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* Stauchitz, 15. Januar. Auf der landwirth- schaftlichen Ausstellung zu Bautzen zog eine Anzahl von Rindern durch ihren schönen Körperbau und ihre rothscheckige Farbe die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. ES war Simmenthaler Vieh, daS IheilS von Händlern auS Oberbaden, theilS von Züchtern der Obrrlausitz ausgestellt worden war. Letztere hatten ihre Zuchtthiere aus Meßkirch bezogen. Da au« dem badischen Oberlande überhaupt viel vorzügliches Vieh nach Sachsen verkauft wird, so faßte man in land- wirthschaftlichen Kreisen Sachsens den Entschluß, mit Ge nehmigung und Unterstützung der hohen Behörden eine Commission nach genannter Gegend zu senden, die dort den Ursachen der großen Erfolge nachforschen sollte. Man setzte sich zuvor mit den Behörden und landwirthschaftlichen Vereinen Badens in Verbindung, um zu erfahren, zu welcher Zeit und nach welchen Orten man die Reise am zweckmäßigsten unternehmen könne. Es betheiligten sich an derselben 40 Mitglieder. Die Vorstände des Oberlausitzer Kreisvereins, 7 Kreis thierärzte und 30 Landwirthe, von denen die meisten aus Sachsen, einer aus Norddeutschland, einer ausRußland und einer sogar auS Japan war. Auch Herr Oberlehrer Herbst aus Wurzen machte die Studienreise mit und hielt heute einen Vortrag über dieselbe. Zunächst schilderte er die Reise, die am5. Juli v. I. angetreten wurde, im Allge meinen, gab die besuchten Orte an und rühmte die Veranstaltungen, die Seitens der Behörden, der Ver eine und der Städte getroffen worden waren, um die Fahrt so angenehm und nutzbringend wie möglich zu machen. Sie alle haben gewetteifert, die Gäste durch Fahnen und Kränze, Vorträge und Versammlungen aller Art, musikalische Darbietungen u. s. w. zu er freuen und zu belehren. Das erste Ziel der Reise war das Städtchen Villingen. Dort fand auch die erste feierliche Begrüßung durch die staatlichen und städtischen Behörden statt. Bald nach der Ankunft be suchte man die eine halbe Stunde weit entfernte Jung viehweide, deren praktische und erfolgreiche Einrichtung Redner später darlegte. Am nächsten Tage war große Viehausstellung mit Staatsprämiirung, und man be kam sofort ein Bild von den Maßnahmen, die der Staat zur Hebung der Viehzucht getroffen hat. Auch die landwirthschaftliche Schule wurde besichtigt. In dieser Weise verlief die ganze Reise. Gewöhnlich wurden des Abends Borträge über die Geschichte, die Gesetzgebung, den jetzigen Stand der badischen Vieh zucht u. s. w. gehalten. Man besuchte nach einander Donaueschingen, Engen, Radolfszell, Meßkirchen, Pfullen dorf, Heiligenberg, die großherzogliche Domaine auf der Insel Meinau und Cvnstanz. Wo es irgend an ging, begnügte man sich nicht mit den überall ausge stellten Thieren, sondern ging in benachbarten Döifern von Stall zu Stall, um auch das minderwerthige Vieh kennen zu lernen. Ueberall fand man freundliche und zuvorkommende Aufnahme. Der Fürst von Fürsten berg, dessen B-sitzthümer man auf ungefähr 200 Millionen Mark schätzt, führte seine Gäste, denn als solche betrachtete er die Kommission, selber durch sein Schloß zu Heiligenberg und zeigte ihnen die vielen dort befindlichen Merkwürdigkeiten. Auf der Insel Meinau wieder wurden die Reisenden als Gäste des Grcßherzogs angesehen und demgemäß auch aus Küche und Keller bewirthet. Am vollendetsten und ausgeglichendsten fand man die Zucht in Meßkirch, wo man mit der gegen wärtigen Zuchtrichtung begonnen und dieselbe nun schon lange Jahre hindurch zielbewußt und unter An wendung aller nur denkbaren Beförderungsmittel fort gesetzt hat. Darum trägt auch die in Ober baden ge züchtete Raffe mit Recht den Namen Meßknchener Vieh. Ueberhaupt konnte man überall bemerken, daß die er reichten Erfolge von der Sorgsamkeit bei Auswahl der Zuchtthiere, von der längere oder kürzere Zeit hindurch verfolgten Zuchtrichtung und von der Art und Weise der Aufzucht bedingt sind. Die höheren Lagen haben aber auch mit den schlechteren Futterverhältniffen zu rechnen und zu kämpfen. Als man sich in Cvnstanz trennte, da sagte man sich, daß man nicht nur manches Wiffenswerthe erfahren, sondern auch viele heitere Stunden verlebt und Ver bindungen geknüpft habe, die ihren anregenden Einfluß noch lange auf alle Theilnehrmr ausüben werden. — Hatte bisher der Vortragende zur Erläuterung seiner Ausführungen die Landkarte benutzt, so führte er jetzt, um den Zuhörern ein klares Bild der badischen Vieh zucht entwerfen zu können, Photographien, Abbildungen und Modelle vor. Zunächst gab er einen geschichtlichen Ueierblick über die allmähliche Entstehung der Simmen thaler—Meßkirchner Raffe, indem er zeigte, wie man erst nach und nach durch mancherlei Versuche und Kreuzungen mit verschiedenen Raffen zu der Einsicht gekommen sei, daß eine Kreuzung deS ursprünglichen badischen Land- rindeS mit Simmenthaler Bullen für die dortigen Verhältnisse am passendsten sei. Seitdem arbeitet man aber auch mit einer bewui dernSwerthen Ausdauer und Beharrlichkeit auf ein bestimmte« Ziel lo« und hat eS soweit gebracht, daß der Viehschlag ein viel ausge glichener ist, wie im Simmen- und Saanenthale selbst, so daß sich heute die dortigen Viehzüchter ihre Kälber auS Baden holen, um schönes AuSsuhrmaterial zu er halten. Dagegen beziehen die baden'schen Bullenhaltungen ihre Sprungthiere noch immer auS dem Simmenthale. Einmal will man dre fortgesetzte Inzucht vermeiden, sodann weiß man auch, daß die kalkreichen Weiden und die Werdegänge in der Schweiz überaus günstig aus den Knochenbau der Thiere einwirten. Man wählt nur die besten Bullen aus, bezieht sie im Alter von 10—18 Monaten für dm Preis von 600 bis 1000 M., behält sie bis zum Alter von 5 bis 7 Jahren und verkauft sie dann als Flrischthiere zu einem Preise, der nur die Hälfte, selten einmal */, deS Einkaufspreises erreicht. Der Verlust wirb auf Rechnung einer kräftigen und ergiebigenNachzuchtgeschrieben. DieLandwir theBadenS würden wohl kaum ihre Viehzucht auf den hohen Standpunkt gebracht haben, den wir allgemein be wundern, wenn ihnen nicht die Landesgesetzgebuvg so kräftig zur Seite stände, ja sie förmlich d-zu zwänge. — Nach dem badischen Gesetze von 1837/65 haben die Gemeinden die unabschrebbare Verpflichtung, für das nöthige Bullcnmatenal zu sorgen, und zwar muß auf 80 Kühe 1 Bulle gehalten werden. Kleinere Gemeinden können sich an größere anschließen. Der Gemeinderath beschließt, welche Raffe man anschasien will. Sein Beschluß wird aber erst der Bullenschau kommission vorgelegt, die genau prüft, ob die Wahl auch den gegebenen Verhältnissen entspricht. Die Bullen dürfen erst im Alter Von 1*/z Jahren in Ge brauch genommen werden, sie können von der Gemeinde selber verpflegt, dürfen aber auch gegen Entgelt zu einem Viehzüchter gebracht werden. Eine Versteigerung an den Mindestbietenden oder ein Reiheumfüttern ist nicht gestattet. Die Bullenschaukommission muß jedes Thier jäh-lrch mindestens einmal reviviren und über den Befund berichten. Unbrauchbares Material wird auf mißfälligen Bericht ohne Weiteres sofort ausge schieden und unverzüglich durch passendes ersetzt. Vielfache Besichtigungen auf der Studienreise zeigten, daß die Bullenhaltungen den gesetzlichen Vorschriften überall entsprachen und daß die meisten Gemeinden die Selbstverpflegung der Bullen in gemeinschaftlichen Ställen der Verpachtung vorziehen, obgleich ihnen dieselbe theuercr kommt. Die Bullen sollen zwar fleischig, aber nie fett werden und bekommen deshalb jahraus jahrein Twckenfutter, und zwar täglich je 20—25 Pfd. kalkreiches Heu und 2 — 3 Pfd. Hafer. >— Den strengen gesetzlichen Vorschriften gegenüber gewähren die Be hörden aber auch viele Erleichterungen und Unter stützungen. Zur Prämiirung werden jährlich 100000 M. verausgabt, die sich in Zuschüssen von 25 bis 50 M. für die auszewählten Thiere vertheilen. Einmal prämiirte Thiere dürfen innerhalb 2 Jahren nicht aus dem Bezirke verkauft werden, oder die Prämie muß zurückgezahlt werden. Das Verfahren bei der Prä miirung gründet sich auf die Verbindung des Meßver fahrens mit dem Punklnverfahren. An der Ermittelung und Feststellung der Preiswürdigkeit muß der Ergen- thümer selbst theilnehmen, damit er genau weiß, worauf es ankommt, welche Vorzüge er zu erstreben, welche Fehler er zu vermeiden hat. Dadurch, daß sich die Beurtheilung vor Aller Augen und Ohren vollzieht, wird das Jntereffe ungemein gepflegt und ein edler Wetteifer herbeigeführt. Redner zeigte mit Hülfe des Meßstockes und an Blldern und Modellen das überaus klare und interessante Verfahren der Schaukommisston und die Wichtigkeit der für die Beurtheilung ent scheidenden Punkte.— Sodann schilderte er ausführlich und mit genauen Zahlenaugabcn, welche Sorgfalt der badische Landwirth auf die Aufzucht der Kälber ver wendet und bewies, wie erst dadurch die Viehzucht des Oberlandes auf seine jetzige Höhe gelangt sei. Be sonders ausführlich verbreitete er sich über den Nutzen der sog. Kälbertummelplätze, die in der Nähe von Ställen und die der Jungviehweiden, die auf gemein schaftlich erpachteten Felbern angelegt werden, wie die bei Villingen, die der Studienkommissiou am ersten Tage gezeigt wurde. — Man steht aus allen Maß nahmen, daß die Behörde in Baben ganz genau weiß, was sie erreichen will, daß ihre Pläne aber auch durch den sehr strebsamen Sinn der fleißigen und intelligenten Bevölkerung unterstützt und ausgeführt werden. Durch alle diese Bestrebungen ist im Laufe weniger Jahre ein Viehstand erreicht worden, wie man ihn selten, oder vielmehr nirgend anders findet. Sie werden aber auch belohnt durch eine Ausfuhr, die nicht nur die großen Kosten deckt, sondern auch eine» reichlichen Gewinn ab wirft. — Ein lauter Beifallsruf der zahlreichen Zu hörer dankte dem Redner für seine« anregenden, zwei stündige» Vortrag. Klotzsche. Einem Schulkoaben in Wilschdorf ist die erste Cigarre, die er zu rauchen versuchte, schlecht bekommen. Er wurde von hwzukommendcn Leuten gestört und steckte den brennenden Stummel in die Hosentasche, worauf bald seine Kleidungsstücke zu brennen anfingen. Durch daS Schreien deS Knaben wurde »in OffizierSdiener herbeigerufen, der auch mit- Mühe das Feuer unterdrückte. Leider sind aber die vordere Seite deS Unterleibcs und die Oberschenkel sehr verbrannt, so daß man an dem Aufkommen des Knaben zweifelt. Penig, 17. Januar. Auf der Leipziger Straße nach dem Zeißig hin siel der Führer eines Geschirres heute so unglücklich, daß der Wagen über ihn wegrollte und der Herabgefallene sein.» Tod fand. Rochlitz, 16. Januar. Am Diinstag früh er trank im hiesigen Mühlgraben die Frau des Schuh machers Wiesenhaken. Di- Bedauernswerthe war, um Wasser zu schöpfen, die wenigen Stufen zum Mühl graben hinabgestiezen. In Folge der noch herrschenden Dunkelheit und der Kurzsichtigkeit der Frau mag ein Fehltritt vorgkkommen sein, sie stürzte ins Wasser und wurde von dem reißenden Strome sortgetneben. In der Mulde, oberhalb der Brücke, ist der Leichnam an der dort befindlichen Röhrenleitung hängen geblieben. Man fand ihn erst nach einigen Stunden. Borna, 18. Januar. Der in DreiSkau bei Rötha bedienstete Knecht Bruno Syhre hatte am Dienstag das l Unglück, bei der Arbeit vom Scheunenboden herabzu stürzen. Auf der harten Tenne zog sich der Bedauerns werthe namentlich am Rückgrat so schwere Verletzungen zu, daß er Tags darauf starb. Mittweida, 17. Januar. Daß die Ratte ein Haupttrager von Trichinen ist, hat sich wieder vor- I gestern bei der durch den hiesigen Trichinenschauer Fritzsche i vorgcnommenen Untersuchung eines solchen Thiens er-1 wiesen. Der genannte Beamte hat in 36 Präparaten I nicht weniger als 82 Stück eingekapselte Trichinen vor-1 gefunden. Aus der sächsischen Schweiz, 18. Januar. I In der vergangenen Woche mußte das Einstellen I der rohen Arbeiten in unseren Elbsandsteinbrüchea I erfolgen. Die allzu harte Kälte gebot diese Voi-I nähme, da bekanntlich die Steinmaffen gefrieren I und in diesem Zustande nicht kunstgerecht zu bearbeiten I sind. An Stelle der sonst laut hcrniedcrschallende»! Hammer- und Fäustelschläge durchtönten zahlreiche! Schöffe das Elbthal, ein Zeichen dafür, daß man dort» oben mit dem Hohlmachen und Sprengen der Fels-I massen, welche Arbeiten der Temperatur wenig unter-1 worfen, eifrig beschäftigt ist, um ergiebiges Material! für die F>übjahrSarbeiten herbeizuschaffen. Die freien,! jedoch feineren Steinmetzarbeiten haben schon seit! längerer Zeit aufgchört, wobei auch die unterbrochene! Verschiffung dieser reinen Arbeiten mit in Frage! kommt. Infolge lebhafter Nachfrage nach Mühl- und! Schleifftkinen mußten am 16. Januar aus den Postel-! nutzer B üchen trotz der ungünstigen Witterung und! Stromverhaltniffc eine größere Parthie derselben biSI Bahnhof Schandau befördert werden. Neumark, 19. Januar. Heute Morgen! verunglückte der in einer hiesigen Fabrik beschäftigte! Arbeiter Schilbach aus Schönbach auf gräßliche! Weise. Wie man hört, war der Treibriemen del! Walke, die der Aermste zu bedienen hatte, etwas zn! lang geworden und mußte kürzer gemacht werden. Jeden-! falls ist nun beim Wiederauflegen des Riemens da» Unglück geschehen, denn der Arbeiter wurde von dein! Riemen erfaßt und mit voller Wucht nach oben gtM schleudert. Die dadurch herbeigeführt- Verstümmelung! des Mannes soll entsetzlich sein. Der Verunglückt! hinterläßt eine Frau mit 2 noch unerzogenen KindernD Wittgensdorf, 17. Januar. Ein recht bt-I bäuerliches Unglück ereignete sich vorgestern in Gersten-! bergers Steinbruch, wo eine Pulverladung in einem! Bohrloche sich nachträglich entlud und zwei Arbeite« schwer verletzte. Leipzig, 18 Januar. Am 7. April 1839 fan» die Eröffnung des Betriebes der Leipzig - Dresdne« Eisenbahn statt. E» erfüllt sich somit am 7. April d. I. der Zeitraum eines halben Jahrhunderts seil dem Bestehen dieses mächtigen Verkehrsmstituts. AuW Anlaß des goldenen Jubiläums hat nun, wie da« „L. T." schreibt, der Rath der Stadt Leipzig beschlossen! wegen einer etwaigen Feier des Jubeltages den Herr« Oberbürgermeister Dr. Georgi zu beauftragen, mit den! hohen königlichen Finanz-Ministerium und dem R alW der Stadt Dresden ins Einvernehmen zu treten. Leipzig, 19. Januar. Der Kaufmann Robe« Wilhelm Ranft aus Freiberg, welcher vom Jahre 188» ab bis zu seiner Verhaftung als Buchhalter in einem!