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Versammlung nahmen ungefähr 1500 Personen Theil, darunter mehrere Deputate und Munizipalräthe. Die vom Cvmitee vorgeschlagene Tagesordnung, worin daS Verlangen nach einem wirksameren Schutz gegen Ar- bertsUnfälle gestellt wird, wurde angenommen. Eine von den Anarchisten eingebrachte anarchistische Tages ordnunggelangte nicht zur Abstimmung. Die Anarchisten erhoben lärmend Widerspruch und wurden deshalb von der Polizei auS dem Saal entfernt. Im Uebrigen verlief die Versammlung ohne Störung. In der irischen Frage hatte von einem Schieds richteramt deS Papstes verlautet. Nach der „Köln. Ztg." übernimmt der Papst dies-S Schiedsrichteramt nur an, wenn die englische Regierung und die Iren gleichzeitig ihn anrufen. England. Die Verhandlungen der Parnell- Kommisston wurden endlich am Freitag, am 128. Sitzungstage, beendet. Die letzten vierzehn Tage nahm der Bertheidiger der „Times" mit seiner Rede in An spruch. Wann die Richter ihren Spruch abgeben werden, ist noch unbekannt. Gladstone soll die ihm neuerdings angebotene Pairs- würde angenommen habe«, da ihm seine Stellung im Unterhaus« zu anstrengend geworden sei. Sein Eintritt ins Oberhaus würde zu Anfang der neuen Session erfolgen. Die Engländer werden abermals eine kleine Em pörung in Indien mit bewaffneter Hand niederschlagen müssen. Laut telegraphischer Meldung aus Bombay sind in der bengalischen Provinz Chota Nagpur die Kols, ein Theil der ungefähr eine Million zählenden, in den Gebirgen der Centralprovinzen zerstreut lebenden Urbewohner, in Aufstand gerathen, haben das Besitz tum des ZamindarS, sowie die öffentlichen Bureaus angezündet und eine Anzahl Personen getödtet. Die Kols verlangen Pachtnachlaß und Aufhebung der Frohnarbeit. Belgien. Die Afrika-Konferenz hofft auf Grund des neuesten Telegramms Stanley und Emin Pascha noch vor Schluß des Kongresses empfangen zu können und beabsichtigt, sich nötigenfalls zu diesem Behuf zu vertagen. In einer Denkschrift, welche der Minister des Aeußern deS Congo-Staates an den König Leopold von Belgien gerichtet hat, wird darauf hingewiesen, daß die reguläre Truppenmacht im Congostaate seit Jahresfrist verdoppelt wurde und heute 2200 Mann und 23 Offiziere zählt, denen in einzelnen Bezirken Milizen in ansehnlicher Stärke zur Seile stehen. Ein verschanztes Lager für 600 Soldaten, das die Handels straße nach dem Innern beherrsche, sei angelegt, ein zweites im Bau begriffen. Mit der militärischen Aktion sei eine diplomatische Hand in Hand gegangen, deren wichtigster Erfolg das Bündniß mit dem viel ge nannten Häuptling Tippo Tipp sei, durch welches die Greuel der Sklavenjagden vermindert würden. In der Sitzung des Antisklaverei-Kongresses am Freitag wurde einstimmig beschlossen, daß die Terri- torial-Aragen außerhalb der Competenz des Kongresses lägen. Es wurde eine aus den Delegirten Deutschlands, Belgiens, Frankreichs, Englands, Italiens, Persiens, Portugals, Rußlands und der Türkei bestehende Com mission zur Prüfung des Sklavenhandels auf dem Meere ernannt. Ruhland. Am Mittwoch wurde der Tag des 500 jährigen Bestehens der russischen Artillerie gefeiert. In Petersburg hielt der Kaiser eine Ansprache an die Artillerieoffiziere, worin er die Ueberzeugung aussprach, daß sich die Artillerie auf den Schlachtfeldern ebenso wie früher auszeichnen werde. „Gott gebe nicht — sagte der Kaiser — daß dies bald geschehe, ja der Herr bewahre uns vor dieser schweren Prüfung; aber wenn es geschieht, so bin ich überzeugt, daß auch unsere tapfere Artillerie für die Ehre und den Ruhm unseres theueren Vaterlandes einstehen wird." Spanien. Die republikanische Agitation in Spanien ist durch die Vorgänge in Brasilien neu be lebt worden und nimmt stark zu. In den Straßen der Haupstadt wurden, der Frkf. Ztg. zufolge, kürzlich revolutionäre Flugblätter vertheilt. Die Regierung ordnete Vorsichtsmaßregeln in verschiedenen großen Städten an. Man will im Palast die Namen der Regimenter und Generale kennen, welche revoltiren wollen. Die Ministerkrisis ist unverändert. Wahr scheinlich ist eine Reconstruction des Cabinets Sagasta, möglich ist aber auch ein provisorisches Ministerium Martinez EampoS. Türkei. Der „Pester Lloyd" hebt hervor, daß alle Meldungen aus Konstantinopel darin überein stimmen, daß der Besuch d«S Deutschen Kaisers die merkwürdigsten Nachwirkungen im Palaste Hervorge rufe» hab«. Der Sultan soll ganz verwandelt sem. Er hat Zutrauen zu sich und zu seiner Umgebung ge wonnen. Die Furcht vor Conspirationen und feind lichen Anschlägen, die ihn sonst erfüllte, ist ganz von ihm gewichen. Brasilien. Eine Depesche der National-Bank von Brasilien aus Rio von Freitag Abend 5 Uhr 50 Min. besagt, daß sich alle Provinzen ohne Wider stand und ohne Protest der republikanischen Regierung unterworfen hätten; provisorische Regierungen in den Provinzen seien schnell organisirt worden. Der Erz bischof habe der republikanischen Regierung seinen Segen gegeben. Die neuen Kammern würden einbe rufen, sobald über die hauptsächlichsten Reformen Be schluß gefaßt sei. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 25. November 188S. — Es ist eine wohlthuende Wahrnehmung, daß seit einer Reihe von Jahren auch auf unserm Friedhöfe sich eine sorgsame Pflege der Gräber mehr und mehr geltend macht. Besonders sind es 2 Tage im Jahre, an welchem viele Hunderte hinauswallen zu den Gräbern ihrer Heimgegangenen Lieben, um dort die Zeichen dankbarer Erinnerung niederzulezen. Der Johannistag und der Todtensoontag führen die Lebenden hin zur Ruhestätte der Todten. So pilgerte denn auch gestern Reich und Arm zu den Grabes- Hügeln und die Zahl dieser Friedhofsbesucher war gestern eine so große, wie noch nie zuvor. — Nach einer von Herrn Todtenbettmeister Hammitzsch vorgenommenen Zählung sind dabei insgesammt 1844 verschiedene Grabschmuckgegenstände auf dem Grabstätten niederge legt worden. — In den „Zittauer Nachrichten" veröffentlicht der ärztliche Bezirksverein Zittau, veranlaßt durch die in den letzten Monaten und Wochen innerhalb der Stadt Zittau unter den Kindern vorgekammenen Er krankungen und damit verbundene Todesfällen infolge von Diphtheritis und der dadurch unter den Eltern hervorgerufenen Besorgniß, Verhaltungsmaßregeln bei Erkankungen von Kindern an Diphtheritis, Scharlach u. s. w. Es wird dabei ausdrücklich auf folgenden, bisher sehr wenig beachteten Punkt im Falle derartiger Erkrankung hingewiesen: Bei Erkrankung eines Kindes an Halsschmerzen, Schluckbeschwerden rc. suchen die be sorgten Eltern nach Hilfe, man nimmt das Kind und eilt mit ihm direkt zum Arzt in die Sprechstunde; wer überlegt sich da, welches namenlose Unheil er damit ungewolt annchten kann! Mag das erkrankte Kind nun an einer unschuldigen Halsentzündung, mag es an noch versteckter oder schon ausgebrochener Diphtheritis oder Scharlach rc. leiden, jedenfalls kann einestheils infolge des Transportes, des Luftwechsels rc. eine recht erhebliche Verschlimmerung der Krankheit verursacht werden und anderntheils — wie viele ahnungslose Erwachsene und Kinder können unterwegs oder im Wartezimmer des Arztes angesteckt werden, — abgesehen von der Ansteckungsgefahr für die Familie des letzteren selbst! Im allseitigen Interesse sei daher die Mahnung ausgesprochen, bei allen plötzlich aus tretenden Erkrankungen im Halse den Kranken nicht zu transportiren, sondern den Arzt sobald als möglich an das Krankenbett zu rufen! Strehla. Im Laufe des verflossenen Kir chenjahres sind in hiesiger Kirchenephorie 141 Personen gestorben, davon 94 Kinder. Von diesen sind 56 Kinder an Diphtheritis gestorben. Oschatz, 22. November. Unter Vorsitz des königlichen Bezirksschulmspectors Eger-Oschatz fanden vom 19. bis 21. d. M. am hiesigen Lehrerseminar die diesjährigen Wahlfähigkeitsprüfungen statt. Von den Geprüften empfingen in den Wissenschaften drei I, drei II, vier III, drei IV und einer V; in den Sitten dreizehn I und einer II. Dresden. Ein in ganz Sachsen und über seine Grenzen hinaus hochgeachteter Ehrenmann, einer der treuesten Diener der Kirche und deS Staates, hoch ver dient um unsere evangelisch-lutherische Landeskirche, Oberhofprediger Dr. tsisol. st x>UU. Ernst Volkmar Kohlschütter, Geheimer Kirchenrath und Vicepräsident des evangelisch-lutherischen LandeSkonfistoriums, ist nach langer, reichgesegneter Thätigkeit am Donnerstag Vor mittag 9 Uhr in Dresden in einem Alter von 77 Jahren gestorben. Die Hoffnung, die sich an seine im September begonnene Wiedergenesung knüpfte, er werde sich wieder vollständig erholen und nach se-nem am 31. Oktober erfolgten Abgang nach einem arbeits vollen Leben »erde ihm ein glücklicher Feierabend be- schieden sein, hat sich nicht erfüllt. Unerwartet rasch hat die wieder auSgebrochene Krankheit zum E»de geführt. Dresden. Ganz bedeutend« ElbkorrektioaSbauten sind diese» Sommer zwischen Uebigau-Kaditz und bei Lvtta auSgeführt worden und »och jetzt wird fleißig > und mit zahlreichen Arbeitskräften an der Vollendung I der Arbeiten geschafft. Der ausgedehnte Heger, welchn , sich an den rechtufrigen Damm angelegt hatte und da« Flußbett immer mehr beengte, wird auSgeschachtet und auSgebaggert und die vielen Tausende von Kubik metern KieS werden am linken Ufer abgelagert und der Strom dadurch nach rechts gedrängt. Für die Schifffahrt sind diese Vornahmen von wesentlichem Vortheil und die Uferbauten bei Cotta werden vor aussichtlich auch einen besseren Verkehr an dem auf eine weite Strecke hin vollständig zerrissenen Ufer schaffen. Pirna, 21. November. In der mehrer wähnten Angelegenheit der hiesigen Gasanstalt ist jetzt die Entscheidung erfolgt, da die Generalversammlung des GasactienvereinS den städtischerseitS gestellte» Bedingungen zustimmte und die Anstalt somit i» den Besitz der Stadtgemeinde übergeht. Die Stadt gewährt al« Kaufpreis außer Uebernahme der vor handenen Hypotheken und HanddarlehnSschulden von 84000 Mk. eine Zahlung von 90000 Mk., gewährt werten außerdem aber auch noch 15000 Mk. als muthmaßliche Dividende bis Michaelis als Ent schädigung dafür, daß die Verwaltung der Anstalt durch die Stadt schon jetzt, bez. vom 1. Juli d. I. an ihren Anfang nahm. Von dem trefflichen Geschäfts stand des Unternehmens giebt am besten die Thatsache Kenntniß, daß laut Mittheilung im hiesigen „Anzeiger" in diesem Jahre den Aclionären 12 Procent Dividende zerfallen können. Der Leiter der Anstalt, Inspektor Taubmann, geht in den städtischen Dienst über. Zschopau, 23. November. Vergangenen Diens tag Abends gegen 9 Uhr wurde eine verheirathete Frau aus Hohndorf auf der von Zschopau nach Hohn dorf führenden, sogenannten alten Marienberger Chaussee unweit der Ganshäuser von einem Unbekannten ange fallen. Derselbe versuchte, der Frau eine am Arm tragende Ledertasche zu entreißen, wurde aber, nachdem die Ueberfallene laut um Hilfe gerufen, von einem hinzugekommenen großen Hunde gepackt, sodaß die Frau sich entfernen konnte. Noch am selbigen Tage wurde der Thäter in einem Gasthofe in Hohndorf durch die Gendarmerie in der Person des sich arbeits- und wohnungsloS umhertreibenden Klempnergesellen Fischer aus Lommatzsch ermittelt und in das hiesige Amts gericht cingeliefert. Freiberg, 22. November. Nachdem von wagehalsiger Seite verschiedene Male hohe Thürme bis zur Spitze erstiegen worden sind, hat man es neuerdings mehr auf Erkletterung von Essen und Fabrikschloten abgesehen. Schon zum zweiten Male ist jetzt die Riesenesse der sächsischen fiskalischen Hals- brückener Hätten an den außen angebrachten Steigeisen erstiegen worden. Erst vor Kurzem hatte der Schorn steinfeger Kubasch den Essenkopf zum Ziele seiner Luftwanderung auserkoren und dieser Tage stieg sogar ein verwegenes Mädchen in diese höheren Regionen, in denen der widerstandsfähigsten und schwindelfreiesten Mannesnatur Angst und Bange werden möchte. Jedenfalls ist der hochluftwandelnden Schönen die Modekrankheit der Frauen, die Nervosität, fremd gewesen. Der Abbruch der alten Jakobikirche wird noch im Laufe des bevorstehenden Winters vorgenommen werden, um das noch brauchbare Material bei dem im nächsten Frühjahr zu beginnenden Bau der neuen Kirche ver wenden zu können. Freiberg. In Lichtenberg brannte am 20. Abends die im Mitteldorfe gelegene Barthelsmühle ab. Leider hat diese« Brandnnglück auch den Tod eines allgemein geachteten Einwohners, des Lotterie-Kollekteurs C. G. Wolf, verursacht. Der Genannte war bei Ausbruch des Feuers im Gasthofe. In der Vermuthung, das Feuer könnte bei ihm ausgebrochen sein, lief er in größter Eile und Erregung nach seiner weit entfernten Wohnung. In Folge Anstrengung und Aufregung traf ihn ein Herzschlag. Markneukirchen, 22. November. Am 18. No vember früh gegen 3 Uhr ist der 60 Jahre alte Pappenarbeiter Carl Friedrich Muck aus Jvgelsburg auf der fiskalischen Straße unweit der bei Siebenbrunn gelegenen Restauration „zum fröhlichen Stein" plötzlich von einem jungen Menschen angehalten, in den Straßen graben geworfen und seiner Cylinderuhr, sowie seines Portemonnaies mit gegen 6 Mk. Inhalt beraubt worden. Der Gendarmerie ist eS gelungen, den unbe kannten Räuber in der Person eines schon mehrfach vorbestraften StickcrS auS Adorf zu. ermitteln und fest zunehmen. Bei dem Verhafteten wurden außer der zuletzt gestohlenen Uhr noch zwei andere Uhren vorge sunden, welche gleichfalls von Diebstählen herrühren dürften. Der Thäter «ar deS Straßenraubes geständig. Lindenau, 22. November. Jn^der Nacht zu gestern starb hirrselbst eine 23 jährige jledige Fabrik-