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stattliche Wagenkolonne die prächtig« Feststraße, aller- »ärtS von brauseaden Hochruf«» der Spalier bildende» Venire und der froh bewegten Zuschauermenge begrübt. Am Eingänge zum Kaiser Wilhelm-Platz vor dem im posanten Triumphbogen erwarteten die Väter der Stadt das Kaistrpaar, um ihre ehrfurchtsvollen WillkommenS- grüße durch den Oberbürgermeister Dr. Stübel darzu bringen. Begeistert und jubelnd stimmt« die Umgebung in das am Schluffe der Ansprache auf Ihre Maiestäten de» Kaiser und die Kaiserin auSgebrachte Hoch ein. S«. Maj. der Kaiser reichte ernst und gerührt Herrn Oberbürgermeister Dr. Stübel die Hand und sprach mit freundlicher, bewegter Stimme seinen Dank für die herzliche Bewillkommnung aus und fügte die Worte hinzu: „Ich freue mich, hier wieder einzu treffen, wo wie nirgends mir die Er füllung meiner Pflichten jederzeit so leicht gemacht wird!" Darnach überreichte die Tochter deS Herrn Stadt» ath Teucher, Fräulein Mar garethe Teucher, Ihrer Majestät der Kaiserin ein großes Bouquet auS Marschall-Niel-Rosen und Orchideen, den Lieblingsblumen Ihrer Majestät. Und dann rollten die Wagen weiter. Ueberall derselbe Jubel, dasselbe Hurrahrufen und Tücherwehen. Auf dem Neustädter Markte wurde der Wagenzug der Majestäten von der Jugend von Dresden mit einem Weihegesang begrüßt. Im Schloßhofe aber stand eine Ehrenkompagnie der sächsischen Kaiser-Grenadiere mit Fahne und Musik, welche Kaiser Wilhelm und König Albert gleichfalls besichtigten. Am Abend erglänzte das Königsschloß in allen »ach dem Schloßplatz herausgehenden Fenstern im Hellen Lichterglanze, die Brücke erstrahlte in ihrer wirk lich feenhafte» Beleuchtung und durch die Straßen fluthete eine schier unabsehbare Menschenmenge bis zu später Stunde. So sank die erste Nacht hernieder, welche Kaiser Wilhelm II. und seine erlauchte Gemahlin im Residenzschloffe deS Königs von Sachsen verbrachten. Tagesgeschichte. Das „Dresdner Journal" begrüßt das erlauchte Kaiserpaar unterm 5. d. M. mit folgenden Worten: „Abermals drängt sich in den Straßen unserer Stadt eine festlich gestimmte Menge, abermals wehen die Tücher, läuten die Glocken: Dem deutschen Kaiseipaare gilt heute Dresdens jubelnder Gruß. Nicht zum ersten Male seit Seiner Thronbesteigung kommt Se. Maj. der Kaiser heute in die sächsische Residenz. Aber während Er vordem als Freund Sr. Maj. des Königs, zur Theilnahme an festlichen Tagen des kgl. Hauses sächsischen Boden betreten hatte, erscheint der Kaiser heute zum ersten Male noch in einer anderen Eigen schaft: als oberster Kriegsherr des deutschen Heeres, und als solchem vornehmlich tönt Ihm heute de: Gruß unseres Landes entgegen. Sieben Jahre sind in diesen Tagen verflossen, seit das sächsische Armeekorps zum letzten Male vor den Augen Kaiser Wilhelms des Ersten in Parade gestanden hat, unweit der Stelle, wo es morgen an Kaiser Wilhelm dem Zweiten vor überziehen wird. „Nicht rasten und nicht rosten", das ist der Wahlspruch des deutschen Heeres und mit ihm der sächsischen Truppen gewesen, wie allezeit, so ganz besonders in den letzten Jahren. An Zahl der Streiter abermals beträchtlich vermehrt und dadurch zu einem der stärksten im Reiche angewachsen, hat das sächsische Armeekorps unter den Feldherrnaugen seines Königs und geleitet von seinem erlauchten prinzlichen Führer seit jenen Kaisertagen des Jahres 1882 in unermüd licher Thätigkeit wcitergearbeitet, um gerüstet zu sein für den Fall, welchen unS der Ernst der Zeiten jeden Tag bringen kann. Und wie vor sieben Jahren unsere Truppen durch des Heldenkaisers Mund die ehren vollste Anerkennung fanden, so wird — dessen sind wir gewiß — auch Kaiser Wilhelm II., wenn Sein Blick die langen Fronten unserer Bataillone und Schwadronen hinabzleitet, die Gewißheit erlangen, daß die sächsische Armee eine undurchdringliche Stelle in der eisernen Rüstung Deutschlands bildet — in der Rüstung, von welcher alle Streiche seiner Feinde macht los abprallen müssen. Gilt also unserer Armee in erster Linie die Ehre des allerhöchsten Besuches, so be grüßt heute doch das ganze sächsische Volk deS Kaisers Majestät. Mit welchen Gefühlen, das bedarf kaum noch einer besonderen Ausführung. Die alte oft be währte Treue, in der unser Volk seinem angestammten Königshaus« zugethan ist, die bringt es auch dem Kaiser entgegen; Sachsentreue und Treue zu Kaiser und Reich, die können und sollen heute friedlich neben einander in einem Herzen wohnen. Diese Gesinnung bildete die Grundstimmung der Allen unvergeßlichen Kaisertage vor 7 Jahren, sie wird auch in diesen Tagen alle Kundgebungen beherrschen, wie manches im übrigen auch zwischen damals und heut« sich i» unseren Gefühlen ander« gestaltet hat. Mit Rührung und Dankbarkeit schauten wir m die milden, nun er loschenen Augen deS erste» deutschen Kaisers, Hoffnung und freudiges vertrauen in die Zukunft erweckt de« Enkel» kühner, glänzender Blick in unseren Herzen. Unter Ihm wird der Schild de« Reiches allezeit blank, sein Schwert allezeit scharf uud bereit sein, gegen Den auS der Scheide zu fliegen, der un« zu nahe tritt — gegen Niemanden sonst. Und wie die versuche der Gegner deS MonarchenthumS vergeblich sein werden, Ihm auch nur ein Titelchen seiner Machtbefugnisse zu schmälern, so wird Kaiser Wilhelm auch treu die Rechte Anderer wahren. DieS alles spricht Seine kraftvolle, zielbewußte Persönlichkeit in lebendiger Sprache zu uns. Und eine ähnliche, die Herzen ge winnende Macht geht auch von Ihrer Majestät der Kaiserin aus. Noch nicht lange ist es her, daß deS Schicksals Fügung Sie auf die hohe Stelle berief, die Sie heute einnimmt, und schon blickt man allerorten im Reiche auf Sie als das Muster einer edlen, deutschen Frau, schon ist uns Allen Ihr treues Walten an der Seite des kaiserl. Gemahls, Ihre liebevolle Für sorge im Kreise Ihrer fünf blühenden Söhne ein liebes, stets gegenwärtiges Bild. Darum ist es echter, wahrer Jubel, der heute den kaiserl. Majestäten ent gegentönen wird, wenn Sie an der Seite unseres ge liebten Königspaares in unsere Stadt ihren Einzug halten, und aus vollen, treuen Herzen wird Ihnen der tausendstimmige Gruß dargebracht werden: Heil dem Kaiser! Heil der Kaiserin!" Deutsches Reich, lieber die Reise des Cza en nach Berlin liegen heute wieder einmal mehrere uncontrolir- bare Meldungen vor. Da die kaiserlichen Majestäten in den nächsten Tagen in Sachsen weilen, erledigen sich hier mit alle noch so bestimmt.» Angaben über das Eintreffen des Kaisers von Rußland. Ein Besuch des Czaren am Berliner Hofe ist nunmehr vor der Rückkehr unseres Kaisers von Athen kaum zu erwarten, da über die Reisen des Kaisers bis zu dieser Zeit vollständig ver fügt ist. Auch die Nachricht, welche den russi'ch.m Thron folger vor seinem kaiserlichen Vater am Berliner Hofe eintrcffen und an den Manövern in Hannover Theil nehmen läßt, wird als unzutreffend bezeichnet — wie weit mit Recht, wird sich ja in Kurzem zeigen. Der „Poft" zufolge beabsichtigte der Czar zwischen dem 25. und 29. September in Berlin einzutreffcn. Glaub würdiger ist eine Meldung mehrerer Berliner Blätter, denen an hoher Stelle auf das Bestimmteste die Ver sicherung gegeben ist, daß ein Besuch des Czaren in diesem Jahre nicht mehr in Aussicht genommen ist, auch nicht mehr erwartet wird. Dem Prinzen Heinrich ist der englische Hosenband- O-den verliehen worben. Fürst Günther, der Vater des regierenden Fürsten von Schwarzburg-Sonderhausen, liegt schwer krank dar nieder. Seitdem sich Anzeichen von Wassersucht bemerklich gemacht haben, sind die Kräfte des 88jährigen Fürsten immer mehr im Schwinden. Am Dienstag hat die gesammte fürstliche Familie mit ihm gemeinsam das heilige Abendmahl genommen. Die Frist zur Einlieferung der Entwürfe für das Nationaldenkmal Kaiser Wilhelms ist Mittwoch Mittag zu Ende gegangen. Die Zahl der eingegangenen Ent würfe beträgt 144; darunter sind 47 durch Modelle von zum Theil außerordentlich großem Umfange er läutert. Bekanntlich erfolgt die Aufstellung der Ent würfe in dem Landesausstellungsgebäude zu Berlin, dessen Räume bisher vollständig von der Ausstellung für Unfallverhütung in Anspruch genommen waren. Der Bundesrath soll gegen Ende dieses Monats seine Thätigkeit wieder aufnehmen. Die Berufung dürfte nach der Rückkehr deS Vorsitzenden, des Staatssekretärs des Innern v. Bötticher beschlossen werden. Die Aus führungsbestimmungen deS Jnvaliditätsgesetzes befinden sich noch in den ersten Stadien der Vorbereitung, und es wird noch geraume Zeit vergehen, bis derBundeS- rath Gelegenheit finden wird, sich damit zu beschäftigen. Inzwischen werden in Bezug auf dies schwierige und umfassende Werk alle eingehenden Anträge und Wünsche der betheiligten Kreise zusammengestellt, um bei der späteren Ausarbeitung möglichste Berücksichtigung zu finden. Wie es heißt, verfügen einzelne Landesregierungen in dieser Beziehung bereits über ein ziemlich umfang reiches Material. Die Feststellung der Nachsteuer, welche in den am 15. Oktober v. dem deutschen Zollgebiet angeschloffenen Hansestädten Bremen und Hamburg und in den bei dieser Gelegenheit mit in die Zolllinie einbezogenen preußischen und olderiburgischen SebietStheilen zu er heben war, hat sich erst »ach und nach bewirken lassen. Jetzt wird der Gesammtertrag dieser Nachsteuer amtlich auf 13,510,213 Mk. beziffert, wovon 7,025,674 Mk. auf Hamburg und 5,164,874 Mk. auf Bremen ent falle». Nach den für die Zollanschlüffe getroffenen Be stimmungen ist diese Steuer nicht an die ReichSkaffe abzuliefern, sondern verbleibt den Staaten, in deren Gebiete dieselbe erhöbe» ist. Der ReichStagsabg. v. Sperber (kons.s, Vertreter de« Wahlkreises Ragnit-Pillkallen, ist in Wiesbaden, wo er Heilung von einem schweren Leiden suchte, verstorben. Bon den preußischen Ministern befindet sich gegen wärtig nur der Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach, der kürzlich vom Urlaub zurückgekehrt ist, in Berlin. Der Finanzminister von Scholz weilt seit Julr am Bodensee, der Kultusminister von Goßler in TaraSp, von wo er in der zweiten Hälfte dieses MonaiS zurückerwartet wird, der Justizminister von Schelling rn Tirol, der Vizepräsident deS StaatSministeriumS von Bötticher und der Minister deS Innern Herrsmth sind in Karlsbad, der Landwirthschaftsminifter Frhr. von Lucius in Ostende. Im Auswärtigen Amte führt die Geschäfte des Ministers zur Zeit der Untersiaals- sekretär Graf Berchem. In maßgebenden Kreisen ist man jetzt mit der Frage beschäftigt, ob cs sich empfiehlt, in Deutschland nach dem Vorgänge anderer Länder eine einheitlicheZeit- rechnung einzuführen. Die Unzuträglichkeiten, welche mit unserer jetzigen Rechnung nach der sogenannten mittleren Ortszeit namentlich für den Eisenbahnverkehr verbunden sind, haben, nach dem „Hamb. Corr.", den Anstoß hierzu gegeben. Die süddeutschen Bundesstaaten besitzen bereits jeder für sich eine einheitliche Zeitrechnung: Baiern rechnet nach Münchener, Württemberg nach Stuttgarter, Baden nach Karlsruher Zeit, im übrigen Deutschland enthalten die für das Publikum bestimmten Fahrpläne und Kursbücher die unter sich verschiedene» Ortszeiten aller einzelnen Stationen, wogegen die Dieiist- fahiplän: der Eisenbahnverwaltunzen meist nach Berliner Zeit ausgestellt sind. Dieser Zustand ist angeblich für die Pünktlichkeit und Sicherheit des Eisenbahnbetriebes nachtheilig; für das reisende Publikum führt der stetige Wechsel in der Zeitrechnung, von einer Station zur andern, Unbequemlichkeiten mit sich. In der Thal zeigt ein Blick auf die Rückseite des Reichs-Kursbuches, daß in vielen anderen Ländern auch den für das Publikum bestimmten Fahrplänen eine einheitliche Zeitrechnung zu Grunde gelegt ist. Frankreich. Die Reihe vornehmer Gäste, welche Paris anläßlich der Weltausstellung bei sich sieht, ist noch lange nicht erschöpft: In Liesen Tagen wird sich der ungarische Ministerpräsident Tisza inkognito von Ostende aus nach Paris begeben. Am 2. d. trafen drc Söhne des Vizekönigs von Aegypten in Paris ein; Herr Gladstone sollte am gleichen Tage von London in Paris ankommen. Der Besuch des Fürsten Nikolaus von Montenegro wird gleichfalls in nächster Zeit erwartet. Die Wahlbcwegung in Frankreich wächst von Tag zu Tag. Am Mittwoch haben die Boulangisten nun auch eine erste Liste ihrer Kandidaten in den Provinzen ausgcgeben, es stehen darauf 31 echte Boulangisten und 25 Monarchrsten. Daß sämmtliche Nichtrepubli kaner mit großer Einigkeit bei den Wahlen Zusammen halten werden, geht auch aus einer Rede hervor, welche der bonapartistische Führer Baron Mackau in Argenta» hielt. Er erklärte, die Monarchisten und Bonapar- tisten seien mit Boulanger in allen Punkten einig. Ein wenig „über das Ziel hinaus" dürste jedoch Prinz Viktor Napoleon geschossen haben durch eine etwas vorlaute Erklärung, welche er im „Figaro" erläßt. In derselben bezeichnet er die Wiedererrichtung des Kaiserreichs als das einzige Heilmittel der heutigen Lage Frankieichs und erklärt das Kö.iigthum des Grafen von Paris für absolut unmöglich. — Der Minister des Innern Constans hat die Präfekten auf gefordert, von seilen Boulangers, Rocheforts und Dillons keinerlei Kandidatur-Erklärungen anzunehmen. — Ein Unteroffizier und vier Soldaten der Garnison von Rodez, die an Boulanger nach der Pariser Wahl vom 27. Januar ein gemeinschaftliches Beglück- wünschungsschreiben gesandt hatten, erhielten 14 Tage Gefängniß. Die beiden Deutschen, welche seit mehreren Woche» der Spionage verdächtig in TaraScon gefangen gehalten wurden, sind Dank den Bemühungen der deutschen Bot schaft und des deutschen Konsuls in Marseille freige loffen worden, nachdem sich die vollständige Grundlosig keit des Verdachts herausgestellt hat. Ei» angesehenes Pariser Finanzblatt hat ausge rechnet, daß unter der Republik seit 12»/, Jahren die französische Staatsschuld um 16 Millrarde» ge wachsen sei. Belgier». König Leopold soll sich nach Meldungen auS Brüssel mit der Absicht tragen, eine längere Congo- reise zu unternehmen.