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127 31. Jihr- Souuabend, den 26. Ottober 1878 EMM erlegt, s Der Spitz Zur Zeit, als das Frachtfuhrwerk noch in schönster Blüthe stand, als die Straßen von schweren, mit Kisten, Kiffern und Ballen hoch und breit beladenen, grau oder weiß beplanten Wagen belebt und zerfahren wurden, deren riesige, oft werthvolle Last von vier bis acht kräf tigen Pferden i« vollem-Staate, cmgethan mit Satt«, blank geputzten Mesfingzeug und hohen Kumeten, an deren Seiten rothwollene, mit Symbolen des Handels schwarz bedruckte Tnchlappen oder Dachsfelle hingen, mühselig daher geschleppt wurden, als derartiger Güter- verkchr im Flor stand, da war die Glanzperiode unseres Spitze». Sah man ein derartiges Gefährte kettenllir- rend und ächzend unter dem Druck seiner Lasten, auf der staubigen Heerstraße sich daher wälzen, so konnte man sicher sein, eines Spitze» feine Stimme zu hören, die im Zorn« oftmals überschnappte und heiser zu werde« schien. Trotz alle» RasftlpS, das der Kauf- fahrteisthrer hören ließ, hatte der feinhörige Spitz in feiner Schoßketk »eben dem schlafende« blaubloustgen - . ceMiche» md Sitchstschr« Riesa, den 25. October 1878. — In seiner Sitzung vom 24. dss M. ehrt« der Hewerbeverein da««udenkende« verstorbenen, um die frühere Sonntagsschule sehr verdienten VcrrinSmit- aliedes, Herm Schlaffer Rothe, durch Erheben von den Plätzen. — Die Herren Lehrer Dietzel und Nvthlich verehren der BereinSbibliothek ein Exemplar ihrer em- pfehlenSwerthen Sammlung praktischer Rechenaufgaben für Fortbildungsschulen, nebst dem dazu verfaßten Eommentar und Fazitbuch, für Lehrer als HülfSbuch und zum Selbststudium für junge Gewerbtreibende, Landwirthe rc. sich eignend, wofür ihnen der Vor stand im Namen deS Vereines dankt. — Herr ttr. W. Zenker auS Berlin ofserirt eine Vorführung und Erläuterung d«S Edison'schen Phonographen gegen ein entsprechende« Honorar. Der Bern» beschließt, dem Genannten zu eröffn«*, daß man kein« Garantie über nehme, jedoch gern erbötig sei, den Vortrag zu em pfehlen, falls Herr vn Zenker sich entschließen sollte, denselben auf eigenes Risiko zu halten. — Herr Lehrer Müder la« hierauf eine Abhandlung über „das gewerbliche Hilfspersonal sonst — und jetzt" auS einer Sammlung von Vorträgen für Gewerbevereine von Oscar Förster, Bürgermeister a. D. vor. Der Verfasser findet den Grund des moralischen und physischen Elends vieler Arbeiter in erster Linie an dem Sichselbstüberlaffensein der Arbeiter und will darum vor allen Dingen das frühere pa triarchalische Verhältniß, das Berhältniß der familiären Zusammengehörigkeit, bei dem die „Frau Meisterin" die Hauptperson spiele, wieder hergestellt wissen. Mit beredten Worten schildert der Verfasser das traurige Schicksal eines wohlerzogenen Sohnes aus guter Familie in der Fremde, der völlig sich selbst überlassen und auf sich allein angewiesen, bald ein Opfer der Verführung wird, zuletzt der Socialdemokratie sich in die Arme wirft und endlich als ein sittlich ganz ver kommenes Subjekt in das Elternhaus zurückgebracht wird. Herr Schmied Thieme vermißte in der Abhandlung die Behandlung, auch der Lehrlingsfrage und erblickt den Grund des moralischen Elends der Arbeiter zum großen Theile auch in der modernen Kindererziehung, wie- nicht minder der moderne» Gesetzgebung.— Ange meldet zur Aufnahme wurden 4 Mitglieder. — Am vergangenen Montag Abend wurde zwischen hier und Station Stauchitz von einem Güterzuge der Handarbeiter Sebrapel aus Stauchitz überfahren und der art schwer verletzt, daß er andern Tages darauf verstarb. — DaS gestrige Dr. I. veröffentlichte schon daS Socialistengesetz und ausführende Bestimmungen des Ministerium des Innern, wonach im Königreiche Sachsen unter der in 8 29 des Gesetzes enthaltenen Bezeich nung „Landespolizeibehvrde" die Kreishauptmannschaften und unter der Bezeichnung „Polizeibehörde" diePolizei- direction in Dresden, die Amtshayptmannschaften, die Verwaltungscommission für die Schönburg'schen Receß- herrschaften, die Polizeiämter in Leipzig und Chemnitz, und in den übrigen Städten mit Revidirter Städte ordnung die dasigen Stadträthe, sowie, hinsichtlich der Vexeinszusammenkünfte und Versammlungen, innerhalb der in der Verordnung vom 22. August 1874 be stimmten Competenzgrenzen, in den mittleren und kleinen Städten die Bürgermeister und in den Landgemeinden die Gemeindevorstände zu verstehen sind. Oschatz. Die von dem hiesigen Gewerbeverein im vergangenen Sommer inS Leben gerufene gewerbliche Ausstellung hat insofern einen bedeutenden pekuniären Erfolg zu verzeichnen, als nach einer Mittheilung der „Leipz. Ztg." der Abschluß des Rechenschaftsberichtes ergeben hat, daß sich die Gesammteinnahme auf 13,202.62 Mk., die Ausgabesumme auf 11,520.13 Mk. beziffert. Mithin verbleibt dem Vereine ein Ueberschuß von 1682.49 Mk. Döbeln, 23. October. Bei Gelegenheit des hiesigen Jahrmarktes wurde der Hausbesitzer Hempel a«S Ebersbach von mehreren Personen aus derWirths- stube eines hiesigen Gasthauses auf die Straße geworfen. Hempel schlug dabei so unglücklich mit dem Hinterkopf auf das Trottoir auf, daß er bewußt los in daS hiesige StadtkrankenhauS geschafft wurde. Dort ist er denn auch vor einigen Tagen an den er haltenen Verletzungen gestorben. Leider ist eS bisher »och nicht gelungen, die rohen Gesellen, die an Hempel sich in solch« Weise Mrgriffen, zu ermitteln. s, ^Leisnig, 23.Oktober. Gestern vormittag wurde der Hausbesitzer und Maur« Damm in Bocksdorf am Muldenufer in der Orl-flur Arra« todt aufgefunden. Der gegen 44 Jahre alte Damm war jedenfalls in der Mulde verunglückt. Meißen. Nächsten Dienstag vormittag findet nunmehr die Einweihung deS hiesige» muen, an der Untergaffe gelegenen SchlachthofeS statt. — Am 23. d. M. Abends wurde eine 77 Jahr alte Hausauszügleri» auf der Gerbergaffe von einem Schlaganfall betroffen und starb auf dem Transporte inS Krankenhaus. Sie war auf dem Rathsweinberge bei der Weinlese beschäftigt gewesen und wollte nach Hause gehen. — Dieser Tage wurde hier ein Mann verhaftet, welcher in Lichtenberg bei Freiberg einem Mädchen 1800 Mark unter dem Vorgeben, daß er es heirathen würde, abgeschwindelt hatte. Der Mann ist Buchbinder, verheirathet und Vater eines Kindes. Dresden. Bei hiesig« TurnlehrerbildungS- anstalt fand gestern unt« dem Vorsitze deS Herrn Geh. RatheS Or. Gilbert die alljährliche Prüfung derjenigen Lehrer statt, welche bei gedachter Anstalt curstrt haben. Die theoretisch-praktische Prüfung wurde durch Medi- cinalrath vr. Birch-Hirschfeld, Director Kloß, Fecht meister Staberoh und die Assistenten der Anstalt voll zogen. 19 Turnlehrercandidaten unterzogen sich dieser Prüfung und bestanden dieselbe. Bischofswerda. Drei hiesige Industriezweige können von regerem Leben erzählen; zuerst Weberei und Färberei, sodann die Steinplattenindustrie. Diese Fußsteigplatten, welche jetzt auch am Aufstieg zuin Battenberg und unweit der Haltestelle Niederneukirch zubereitet werden, gehen nach Dresden, Leipzig, Chemnitz, Görlitz rc. und verdrängen selbst in Mittelstädten imm« mehr den Sandstein in sein« Anwendung zu Trottoirs, da sich dieser weit eher abnutzt. Großschirma. Dem Bergarbeiter und Feuer wehrmann F. A. Schaal hier ist für die unt« eigener Lebensgefahr vollzogene Rettung eines vierjährigen Knaben aus einem brennenden Hause eine Geldbelohnung von 75 Mark seitens der Kreishauptmannschaft be willigt worden. Oberlichtenau. Am Sonntag Abend in der 10. Stunde wurde ein Bewohn« von GarnSdorf auf der auS unserem Dorfe nach dem Bahnhofe führenden, mit Häusern ziemlich dicht besetzten Straße, von einem unbekannten Manne um Feuer zur Anzündung einer Cigarre angeredet. Derselbe setzte bereitwilligst ein Zündhölzchen in Brand. Als nun beim ersten Auf flackern desselben ein kurzer Lichtschein über rhn sich verbreitete, wurde ihm von dem Unbekannten die Uhr mit Ketle aus der Westentasche gerissen. Die Dunkel heit hat die Verfolgung des Entfliehenden ebenso wie eine nähere Angabe über die Persönlichkeit desselben leid« unmöglich gemacht. Chemnitz. Hier erregt die Aufnahme, welche d« Vertreter unseres Stadt- und Landbezirks im Reichstage, Abg. Vopcl, als Vertret« eines glänzend den Sozialisten abgerungenen Wahlkreises in Reichstags kreisen gefunden hat, lebhafte Genugthuung. Am Tage des ReichstagSschluffes hat der Reichskanzler, der Ehren bürg« von Chemnitz, den Abg. Vopel zu Tisch geladen, um denselben „als Landsmann zu begrüßen". Der Fürst wie auch dessen Gemahlin und Tochter warm in hohem Grade liebenswürdig und aufgeräumt, erkun digten sich eingehend nach dem Geschäftsgänge in Chemnitz, nach. Lebensvtthältniflen und Bedürftliffen d« Stadt. Nach beendeter Tafel wurde die Unterhal tung noch lange fortgesetzt. Die Einladung, Chemnitz mit seinem Besuche auszuzeichnen, lehnte der Fürst un ter Hinweis auf sein vorgerücktes Alt« und der vie len Consequenzen wegen — „sosehr gern es sonst auch geschehen würde" — dankend ab. Mit einem Gruß a» seine „Chemnitzer Landsleute" und mit dem Wun sch?,, daß „Chemnitz immer eine gute reichstreue Stadt bleiben möge", verabschiedete sich der Fstrst- Bopel rühmt das anheimelnde Familienleben und die eiu- fachen deutschen Sitten, die er beim Reichskanzler be obachten konnte. Lichtenstein, 22. Octob«. I» nächster Nähe uns«« Stadt wurden im Lauft vorig« Wochr zwei Fischott«» geschossen, nachdem dieselben an dm Fischen in den zahlreichen Teichen unserer Umgebung Nicht unbettächtlichen Schaden angerichtet hatten. Der betreffende Erleg« ist ein gerade auf diese schlaue «nd Zwickau. I» der Nacht zum 23. Octob« er» schien am nördliche« Himmel 11* 33* plötzlich «i» Meteor. Drr von demftlbm bei semem Zerspringen veranlaßte Lichtblitz «ar so iutmflv, daß « trotz der brennenden Laternen mommtau die Straßen lebhaft er hellte. Der Lichtschweif de» Meteor« blieb etwa 15 Sekunden lang sichtbar und erstreckte sich in einer Länge von ungefähr 20<> vom Sternbild de« kleinen Bären durch den Drachen hindurch zu« Schwa». Plauen im Voigtl. Line Brutalität sonder Gleichen wurde vor einigen Tagen früh gegen 3 Uhr an einem völlig unbescholtenen Manne, dem Invaliden und Pensionär Pietzsch hier von einem Weinreiseuden auS Würzburg und, wie sich spät« herausgestellt hat, einem vormaligen Wirthe verübt. Derselbe wohnt an d« Hof« Straße und ging um die angegebene Zett im bloßen Kopfe auf die Straße, wurde ab« hinauf von den Beiden, die ihm entgegenkamen, unt« dem Vergeben, sie seien Schutzleute^,-gefragt, warum « keine Mütze aufhabe; « erscheine deshalb verdächtig und müsse mit auf die Polizeiwache. D« Mann ging auch ein Stück ruhig mit, erklärte ab« hinauf, sie seien keine Schutzleute und « weide deshalb nicht weiter mitgehen. Darauf prügelten ihn die Beiden mit ihren Stöcken und Schirmen" dermaßen, daß « fast besinnungslos wurde, schleppten ihn fort und warfen ihn hinauf oberhalb deS schwarzen Steges in die Elster. Nach dieser Heldenthat suchten sie das Weite. Glücklicherweise kämm mehrere Leute herzu, die den armen Mann mied« herauSzogen, und denen es auch gelang, den Weinreisenden einzuholen und seine Verhaftung zu veranlaffen. Der hinauf in seine Wohnung gebrachte Gemißhandelte hatte nun förmlich phantasirt und die Wort« fallen lassen, er möge auS Scham über den Vorfall gar nicht läng« leben. Zur großen Bestürzung sein« Familie hat er diese Worte auch zur That gemacht und sich bald darauf in sein« Wohnung «hängt. Leipzig, 22. Octob«. Wegen eines Knaben, der eine Züchtigung erhalten hatte, geriethen gestern Nachmittag die Feldhüter Holstein und Herbert auf den Kuren von Ang« »nd Sellerhausen in Streit. Herbert ließ sich hinrelßen, von einer Schußwaffe Ge brauch zu machen, und feuerte beide mit Schrot gela den« Läufe auf Holstein ab. Der in den linken Ober schenkel Getroffene wurde in das hieflge städtische Kran kenhaus gebracht, Herbert ab« noch gestern Abend ver haftet und an das hiesige königl. Gerichtsamt abgelieftrt. — Ende dieses Monats wud hi« ein Delegirtentag der deutschen Geflügelzüchtervereine stattstnden. Zweck desselben ist die Herausgabe eines Markzeichenbuches, welches als Wünschenswerth «achtet wird. Lindenau. Das hiesige alterthümliche Kirchlein, von dem die Gemeinde am 20. Oktober in einem rüh renden Weiheakt Abschied genommen hatte, ist auf Abbruch versteigert und von dem Möbleur Lange in Lindenau auf ein Höchstgebot von 800, Mark erworben worden. Nach Vertrag mit dem Ersteh« muß die Kirche bis zum 15. Dec. l. I. abgetragen sein. Historischen und sagenhaften Ueberlieserungen zu Folg», darf man beim Abbruch auf uralte Grabstätten der Adelsfamilie von Lindenau stoßen. < Taucha, 22. Octob«. Gestern Nachmittag ver unglückte der hiesige Schankwirth G. Hahn dadurch, daß er einen Wagen von einem Abhange hinablaffe», wollte. Er kam dabei unt« die Räder und erlitt mehrfach Beschädigungen, daß er nach wenig Stunden verstarb.