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Sächsische Volkszeitung : 15.12.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190612155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19061215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19061215
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-12
- Tag 1906-12-15
-
Monat
1906-12
-
Jahr
1906
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 15.12.1906
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hal der Reichskanzler mir gedankt, daß ich veritlitlelnd ei'ngegrissen habe. Ober die Verhandlungen hat Geheimrat König einseitige Aufzeichnungen gemacht, die ich seither nicht kannte! Ich bin nur für die berechtigten Ansprüche der Mission mit Energie eingerrcten. Mil dem Missionsfalle steht die Affäre Wistuba im Zusammen- hange, so daß ich mich desselben angenommen habe. Bisher hat man immer bas Interesse der Million in der Kolonialpolitik in den Vordergrund gestellt: würde deshalb bekannt, das; die Mission so schroff behandelt weide, so möchte dies die Koloniatfrcudigkeit sehr herabstimme». Die öffentliche Erörterung sollte nicht statt- finden: deshalb habe ich die gesamte» Briefe geschrieben. Der Reichskanzler sollte inhibieren, um die Sache nicht in die Oesfciit- lichkeit zu bringen. Gegen einseitige Aufzeichnungen steht man völlig wehrlos da. (Sehr richtig!- Eine Drohung betr. Ableh nung des EratS habe ich gar nicht gemacht! Die Bezeichnung .grüner Assessor'habe ich selbst als ungehörig empfunden: ich ziehe hiermit den Ausdruck zurück. (Bravo!) Dr. Stübel hal mich aus drücklich ersucht, im Falle Wistuba einzugreifen! Aber in ein ge richtliches Verfahren habe ich nie eingegrisfen. (Hört!) Von einer erinmischung in ein gerichtliches Verfahren kann keine Rede sein! Dieser Vorwurf ist ganz unbegründet! Aus meiner ganzen Tätig keit kann kein Vorwurf erhoben werden! Am Schluffe der ge samte» Verhandlungen hat inir der Herr Reichskanzler den Dank ausgesprochen! (Hört!) Für alle meine tatsächlichen Angaben stehen eine Reihe von Zeugen zur Verfügung. Für jeden objek tiven Menschll, habe ich somit daraelegk. das; es sich nicht um eine unerwünschte Ncbenregierung gehandelt hat (Lebh. Beifall.) Koloniadireklor Dernburg: Was Rocrcn behauptet, ist für mich kein Beweis, weder im Falle Kersting noch inr Falle Schmidt. Die Mission har Material gegen Beamte gesammelt, es handelt sich um lauter Dienslboienklatsch: >', Köche spielen eine tzaupirolle: solehc Dinge könne» sie in der Tiergartenstrasic auf der Hinter treppe höre». (Heiterkeit.) Ich habe mich nur verteidigt! Ich werde mich gegen jeden Druck wehre» und werde stets gegen den Druck die Flucht in die Hefsenllichkcit nehmen! lBeifall und Heiterkeit.) Bis I. April 1907 rvrrden wir so viele Truppen zurückziehen, das; nur noch 0-_>00 Mann sich dort befinden. Abg. Schmidt-Elberfeld (Vvt.j ändert seine» Antrag ab. indem er auf die Mitteilung Rücksicht nimmt und nicht mehr 4000 Mann Heimscndung fordert. Abg. 2 e d e b o » r r^ozd): ES handelt si h unreinen kleinen „Kultur'-Kampf: aber einen wirklichen Kulturkampf führen die Nationallitieralen nicht. Es sollte mich dauern, wenn noch ein Ab geordneter sih auf vertcaulrche Verhandlungen euiläsg. Die Truppen kosten uns unendlich viel Geld Wenn man den E.n- geborenen kein Land gidt. so wird der Kampf einfach fortgesetzt. Wir lehnen die ganze Vorlage ab. Abg. R i ch t h o f e n (Kons.): Es Iväre eine Schande, wenn wir vor den Schwarzen da-S Feld läumen wollten. Mtt dem frei sinnigen Anträge sind wir einverstanden. Kolonialdirrktor Dernburg- Es handelt sich um einen NachtragSetat für 1900; die hohen TranSpoitkosten machten lleber- schreitungen notwendig. Die Mittel für die durchschnittliche Truppenzahl mus; man im Etat bereit stellen. Man kann jetzt schon über eine fernere Zukunft entscheiden. Eine bestimmte Zaff kann ich nicht nennen. Der Zenirurnsantrag ist für uns nicht an nehmbar: wir haluii an der Vorlage fest. Wegen den Antrag Ablaß haben wir keine so lebhaften Bedenken, wir nehmen ihn an, wenn die Regierungsvorlage abge'ehnt wird. Wir behalte» uns vor, die Truppen dort zu lassen, falls es notwendig sein sollte. (Hört! Hört!) Abg. Dr Arendt (Reichs».): Solange die deutschen Truppen vor dem Feinde stehen, müssen wir das Geld einfach be willigen, sonst wird der Aufstand a»,s neue entfacht. Der Antrag keS Zenlrums ist unausfühivar. Wir stlnimen für den freisinnigen Antrag. Abg. Dr. Paaschc (natl): Wir freuen uns, daß die Regie rung sich nicht zwingen läßt! Politiker haben die Zahl von 2500 berechnet, nicht Sachverständige. Wir stimmen gegen den Antrag des Zentrums il id für den des Freisinns. Abg Schräder (Freist Vpt): Die Rede Roercns gekört nicht in diese Debatte hin.in. Um eine Soldatenipicleiei handelt rS sich nicht. Es scheint uns nicht zulässig, j-tzt einen Konflikt hervorzur fe». Abg. Ezarlinski (Pole): Wir haben kein Vertrauen zur Regierung, die solche Schandialen in Afrika begehen lässt. (Redner erhält einen Ordnungsruf.) Abg L a t t in a n n (W. Ver.i: Von den Schandtaten meines Vorredners lebe ich nicht, (stürmische Rute: Zur Ordnung! Longe Unterbrich!» g. Piästdenl Graf StoIberg erteilt endlich den Ordnungsruf.) Es handelt sich uin die Frage der Niederwerfung des Aufstandes. Wir stützen »ns auf die Autorität des Gouverneurs. Abg. Dr Spahn (Zentr): Der Antrag Hompesch versagt „weder eine» Mann, noch einen Groschen". Ec bewilligt genügend Gelder. Was noiw.ndig ist. wird bewilligt. Bis l. April ll>07 w-rv kein Mann mebr zurückgezogen, als die Regierung es vor schlägt. Mir Vorbereitungen auf Verminderungen müssen getroffen ive-ceuI Aus 8 bis S Monate bleibi doch alles beim alten. Die nationale Eh-e erkenne ich vollauf an: wir weichen auch nicht zurück vor den Hottentotten. Wir »vollen die Mannschaften wolst vcrrii gern, aber dafür Pollzeiti uppen geben. Ueber all dies hat man in de, Kommission gar nicht geredet, obwohl wir es an- schnilten. (Hört!) Wir sollen für l!>07 bewilligen 00 Millione > Mark ffir Südwestafrika, 90 Millionen überhaupt ui d 204 M>ll zu neuen Anleihen. Schon spricht man von neuen Steuern. MO Hottentotten stehen inr Felde. 8000 deulsche Soldaten bieten tvir hiergegen auf. Wo liegt da die nationale Versündigung? (Sehr gut!) Dem Tluppenkonimandeur wollen wir die Veraist- wortuirg abncbine». Jetzt trägt er sie allein. Als geivissenkafte Partei hoben Ivir die Lache geprüft, dann unsere» Beschluß ge fasst und dann verlinken wir hier die Sache. lLebhaster Beifall.) Oberstleutnant O. uade vertritt die Ausführungen deS General stabes, lvie sie schon in der Budgelkommission dargelegt worden sind. Wir werden dauernd MO- 000 Hottentotten gegenuberstehcn. Der Generalstabsches hält 2500 Mann für ungenügend Wir können nicht HoikriegSrat spiele». Wir übernehmen die Verantwortung nicht. Abg. Ziminermann (Sntis): Wir bedauern die kolonialen Mißgriffe, aber wir bewilligen die Mittel, um den Frieden dort unten zu sichern. Unsere Abstimmung bedeut t kern Vertrauens votum für den Koloninldrrektor. Abg. Dr. Seniler (Natl): Der Ausdruck-. Wir bewilligen jeden Mann u: d jeden Groschen! stammt ans dem Kulturkampf. Der abgemildeite Antrag drs Zentrum« ist der alle Antrag. Er geht binauS auf die Verminderung aus 2'<00 Mann Reichskanzler Fürst Bülow: Ich weise sie in letzter Stunde auf die schwere Verantwortung bin, eS handelt sich uni die Frage, ov wir die Kolonien Hallen wollen oder nicht, ob wir unsere Waffenehre (Unterbreckning!) gelährden wollen wegen einer ver hältnismäßig kleinen Summe. Wollen wir in einer Stunde deS Kleinmuts die vielen Opfer gellrhrdcn? Die R-gieiung kann sich nicht von Parieren und Parlamenten vorscbr iben lassen, wie viele Truppen sie verwendet. Da sind FrakrionSbeschlüsse nicht ent scheidend. Wir dürfen unsere Soldaten vor dem Feinde nicht im Stiche lassen. Da« deutsche Volk soll: nichts kleiner dasteben als andere Völker. Daroushin bitten wir um eine klare Antwort. Ich habe nie das Mort von der inneren Krisis gesprochen. E« gibt Momente, wo man nickt zmückweichcn kann. Wollen Sie die Krisie? Sie können diese haben! Die Fraktionen baven keine Beianiwortung. (Unterbrechung mit Obol-Nulen.) Es handelt sich lediglich um eine vom Reichskanzler vertretene Auffassung der Ver bündeten Regierungen. Glauben Sie, daß eS sich nickt um unseren Einfluß im Auslande handelt. Wir werden unsere Pflicht tun im Vertrauen auf das deutsche Volk. (Rufe: Wir auch!» Es folgen persönliche Bemerkungen. Abg. Roeren meint, er wende sich nie an den Kolonraldirektor, da diesem die pupillarlsche Sicherheit fehle. (Sehr gut!) Es folgt die Abstimmung; zuerst über den Antrag Ablaß: Der Antrag wird mit 17l gegen 170 Stimmen cbgelebnt. Die Regierungsvo'lage wird mit 168 gegen 178 Stimmen und 1 Ent haltung abgelehnt. Reichskanzler Fürst Bülow verliest eine Kaiser!. Verordnung, wonach der Reichstag aufgelöst wtro. (Beifall.) Schluß '/,0 Uhr. Politische Rundschau Dresc-e». oev l4. Dezember ISO«. — Die brauuschweigische Thionfolgrfrage sielst iiirinec noch auf dem alten Flick; jetzt heißt »e. dag der Schwieger sohn des Herzogs von Eumberland und der Schwager des deutschen Kronprinzen, der Großherzog vo» Mecklenburg- Schwerin einen Brief an den Kaiser gerichtet haben, den dieser umgehend auf das sreundllchsle beantwortet habe. Zum Schluß abrr habe der Kaiser erklärt, daß er zurzeit in der Sache nicht« tun könne. Zum Beweise dafür, daß man auch schon früher in Preußen eine Annäherung des Euinberländers »last gewollt habe, teilt man ferner mit, zur Zeit der Reichskauzlerschast des Grafen Ervrioi habe sich der Herzog Ernst August durch die sächsische Regierung an die preußische Regierung mit der Bitte gewandt, einen Preußischen Offizier als miliräische» Erzieher zu dem Prinzen Georg Wilhelm zu kommandieren, dies Gesuch sei indessen glatt abgclehn' » o-den. Ter Bundesrat erteilte seine Zustimmung den Ans- schußberichten zur Vorlage betr. die Verlängerung der Frist für den st e u e r f r e i e n Verkauf von Zigaretten- blättch e ii und zur Vorlage betr. den Entwurf zum Be- selduiigs- und Pensionsetat der Reichsbcmkbeamten mit Ausnahme der Mitglieder des Reichsbankdirektoriums für 1907. Tie Berliner Morgenblätter am Donnerstag ent hielten die Meldung, der Reichstagspräsident Graf Ballc- strem habe am Tienstag abend die Herren des Niechstags- vorstandes zum Tiner im Präsidialgebäiide gebeten. Während des Essens sei ein Telegramm deS Kaisers an den Grafen Ballestrem eingelaufen, worin der Monarch seinem Unwillen über die Ablehnung des Kolonialiiaclstragsetats seitens der Budgelkominissioit lebhaften Ausdruck verlieh. Hierzu wird autheniisch sestgestellt, daß das in Rede stehende Telegramm w-eder vom Kaiser war, noch handelte sein In halt vom Kolonialetat. Tic Budgrttoinnlissivn drs Reichstages setzte am Toiiueistag die Beratung der Eisenbahn Kiitmb—Keet- maiisheop fort: es lag ein Antrag Erzberget- (Zt) vor, drr folgenden Gesetzentwurf enthielt.- Tic Kommission wolle beschließen: 8 I. Ter Reichskanzler wird ermächtigt, dem Schutzgebiet Siidweiiasrika zum Zweck des Baues einer Eisenbahn von Ans »ach Keetmansboop ein Darlehen bis -um Höchstb'trage von 2 t 500 000 Mark nach Maßgabe der ,m bewilligenden Elatsbetrsige zur Verfügung zu stellen und die dafür erforderlichen Mittel im Wege des Kredits -lässig zu machen. F 2. Tiefes Darlehen sowie die Summe von 8 500 (>>10 Mark für die Eisenbahn Lüderitzbncht--Auk, also insgesamt RI Millionen Mark, ist seitens des Schm; gebietes Südwestafrika binnen 63 Jahren vom Tage der Attszahluirg ab nach einem vom Reichskanzler anfzu- ttllenden TilgniigSplan zrirückznerstatten und bis dahin vom 1. April 191! ab mit 3tz!> Prozent jährlich zu ver- ,-iiisen. Tie Tilgung beginnt vom l. April 1912. § 3. Tie zur Verzinsung und Tilgung erforderlichen Beträge ind alljährlich in den Etat des Schutzgebietes Südwest- asrila ariszrinehmen und zur Perfallzeit ans den bereitesten Einkünften desselben an das Reich abznsübren. 8 1. Di.' im Verkehrsbezirk der zu ei-baiie»deii Eisenbahn tätige» Landgesellschasten und Farmbesitzer sind zu einer ent sprechenden durch Gesetz zu regelnden Leistung zum Bau der Bahn und ihrer Anlagen sowie zn den UnterhaltnngZ- losten derselben hcianziiziehen. F 5. Der Fiskus des mdwesta sei tonischen Schutzgebietes ist berechtigt, sich längs der Bahn, nachdem die Zuweisung von ausreichenden Reservaten nach Verhandlungen mit den Eingeborenen an diese erfolgt ist, nach Maßgabe folgender Bestinnnungen Land anznejgnen, soweit es nicht schon in seinem Besitz sich befindet. Ein zu beiden Seiten der Bahn sich je .90 Kilo meter aiisdelmender Streifen Land ist in Blöcke von 50 Kilometer Tiefe und 2 Kilometer Breite einznteilen. Innerhalb der HäIsie dieser Blöcke, die io aiisziiwäblen sind, daß die drei Blöcke an den Berührungsseiten der anS- gewäblten Blöcke sreibleiben, hat der Fiskus das Recht, sich diejenigen Grundstücke anzneignen, die sich entweder kraft eines privaten oder össentlich rechtliclx'n Titels im Eigen» tnme von Landgesellschafteil befinden oder als herrenlos seinem Aneignnngsrecht unterstehen. Ter Reichskanzler ist befugt, Abänderungen in der Abgrenzung der zur Boden zuteilung an den Fiskus des südwestasrikanischen Schutz gebietes besiimnileit Blöcke zn genehmigen, doch darf das Gesamtareal dieser Blöcke das Gesamtareal der übrigen Blöcke nicht überschreiten. Landgesellschaften dürfen sich innerhalb der Blöcke solckx' Teile nicht ancignen, welche zum Zwecke des Baues v-m Zusuhrweaen zur Eisenbahn sowie zn fiskalischen oder gemeinnützigen Anlagen erforderlich sind. Für diese Zwecke ist auch später der Grund und Boden, soweit er noch nicht bebaut oder in Kultur ge- »ommen worden ist, von Landgesellschaften unentgeltlich ziirückzngeben. E r zber g e r (Zt.) begründet den An trag: durch denselben werde verbindert. daß die Farnu e nur »ach Eisenbahnen schreien, aber nichts bezahlen. Der Antrag sei ein Versuch und müsse beweisen, daß die Kolo nien tatsächlich eine Entwickelung haben: der Versuch kost' nur 8 Millionen Mark, und das sei der Versuch wert. Reickrsschatzsekretär Freiherr v. Stengel und Kolonral- direktor Dernburg sprachen sich prinzipiell für den An trag ans: letzterer meint, daß man sich ans das nächste Jahr vertrösten soll mit diesem Vorschläge. Tr. Spahn (Zt.): Das Zentrum kamt nur dann für die Dahn stimmen, wenn die Bedingungen des Antrages Erzbergcr angenommen sind. Ter Antrag aber verdiene, daß er eingehend geprüft werde. — Ko p sch und Ledebour (Soz.) fordern, daß die Sitzung vG tagt werde', damit der ganze Antrag geprüft werden kann. Dr. Seniler (nat.-lib.): Die Mitteilung deS Abgeordneten T-r. Spahn, daß das Zentrum uur uutcr diesen Umständen für die Bahn stimme, ist für alle anderen Parteien besch/ämend. Wir Nationallibetalo sind außer stande, dem Anträge znznstimmcn. Freiherr v. Richt- Hofe» (kons.): Ter ganze Antrag ist eine große Ueber- raschung: man will die Bahn nicht annehmen. Erz berger (Zt.): Ter Antrag ist keine Ueberraschnng, er wurde von wir bereits im Plenum angekündigt, von mir und dem Abgeordneten Bebel. Kolonialdirektor Dern burg: Die Wirkung des Antrages kann man noch nicht übersehen; er bitte um Annahme der Vorlage selbst. Ab- geordneter Singer (Soz): Es kann doch kein Abgeord neter durch Ueberraschnngcn sich verletzt fühlen. Dr. Spahn: Wir haben dock) kein Ultimatum gestellt. Aber die Landfrage muß gleichzeitig mit dem Gesetzentwurf er ledigt Iverden. Der Antrag des Zentrums wird in § 1—4 angenommen, Artikel 6 aber abgelehnt. Tic Dahn ist da mit bewilligt. * — Beschäftigung von Chinesen in Deutschland. Die westprenßische Landwirtschaftskammer unter denr Vorsitz des bekannten Abgeordneten v. Oldenburg hat einen Beschluß gefaßt, worin ans nationalen Gründen die Anwerbung von Chinesen als bedauerlich bezeichnet wurde, doch scheine sie unvermeidlich, und der Vorstand werde beauftragt. Vor bereitungen dazu zn treffen. Ter „Deutsch. Tagesztg." ist bei dem Beschluß der westprenßischen Landwirtschafts kammer gar nicht wohl, weil sie sehr gut sieht, welche Blöße sich die sogenannten „nationalen" Bnndler, die die west- prenßisckre Landwiltsckraftskammer beherrschen, mit ihrem Beschlüsse geben. Sic envartet daher — wie sie in einem Augenblick ungewöhnlicher Aufrichtigkeit hinznsügt — „mi «- RrM", daß der Beschluß der Landwirtschaftskammer heftig bekämpft werden wird. Mutig aber, wie das Bnndlerorgan ist, beschränkt es sich nicht darauf, den Kulibeschluß zu ver teidigen, sondern geht mit kühn geschwungenem Dresch flegel seinerseits zum Angriss vor und behauptet mit einer Unverfrorenheit, die wirklich selbst für agrarische Begriff außerordentlich ist, diejenigen Kreise, die der Lau duff rtschaft nicht die großen Mittel zur Milderung des Notstandes ge währt lstitten. müßten an ihre Brust schlagen und ausrufen: rxnKl'u t-riftm! Aber das Blatt sagt nicht, uxstche großen Mittel es weintI Gehört dazu die Rarität des Graf.m Kaniv'k Auch die „Deutsche Tagesztg." sollte sehr gut wissen, daß im Jahre 1895 der Kaiser selbst sich im Staats rat über die großen Mittel der Bnndler wie folgt aus gesprochen hat: „Solche Mittel, deren Anwendnng auch von Ihnen als ungeeignet für die Erreichung des Zweckes, als praktisch nickst ausführbar, oder als gefährlich für die Er haltung der staatlichen und wirtschaftlichen Ordnung er kannt und widerraten sind, wird meine Regierung um so unbedenklicher ans dem Kreis ihrer Erwägungen aus scheiden können." Und ans dem Festessen des branden- bnrgischeir Provinziallandtages sprach der Monarch von jenen großen Mitteln als von „Utopien". Gewiß ist die Lentenot keine angenehme Erscheinung für die Landwirt schaft; aber dann rede man auch nicht vom Bevölkerungs- Überschuß, den man in unseren Kolonien unterbringen müsse: dann rede man nicht davon, daß man deshalb Kolo- nialpolitik treiben müsse: ein deutscher Industriearbeiter geht doch nicht in die Kolnien, sondern nur deutsche Bauern: die aber wollen wir im Heimatland behalten! Das ist billiger und wertvoller! — Ueber den Verbleib der fünf Milliarden des Jahres 1871 beliebten die „Neuen militärischen Mütter" interessante Einzelheiten, denen wir folgendes>entnehmcn: Von den 5 Milliarden Frank oder 4 Milliarden Mark besitzt das Deutsche Reich den vierten Teil, also eine Milliarde Mark, noch gegennxirtig irr vier verschiedenen Fonds, dem Jnvalidenfonds, der mit 561 Millionen dotiert ist, dem Neichseiseiibahiibanfonds, dem Kriegsschatz im Juliustnrm zu Spandau (120 Millionen) und dem Reichstagsgebände, dessen Ban 2-1 Millionen erforderte. Tie zweite Milliarde ist lediglich für Neichszwecke Verivandt worden, indem mit derselben sofort die drei Kriegsanleihen von 120 Mllionen, 100 Millionen und 120 Millionen preußische Taler (1020 Millionen Mark) getilgt wurden. Von den letzten beiden Milliarden sind eltt'a 1(/s Milliarden zum Ersatz der durch den Krieg erlvachsencn Sckxiden verwandt worden: für die Wiederherstellung der gesamten, im Feldzüge ansgebrauch- tcir HeereSansrnstung 320 Mllionen, für die Vergütung sämtlicher KriegSschäden in Elsaß-Lothringen und Baden (Stadt Kehl), sämtlicher Sckmden der Reederei durch Kape rungen, für die Entsck-ädignng aus Frankreich verjagter Tentschen und der Gemeinden (Einquartierung, Fuhren) und siir Transportkosten der Eisenbahnen. Ueber die dann noch vorhandene ^ Milliarde ist zn einem kleineren Teile für bestimmte Reichszwecke verfügt worden, besonders siir die Einfnhrnng der Münzeinheit, also der Prägung der gesamten neuen Münzen: ferner stammen daher die Reichs- beihilre zur Gotthardbahn und die bekannten Dotationen des Fürsten Bismarck und der Generale (12 Millionen). Eine Summe von einet halben Milliarde endlich ist als Kriegskiffteneilkschädigniig zur Verteilung an die einzelnen deutschen Bundesstaaten gelangt und von diesen in verschie denartiger Weise vernxnrdt worden. Nach der „Allgemeinen evangelisch-lutherischen Kirchenzeitnirg" in Leipzig vom 2. November d. I. sind im Jahre 1905 7798 Katholiken protestantisch geworden, da gegen nur 809 Protestanten katholisch. Seit 1890 habe die tatholistbe Kirche in Deutschland 17 690 Seelen an die evangelische Kirche verloren letztere dagegen nur 4132 Seelen an die katholische. Solche Mitteilungen ans prote stantischer Onelle müssen sich die Katholiken merken und jenen Hetzern Vorhalten, die über „katholische Propaganda" tlagen, während sie. wie obige Zahlen beweisen, mit den Resultaten ihrer eigenen Propaganda sehr zufrieden sein können — in Teut'chland, in Oesterreich und anderen katho lischen Ländern, in welchen das „reine Evangelium" mit Protragandaeifcr und Propagandageld Eingang und Ver breitung finden soll. Daß Tausende und Abertausende dem Unglauben verfallen, kümmert, wie cs scheint, die Herren nicht, wenn sie nur den Erfolg haben, daß sic katholische Christen von ihrem Glauben und ihrer Kirche losreißen. Schweiz. — Die Bundesversammlung wählte zum Bundes- präsidcirten für 1907 den bisherigen Vizepräsidenten des Bundesrates Miller-Bern (Radikal) und zum Vizepräsi denten den Bundesrat Brenner-Basel (Radikal). Frankreich. — Die Protokollaufnahme ivegen Gesctziibertretimg erfolgte am 13. d. M. in 69 Pariser Kirchen, das heißt in allen mit AuSnahine der beiden Kirchen, für die die ge forderte Erklärung abgegeben worden ist. — Nach langem Zögern soll sich, wie der „Berliner Lokalanzeiger" meldet, Kardinal Richard entschlossen haben.
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