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La» Offizier» »Lasino der k. s. reitende« Artillerie. * Riesa, 2b. November. Seit di« reitende Artillerie de« k. s. (XII.) Armeekorps in unserer Elbestadt garnisonirt, hat das Offizierskorps den hiesigen Wirth F. Münch zu seinem Herbergsvater erwählt und auch behalten bi» zum heutigen Tage. Als derselbe nun neuerdings daS seinen Namen tragende und in jeder Hinficht vortrefflich eingerichtete Hotel neben seinen» bisher betriebenen Restaurant in der Wettinerstraße erbaute, bot sich für das Offiziers korps der drei reitenden Batterien ein« ausgezeichnete Gelegenheit, sich ein eigenes Heim zu schaffen und ist dieselbe denn auch bestens benutzt und das erste Stock werk deS „Hotel Münch" in ein schmuckes und mit gediegener Ausstattung versehenes Cafino eingerichtet worden, zu welchem Unternehmen jeder der Herren Offiziere seinen Antheil beigesteuert hat. Heute Nach mittag findet nun die feierliche Einweihung diese« jüngsten sächsischen Offizierscastnos statt, durch ein Festmahl, an welchem auch der commandirende Gene- rolfeldmarschall des XII. Armeecorps, Sc. kgl. Hoh. Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, theilnehmen wird. Der hohe Herr war bekanntlich das erste und einzige Mitglied deS erlauchten sächsischen Königshauses, welches den Dienst der reitenden Artillerie praktisch studirt und als Major an ihrer Spitze gestanden hat. Am IS. Februar 1852 wurde der Prinz, welcher vorher bei der Fußartillerie Dienst gethan hatte, der 1. reitenden Batterie zugetheilt, am 29. April zum Hauptmann befördert und befehligte als solcher während der Herbstübungen bei Mittweida im gedachten Jahre eine Batterie. Ende September 1853 erfolgte des Prinzen Ernennung zum Major der reitenden Artillerie, deren Uniform er noch bis zum folgenden Jahre im Mai getragen hat. Ein Menschenalter ist seitdem verrauscht im Strom der Zeit; Prinz Georg hat gleich seinem königlichen Bruder, ves Königs von Sachsen Majestät, seinen Namen im Schlachtenwetter des Jahres 1870/71, für alle Zeiten eingetragen auf den goldenen Ehrentafeln der Kriegsgeschichte des sächsischen, des deutschen Volks und die höchsten militärischen Ehren erworben, aber noch unvergessen lebt im Gedächtniß des erlauchten langjährigen Führers der sächsischen Truppen die Er innerung fort an die Zeit, da er jener Elitetruppe zugehörte, deren Offizierskorps nun sein ausschließlich aus eigenen Mitteln geschaffenes Heim, sein Casino einweiht, welcher Festlichkeit der Prinz-Feldmarschall durch seine Gegenwart den höchsten Glanz verleiht. Naturgemäß vollzieht sich die Feier im geschloffenen Kreis der Offiziere, die Bürgerschaft, mit welcher die Garnison im besten Einvernehmen lebt, nimmt aber herzlichen Antheil daran und wird darum die nach stehende kurze Beschreibung der Casino-Räume des Offizierskorps der sächsischen reitenden Artillerie im „Hotel Münch" vielleicht auch weitere Kreise interessiren. Mattgeschliffene Glasthliren mit dem Namenszuge des erlauchten Regimentschefs, Landes- und Kriegsherrn, überragt von der Königskrone, schließen die hohen und Hellen Casinoräume vom Treppenhause ab; den gleichen NamenSzug mit der Krone zeigt jedes Stück des mit Rändern in den sächsischen und deutschen Farben ver sehenen Porzellan-TofelgeschirrS. Zu dem Casino ge höre» sämmtliche Räume des ersten Stockwerks. Zu nächst der Treppe rechts nach dem Hofe hinaus liegt das Servirzimmer mit Geschirrschränken und Anrichte tischen und ist mit der Küche im Erdgeschoß durch einen Aufzug verbunden; links von der Treppe befindet sich das Sarderobezimmer, dessen Fenster gleichfalls nach dem Hofe hinausgehen. Beim Eintritt ins Casino gelangt man vom Korridor zuerst ins Vor zimmer. A« den Wänden hängt eine Reihe bunter Stiche, Szenen einer englischen Parforcejagd darstellend. Es sind Geschenke von den Damen der Offiziere, welche überhaupt aus den Familienschätzen manch' werthvolleS Ausstattungsstück und historisches Gedenkzeichen dem neuen Casino gespendet haben, auch persönlich thätig gewesen sind bei der Verschönerung der einzelnen Räume. SämmtlicheS Mobiliar, auch in den andern Räumen, ist aus naturfarbenem Eichen holz«, Fußböden und Decken sind getäfelt, die gerafften Gardinen überall auS Seidenplüsch in türkischem Muster und die Erwärmung der Zimmer erfolgt durch schöne altdeutsche Kachel-Oefen. Recht- an da« Vorzimmer stößt der geräumige auf beiden Breitseiten Fenster aufweisende Speisesaal mit einfachen altdeutschen Eichentischen, sowie Rohr stühlen. Boa der Decke hängen 2 künstlerisch auSge- führte vronzeleuchter für Gaslicht herab, welche in Lauchhammer gegoffen worden sind. Da« unten durch eioenhreiteu kreisrunden mit antiken Schlachtszeneu in Hochrelief geschmückten Schild abgeschlossene Gerippe der Leuchter wird von kurzen Hellebarden und Parti sanen gebildet. Die Wände sind mit den Bildnissen de« deutschen Kaisers, deS König« Albert von Sachsen und de« Prinzen Georg geschmückt. Link« vom Vor zimmer gelangt man zunächst i« dos Lese- und Bibliothekzimmer, wo die militärischen Zeitschriften ausliegen und die Bücherei sich befindet; von den Wänden aber grüßen hier wie in de» folgenden kleineren Rauch- und Plauderzimmer mit einem Divan — dem einzigen Polstermvbel im ganzen Casino, verschieden« große und kleine, alte und neue Bilder herab, welche zu der reitenden Artillerie und ihrer Geschichte in irgend welcher Beziehung stehen. TheilS sind es Bildnisse berühmter sächsischer Artiüeriegenerale, theils stellen sie Krieg-szenen oder die verschiedenen Uniformen dar, welche die Truppe getragen, seit sie zur Zeit deS Kaisers Napoleon I. im Jahre 1806 errichtet wurde. DaS Kleinod unter diesem Wandschmuck bildet ein großes Oelgemälve, augenscheinlich von dem bekannten sächsischen Schlachtenmaler der Neuzeit Oberstlientenant a. D. von Götz herrührend. Dasselbe stellt in der gerade dem genannten Meister in so hohem Grade eigene« Klarheit und Reinheit die reitende Batterie Probsthayn dar, welche damals mit der von der Leib- kürasster-Garde und dem Regiment Zastrow gebildeten schweren sächsischen Reiterbrigade unter Generalmajor Lessing der 1. Division Bocdesoulle des 1. Kavallerie- Koips Latour-Maubourg zugetheilt war, wie sie während der Schlacht bei Bautzen am 21. Mai 1813 im Feuer vorgeht. Bon vorerwähntem Plauderzimmer aus geht ein Balkon nach der Straße heraus, die Thür in der gegen überliegenden Wand aber führt nach dem schon auf geführten Garderobezimmer und auf den Korridor. Die ganze Ausstattung der Casino-Räume ist von schlichter aber gediegener Vornehmheit und schließt sich der Einrichtung des übrigen Theils von „Hotel Münch" in harmonischer Weise an. Nichts ist überflüssig und zwecklos, weder Comfort noch Ausschmückung ist über laden, jedes Zimmer zeigt feinen Geschmack und sinnige Zier. Die Herren des Offizierkorps der reiten den Artillerie werden sich in den traulichen und freund lichen Räumen ihres neugeschaffenen Casinos gewiß rasch heimisch fühlen und ihren Kameraden, welche Einrichtung und Ausschmückung mit ordnender Hand geleitet haben, ebenso Dank uud Anerkennung zollen, wie allen Damen und Herren, welche zur Verschönerung des Casinos durch werthvolle Geschenke und Gaben beigetragen und es so zu einer gemüthlichen Heimstätte ausgestaltet haben. Gedankenübertragung. Trotz unseres realistischen Zeitalters, in dem die empirischen und unter diesem wiederum die Natur wissenschaften die Oberhand haben, treiben Geisterspuk und Hellseherkunst ihr Wesen, ist der Aberglaube viel fach an die Stelle des Glaubens getreten. So ist der Anhängerkreis übersinnlicher Lehren noch immer ein unbegrenzter, und bezeichnend ist es für unsere aufge klärt sein wollende Gegenwart, daß mehr als fünfzig Zeitschriften und zahllose Gesellschaften dem sogenannten „Spiritismus" dienen, wobei sich Dilettantismus, Unwissenheit, ja auch Betrug in erschreckender Weise breit machen. So war es seinerzeit auch das Mystische, welches dem „Gedankenlesen" Cumberlands anhaftete, der auf die urtheilslose Menge einen so großen Reiz ausübte. Dr. Hugo Münsterberg, Privatdocent der Philosophie an der Universität Freiburg im Breisgau, hat nun in einem in der „Akademischen Gesellschaft zu Freiburg" gehaltenen Vortrag: „Gedankenüber tragung", auch im Druck erschienen in der Akademischcn- Verlagsbuchhandlung von I. C. B. Mohr, die Vor führungen Cumberlands ihres geheimnißvollen Zauber« entkleidet und gezeigt, wie das von demselben vorge fühlte Gedankenlesen auf rein natürlichen Vorgängen beruht. Kein Wort, das wir sprechen, führt dabei Münsterberg aus, bringen wir deshalb hervor, um lediglich Schall zu erzeugen, die Lufterschütterung soll stets nur das Mittel sein, um die Gedanken, die unS beschäftigen, auf andere zu übertragen. So schwer auch die Erfassung dieses Vorganges im Einzelnen sein mag so ist doch Jeder überzeugt, daß es sich hierbei um nichts Uebersinniges handelt. Der Vorgang, der sich bei der gewöhnlichen Gedankenübertragung abspielt, ist einfach folgender: Die Vorstellungen deS Sprechenden sind nur die seinem Bewußtsein zugängliche Innen seite bestimmter Gehirnerregungen, die zur physischen Ursache für die Reizung bestimmter Nerven werde», durch diese Nerventhätigkeit treten nun unsere Brust-, Hal«,- Zungen- und Muudmu«keln in geordnete Thätig- keit, wodurch bestimmte Schallwelle» erzeugt werden, welch« dann da» Trommelfell de« Hörer« erschüttern, sich m nervöse Erregungen seiner GehörSoerven um setzen, welche zum Gehirn de« Hörer« fortgeleitet werden, wo sie bestimmt« G«hir»processe auSlösen, deren seelische Innenseite beim Hörer denjenige» Vorstellungen entspricht, welche de» Sprechenden zu seinen Worten veranlaßt. Nun ist aber unsere normal, Gedanken- Übertragung bekanntlich nicht allein auf die Vermittelung von Sprachopparat und Gehörorgan angewiesen. Eine Geste, ein Stirnrunzeln, eine Augenbeweguug ist oft wirksamer al« eine Rede, ein Händedruck kann Ge danken übertragen; der Gesichtssinn «uß im ersteren, der Tastsinn im zweiten Falle die Rolle übernehmen, die beim Sprechen daS Gehörorgan spielt. Man kann also zusammenfaffend sagen, die Gedankenübertragung des gewöhnlichen Leben« besteht darin, daß die Gehirn erregungen deS Uebertrazenden sich in körperliche, auf MuSkelthätigkeit beruhende Veränderungen — Sprech- und AuSdruckSbewegungen — umsetzen, die der Em pfänger durch irgend einen Sinn wahrnehmrn kann, um schließlich die empfangenen Erregungen in seinen Nervenapparaten zu verarbeiten. Ebenso bleiben wir völlig in der Grenze dieser normalen Uebertragung, wenn wir die unzähligen Fälle ins Auge fassen, bei denen die Ausdrucksbcwegung nicht direct wahrnehmbar ist, sich aber in ziemlich wahrnehmbaren Spuren, in Bildern, Schriftzeichen, physischen Objecten und Pro cessen den Sinnesapparaten des Empfängers darbietet. Die weitaus meisten Gedanken, die aus unS übertragen werden, sind von Menschen gedacht, deren Muskel leistung wir nicht unmittelbar percipiren könnet; zu entlegenen Zeiten, an entfernten Orten mögen sie entstanden und uns auf complicütestem Umwege übermittelt worden sein. Aber gleichviel, ob die Ueber tragung durch Tinte oder Druckerschwärze, durch Oel- farbe oder Marmor, durch Telephon oder Telegraph erfolgt, in jedem Falle ist die Ausdrucksbcwegung des Uebertrazenden mit der Sinneswahrnehmung des Empfängers durch eine Kette caufal veiständlicher physischer Prrc-ffe verbunden. Was beim Sprechen und Hören die Fortpflanzung der Luftwellen von Mund zu Ohr vermag, das ist hier einem physischen Vorgang complicirterer Art übertragen; aber auch hier wird der Gedanke körperlich geäußert und diese Aeußerung, gleichviel, welche physischen Zwischenglieder sich ein schieben, wird mit den Sinnesorganen ausgenommen. Nun können freilich wesentliche Abweichungen von der Norm auf beiden Seiten Vorkommen. Der Ucber- tragende sowohl, wie der Empfänger können abnorme Verhältnisse darbieten. So kann der Uebertragende schlafen und im Traume hörbar sprechen, er kann in der Fieberhitze seine Vorstellungen kundgeben, er kann in schwerer Trunkenheit seine Geheimnisse ausplaudern, er kann in einem Anfall von Geistesstörung Ideen aussprechen, von denen er nachher nichts ahnt, kurz in zahllosen Variationen kann er sein Seelenleben äußern, ohne daß er es selber will und weiß. Es sind in diesen Fällen gewisse Veränderungen im Gehi'N des Uebertrazenden vor sich gegangen, durch welche die Erinnerung, das Bewußtsein von der eigenen Persön lichkeit, der freie Wille geschwächt, vielleicht ganz auf gehoben find, aber deshalb wird doch Niemand daran zweifeln, daß es wirklich die Voistellungen und Ge danken des Uebertrazenden sind, welche da ohne seinen Willen und ohne Wissen durch Worte wahrnehmbar werden. Diejenige« Gehirnerregungen, welchen seelisch die Vorstellungen entsprechen, sind eben für sich allein schon hinreichende Ursache für jede körperliche Aeußerung; der seelische Wille ist nur eine nebenhergehende Be gleiterscheinung, ein Signal für den Vorgang, der auch fehlen kann, nicht seine Veranlassung. Muß der Wille doch bei näherer Analyse seine übliche Sonderstellung im seelischen Leben aufgeben und sich in Reih und Glied stellen mit unserem sinnlichen Empfinden und ihren Erinnerungsbildern, denn nur aus solchen setzt er sich zusammen. Wir alle gehen, sprechen, schreiben, ohne die einzelnen Bewegungen des Mundes, der Finger, der Füße erst mit Bewußtsein zu wollen. Wollen wir aber wirklich etwa den Arm absichtlich heben, so wissen wir wohl, baß der Vorstellung von diesem Wunsche die Ausführung folgen wird; wie unser Wille das aber erreicht, das wissen wir nicht. Nicht unser Bewußtsein will und setzt mit seinem Willen den Körper in Bewegung, sondern unser Bewußtsein nimmt passiv, im Gefolge gewisser Vorstellungen, erst den einen Gehirnzustand wahr, dcssen Psychische Begleiterscheinung Wille genannt wird, und dann den anderen Körperzustand, dem psychisch die Wahrnehmung der BewcgungSvorstellung entspricht. Wir wollenden Wesen sind nun scheinbar die Acteure, tatsächlich sind wir die Zuschauer dieses Vorganges und hinter die Lvulifseu ist un« kein Blick gegönnt. Da dürfen wir un« ««» nicht wundern, wenn wir erfahren, daß auch sonst unsere Vorstellungen sich häufig ohne unseren Willen in AuSdruckSbewegungen entladen, ja daß im