Pfennig ab. Diese Angriffe erregen, da unsere Feuerwehr sonst fiir gut organisiert und tüchtig gilt, be trächtliches Aufsehen. Einer Erwiderung im städtischen Amtsblatt, dem „Dresdner Anzeiger", sieht man mit Spannung entgegen. —* Neue Vorschriften über die Veranstaltungen von Lustbarkeiten sollen demnächst im Bezirke der König!. Amtkhauptmannschaft Dresden Altstadt in Kraft treten. Die Bestimmungen sind bis jetzt in 15 Einzelbekanntmachnngen festgelegt, die nunmehr in eine einzige Bekanntmachung znsammengezogen werden sollen. Die neuen Bestimmungen sollen in der Hauptsache auch den Zweck haben, dem Ueber- handnehmen der Vereinsfeste entgegenzutreten. Nach den neuen Bestimmungen bedürfen öffentliche Vergnügungen an öffentlichen Orten der Genehmigung der König!. AmtS- hauptmannschaft, nichtöffentliche Vergnügungen an öffent lichen Orten der Genehmigung der betreffenden Gemeinde verwaltung und nichtöffentliche Vergnügungen an nicht öffentlichen Orten überhaupt keiner Genehmigung. Die neuen Bestimmungen sind den Gemeindeverwaltungen des Bezirkes, den in Frage kommenden Korporationen und auch den Gastwirten zur Begutachtung vorgelegt worden und cs sind aus diesen Kreisen mannigfache Wünsche und Abände rungs-Vorschläge geäußert worden. Auch der Verband der Saalinhaber für das Königreich Sachsen hat zu der neuen Verordnung Stellung genommen. Der Bezirksausschuß der König!. Amtshauptmannschast Dresden-Altstadt nahm die neuen Bestimmungen in seiner heutigen Sitzung mit ge ringen Abänderungen an. Riesa. Am Montag den 10. Dezember stattete Se. Majestät der König unserer zu diesem Zwecke mit beson deren Sorgfalt und mit ausgesprochenem Kunstsinn deko rierten Stadt seinen Besuch ab. Nach der Begrüßung durch die städtischen Kolleg en im Ra h.us: schritt derselbe die auf dem Albenplatze ausgestellten Vereine ab, unter welchen sich auch der katholische Männerverein mit Fahne befand. Nach Besichtigung verschiedener Etablissements, der Pionierkaserne und der St. Trinitatiskirche nahm Se. Ma- jsstät in der Aula des neuen RealProgymnasiumS das von der Stadt Riesa dargebotene Frühstück ein, bei welchem alle Vertreter der Behörden, sowie der cvang. und kath. Kirchengemeinden zugegen waren. Es folgte dann noch die Besichtigung des Feldartillcrie-Regiments Nr. 32. Der Eindruck, den Riesa genracht hat, dürfte ein guter gewesen sein. Meißen. Bei der Stadtverordnetenwahl am 1l. d. M. wurden 29 bürgerliche und, wie nach Einführung des neuen Wahlrechts zu erwarten war, 7 sozialdemokratische Kandidaten gewählt. Leipzig. Vor mehreren Tagen ist, >mc erst jetzt b> kannt wird, der 15jährige Arbeitsbursche Richard Kautzsch, in der Moskauer Straße in Anger-Crottendorf wohnhaft, ans dem Heimwege in der Kohlgartenstraße in Reudnitz von einem anderen Burschen, mit dem er in Streit geraten ivar, so fürchterlich geschlagen worden, daß er einen Schidelbruch erlitt und ins Krankenhaus gcscl-asst werden mußte, wo er heute gestorben ist. Nach dem Täter wird cifrigst ge- fahndet. Grimma. Hier ist am Dienstag der Gasthof „Zum goldenen Schiff" niedergebrannt, vermutlich infolge Brand stiftung. Der Inhaber, Schankwirt Michel, hält sich seit einigen Wochen, angeblich zur Erholung, in Radcbenl ans. Auf ihn lenkte sich der Verdacht der Anstiftung zur Brand legung und Pfandentstrickung, weshalb in Radebeul die Verhaftung Michels erfolgte. Bei ihm fanden sich über 3000 Mark vor. Auch daS Personal, sowie die Kinder des Besitzers kamen in Untersuchungshaft. Die Wirtin, die am Abend vor Ausbruch des Brandes eine Reise zu ihrem Manne angetreten hatte, wurde ebenfalls festge nommen. Man fand ans dem Boden sorgfältig vorbereitete mit Petroleum reichlich getränkte Brandherde. Wie die Lokalblätter berichten, haben sich in letzter Zeit finanzielle Schwierigkeiten geltend gemacht. Zwangsvollstreckung war bereits beantragt worden. Mylau i. V., 13. Dezember. Der 30 Jahre alte, allgemein beliebte Lehrer hiesiger Bürgerschule. Paul Feher, hat sich heute früh in der 4. Stunde im sogenannten Birkenwäldchen an der städtischen Badeanstalt erhängt. Er hinterlätzt eine Frau mit einem 3 jährigen Knaben. Der Beweggrund dieses Selbstmordes ist unbekannt. Gera. In Stübnitz gab am Mittwoch abend der Bäckergeselle Ludwig bei seiner Verhaftung auf den Gen darmen Rostock einen Schutz ab, durch den dieser lebens gefährlich verwundet wurde. Ludwig erschoß sich hierauf selbst. Darüber wird jetzt Näheres berichtet: Am Mittwoch gegen Abend fand sich in Rüdersdorf der Bäckergeselle Lud- wig ein, der früher daselbst beim Mühlenbesitzer und Bäcker Nähling in Stellung unr. Er hat versucht, sich in das Nühlingsck>e Gasthaus einznschleickx'n. Der Wirt nahm aber den Ludwig lvahr und stellte ihn. Bei dieser Gelegen heit fiel dem Burschen ein sck)arf geschlissenes Beil unter dem Nock hervor. Ludwig entkam durch den Hof über den Garten. Nach einiger Zeit l-atte man festgestellt, daß Ludwig im benachbarten Stübnitz sich aus den Heuboden des Roßmannscl>en Gastbofes geschlichm lxitte. Der Gen darm Rostock stieg auf einer Leiter zum Heuboden hinauf. Derselbe ivar aber noch nicht oben angelangt, als der Be amte von Ludwig einen Schuß in die Stirn erhielt, so daß er voir der Leiter hcrabstürzte. Hierauf siel ein zweiter Schuß. Ortsbewohner rafften sich dann auf und drangen in den Heuboden ein, fanden aber Ludwig bereits tot vor. Man glaubt, daß Ludwig im Rühlingschen Gasthause zu Rüdersdorf ein Verbrechen geplant liatte. Jedenfalls hat er es auf Geld abgesehen. Der Gendarm liegt besinnungs los darnieder. Leitmcritz, 13. Dezember. Infolge eines großen Felssturzes auf der Strecke Czennofek-Sebsin geriet gestern der Schnellzug der Nordweslbahn in große Gefahr. Nur mit größter Mühe gelang es, den Zug im letzten Augen blick zum Stehen zu bringen. Verei, s *a«yrt«vten 8 Dresden. (Katholischer Frauenbund.) Um den Mitgliedern einmal Gelegenheit zu bieten, einen Blick in die reiche Gedanken- und Gefühlswelt unserer größten katholischen Dichterin, Annette v. Droste Oülslwn. zu Wer sen, sie für die tief empfundenen Gedichte und Lieder dieser begnadigteil Frau zu begeistern, lvar der Zweck des Untcr- haltnngsabends vom 12. d. M. Und wir glauben, daß der selbe auch erreicht wurde. Die Darbietungen lvaren wirk lich vorzügliche zu nennen. Herr Lehrer Wittig-Pieschen verstand es, in ansclxnilicher Weise ein Lebensbild der Dichterin zu entrolle». Seinem Vortrage waren in äußerst geschickter Weise deklamatorische und gesanglicl>e Dar bietungen ans den Werken der Dichterin eingeflochten. Von den Gedichten, welche mit großen: Verständnis Fräu lein 01. v. d. Osteil vortrng, waren es besonders „Der ster bende General", „Ter Knabe im Moor", vor allein aber das berrliche Gedicht „Tie Nacht", aus Annettens größtem Werk: „Das geistliche Jabr", welche einen tiefen Eindruck auf die aufmerksamen Zuhörer machte. Mcht minder war dies der Fall bei den gesanglichen Darbietungen durch Miß Staveley. Es tvar eine Freude, der klaren, abge rundeten Stimme der jungen Künstlerin zu lauschen, tvelche in vollendeter Weise selbst die scliwereren Stellen zum Vortrag brachte, in versländliisvoller Weise am Klavier be gleitet. Ter reiche Beifall am Schlüsse bezeugte den Vor tragenden, wie sebr ihre .Darbietungen gefallen liattcn. Auch an dieser Stelle sei den verehrten Damen und dem ge- sckxitzten Herrn Redner für den großeil Genuß gebankt. — Es sei noch bemerkt, daß die an demselben Abend stattgchabte Vorstandsivahl folgendes Resultat liatte, wie der geistliche Beirat am Anfang des UnterhaltnngSabends bekannt machte: Präsidentin Mironi» Ai»«-lie v. Gaertner; stellver tretende Vorsitzende: Fräulein Glocckner; Kassierin: Frau Oberlehrer Tümiebier; stellvertretende Kassiererin: Frau Huberty; Schriftführerin: Frau Direktor ^7^ sitzeiinnen: Fräulein v. Blacha, Fräulein Bnntkirchcn, Fräulein Erbreich, Fra» Feßler, Fra» Direktor Gabler, Fra» Hofrat Honecker, Fräulein Rosalie Weiß. 8 Dresden. Fachabteilungen. Sonnabend den 16. Dezember abends */„9 Uhr Generalversammlung im kath. Gesellenhause (Konferenzzimmer). Vorstandswahl sämtlicher Fachabteilungen. Erscheinen Ehrenpflicht. 8 Dresden-Cotta. Bennoverein. Sonntag abend den 16. Dezember Versammlung im Restaurant zur „Krone", Vortrag des Herrn Oberlehrer Pietsch. 8 SchirgiSwalde Sonntag den 16. Dezember, abends 6 Uhr hält der Volksverein im Saale der „Weintraube" eine öffentliche Versammlung ab, bei welcher 2 auswärtige Redner über zeitgemäße Themen sprechen werden. Auch Fraueu sind herzlich willkommen. Vermischtes. V Bekenntnisse eines Sozialisten. Vor einiger Zeit wurde ans Paris gemeldet, daß der Sozialist Emile Joindy sich durch einen Schuß entleibt habe. Die Geschichte dieses Unglücklichen ist in mancher Beziehung be merkenswert und lehrreich. Er tvar 18 Jahre lang Beamter im Comptoir d'cscvmpte gewesen und hatte sich in dieser Stellung durch seine „Eignung, seinen Eifer und seine Ehrenhaftigkeit", wie sein Zeugnis besagte, die volle Zu friedenheit seines Chefs erworben. Ta regte sich bei ihm der Wunsch, auch Politik zu treiben. Man weiß, tvas das in Frankreich heißt. Die Politik ist ja dort für jeden das ge lobte Land; Zeitungsartikel zu schreiben ist das Ziel der Sehnsucht aller Jünglinge ans den sogenannten gebildeten Kreisen. Joidy tr>arf sich also in die Politik; er schrieb Ar tikel für sozialistische Blätter und auch seine Reden trugen ihm einige Erfolge ein. Doch nicht lange währte sein Glück; er sah sich bald ohne Mittel und wendete sich in der Not an seine naturgemäßen Protektoren: den Mnister Briand und den Sozialistensührcr James. Bei beiden fand er verschlossene Türen. In seiner Verzweiselnng griff er znin Revolver, nachdem er die Gründe seines Selbstmordes in einem Briefe dargclegt lackte, in dem es unter anderem l-eißt: „Wenn ich noch) einmal zu leben lßitte, würde ich nrich in den Dienst einer unerbittlichen Diktatur stellen! So aber treibt mich die Dcrznx'ifliing dazu, ziirückznkehrcn in das Nichts. In das Nichts? Ja, Herr Viviani hat alle Lichter ansgelöscht, die einst am Himmel strahlten! Allein im An gesichte des Todes bat der Unglückliche das unbestimmte Ge fühl, das man ihn auch hierin getäuscht hat; er fühlt, daß der Himmel nicht leer ist; seine Augen, die sich für immer schließen sollen, sehen in dieser letzten Stunde doch jene himmlischen Lichter, die Herr Viviani ausgelöscht zu haben glaubt, und er bricht in daS Bekenntnis aus: „Wenn mich nicht das Verhängnis znm Selbstmorde zwange, der ja gegen die Religion ist. so würde ich katholisch werden!" Er dachte, es sei zu spät und griff zur Waffe. — Dies das trau-