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GevM xvrr ßten Vor. eitVekaiM lleanl tag, dt« iraoerrj ih wird tz -r gefW rküng de» -g-rtchf rall hoch« b«iu ng, Ka> KSse. H-iatz »es fach- Vortheil rtrauens »»reich a Herr Deutsch gen »II» >5»88SN, 0 Pf. bei ßvkein. bei dem r, sowie unser« unserer »rch die Theil- Huer, ck beim ;en wir seinen Klemm tiefge< au. schmuck ap. riet«. Eikblall und Alycigcr. Amts-tatt Ur SSnigl. AmtS-mptmmmschaft Großenhain, des Mnigl. AmtszkrichtS uud de- StidUath« zu Mesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redactton verantwortlich: T. Langer in Riesa. .)! iso «7. Sehr» Donnerstag, den 18. December 1884. WE >n Ai eia wöchentlich dreimal: Dtenstaa, Vvunerstag und «vuuabend. — Sbonnement-pret- vterteljlihrltch i Mark 2» vfg— Bestellungen nehme« alle »aiserl. Poftam^ Postboten, die Expeditionen in Riesa und Etredla <<d. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, wrlche bei dem auraevrriteten Leserkreis eine wirksame BerösfenUichung Kaden, erbitten wn an« bi« Lag« vorher Vormittag« » Uhr. JnsertionSpre« die dreigespalten« Lorpulzeue oder deren Raum 10 Psg. Der Hochverrathsproeeß gegenReinsdorf und Genossen. Am Montag hat vor dem Reichsgericht in Leipzig «io Proceß begonnen, der zum ersten Male mit furcht barer Deutlichkeit zeigt, daß auch in Deutschland die Anfänge für eine anarchistische Bewegung vorhanden sind oder ... wir wollen sagen: vorhanden waren. Attentate einzelner Personen gegen einzelne sind leider nichts neues; in dem Moro hat der Fanatismus aller Zeiten daSWttel zu erblicken geglaubt; um zu seinem Ziele zu kommen. Aber die Weltgeschichte ist das Weltgericht: sie verzeichnet nur sthr wenige Wie, in denen der Mörder daS erreichte, was er durch seine Thal erhofft hatte. In den allermeisten Fällen dagegen schlugen die Folgen der That in das Gegentheil der gehegten Erwartungen um. Das von ReinSdorf geplant gewesene Attentat auf dem Niederwald ist schon in her bloßen Vorstellung «ine der scheußlichsten Thaten, welche die Weltgeschichte je zu verzeichnen gehabt hätte, wenn sie zur Ausführ ung gebracht worden wäre. Im größeren Publikum find die Einzelheiten derselben bisher noch wenig be kannt geworden. Bekanntlich war es der Abg. Richter- Hagen, welcher zuerst den umgehenden Gerüchten offenen Ausdruck gab und damit eine Erklärung seitens der Regierung hervorrief. Der erste Eindruck dieser Er klärung w»r allerdings, daß die Bestürzung zu schwarz male. Seitdem haben aber gerichtsseitig eingehende Untersuchungen stattgefunden und dieselben haben in Verbindung mit dem offenen Geständnis mehrerer der Angeklagten die ersten Angaben vollinhaltlich bestätigt. Das Geständniß des Angeklagten Rupsch ergiedt, baß er in Gemeinschaft mit dem Mitangeklagten Küchler von dem Schriftsetzer Reinsdorf in Elberfeld aufgeredet und bestimmt worden war, während der Niederwald- Aeier ein Dynamit-Attentat gegen den Kaiser, die könig lichen Prinzen Und Prinzessinnen, sowie die übrigen Fürstlichkeiten und hohen Würdenträger zu verüben. Der Plan war raffinirt genug angelegt; die beiden erstgenannten Angeklagten hatten eine etwa zwei Kilo Dynamit enthaltende Steinkruke in eine Drainage ge steckt, welche quer unter die zUM Denkmal führende Straße hinlief. In die Kruke war eine lange Zünd schnur eingelassen, deren anderes Ende in den nahen Wald geführt wurde. Die Schnur selbst wurde mit mit GraS und Laub bedeckt. Zwischen Rupsch" und Küchler war nun verabredet worden, den Kaiser und seine Umgebung bis auf 50 Schritt an die Drainage htrankomme» zu lassen, dann die Schnur mit einer brennenden Cigarre anzuzünden und so die Katastrophe herbeizuführen. Wen» nun den Angaben des Rupsch Glauben zu schenken, iß, so war er eS, der das Attentat — das furchtbarste, da» je die Welt erlebt hätte — verhindert hat Er behauptet nämlich, bei der Ankunft des Kaisers die Zündschnur absichtlich statt mit einer breunendeu, mit einer kalten Cigarre berührt zu haben. Küchler hatte sich unterdrssen entfernt, um die Wirkung der Explosion von weitem zu beobachte«. Als letztere auSblieb, kam er sehr ungehalten zurück, eS wurde neuer Schwamm an da» Ende der Schnur gelegt, da der alte, nach Angaben RupschS, di« er dem Küchler «achte, nicht habe fangen «ollen, und an« bestimmte, daß daS Attentat apSgeführt werden sollt,, wenn die Fürstlichkeiten von der Dmkmal-Oeihe auf demselben Wege wieder zurückkchren würden. Rupsch behaupt^ aber, die Zündschnur heimlich durchgeschnitten zu haben und so konnte «ich mes Mal die Explosion nicht er- svlgeu, obwohl die Schn« bis zu der Schnittstelle abbramcke. Der Kaiser, der deutsch« Kronprinz, viele deutsche Fürsten uud Prinzen, Moltke und hundert andere hohe Beamte, Tausende von bürgerlichen Festthrilaehmern haben am Tage der Denkmalweihe auf dem Nieder wald ahnungslos zwei Mal jene gefährliche Stelle passirt, in deren Tiefe der Tod in schrecklichster Gestalt lauerte. Waren es plötzlich eintretende Gewissensbisse, war es Vielleich, entgegen den Angaben RupschS, ein glücklicher „Zufall", der die Katastrophe hintanhielt... genug, die fürchterliche That ist nicht geschehen — so satanisch fein erdacht und vorbereitet sie auch war. Das höchste Gericht des Reiches hat nun seines Amtes zu walten. Nach Eröffnung der Verhandlung, zu welcher über 50 Zeugen geladen waren und nach Namensaufruf der Angeklagten wurde die Anklageschrift verlesen. Es geht daraus des Näheren hervor, daß drei Verbrechen den Angeklagten zur Last gelegt werden. Gegen Reinsdorf, Bachmann und Küchler lautet die Anklage auf Hoch- verrath, Mordversuch und Brandstiftung, gegen die Uebrigen auf Beihülfe zu diesen Verbrechen. Das Verhör begann mit Bachmann, ein kleiner, untersetzter Mann, 34 Jahre alt, der einen nichts weniger als energischen Eindruck macht. Derselbe ist voll geständig. Er hat vor 3 Jahren in Elberfeld den p. ReinSdorf kennen lernen, hatte damals bereits socialistische Ideen in sich ausgenommen und wurde durch Jenen darin bestärkt. Nach und nach ließ er sich auch zu anarchistischen Grübeleien hinziehen und gab sich schließlich als Werk zeug zu dem von Reinsdorf geplanten Verbrechen her. Reinsdorf war, nach seiner Darstellung, der Leiter dieser Pläne, er suchte dazu brauchbare Subjekte auf, beschaffte das Material, Dynamit rc. und leitete auch die Ausführung der Anschläge. Hiernächst wurde Neinsdorf aufgerufen, ein mittelgroßer, schwächlicher, etwas gebückt gehender Mensch von 35 Jahren, mit dünnem, blonden Haar und Schnurrbart, mit stark hervortretenden Backenknochen und einem unangenehmen heiseren Organ. Er ist das Bild eines halbgebildeten Menschen, der, von höchster Eigenliebe und Sucht zu glänzen, eine Menge Dinge gelesen, die er nur halb verstanden hat, der sich aber gleichwohl für den ge- scheidtesten Mann hält, den Nichts überzeugen und von seinen gefaßten Meinungen abbringen kann. Dabei hat er offenbar von HauS auS gute geistige Anlagen, ist-Sber völlig verrannt in anarchistischen Ideen äußrer Richtung. In seiner Auseinandersetzung darüber, waS er sich unter Anarchismus denke, welche ex auf die Aufforderung des Präsidenten gab, hob er hervor, daß er die Abschaffung jeder Autorität erstrebe, und zwar mit allen Mitteln. Dabei geizte er nicht mit bekannten Phrasen, wie sie in der Most'schen „Freiheit" aufgetischt werden. Er hat ein absonderliches Leben hinter sich, nirgends hat er Ruhe und Ausdauer gehabt, in ganz Deutschland, in her Schweiz/in England ist er umher gezogen, hat dabei fast stets falsche Papiere benutzt und hat, wohin er gekommen ist, Propaganda für seine Ideen zu machen gesucht, gearbeitet wenig. Auf die Frage des Präsidenten, ob eS war sei, daß er von einem Comitee in London nach Deutschland geschickt sei, um Anschläge der fraglichen Art auSznführen, ent gegnete er in höchster Eingebildetheit: er ließe sich von Niemand schickt», er sei sich Mann'» genug, seine IPläne allein durchzusührea: worin letztere bestanden, glaubte er nicht nöthig zu haben, dem Gerichtshof ntitzutheileu.. Bis zur specirüen Befragung.Mer daS Geschehene kaut ditBerhaudlUngäm Montag nicht. Biel- ! Mehr wurde dieselbe nach I-Ühr abgebrochen und eine halbstündige Pause vom Präsidium angeordnet. Auch in der RachmittagSsitzuug de» HochverrathüprSceffe« wurde ausschließlich über da» Elberfelder Dyaamit- aklentat verhandelt. Gegenüber den schweren belastenden Au»s,gen der Amgen, de» Polizeikamvrifsar» Gottschalk, der Frau vr. Hartmann, de» Kellner» Vrenke und de» Mitangeklagte» Küchler, sämmtlich au» Elberfeld, verharrt ReinSdorf bei dem System de» Leugnen» uud versucht alle ihm nachtheiligea AuSsagea al» wahrheits widrig zu verdächtigen. Er beschuldigt auch die Unter suchungsrichter, die AuSsagrn der Zeugen in der Vor untersuchung nach Gefallen protokollarisch festgtstellt zu haben. Bei der Vernehmung suchte er die Darlegungen über die Theorien der Anarchisten mit grobe» Ausfällen gegen die Fürste» zu verbinden, wa» der Präsident energisch verhinderte. Im ersten Theile der Verhandlung am Dienstag wurden weitere Beweiserhebungen bezüglich deS Dynamit attentats im „Frankfurter Hof" zu Elberfeld vorge nommen. Die als Sachverständen geladene» vr. clrsin. Sintenis und Major Pagenstecher konstatirten, daß die angewendete Quantität Dynamit, in Verbindung mit den gehackten Bleistücken, unbedingt hinreichend ge wesen wäre, «ine größere Anzahl der. versammelten Herren rc. zu tödten, uud daß daran nur der Umstand hindernd gewesen sei, daß die Patronen nahe der Aus- gangsthür gelegt worden sind. Der Zeuge Stuhlmann, Klempnermeister aus Elberfeld, konstatirt, daß Reins dorf einige Tage vorher zu ihm gekommen sei und Blechbüchsen (zu Dynamitpatronen) bei ihm bestellt habe. Auch einige andere Zeugen bringen uchhr oder weniger belastende Momente gegen Reinsdorf vor. Gegen '/,1 Uhr trat ein« halbstündige Pause iu der VerhanÄung ein. Nach Wiederbeginn der letzteren wird der Angeklagte Rupsch vernommen. ES ist ein schmächtiger, bartloser junger Mensch mit blondem Haar und fast knaben haften Zügen. Er spricht ziemlich gewandt und läßt sich, vom Präsidenten aufgefordert, seine Erwiderungen auf die gegen ihn erhobene Anklage des HochverrathS, Mordversuchs und der Brandstiftung abzugeben, wie wir dem „Chemnitzer Tgbl." entnehmen, ungefähr wie folgt auS: „Ich bin weder Anarchist, noch Sozial demokrat; ich habe alle die wir beigemessenen Hand lungen nur zum Scheine und unter dem Drucke Reins dorfs und Küchler'S unternommen. Ich habe weder die Absicht gehabt, Se. Majestät den Kaiser oder andere Fürsten, noch überhaupt Personen zu tödten oder zu verletzen; vielmehr habe ich meine Dienste zu den frag lichen Unternehmungen mit hergegeben in der Absicht, diese Verbrechen zu verhindern. Ich habe den pp. Reinsdorf, Küchler, Holzhauer und Söhngen in Elber feld, wo ich im Sommer und Herbst 1883 arbeitete, auch im Krankenhaus« war, kennen gelernt. Man gab mir wiederholt socialistische Schriften, die ich jedoch nur zum Theil gelesen habe. Nach und nach wurde ich intimer mit den Genannten und wurde auch schließlich mit ihren Pläne», die iuSbesondere von Reinsdorf ge schmiedet wurde», bekannt. In der Hauptsache fehlte eS den Leuten an Geld und eS mußte zunächst solches unter Gleichgesinnte» beschafft werden. Eines TageS, Ende September 1883, erhielt ich, der ich insbesondere von ReinSdorf zur Ausführung seines hochverrätherischen Planes auSersehen war, von demselben zwei Gefäße, eine Steinkruke und eine GlaSflasche, beide mit Dyna mit, letztere außerdem mit gehacktem Blei gefüllt, nebst Zündschnuren und Zündhütchen, mit der Weisung, mich zu dem Mitangeklagten Küchler zu bcgeben, welcher mit mir der Ausführung des Plane» sich unterziehen werde. Dies «ar mir bedenklich, well ich gehofft hatte, allein ««»führender zu Pin und «eL ich dann Gelegen heit gehabt hätte, da» Dynamit iu deu Rhei» zu. werft«, anstatt e» zu dem qu.' Plane zu benutzen. Ich konnte jedoch nicht mehr zurück) weil ich mir die Rache Rem-dorf» -«gezogen hätte und giwg zu Küchler. Dftsem theilte Uh den Auftrag mit und hoffte, weil sei« Frau sterbenskrank »ud seine 4 KindetHanz klein «an»,« «ürdt nicht mitstcheu; dyftlbe entschloß sich jedoch kurz, zog sich an, «ad nun gingen wir bi» Ehrenbreireustein. Ich trug die Dyuamitbehälter rc.